16
Mrz 2020

Pro Hamsterkäufe: Eine Widerrede

Themen: Neues |

Ich spüre so ein Kratzen im Hals. Da steckt was drin. Da will was raus. Kein Virus. Ich kenne das schon. Es ist eine Widerrede – meine unangenehme Angewohnheit, gerade besonders vernünftigen und nachvollziehbaren Aussagen entgegen zu treten, sie zu packen, in der Hand zu drehen und zu denken “was kann ich denn damit NOCH anfangen?”. Manche nennen das blanken Opportunismus, ich sehe es als rhetorische und intellektuelle Fingerübung. Und es ist mal wieder an der Zeit.

Momentan teilt sich die Welt, so scheint’s mir, in zwei Lager auf: Die hysterischen Hamsterkäufer – und wir, die wir uns in unendlich vielen Facebook-Postings und Memes über sie lustig machen und/oder sie verteufeln. Weil das asoziale Arschlöcher sind, die einer unangemessenen Panik nachgeben, statt sich an die besonnen Ratschläge der Wissenschaftler zu halten. Wascht euch die Hände, statt Klopapier zu horten! Meidet Kneipen, statt nutzlose Schutzmasken zu tragen! Alle für einen, nicht jeder für sich!

Aber ist das wirklich so? Sind WIR wirklich die Besseren, die Schlaueren, die Guten?

Rein evolutionsbiologisch verhalten wir uns schon mal sehr dumm. Der Mensch hat es nicht ins Jahr 2020 geschafft, in dem er besonnen und mit Augenmaß gehandelt hat. Angst ist ein Schlüsselmechanismus des Überlebens. Besser zweimal unnötig verstecken als einmal vom Säbelzahntiger gefressen werden. Demnach sind die Menschen, die nun in den Supermärkten um Klopapier und Nudeln kämpfen, unserer Natur näher als wir. Es ist eine banale Rechnung: Wenn DIE Recht haben mit ihrer Panik, haben sie ausreichend Vorräte für den Ernstfall. Wenn WIR Recht haben, haben sie zu viel Klopapier. Und das ist ein Problem, das sich im Laufe der Zeit von selbst löst.

Natürlich gibt es immer Ausnahmen – die Arschlöcher deluxe.

Es wird gerne hämisch darauf verwiesen, dass die Hersteller und die Politik keinen Engpass sehen. “Den Hintern abwischen” wird auch in den kommenden Wochen kein Problem sein. Die Regale werden zeitnah wieder aufgefüllt. Wenn dem so ist – was ist den Hamsterkäufern dann vorzuwerfen? Dann wird doch jeder versorgt. Wenn Politik und Markt aber die Situation unterschätzen und sich irren – dann haben wieder die Hamsterkäufer den Vorteil. Weil sie sich eingedeckt haben, während wir lachend mit dem Finger auf sie gezeigt haben.

Und all diese logischen Argumente setzen sich nicht einmal mit der Frage auseinander, ob man sich wirklich über Menschen lustig machen sollte, die Angst haben, vielerorts sogar Panik. Die fürchten um ihr Leben – Grund genug, mal den Ball flach zu halten. Als die LvA und ich am Samstag bei der Metro waren (Toilettenpapier ausverkauft, Nudeln weitgehend, Reis wurde knapp), lief ein Jungspund von vielleicht 20 an den vollen Kassenreihen vorbei und rief lautstark lachend “Scheiß Hamsterkäufe!”. Er fand sich sehr cool, über den Dingen stehend, klüger als die nervösen Leute mit den vollen Einkaufswagen – bis ich sofort und sehr laut ein “Vollidiot!” dagegen setzte.

Rede ich Hamsterkäufe(r)n damit das Wort? Nein. Ich plädiere aber für ein gewisses Verständnis. Angst macht irrational. Fear is the mindkiller. Und im Gegensatz zu vielen anderen Situationen haben die Menschen durchaus Grund und Recht, Angst zu haben. Und wir, die wir schlauer sind und vernünftiger und abgeklärter, wir sollten nicht zu viel Zeit damit verbringen, uns über sie zu erheben.

