05
Jan 2020

Auch 2020 im Programm: Wortvogel vs. bento

Themen: Film, TV & Presse |

Ich hatte kürzlich bei Facebook ein eigentlich nettes, aber auch sehr spannendes Erlebnis, das Einblick in Denke und Arbeitsweise von bento-Autoren erlaubt.

Es fängt Anfang Dezember mit der Ankündigung des ersten Trailers für den neuen James Bond-Film NO TIME TO DIE an, der im Umfeld von Bond-Superfan Holger Kreymeier ausgiebig diskutiert wird – u.a. von einem anderen Bond-Superfan namens Marc, der besserwisserisch eine steile These in den Raum wirft:

‪Der Teaser zum Teaser Trailer! (Richtiger und finaler Trailer kommt ja sicher erst im März.)‬

Das ist erwiesenermaßen Unfug, denn selbst die Bond-Produktionsfirma bezeichnet den mit 2:30 für einen Teaser auch viel zu langen Trailer als “full trailer”.

Ich nehme mir den jungen Mann, der sich auch auf seinem Profilbild sehr bond-ig gibt, mal zur Brust – nicht ohne Hintergedanken, wie ihr gleich merken werdet:

Granatenmäßig recherchiert, Herr Röhlig! Einfach mal in den Trailer schauen hilft. #bento.‬

Röhlig reagiert genervt wie verwirrt – was meine Absicht gewesen ist:

Hä, was willst du jetzt von mir? Ich weiß, dass am Mittwoch der erste Teaser Trailer kommt – wusste ich schon vergangene Woche. Und als ich heute morgen diesen Teaser Trailer Teaser gesehen habe, hat sich daran nichts geändert. Also wo ist gerade das Problem und was hat bento damit zu tun?

Tja, was hat bento damit zu tun, indeed? Ganz einfach: Marc Röhlig haben wir diesen Artikel zu verdanken, den ich ja schon ausführlich zerlegt habe:

Genau, der Schreiberling, der aus drei bauchfreien Amazonen einen Film “voller nackter Superhelden” extrapoliert und sich selber damit ins Abseits schießt – bei bento ist er übrigens für die Rubrik “Gerechtigkeit” verantwortlich (I shit you not).

Nun hatte sich Röhlig seinerzeit nicht der Kritik gestellt – bento ist ja generell gut im Wegducken. Das erste, was die Webseite ein paar Monate nach dem Start abgeschafft hatte, war die Kommentarfunktion. Ich kenne kaum eine andere Schar von Jungschreibern, die in einer derart weltfremden Blase lebt und sich dafür bezahlen lässt, über ihre persönlichen Petitessen zu schreiben.

Aber jetzt habe ich einen von denen vor der Flinte. Und er hat den Schuss gehört. Also nachladen und weiter feuern:

Trailer. Nicht Teaser Trailer. Steht im Teaser Trailer. Und zum Thema bento – schön, dass ich Sie gerade da habe:‬ (Link zum Artikel)

Warten. Ich rechne damit, dass er sofort kehrt macht, vielleicht noch mit einer beliebigen Beleidigung in meine Richtung. Blockieren ist einfacher als diskutieren. Und ja, angefressen ist er – aber nicht konfliktscheu:

Was für wohlfeile Wortakrobatik. Bei Blockbustern ist es ja üblich, mehrere Trailer zu veröffentlichen – und der erste große wird nun mal gemeinhin Teaser Trailer genannt. Ich gehe stark davon aus, dass auch Eon NTTD mit mindestens zwei Trailern bewirbt. Dem jetzigen und dann einem finalen. Ob sie ihn nun Teaser Trailer oder nur Trailer nennen, ist dabei egal – denn der Mittwochstrailer wird mit ziemlicher Sicherheit erst mal nur: teasen.

Wenn du das anders siehst, lass uns gerne einfach genau darüber diskutieren. Warum du da aber irgendwelche Rechercheleistungen verhöhnen musst und was bento damit zu tun hat, verstehe ich trotzdem weiterhin nicht. Ich komm ja auch nicht um die Ecke und schreibe irgendwas über Produkte der Mediengruppe Klambt wie “Frau mit Herz”, “Backen für Weihnachten” oder “Rätsel-Prinz” daher.

Erstmal versuchen, den Arbeitgeber des Kritikers zu diskreditieren. Classy. Ich gönne mir den Luxus einer ausführlichen Replik:

Ahhh, den Nerv getroffen. Schön. Und die Reaktion? bento-würdig. Schauen wir doch mal:
 “Bei Blockbustern ist es ja üblich, mehrere Trailer zu veröffentlichen” – mehrere TRAILER.
” und der erste große wird nun mal gemeinhin Teaser Trailer genannt.” – nein. Teaser Trailer werden Teaser Trailer genannt. Trailer werden Trailer genannt.
“mit mindestens zwei Trailern bewirbt” – zwei TRAILERN. Richtig.
“Ob sie ihn nun Teaser Trailer oder nur Trailer nennen, ist dabei egal” – augenscheinlich ja nicht. Wenn Sie aber das, was Eon selbst den Trailer nennt und mit “The full trailer is due for release on Wednesday” ankündigt, als Teaser Trailer bezeichnen wollen, dann liegen sie primär falsch.
“Wenn du das anders siehst, lass uns gerne einfach genau darüber diskutieren. “ – keine Frage von Meinung.
” Ich komm ja auch nicht um die Ecke und schreibe irgendwas über Produkte der Mediengruppe Klambt wie “Frau mit Herz”, “Backen für Weihnachten” oder “Rätsel-Prinz” daher. “ – können Sie gerne machen. Ich habe mit den Heften nichts zu tun, daher würde es mich auch nicht scheren, aber bitteschön. Fühlen Sie sich eingeladen.
Dass Sie auf die Kritik am bento-Artikel nicht eingehen möchten, kann ich gut verstehen – bento hat ja schon lange aufgehört, sich der Kritik zu stellen. “safe space” für den Journalismus-Kindergarten.

