Der Crash ist da
Themen: Neues |Jetzt mal wieder was zu meiner Arbeit. Der Fotovergleich zweier Häuser, den ich vor ein paar Tagen online gestellt habe, gehört zur Arbeit an einem historischen Zweiteiler. Ein bisschen Hintergrund dazu: Es geht um eine Persönlichkeit aus der deutschen Geschichte, spätes 19., frühes 20. Jahrhundert. Meine Ko-Autorin Katrin hat mich vor über drei Jahren auf diesen Stoff hingewiesen, und ich war sofort Feuer und Flamme, über so ein begeisternswertes Leben zu schreiben. Glücklicherweise sah das eine renommierte Produktionsfirma genauso, und seit über einem Jahr sind wir vertraglich gebunden.
Das Drehbuch zum ersten Teil der geplanten Miniserie habe ich in der Türkei geschrieben. Es kam bei den Produzenten sehr gut an, und damit hatte ich das “go”, auch den zweiten Teil zu schreiben.
Ich machte den Fehler, diesmal im Lande zu bleiben. Und damit war klar: Ich komme nicht vorwärts. Das Internet ist der Teufel, dem es leicht gelingt, mich 12 Stunden am Tag von der Arbeit abzuhalten. Und wenn das nicht reicht, kann ich ja immer noch spülen, aufräumen, etc. Kurzum: Wo ich zwei Wochen nach Spanien hätte fahren sollen, quälte ich mich sechs Wochen lang an den 115 Seiten, die es letztlich wurden.
Auch Skript 2 hat den Produzenten sehr gefallen, und damit geht das komplette Material nun an den Sender.
So weit, so gut.
Wie immer lief ich nach Abgabe des Drehbuches drei Tage lang auf “Restenergie”. Das ist wie bei einem Auto, dem man bei 200 km/h die Zündung abdreht. Es steht nicht augenblicklich, sondern läuft langsam aus. Das ist die perfekte Zeit, um liegen gebliebene Post zu bearbeiten, Steuererklärungen vorzubereiten, oder endlich mal diese blöde abgebrochene Verschalung am Motorroller mit Spezialkleber zu kitten.
Spannend ist dann immer nur, wann und wo der “Crash” kommt – der Moment, an dem Körper, Geist und Seele gleichzeitig spitz bekommen, dass nun keine Höchstleistung mehr erbracht werden muss, und schlagartig jede Mitarbeit einstellen.
Und der Crash kam gestern.
Ich habe den ganzen Abend die Wand angestarrt, obwohl eigentlich ein Entwurf für ein neues Konzept anstand. Keine Chance. Ich war so fertig, dass ich nicht mal eine Folge “Seinfeld” verarbeiten konnte. Heute morgen wachte ich so fertig auf, wie ich ins Bett gegangen war. Den ganzen Tag habe ich mit Kleinkram verschleudert. Mittlerweile liegen auch vier Seiten Kino-Kritiken für diverse TV-Zeitschriften an, bei denen morgen Redaktionsschluss ist. Und ich kann mich nicht einmal aufraffen, diese relativen Fingerübungen in die Tastatur zu hämmern.
Kurzum: Ich trete auf der Stelle. Dabei trete ich gewöhnlich nie auf der Stelle. Wenigstens habe ich mittlerweile geschnallt, wie der Hase läuft, und erwarte den Crash immer schon halbwegs entspannt und unerschrocken.
Ich frage mich manchmal, ob es sich so anfühlt, wenn einem Alt-Redakteur der kreative Saft endgültig ausgeht. Kommt dann der Crash – und geht nie mehr? Wenn dieses Gefühl jemals Dauerzustand werden sollte – wahrscheinlich würde ich auch zur Flasche greifen.
Ich bin es gewöhnt, dass mein Kopf auf Zuruf Texte, Ideen und Meinungen produziert. Er lässt mich gewöhnlich auch in schwierigen Situationen nicht im Regen stehen.
Aber jetzt habe ich das Gefühl, jede Frage bringt keine Antwort mehr, sondern hallt nur noch als Echo unter der Schädeldecke hin und her. Es ist, als ob man mit Heißhunger den Kühlschrank aufmacht – und der ist komplett leer.
Crashen ist scheiße.
Na, für den Blog-Eintrag hat die Restenergie ja noch gereicht, newa…
Und jetzt hurtig die Kino-Kritiken runterreißen… und dann die Flasche…
Leider passieren diese Crashs hin und wieder. Bei mir hilft es dann, sich mit Dingen zu beschäftiigen, mit denen ich sonst nichts am Hut habe. Aber erfahrungsgemäß ist es kein Dauerzustand. Du schaffst das…
@Julia: Kurzform … schäm dich! Langform: Kannst du besser. "Profilneurose"? Meinst, im Internet Meinungen ungefragt ausbreiten und Namen hinterlassen? Look who’s talking. Im Ernst, Torsten breitet hier seine Persönlichkeit in all ihrer Vielfaltt aus. Mal unerbittlicher Krtiker, mal verträumter Connaisseur, mal introspektiver Leisetreter, oft arroganter Sack. So isser halt – das macht ihn eigen, ergo finde ich’s klasse. Das ständig unverblümt durchscheinende Ego ist das Faszinierende an seinem Blog und den Permutationen seines Wesens, die er auf anderen Blogs hinterlässt – seine Tiefe, seine Unverblümtheit, all die Farben. Man muss ihn wahrlich nicht mögen, um diese Individualität wenigstens zu respektieren.
ABER: Was berechtigt dich Individuum, einem Schmetterling mit plumpem Geblubber die Flügel ausreißen zu wollen? Die Wiese ist groß genug für alle. Schnarchige Message, aber mit jedem Tag, der vergeht, wahrer.
Danke für die warmen Worte – Julia Leber hat es jetzt zu einem eigenen Posting geschafft, siehe aktuellen Beitrag.