Stephen Fry twitterte neulich sehr treffend:

“OK. Until this thing is over we’ve all got to be helpful, friendly and kind to each other, understood? Hatchets buried. Grievances forgotten. Disputes resolved. Feuds ended. Strangers smiled at. When the final whistle is blown we can go back to be being mean and beastly. Agreed?”

Und wie verhalten wir uns, die LvA und ich? Besonnen, aber nicht sorglos.

Wir haben Klopapier gekauft und Nudeln, Konservendosen und Brot (das nun gefroren im Tiefkühlfach liegt). Mehr, als wir sonst vorrätig haben. Im Zweifelsfall kommen wir drei, vier Wochen aus, ohne rausgehen zu müssen. Das ist vernünftige Vorratshaltung im Krisenfall, kein Hamsterkauf. Und die, die lässig abwinkend meinen, das sei doch alberne Panikmache, verhalten sich nicht vernünftiger als die, die nun in den McDonalds-Filialen die Klorollen klauen. Vielleicht verhalten sie sich sogar dümmer.

Meine Sympathien sind da klar verteilt: Ich lehne Hamsterkäufe ab, ich lehne Menschen ab, die nun zum Schaden anderer Waren horten, weil sie die große Apokalypse fürchten. Aber wer heute im Supermarkt ansteht, um Klopapier zu kaufen oder Reis, muss sich nicht schräg ansehen lassen.  Ich kann diese Leute wenigstens verstehen. Die angeblich intelligenten und abgeklärten Maulaufreißer, die ihre Tage damit verbringen, sich über andere lustig zu machen? Für DIE fehlt mir jedes Verständnis.



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sven
sven
16. März, 2020 10:47

“Wenn dem so ist – was ist den Hamsterkäufern dann vorzuwerfen?”
Sie stressen die Mitarbeiter im Einzelhandel. Generell nicht nett, aber Leute unter Stress sind anfälliger für Krankheiten – wenn demnächst die Läden zu machen weil alle Mitarbeiter krank sind haben die Hamsterkäufer ihre Prophezeiung selber erfüllt.
Zusätzlich die fehlende Solidarität: Wenn nur noch teure Bionudeln und 5lagiges Toilettenpapier über sind haben die Leute, die sonst die billigen Großpackungen kaufen ein Geldproblem.

DMJ
DMJ
16. März, 2020 11:22

Ich muss auch sagen … so absurd jetzt Leute sind, die zwei Einkaufswagen nur mit Toilettenpapier füllen, so scheint mir doch irgendwie meist die gesunde Mitte zu fehlen. Ja, Hamsterkäufe, die die Verteilung gefährden, sind schlecht, aber Vorrate zu sammeln an sich ist nicht so absurd, wie es jetzt alles vermengt wird.
Man kann nicht einmal sagen, dass es eine historische Situation ist und keiner weiß, wie es weitergehen wird und dann über Leute lachen, die Vorbereitungen für den schlimmeren Fall treffen. Wir rufen dazu auf, Sozialkontakte zu meiden und drinnen zu bleiben. Dem wird geholfen, wenn man einmal für Wochen, statt mehrmals handelsübliche Mengen einkauft.

Mangels Platz habe ich keine wirklichen Vorrate daheim, aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich beim letzten Einkauf nicht eine Konserve mehr als nötig mitgenommen habe. Hätte ich eine Vorratskammer, wären es vermutlich ein paar mehr. Nicht alle, die da sind, aber der Urinstinkt meldet sich schon.