Ich denke, die Demarkationslinie ist gezogen. Es wird zurückgeschossen. Röhlig:

Ich mag halt so Satz-Satz-Zerpflücken nicht. Da geht es mehr um Wortklauberei als um Argumente. So empfinde ich auch deine Argumentation – und wahrscheinlich drehen wir uns jetzt ewig im Kreis, wenn wir darüber reden, welcher Trailer nun wie teasernd sein wird und wie genannt werden darf.

Zum bento-Artikel: Ja, da habe ich tatsächlich gerade keine Lust drauf zu reagieren. Ich gebe dir da in deiner Kritik zwar in einigen Punkten recht, andere halte ich aber auch wieder für Wortklauberei. Irgendwann war ich beim Blog-Eintrag auch in einem tldr-Mode angekommen. Und da es hier um Bond ging, sehe ich keinen Grund, eine Zweitdebatte über einen zwei Jahre alten Artikel aufzumachen.

Das ist zwar immer noch patzig, aber vom Hauch einer erstaunlichen Einsicht durchdrungen. Sollte der Mann zur Selbstkritik in der Lage sein? Das testen wir doch gleich mal genauer:

Die übliche Reaktion halt – wegducken. Der Wonder Woman-Artikel war eine Ansammlung dummen Bullshits. Ich habe einfach die Tatsache genutzt, dass ich sie hier mal vor der Flinte hatte und Ihnen das persönlich sagen konnte, weil Sie sich da, wo es angebracht wäre, der Kritik nicht stellen mögen. Done and done.

Und siehe, den zweiten Absatz seiner Antwort habe ich so wirklich nicht erwartet:

Wo wäre es denn angebracht gewesen? Habe dich damals in den Kommentarspalten oder bei Twitter oder per Mail nicht wahrgenommen? Ich ducke mich Diskussionen nicht weg – ich empfinde sie jetzt nur hier als albern.

Aber ja, gerne: Wenn ich den Kommentar heute noch mal lese, dann finde ich ihn auch dämlich und überzogen. Da hast du recht. Trotzdem glaube ich, dass du zu viel reininterpretierst und ihn ernster nimmst, als ich ihn je geschrieben habe.

Ein bento-Autor, der seinen eigenen Beitrag “dämlich und überzogen” findet. Dass ich DAS noch erleben darf!

Nun wirft das ein paar Fragen auf. Wieso liefert man einen bezahlten Artikel ab, der “dämlich und überzogen” ist? Ich habe auf diesem Blog in 13 Jahre knapp 3800 Beiträge veröffentlicht – keinen einzigen davon finde ich retrospektiv dämlich und überzogen. Ich kann in meiner gesamten journalistischen Karriere exakt EINEN Artikel nennen, den ich im Nachhinein gerne in die Non-Existenz verbannen möchte – der steht in einem meiner Fanzines, die ich geschrieben habe, als Röhlig noch durch den Laufstall hüpfte.

Und dann frage ich mich noch, wie ich als Arbeit- und Auftraggeber reagieren würde, wenn einer meiner Autoren seinen eigenen Artikel als “dämlich und überzogen” bezeichnet? Würde ich mir den nicht mal zur Brust nehmen und etwas mehr Ernsthaftigkeit und aufrechtes Bemühen einfordern?

Egal, Röhlig hat also durchaus Zerknitterung gezeigt, das verdient zumindest eine respektvolle Replik:

Ich nehme Artikel/Medien mit journalistischem Anspruch grundsätzlich ernst – und bento möchte schließlich keine Schülerzeitung sein. Und sind Sie SICHER, dass Sie wollen, dass man ihre Arbeit einfach mal a priori nicht ernst nimmt?! Selbst auf meinem kleinen Blog, das ich seit 13 Jahren non-kommerziell betreibe und für das ich ausschließlich nach Laune schreibe, habe ich den Anspruch, ernst genommen zu werden. ABER: ich rechne Ihnen hoch an, dass Sie hier mit Contenance und einer gewissen Fähigkeit zur Selbstkritik reagieren. Das hatte ich nicht erwartet. Das macht umso betrüblicher, dass Sie sich der Kritik an Ihrem Artikel nicht substantiell stellen mögen (was bei bento leider üblich ist).

Lässt sich der Mann womöglich in ein produktives Streitgespräch ködern?

Nein, aber er zeigt zumindest weiterhin eine gute Kinderstube:

Der Grund, dass ich mich “nicht stellen möchte” liegt nicht darin, dass ich mich nicht stellen möchte – sondern dass ich glaube, dass wir hier schon mit komplett verschiedenem Mindset rangehen. Sie interpretieren Haltungen in meine Sätze, die ich gar nicht trage.

Natürlich will ich, dass meine Arbeit ernst genommen wird. Und natürlich auch, wenn sie schon älter ist. Aber trotzdem kann ich doch das hier gerade für den falschen Rahmen finden. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Anyway, ich glaube, wir beide haben hier doch noch einen versöhnlichen Abschluss gefunden, auch wenn wir weder Bond noch Wonder Woman abschließend durchdiskutiert haben. Freuen wir auf den Trailer am Mittwoch, wie viel auch immer er zeigen möge!

Natürlich ist da ein Disconnect – man kann schwerlich erwarten, ernstgenommen zu werden, wenn man Artikel schreibt, die man selber “dämlich und überzogen” findet. Respekt bekommt man von anderen, wenn man ihn vor sich selber hat. Aber er hat schon mehr Einsicht gezeigt als der Rest der Mischpoke von SPIEGEL/bento. Darum fahre ich die verbalen Salven auch etwas runter – auch, weil ich in einem Thread von Holger Kreymeier keine verbrannte Erde hinterlassen will:

Mit dem “sich stellen” meinte ich dort, wo es angemessen gewesen wäre – beim Artikel auf meinem Blog. Aber Schwamm drüber. Ich denke auch, als Bond-Fans eint uns zumindest die Begeisterung für Doppelnullen.

Danach beharken wir uns noch ein wenig über die Tatsache, dass Röhlig sich massiv über bauchfreie Amazonen aufregen kann, den brutalen Sexismus von Bond in einem anderen bento-Artikel aber als historisch gewachsen verteidigt. Nebenkriegsschauplatz.

Insgesamt gehe ich aus der Diskussion mit ein wenig neuem Respekt heraus – nicht vor der Arbeit von Röhlig, aber vor seinem Umgang mit einem provokanten Kritiker. Das ist schon fast britisch (confront your enemies, avoid them when you can – a gentleman will walk but never run). Und wer weiß – vielleicht macht sich Röhlig ja künftig vorher Gedanken, ob das, was er schreibt, “dämlich und überzogen” ist?

Leider nein:

Ihr solltet den Artikel erstmal in Ruhe lesen, bevor ihr zum nächsten Absatz springt.

Auch wenn Röhlig “so Satz-Satz-Zerpflücken” nicht mag – meine Leser finden es tuffig und super, wie das Feedback zeigt. Und in diesem Fall ist es leider auch nötig.

Aaalsooo…

Masturbation in Bus und Bahn: “Das ist eine Machtdemonstration”

Ich akzeptiere, dass Titel Anheizer sind und das Thema verkürzen müssen – aber das hier ist verfälschend. Masturbation in Bus und Bahn (anscheinend nicht in Parks, im Kaufhaus oder in Flugzeugen) ist eher selten eine Machtdemonstration. Aber dazu gleich mehr.

Tipps gegen Männer, die sich in der Öffentlichkeit entblößen.

Katze aus dem Sack: es geht gegen Männer. Weil Frauen so etwas ja nicht machen:

Bleiben wir bei Röhligs Artikel.

Das wackelige Handybild zeigt eine Frau, gefilmt aus der Froschperspektive. Sie sitzt wahrscheinlich in einem Regionalzug. Im Vordergrund der Aufnahme sieht man eine Jeanshose und einen Bauchansatz. Eine Hand nestelt am Hosenstall, holt dann einen Penis hervor. Mehrere Minuten lang reibt die Hand an dem Penis – in der Aufnahme wird dabei immer wieder die Frau herangezoomt.

Sie schaut beschämt geradeaus, blinzelt hin und wieder hinüber. Sie sagt nichts, tut, als sei nichts.

Ich bin sicher, solche Videos gibt es. Und es gibt Leute, die sich solche Videos anschauen. Lassen wir das einfach als “ekelhaft” mal so stehen – ganz unabhängig von der Tatsache, dass sehr viele solcher Videos Fakes sind, die Geld damit verdienen, den Kunden glauben zu machen, hier sei etwas sehr Empörendes passiert.

Dieses Video findet man auf Pornoportalen im Netz, darunter reihen sich Dutzende Filme mit ähnlichem Inhalt. In den meisten ist zu sehen, wie ein Mann sich entblößt – und wie meist junge Frauen mit der Situation konfrontiert werden. Die Züge könnten überall sein. Einige sind eindeutig als die Berliner S-Bahn oder Regionalzüge der Deutschen Bahn zu erkennen.

Interessantes Detail: Der weitaus größte Teil dieser Videos stammt aus Japan, wo es ein Volksfetisch zu sein scheint, junge Frauen im Personennahverkehr zu bedrängen.

Bevor ich nun in medias res gehe: Ja, Männer neigen nicht nur häufiger dazu, Frauen sexuell zu provozieren, sondern auch dazu, dieses Verhalten hinterher sexuell auszuschlachten. Es gibt eine erschreckend große Zielgruppe für entsprechende Fotos und Videos. Das ist ekelhaft, strafbar und sollte meiner Meinung nach konsequent verfolgt werden. Sexuelle Belästigung ist in keiner Form hinnehmbar. Ich schreibe das hier hin, damit man mir am Ende nicht wieder genau das Gegenteil vorwirft.

Zurück zum Artikel: Wir kommen nun von der reinen Beschreibung eines (angeblichen) Falles zur journalistischen Aufarbeitung – und schon beim ersten Absatz machen die Fragezeichen über meinem Kopf pling pling pling!

Die kurzen Clips zeigen Ausschnitte von Übergriffen, mit denen Frauen täglich konfrontiert werden. Vor allem zeigen sie: Exhibitionismus ist kein Phänomen, das sich in dunklen Straßenecken abspielt. Es sind sexuelle Übergriffe im öffentlichen Raum, die viele junge Frauen schon erlebt haben.