Frys Tweet hat mir auch äußerst zugesagt, aber leider scheinen viele anders zu denken. Schon jetzt höhnt man ja lauthals, inwieweit die Krise genau das bestätigt, was man schon immer gesagt hat (im dümmsten Fall, dass zu viele Virologen weiß wären) und das ermutigt nicht gerade dahingehend, dass die Menschheit so solidarisch ist, wie sie sein sollte.

Gerrit
Gerrit
16. März, 2020 11:33

Danke.
Und ein “Danke” allen Kunden, die die vergangenen 3 Öffnungstage zu den umsatzstärksten in der Geschichte meines Arbeitsplatzes gemacht haben. Gestresst war übrigens keiner, denn: Überraschung, mehr Umsatz führt zu grösserer Entspanntheit in der Personalplanung.

Alph
16. März, 2020 13:20
Reply to  Gerrit

Das ist nun aber auch sehr kurzfristig gedacht. Irgendwann nach der Krise will auch die letzte Rolle Toilettenpapier aufgebraucht und die letzte Packung Nudeln aufgefuttert werden.
Dann werden die Umsätze sicherlich nicht mehr so rosig aussehen…

Gerrit
Gerrit
16. März, 2020 14:07
Reply to  Torsten Dewi

Vielleicht ist mein Arbeitsort dadurch auch bei Kunden auf dem Schirm, die uns vorher nicht aufgesucht haben, und vielleicht kommen die auch nach der Krise wieder. Sehr kurzfristig fühlte es sich einfach nur geil an.

Dietmar
16. März, 2020 14:10
Reply to  Alph

Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken … äh … anderer Text. ´tschuldigung 🙂

Markus
16. März, 2020 13:15

Sich zumindest für 14 Tage mit Vorräten einzudecken, erscheint mir durchaus vernünftig, für den Fall, dass man doch in häuslicher Quarantäne landet.

Seb
Seb
16. März, 2020 16:16

Es kann durchaus auch vorkommen, dass jemand nur deshalb mehrere Packungen Klopapier, Nudeln oder ähnliches im Einkaufswagen hat, weil es Einkäufe für beispielsweise ältere Menschen sind. Derzeit werden nämlich in den Ortschaften hier Nachbarschaftshilfen organisiert und sind bereits tätig, um Besorgungen für besonders gefährdete und/oder auf Hilfe angewiesene Personen zu tätigen.

Nummer Neun
16. März, 2020 17:56

“Die angeblich intelligenten und abgeklärten Maulaufreißer, die ihre Tage damit verbringen, sich über andere lustig zu machen? Für DIE fehlt mir jedes Verständnis.”

Am besten du meidest die nächsten Tage Twitter….

hilti
hilti
17. März, 2020 00:41

Wenn dem so ist – was ist den Hamsterkäufern dann vorzuwerfen?

Sie lassen nichts mehr für diejenigen übrig, die das Zeug grad wirklich brauchen, weils ihnen ausgegangen ist.

hilti
hilti
17. März, 2020 15:23
Reply to  Torsten Dewi

Nächste Woche wieder was bekommen zu können hilft denen nicht, die diese Woche Bedarf haben.

hilti
hilti
17. März, 2020 16:54
Reply to  Torsten Dewi

Du in den Sätzen davor.

Mein Punkt ist doch ganz banal. Hamsterkäufer, die sich mit einem Jahresvorrat eingedeckt und leere Regale hinterlassen haben schaden denen, die jetzt was auch immer brauchen, weil ihre Vorräte erschöpft sind. Denen kann man dann naürlich ihre mangelde Vorratshaltung vorwerfen, aber das macht die Schränke auch nicht voll.

Und um einem Missverständniss vorzubeugen. Sich jetzt darauf vorzubereiten, dass man unter Quarantäne gestellt wird und zwei Wochen die Wohnung nicht verlassen darf ist vernünftig und nach meinem Empfinden noch kein Hamsterkauf. Einen Jahresvorrat Klopapier zu kaufen dagegen schon.