Werden Frauen wirklich täglich mit solchen Übergriffen konfrontiert? Ist das nicht eine unzulässige Pauschalbehauptung, die zumindest von EINER Statistik oder einer Untersuchung unterfüttert sein sollte?

Kein Witz: ICH habe diese Untersuchung angestellt, habe gut ein Dutzend Frauen verschiedener Altersgruppen gefragt, ob sie so etwas schon mal erlebt haben. Ein Dutzend Antworten – und exakt EIN 20 Jahre zurückliegendes Ereignis, das eventuell in das Schema passt, aber nicht gegen die Frau speziell gerichtet war.

Zweites Problem mit dem Absatz: der Strohmann. Niemand hat behauptet, Exhibitionismus sei ein “Phänomen, das sich in dunklen Straßenecken abspielt”. 

Vor allem aber – und das ist der Strick, an dem ich Röhlig aufküpfen werde – ist Exhibitionismus eben KEINE typische sexuelle Gewalt von Männern gegenüber Frauen.

Wikipedia: Nach ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) ist der Exhibitionismus eine Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung in Form einer Störung der Sexualpräferenz. (…) Diese Definition ist gemäß § 295 (1) und § 301 (2) Fünftes Buch Sozialgesetzbuch für Deutschland rechtsverbindlich.

Das ist wichtig. Das ist kein Nebenschauplatz. Hier geht es um Menschen mit einer klaren Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung. Für Röhlig: Dreckschweine, die hilflose Frauen sexuell missbrauchen.

Sandra, die in diesem Artikel anonym bleiben will, weiß noch genau, wie erniedrigt sie sich gefühlt hat, als sie zum ersten Mal einem Mann begegnete, der masturbierte: “Ich war mit Freundinnen unterwegs, mitten am Tag. Wir wollten auf eine Aussichtsplattform. Auf einmal saß er da, ein paar Meter weiter oben auf einer Bank, grinste uns an und holte sich einen runter.” Sie und ihre Freundinnen wussten nicht, was sie tun sollen – also seien sie ganz beschämt umgekehrt und einen Umweg gegangen.”

Die Frauen haben einen Mann gesehen, der masturbiert hat. Sie haben ihn gemieden. Das scheint mir alles zu sein, was man zu dem Thema sagen muss. Problem UND Lösung. Solange der Mann sich nicht aufdrängt, solange braucht es keine große Menge an Lösungsansätzen, um die Sache abzuhaken. Ehrlich jetzt: welche junge Frau erleidet denn bleibende psychische Schäden, nur weil so ein Typ mal seinen kümmerlichen Dödel rausgeholt hat?

Schon klar: Ganz anders sieht das bei Kindern aus, die müssen geschützt werden. Bei Penisvorzeigern, die sich gerne auf Spielplätzen rumtreiben, greift ja auch das Strafrecht. Ebenfalls etwas anderes: Frauen, die nicht ausweichen können (Aufzug, Bahnabteil) und Männer, die den Exhibitionismus als Machtmittel einsetzen (als Chef, Lehrer, etc.). Aber natürlich sind diese tatsächlichen Problemfälle keine, auf die Röhlig eingeht.

Was tun? Weggehen wäre zu einfach, wie “Sandra” weiter ausführt:

Bis heute ärgert es Sandra, dass er “gekriegt hat, was er wollte: drei verunsicherte, junge Frauen, die sich von seinem Penis in die Flucht schlagen ließen.”

Weder Röhlig noch “Sandra” (noch die aktuelle Forschung) können ernsthaft glauben, dass der Exhibitionist “das” wollte: drei Mädels, die seinen Dödel nicht sehen wollten. Das zeugt von einem grundlegenden Missverständnis, wie Exhibitionismus funktioniert – als Störung und/oder als Fetisch.

Lassen wir mal außen vor, dass Röhlig Exhibitionismus als sexuelle männliche Gewalt gegen Frauen hier permanent faktisch mit der Vergewaltigung in einen Topf wirft. Auch die Tatsache, dass es hier weder zu verbalem noch zu physischem Kontakt kommt (die Intimsphären der Frauen also in jeder Form unberührt bleiben), ist nicht mein Hauptproblem. Dass Röhlig nicht mal eine Zeile auf den Hinweis verschwendet, Exhibitionismus sei ein Krankheitsbild? Geschenkt. Kranke sind Opfer, keine Täter – das passt einfach nicht in die Geschichte.

Was mich WIRKLICH ankotzt, ist dies: der Exhibitionist ist immer männlich, das Opfer immer weiblich. Das bedient natürlich genau die bequemen Klischees und die Tatsache, dass es so nicht vollumfänglich stimmt, geht im Applaus der dauerempörten “endlich sagt’s mal wer!”-Claqueure unter.

Fakt: Es gibt Frauen, die Exhibitionistinnen sind – sowohl als Fetisch, wie auch als Verhaltensstörung. Und es gibt viele Männer, die von Exhibitionisten (Männern und Frauen) belästigt werden. Fun fact: yours truly included.

Aber das wäre ja ausgewogen, das würde der Geschichte ja den Stachel “Männer sind Schweine” ziehen, es würde das schicke Schwarzweiß in ein trübes (wenngleich wahres und faires) Grau verwandeln. DAMIT kann man keine Leser ködern, ich weiß. Schon gar nicht die bento-Kundschaft, die eigentlich nur ihre Schneeflocken-Weltsicht bestätigt bekommen möchte.

Machen wir weiter.

Anika Ziemba glaubt, dass es erst mal wichtig ist, eines zu verstehen.

„Der Mann demonstriert Macht: Sieh her, ich kann das hier in aller Ruhe machen und keiner tut was!“

Ich glaube, dass es erstmal wichtig ist, eines zu verstehen: Anika Ziemba hat nur SEHR begrenzte Ahnung, wovon sie da redet. Aber allen Grund, das alles genau SO sehen zu wollen. Schauen wir uns mal ihre sehr aufschlussreiche Biografie an, die uns Röhlig leider vorenthält:

Anika Ziemba hat in Marburg den Bachelor Erziehungs- und Bildungswissenschaften studiert. Hierbei legte sie ihren Fokus insbesondere auf verschiedene Diskriminierungsformen sowie feministische Theorien und Praktiken. Während des Studiums war sie (links-)politisch aktiv, unter anderem im feministischen Archiv. 

Bei Röhlig liest sich die Beschreibung so:

Anika, 31, arbeitet in einem Hamburger Frauenhaus und zugleich als Wendo-Trainerin.

Glaubt irgendwer, dass Anika Ziemba schert, ob männliche Exhibitionisten verhaltensgestört sind und sich vielleicht in einer für sie ebenfalls sehr tragischen Dauerschleife befinden? Ob sie sich fragt, was weibliche Exhibitionistinnen demonstrieren wollen? Ob man da auch “was tun” sollte?

Wir merken schon: der Artikel ist substanziell nichtig. Männer sind sexuelle Aggressoren, die sich hilflosen Frauen aufdrängen. In dieser Form zwar nicht wahr, aber immerhin knackig. Nur leider kein Fleisch für einen Artikel. Also kommen wir jetzt zur feministischen Selbstverteidigung. Und ich so:

Wendo ist eine Art feministische Selbstverteidigung, entstanden in den Siebzigern in den USA. Anfangs ging es den Frauen nur darum, Kampfsporttechniken zur Selbstverteidigung zu erlernen, mittlerweile geht es auch um die Vermittlung mentaler Stärke: “Ziel ist es, sich selbst die Erlaubnis zu geben, zu handeln”, sagt Anika. “Bestenfalls kann die Frau direkt am Anfang der Eskalation – denn das ist ein Übergriff immer – intervenieren.”

Ich geb’s zu: ich verstehe Frauen nicht. Es braucht also ernsthaft einen feministischen Selbstverteidigungskurs, damit eine Frau handlungsfähig wird? Und das ist wieder ausschließlich das Problem der Männer?

Ich mache mich nicht lustig über Frauen. Im Gegenteil. Ich halte solche Artikel und Wortmeldungen wie die von Ziemba für frauenverachtend und herablassend. Diese Idee, dass die Frau das ausschließliche Opfer ist und ohne Kurse kaum fähig, sich irgendeiner Konfrontation zu stellen (oder zu entziehen!), ist der Schlüssel zur Unterdrückung. Es macht mich rasend, für wie hilflos die Feministinnen die Frauen halten – außer natürlich sich selbst.

Seit vier Jahren macht Anika Wendo. Das Interesse an den Selbstverteidigungskursen sei konstant hoch, vor allem die “Studentin Mitte 20” komme zu ihr. Geschichten von Exhibitionisten, die zum Beispiel in der Bahn ihren Penis entblößen, höre sie immer wieder. “Viele Frauen erzählen dann auch, was sie anhatten – als müssten sie beweisen, dass sie wirklich nicht für den Übergriff verantwortlich waren.”

Lesen. Wirken lassen. Und jetzt das hier:

Es ist der klassische Vorwurf: Zieh dich nicht aufreizend an, dann fühlt sich der Mann auch nicht genötigt, dich anzugehen.

Gemerkt? Niemand hat den Frauen vorgeworfen, sie hätten Exhibitionisten mit ihrer Kleidung provoziert. Frauen selbst werfen sich das vor. Und das wird dann wiederum so gedreht, dass es doch wieder ein Vorwurf AN die Frauen ist – über den man sich natürlich angemessen empören soll. Netter argumentativer Hackentrick – aber eben auch unredlich und durchschaubar.

“Dass Betroffenen die Schuld gegeben wird, ist gang und gäbe und reicht natürlich bis zu den Betroffenen selbst”, sagt Anika. Also müssten Frauen genau das überwinden. Wehrhaft werden, die Schuld nicht länger bei sich suchen.

Genau. Die Frauen übernehmen nur die Vorwürfe (der Männer? der Gesellschaft?).

“Von Frauen wird in unserer Gesellschaft erwartet, freundlich zu sein, nicht wütend zu werden und gleichzeitig total stark zu sein und sich immer zu wehren”, sagt Anika. Dieser Spagat sei kaum aufzulösen, er lähme viele Frauen. “Die Folge ist, dass wir lernen, Übergriffe zu ignorieren”, sagt Anika. “Das fühlt sich aber beschissen an und macht klein.”

Das halte ich für Polemik. Vor allem, weil die Quintessenz am Ende dieses Artikels (soviel sei hier schon verraten) eben nicht lautet, wütend zu werden.

Die Polizei erfasst öffentliches Masturbieren nicht gesondert. Es gilt auch nicht zwingend als sexuelle Belästigung. Das reine Entblößen reicht nicht – erst, wenn sich ein Opfer eindeutig belästigt fühlt, kann die Tat geahndet werden. Sie fällt dann unter das Sexualstrafrecht, Paragraf 183: Exhibitionismus.