Dietmar
17. März, 2020 05:31
Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
17. März, 2020 06:34

Meiner Meinung nach gibt es schon einen starken Unterschied, ob man Hamsterkäufe macht oder gezielt einkauft. Ja, heutzutage sollte man lieber eine Konservendose mehr als eine zu wenig einkaufen, aber es ist schon ein großer Unterschied, wenn man stattdessen eine ganze Palette mitnimmt. Klopapier ist da nur die Spitze des Eisberges, denn zur Not kann man sich auch in der Dusche den Allerwertesten abwaschen – macht sowieso schon die halbe Welt.
Meine Eltern haben zB erzählt, dass in ihrem Heimatort jemand 50 Packungen Mehl kaufen wollte. Das hatte das Geschäft untersagt. Das wollte der Einkäufer aber nicht einsehen und ist wohl ausgetickt. Nachdem die Polizei ankam und ihm 20 Packungen angeboten wurden, ist der Kerl einfach beleidigt abgehauen. Sowas braucht kein Mensch! Aber hier sieht man imo auch die beste Lösung, die Geschäfte selbst sollen am besten das regeln. Hier in Singapur zB kann man zur Zeit zB nur in abgezählten, handelsüblichen Mengen bestimmte Waren einkaufen. Das Maximum ist immer noch üppig genug, sorgen aber auch dafür, dass auch andere Menschen die Ware noch erhalten.

PS: Masken sind absolut nicht nutzlos, sie helfen sehr wohl die Verbreitung zu verkleinern. Ihr könnt ja mal testweise auf zwei Lagen Papier husten und schauen was hängen bleibt. Es ist echt schlimm, dass überall verbreitet wird, dass sie absolut nutzlos sind. Der einzige Grund wieso das gesagt wird ist, weil die Regierungen verpasst haben genug Masken auf Vorrat zu haben und deswegen eine allgemeine Knappheit herrscht. Masken sind aber an sich genau so nützlich wie Hände waschen.

Mencken
Mencken
17. März, 2020 08:01

“Es ist eine banale Rechnung: Wenn DIE Recht haben mit ihrer Panik, haben sie ausreichend Vorräte für den Ernstfall”

Das bezweifele ich, wenn der Ernstfall eintreten sollte, wird man mit 100 Rollen Klopapier, mehreren Kilo Nudeln und einem Schrank voll Fertiggerichte auch nicht weitkommen.

Mencken
Mencken
17. März, 2020 13:38
Reply to  Torsten Dewi

Klar, aber in jedem Fall müsste ja eine Situation eingetreten sein, in der das Horten größere Mengen sinnvoll ist, die Versorgungskette also für mehrere Wochen unterbrochen ist. In so einem Fall halte ich andere Produkte für erheblich wichtiger, bzw. denke schon, dass das, was derzeit massenweise weggekauft wird, nur einen sehr überschaubaren Mehrwert bietet.

xhamster
xhamster
17. März, 2020 09:05
Reply to  Mencken

Klar, mal eben lässig ein Weltuntergangsszenario angerissen, fühlt sich gut und überlegen an, nicht wahr?

Mit etwas Realitätssinn: Alles, was in den kommenden Wochen auf uns zukommen könnte, lässt sich sehr wohl mit ausreichend Klopapier und Nudeln und, von vielen vernachlässigt, Kaffee aushalten. Auch ohne Vorräte davon, da bin ich mir sicher, aber mit Vorräten eben etwas entspannter.