Nun sind “masturbieren” und “entblößen” ja nicht deckungsgleich – Schwein gehabt, denn ich pinkel gerne mal in den Wald, wenn’s nicht anders geht. Aber um solche Feinheiten mag sich hier niemand scheren. Wer mehr zu dem Thema wissen will, findet hier die kompetenten Infos.

Die polizeilich erfassten Fälle von Exhibitionsmus und Erregung öffentlichen Ärgernisses nehmen seit Jahren zu. Mit knapp 8200 registrierten Vorfällen im Jahr 2018 ist die Zahl so hoch wie seit 2006 nicht mehr (Statista). Nur rund jeder zweite Täter wird laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018 gefasst. Die niedrige Aufklärungsquote begründen die Kriminalbeamten mit der Tatsache, dass “in der Regel keine Beziehungstaten vorliegen und der Täter unbekannt bleibt”.

Alder!!! Hier wird wirklich kein Taschenspielertrick des Gesinnungsjournalismus ausgelassen. Zuerst einmal geht es um Exhibitionsmus UND Erregung öffentlichen Ärgernisses. Beides hat nicht zwingend etwas damit zu tun, vor Frauen in der Öffentlichkeit zu masturbieren. Und schaut man sich die Kurve der letzten 20 Jahre an, dann wird sehr schnell deutlich, dass die Zahl in den letzten fünf Jahren zwar wieder etwas zugenommen hat, aber INSGESAMT klar abnimmt (Statista-Screenshot). Über 20 Jahre kann man von einem Rückgang um 20 Prozent sprechen:

Ich unterstelle mal, dass eine Aufsplittung der Fälle nach tatsächlicher Masturbation in der Öffentlichkeit und “andere” die Zahl nochmal massiv reduziert. Rechnen wir dann noch alles raus, wo es nicht um “Männer masturbieren vor Frauen” geht, dann wird die Zahl sicher schon auffällig klein. Und dann wundert es mich gar nicht mehr, warum ich exakt EINEN Fall in meinem Umfeld lokalisieren konnte und auch Röhlig nur EINE Zeugin für seine Mär der allgegenwärtig masturbierenden Mannsbilder findet.

Aber wieder – das passt halt nicht in die einfache “Männer sind Schweine”-Kiste, die Röhlig erzählen möchte. Oder es war zu viel Mühe, die Daten korrekt zu analysieren.

Doch auch ein unbekannter Täter hinterlässt Frauen, die sich alleingelassen oder erniedrigt fühlen.

Das KANN so sein. Ich glaube allerdings, dass die Mehrheit der betroffenen Frauen kurzzeitig empört ist und die Sache danach schnell wieder abhakt. Was man halt so tut (auch als Mann), wenn man in der Öffentlichkeit mit skandalösem Verhalten konfrontiert wird. Der Mensch ist keine Porzellanvase.

Leider gebe es nicht die eine Lösung, die jeder Frau in solchen Situationen hilft, sagt Anika. Aber es gibt verschiedene Strategien, mit öffentlicher Masturbation umzugehen.
“Manchen hilft es, Öffentlichkeit herzustellen, den Typen laut anzugehen”, sagt Anika.

Nun kommen wir also zu den “Tipps” (Plural beachten), die uns vorab versprochen wurden. Es gibt also nicht “die eine Lösung”. Was auch wieder interessant ist, denn es sollte eine geben: Polizei rufen. Kann natürlich nach hinten losgehen:

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Kommt in diesem Beitrag nicht vor. Wenn man das nicht tut, weil der Exhibitionist nichts Strafbares tut – ist es dann wirklich in Ordnung, ihn “laut anzugehen”? Wenn jemand seiner Verhaltensstörung oder seinem Fetisch nachgeht, ohne konfrontativ zu sein, gehört es dann nicht zum zivilen Umgang, einfach nicht hinzuschauen? Warum wird diese Lösung als so unbefriedigend (pun intended) dargestellt?

Andererseits:

“Für andere ist es einfacher, wegzugehen, weil die Situation einfach zu eklig ist.”

Nun doch? Ich dachte, “das fühlt sich aber beschissen an und macht klein”?

Am Ende gebe es viele Möglichkeiten, mit so einer Situation umzugehen: „Werde laut, gerne auch mit deutlichen Worten. Wenn das zu schwer ist, erzähl später Leuten davon, bleib nicht alleine damit.“ Wichtig sei nur eines: dem Mann die Kontrolle zu entreißen, ihm die Macht über den Moment zu nehmen.

Das ist wirres Zeug. Wenn man laut wird, hat man dem Mann mitnichten die Kontrolle entrissen. Im dümmsten Fall gibt man ihm genau die Aufmerksamkeit, die er haben will. Und auch wenn man weg geht, hat man nicht “die Macht über den Moment” auf seiner Seite. Weil es nicht um Macht geht, auch wenn scheinbar das das einzige Thema ist, das die Feministinnen der vierten Generation interessiert. Wurde “weg gehen” nicht weiter oben als genau die FALSCHE Strategie eingeführt weil der Mann “kriegt, was er will”?

Passenderweise überlässt Röhlig wieder “Sandra” zum Abschluss das Wort?

Das hat übrigens auch Sandra gemacht. Als sich einige Jahre später ein Mann in der S-Bahn zwei Sitze von ihr entfernt niederließ, sie anschaute und begann, zu masturbieren, habe sie sich gesagt: “Nicht noch einmal.” Sie habe still gesessen und darüber nachgedacht, was sie jetzt machen könne. “Und irgendwann bin ich aufgestanden, habe mit dem Finger auf seinen Penis gezeigt und ihn ausgelacht. Und auf einmal sind sowohl der Typ als auch sein Ding sehr klein geworden.”

Danke, Wendo! Danke, feministische Selbstverteidigung! Lachen lernen heißt siegen lernen! Ich bin sicher, der Typ macht das nie wieder (Sarkasmus)!

Ehrlich? Ich bestreite (ohne jeglichen Beleg, haltlos also) die Existenz von “Sandra”. Weil die zu perfekt genau das sagt, was Röhlig für seinen Artikel braucht, weil sie genau den Weg geht, den er aufzeigen will – und weil sie als perfektes (und einziges) vorher/nachher-Beispiel sogar ZWEIMAL von einem Masturbanten belästigt wurde. Und wie wir nicht erst seit Relotius wissen: wenn sich etwas zu schön (im Sinne von bequem) liest, um wahr zu sein, ist es oft auch nicht wahr. Aber selbst wenn Sandra existiert und wenn sie zweimal mit einem Exhibitionisten konfrontiert wurde, dann negiert das nicht den Totalausfall dieses Artikels, der sein Thema nicht nur einseitig, sondern mit einem völligen Mangel an Verständnis für die Betroffenen angeht.

“Hausaufgaben machen!” hätte mein alter Chefredakteur gesagt, nachdem er mir die Seiten um die Ohren gehauen hätte. Rest in peace, Doc.

Warum mich gerade ein so exotisches Thema so aufregt? Was habt ihr und was habe vor allem ich damit zu tun?! Im Grunde genommen waren es zwei Aspekte, die mich zu dieser Textanalyse gedrängt haben.

Ich kannte einen Exhibitionisten. Er ist schon 30 Jahre tot, ein guter Freund der Familie. Wir Kinder wussten nichts davon. Jahre später habe ich erfahren: Wenn er wieder mal von der Polizei aufgegriffen und verhaftet worden war, dann hieß es, er sei “im Krankenhaus” oder “in der Reha” (Tennisverletzung).

Dieser Exhibitionist war kein Schwein, seine Taten waren keine geile Machtausübung über Frauen, die sich nicht wehren konnten. Er war krank, schwach, und sehr unglücklich. Sein Drang hat die Familie zerstört und letztlich ihn selbst. Es war eine Tragödie, für die er verantwortlich war, aber nicht schuldig. Seine Frau, seine Kinder, seine “Ziele” – alles Opfer. Und er auch.

Weil ich diesem Mann kannte, weil ich ihn mochte, weil ich sein Drama erlebt habe, lasse ich ihn nicht in Röhligs bequeme Narrative pressen vom sexuellen Attentäter, der hilflose Frauen geil wedelnd missbraucht. Ja, als Gegenwehr hätten Frauen das Recht gehabt, ihn auszulachen – und es wäre dennoch kein Sieg gewesen, keine Ergreifung irgendeiner “Macht des Moments”.

Das ist die eine Seite.

Was passiert, wenn der Spieß umgedreht wird? Wenn die Person, die durch Handanlegen Ärgernis erregt, kein Mann ist, sondern eine Frau?

Wie dieser Artikel aus dem bento-Mutterhaus SPIEGEL belegt, ist dann alles ganz anders. Der Tenor: die Frau hat eine Verhaltensstörung, es gibt doch nicht wirklich ein Opfer. Kann man als Gesellschaft nicht ein wenig Empathie haben, kann man nicht einfach mal wegschauen, statt immer ein riesen Fass aufzumachen?

Ich bin auch hier mit der Quintessenz nicht zufrieden – es müssen gleiche Regeln für alle gelten und wo der Mann grundsätzlich Täter ist, darf die Frau nicht bei gleichem Verhalten zum Opfer stilisiert werden. Aber der Artikel müht sich wenigstens, Verständnis für eine psychische Störung aufzubringen, dafür, dass die Betroffenen selber leiden und eben nicht eiskalte Sexverbrecher sind.

Und darum gehen diese letzten Zeilen an Marc Röhlig: Mag ich Sie auch in der direkten Diskussion als nett und umgänglich erlebt haben – das hier ist ein Schmierenstück niederster Haltung. Über Ihre albernen Empörungen angesichts irgendwelcher Kinofilme mag man noch lachen, aber bei einem ernsten Thema, wo es um die Schicksale beschädigter Menschen auf beiden Seiten geht, wird aus lachhaft schnell ekelhaft. Im Versuch, ein frauenfreundlicher Artikel zu sein, ist es ein menschenfeindlicher Artikel geworden. Und das publizieren Sie in der Kategorie “Gerechtigkeit”?

Ich hatte über Ihren Artikel zu JUSTICE LEAGUE geschrieben:

“… manchmal glaube ich, dass Männer dafür prädestiniert sind, diese ganze Feminismus-Kiste falsch zu verstehen und dann in guter Absicht, aber fataler Ignoranz solche Texte zu verfassen.”

Das gilt für diesen Artikel doppelt. Aber wer weiß, vielleicht finden Sie den in ein paar Monaten ja auch wieder schulterzuckend “dämlich und überzogen”.



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Thor
Thor
5. Januar, 2020 15:05

Sehr sehr geil. Vielen Dank dafür.