Mencken
Mencken
17. März, 2020 19:41
Reply to  xhamster

Zumindest erklärt der Username warum das Klopapierhorten so hohe Priorität hat.

frater mosses von lobdenberg
17. März, 2020 13:31

„Die Regale werden zeitnah wieder aufgefüllt.“

Du hast mal wieder so richtig Ahnung, Torsten. Ich hingegen hab gestern nachmittag in dieser Reihenfolge Lidl, Norma, Aldi (Süd), Edeka und DM abgeklappert: Nicht eine Rolle auf den Paletten oder in den Regalen. Bei Edeka und DM erzählten sie mir, ja, sie bekommen fast täglich Nachschub (wg. Lieferkapazitäten reduziert), aber sie kommen nicht dazu, den ins Regal zu räumen, weil ihnen das Zeug aus den Händen genommen wird. Bei Aldi liegen noch nicht mal leere Paletten im Klopapier-Eck.
Derweilen versucht die Gemahlin einen Großhändler zu finden, der ihrem häuslichen Pflegedienst was liefern will und das vor übernächstem Monat kann.
Keine Pointe.

frater mosses von lobdenberg
17. März, 2020 20:09
Reply to  Torsten Dewi

… nur. dass die Regale eben nicht wieder aufgefüllt werden können, trotz Rationierung auf eine Packung pro Einkauf (heute hier bei Edeka gesehen). An diversen leeren Regalen hängen Zettel, dass Donnerstag nachmittag geliefert wird. Bin mal gespannt, ob davon am Donnerstag abend noch was da ist und es beispielsweise wieder Hefesteine (sic) gibt.

Immerhin, ein auf den medizinischen Bereich spezialisierter Großhändler fand sich, der noch diese Woche sechs Packs Klopapier liefern will. m-(

Andy
Andy
17. März, 2020 15:58

Wenn, wie ich es vermute der kompletten Shutdown von 2-3 Wochen doch kommt oder kommen muss und wir alle Zuhause bleiben sollen dann werde ich bestimmt nicht verhungern (bin sowieso zu fett geworden 🙂 Hauptsache Wasser und Strom läuft ! Zur not wenn das Toilettenpapier Zuhause ausgeht werden halt bestimmte Stellen geduscht,habe mir sagen lassen in manchen Ländern wird das nur so gemacht? Glaube eher was die Leute so verrückt macht ist ” was ist der Plan” ? Bzw. bringen diese Maßnahmen den überhaupt was? Laut einiger Führenden Virologen nein, ”nur ein Kompletter shutdown von 2-3 Wochen würde was bringen”. Impfung…., bringt den die Impfung überhaupt was? Da einige Virologen mittlerweile davon ausgehen das der Coronavirus sich verändern wird und uns vermutlich wie die influenza immer wieder begleiten wird.Bedeutet man kann alles etwas abschwächen wie bei der influenza aber da gibt es jedes Jahr auch Tote.Die frage ist: hatten diese Toten eine Impfung? Soweit ich weiß gibt es dazu gar keine Daten? Es müssen dann wie bei der Influenza immer verschiedene Stämme in eine Impfung reingepackt werden. In der Dreifachimpfung für 2018 fehlte ja ein Stamm bzw man hatte sich für die Falschen entschieden es gab da zwar soweit ich mich erinnere auch schon die Vierfach Impfung aber viele Ärzte hatten Ihren Patienten gar nicht darauf aufmerksam gemacht weil zu diesem Zeitpunkt die Kasse diese Vierfach-Impfung nicht (voll?) bezahlte. Ab 2019 haben dann die Krankenkassen
auch die Vierfach-Impfung komplett bezahlt.

Heino
Heino
17. März, 2020 20:02

Ich kann sie nur bedingt verstehen, denn es ist ja total einfach, verlässliche Informationen zu bekommen und dann alles etwas entspannter zu sehen. Und ganz ehrlich:ich lebe in einer Großstadt und es gab am Samtag und gestern in den 3 Supermärkten meiner direkten Umgebung kein Klopapier, keine Nudeln, keinen Dosenthunfisch (gut, den wollten wir auch nicht kaufen), kein Mehl und kein Waschmittel. Was macht man mit so einer Mischung?

Vollends ratlos ließ mich die Beobachtung von Leuten zurück, die Einkaufswagen voller Mineralwasser aus den Läden führen, als gäbe es kein Leitungswasser mehr
Und dann sind auch noch viele dieser Panikkäufer u fassbar aggressiv, besonders hinter dem Steuer. Die nehmen in ihrer Panik keinerlei Rücksicht und achten kein bisschen auf ihr Umfeld. Das kann einfach nicht im Sinne des Erfinders sein.

Kurz und gut, ich verurteile die Leute nicht, würde mir aber wünschen, dass die sich einfach mal informieren und ihre Panik in den Griff bekommen

takeshi
takeshi
18. März, 2020 08:29
Reply to  Heino

Passend zum letzten Satz ein Statement von Dr. Wolfgang Wodarg:

https://www.youtube.com/watch?v=p_AyuhbnPOI

und speziell zur Situation in Italien die Q&A von seiner Website:

https://www.wodarg.com/q-a-fragen-und-antworten-zu-corona/

Wer wissen möchte, ob der Mann, weiß, wovon er spricht, kann sich seinen Werdegang ansehen:

https://www.wodarg.com/vorstellung/ausf%C3%BChrlicher-werdegang/

takeshi
takeshi
18. März, 2020 09:29
Reply to  Torsten Dewi

Da stimme ich voll zu.

Deshalb auch die Links zu Dr. Wodarg in meinem Posting darüber.
Sie sind als Hinweis auf die Art der Betrachtungsweise des Problems gedacht.
Der Punkt ist: es besteht mittlerweile ein Bias zur Corona-Krise.
Ein sich selbst immer weiter befeuerndes gereiztes und aggressives Klima, dass entsteht, wenn man den Leuten durch Verengung der zu analysierenden Datenbreite ein Bild zeichnet, dass bei vielen Panik auslöst.
Bei rationalerer Betrachtungsweise im Vergleich mit Todesfällen vergangener Jahre und dem Umstand, dass Coronaviren schon seit Jahren ebenso wie Influenzaviren zirkulieren und es bei beiden immer einmal wieder aggressivere und weniger aggressivere Stämme gibt, ist natürlich immer angeraten, sich selbst und andere wie bei jeder anderen Grippeerkrankung durch geeignete Maßnahmen zu schützen.

Es wäre nur zu wünschen, dass das mittlerweile immer öfter zu beobachtende teilweise rücksichtslose und fast hysterisch zu nennende Verhalten vieler Mitmenschen einer etwas rationaleren Betrachtungsweise weichen würde.

Aber die Medien leben nun mal leider nicht von Deeskalation.

Dietmar
18. März, 2020 09:50
Reply to  takeshi

Aber die Medien leben nun mal leider nicht von Deeskalation.

Das stimmt, aber nach meinem Eindruck ist die Berichterstattung erfreulich wenig reißerisch.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
19. März, 2020 08:11
Reply to  Dietmar

Absolut nicht, viele Information werden eher gut aufgearbeitet verbreitet, da sie ungefiltert “Teile der Bevölkerung beunruhigen würden”. Was zB die Repubblica so alles veröffentlicht wäre noch bis vor einem Jahr maximal aus Filmen bekannt gewesen. Selbst die Bild verzichtet hier auf reißerische Bilder, was ich wirklich vorbildlich finde. Da wird eher bewusst deeskalierend gehandelt, denn eine Grundpanik ist in der aktuellen Situation ganz normal und auch wichtig.

Kai
Kai
18. März, 2020 10:28

Lasst euch mal von den Profis erzählen wie und vor allem WAS man richtig hamstert. Profis wie z.B. Ex-Sowjetbürgern (Ostblock geht sowieso immer).

Slavas Blog und Twitterhandle kann ich sowieso wärmstens empfehlen: Slava Does America –
You Hoard It Wrong

Darin lässt er sich auch über den wundersamen Klopapier-Fetischismus des Westens aus. So. ich geh’ jetzt Salz und Streichhölzer kaufen. 🙂

hilti
hilti
18. März, 2020 16:47
Reply to  Kai

Haha, großartig.

Boris
Boris
18. März, 2020 10:48

Als Gedankenspiel interessant aber noch immer zu konventionell?

Die Unterstellung die Leute würde eine tatsächliche und konkrete “Angst vor dem Mangel” – also Beispielsweise die vor ausgehendem Klopapier zu Hamsterkäufen animieren, scheint ja universeller Konsens, nur stimmt die Verknüpfung trotzdem nicht zwingend (nichtmal wenn wir Ockhams Rasiermesser anlegen).

Um das Klopapier selbst geht es doch erst denen wirklich, die schon eine Woche vor leeren Regalen auf und ab gelaufen sind. Den zunächst rationalen, welche erst dann in echter Reaktion auch zum Hamster 2.1 der nächsten Welle mutieren. Der Initialhamster aber unterlag doch nicht seinen mühsam gezügelten Urtrieben (fight or flight, etc.), sondern einem allumfassenden Bedrohungsgefühl gegenüber seiner höchst künstlichen Identität als Konsument. Was dann neben Ähnlichkeiten eben auch Unterschiede beinhaltet. Wenn man so will schlägt die internalisierte Illusion von a) Kontrolle (die es gar nicht gibt) und b) der Idee jeder habe die Freiheit jederzeit alles kaufen und über alles verfügen zu können (was auch quatsch ist) um in Verlustangst.

Da will uns einer was wegnehmen … die Idee von unbegrenztem Wachstum, die Vorstellung davon angeblich jederzeit mit einem Billigflieger losdüsen zu können, etc.. Das ist dann doch mehr als nur die Fettschürze des Wohlstandsmenschen, betrachtet als Rudiment aus Zeiten wo es schlicht überlebensnotwendig war sich einen Ranzen an zu fressen solange möglich. Nein, es ist die existentielle Krise des Konsumenten als Archetypen und als Gesellschaftsentwurf – weniger eine wirklich individueller Reflex und mehr eine Existenzkrise – symbolisiert von einem Stückchen Zellulose am Arsch. 😉
Bo

Dietmar
18. März, 2020 11:46
Reply to  Boris

Ja, der böse, böse Wohlstand. Alle verwöhnt, diese Kackbratzen.

Konrad
Konrad
18. März, 2020 19:00

Ich finde Hamsterkäufe schon deshalb sinnvoll, weil sie verhindern, dass man jede Woche in den Supermarkt muss, wo man riskiert, sich und andere zu infizieren und zur Verbreitung des Coronavirus beizutragen.

Mencken
Mencken
18. März, 2020 20:35
Reply to  Konrad

Schwierig, wenn man nicht auf frisches Obst und Gemüse verzichtet.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
19. März, 2020 08:13
Reply to  Mencken

Ich weiß ja nicht, welches Gemüse du isst, aber mein Gemüse/Obst hält normalerweise schon bis zu einer Woche aus.

Mencken
Mencken
19. März, 2020 11:53
Reply to  Torsten Dewi

Beim Gemüse Stimme ich zu, beim Obst halte ich das für fragwürdig. Geht grundsätzlich sicherlich auch, aber da muss man schon deutlich mehr essen, meine im Schnitt ist es die dreifache Menge.

Mencken
Mencken
19. März, 2020 11:47

Z.B. Salat, Erdbeeren oder Brokkoli. Hält bei mir keine Woche frisch.

Feivel
Feivel
22. März, 2020 14:56

Gerade im Spiegel diese Kolumne von Sascha Lobo gelesen und dabei an deinen Blogeintrag denken müssen, Torsten.
Viel blabla bei ihm, aber eine ähnlich klare Botschaft, nicht so herablassend gegenüber Leuten in Angst zu sein.

https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/corona-gesellschaft-wider-die-vernunftpanik-kolumne-a-772e1651-f393-4bc6-8f79-79dc7a5ed025