Comicfreak
5. Januar, 2020 18:54

Ich bin jetzt 47 und in meiner Jugend war die Zartfühligkeit ein Wort aus der Weichspülerwerbung und Sexismus gegen Frauen noch nicht vorhanden.
Damals war der Exhibitionist schon immer der Idiot in der “Praline” – Witzeseite und jedes Grundschulkind wusste : lachen und kopfschüttelnd weiter gehen.
Dazu braucht es jetzt ernsthaft Artikel und Kurse?

Wenn, wie du sagst, eine erweiterte Perspektive, ein Erkenntnisgewinn da wäre, aber das ist die Witzeseite in deprimiert ohne Pointe

Sigur Ros
Sigur Ros
5. Januar, 2020 20:12
Reply to  Comicfreak

So sehe ich das auch – wozu diese künstliche Skandalisierung? Es geht hier lediglich um öffentliches Masturbieren, und dieser “Artikel” tut, als stünde das auf einer Stufe mit Missbrauch oder körperlicher sexueller Belästigung und könne schwere psychische Folgen für die “Opfer” haben. Wenn das die Probleme sind, die Frauen in Deutschland heute beschäftigen, scheint es ihnen ja doch ganz gut zu gehen.

Sigur Ros
Sigur Ros
5. Januar, 2020 20:08

Als jemand, der mit Menschen mit Behinderung gearbeitet hat, kann ich noch eine weitere Ursache beitragen: Bei geistig behinderten menschen ist öffentliches Masturbieren ein häufiges Ärgernis, weil ihnen aufgrund ihrer Defizite in der emotionalen Entwicklung einfach die Scham und oft auch die Aufklärung fehlt. Auch sowas sollte man bedenken, bevor man Exhibitionisten und Leute, die sich öffentlich befriedigen, als schmutzige Männer, die nur Macht ausüben wollen, diffamiert. Aber im feministischen Narrativ muss natürlich immer der Mann das perverse Schwein und die Frau das arme, machtlose Opfer sein. Bento hat zwar eh keinen Ruf zu verlieren, aber dass sie solch dumpfer Feminismus-Propaganda, die vielleicht in der Emma noch akzeptabel wäre, verbreitet, ist schon ein besonders peinlicher Tiefpunkt.

Dietmar
6. Januar, 2020 10:17

Katze aus dem Sack: es geht gegen Männer. Weil Frauen so etwas ja nicht machen:

Als ich in der Verwaltung des Kirchenkreisamtes arbeitete, erhielt ich eines schönen Sommertages einen Anruf: Eine Frau fragte in eindeutiger Weise stöhnend nach dem Inhalt meiner Hose. So etwas gibt es. Ich vermute, habe dafür keine Belege, dass Männer mehr zu so etwas neigen als Frauen.

Dietmar
6. Januar, 2020 11:40
Reply to  Torsten Dewi

Wikipedia? Okay, ja, da hätte ich ja mal nachgucken können …

Dietmar
6. Januar, 2020 10:58

Ich kann Dir inhaltlich nur zustimmen und danken.

Aber mir ist eine zweite Belästigungs-Anekdote eingefallen! Wirklich wahr, etwa ein Jahrzehnt her:

Ich leitete eine Probenfreizeit meines Jugend- und Erwachsenen-Orchesters auf Sylt. Wir waren in einer Jugendherberge untergebracht. Meistens verbrachte ich die Zeit, die die Spieler zu Freizeitaktivitäten nutzten, arbeitend. Proben vorbereiten, arrangieren, komponieren. Schöner, warmer, sonniger Tag, ich saß in meinem Zimmer am Tisch vor dem weit geöffneten Fenster und arbeitete an einem Stück von mir (war ein Bombenhit! Wenn ich´s doch sage!). Nebenbei bekam ich mit, dass in dem benachbarten Gebäude Schulklassen höheren Jahrgangs einzogen. Es wurde drüben also etwas lauter, hat mich nicht gestört. Zimmer wurden bezogen und so weiter. Irgendwann guckte ich nachdenkend hoch und sah jugendliche Mädchen im Zimmer gegenüber, knapp 20 Meter entfernt, in Badekleidung an ihrem offenen Fenster. Mit dem wütenden Schrei: “Spanner!” knallte ein Mädchen sofort das Fenster zu. Ich saß schon da, als sie ihr Zimmer bezogen, habe nicht gesehen, wie sie ihre Bikinis anzogen, ob sie sich bei offenem Fenster umzogen, wann sie das überhaupt öffneten oder so. Aber ein zufälliger Blick machte mich zum Spanner.

Aber wenigstens hat das Mädchen mich konfrontiert und mir meine Macht entzogen.

Dietmar
6. Januar, 2020 11:38
Reply to  Torsten Dewi

So richtig!

Zuletzt hatte ich “Spaß” auf den Scienceblogs, wo einige Wissenschaftler (also richtige) die Meinung vertreten, dass die Sprache selbst gendergerecht werden muss. Einer der Wissenschaftler dort schreibt deshalb konsequent alle Artikel in femininer Form.

Klar: Die Sprache ist männlich, weil die Frauen seit Urzeiten zu dämlich und schwach sind sich durchzusetzen und die Männer sich überlegt haben, hm, wir machen das auch mit Sprache! Echt ausgefuchst! Wenn man erleben will, wie intelligente Menschen für eine, wie sie meinen, gerechte Sache, zu allen sprachlichen Mitteln greifen, die sie selbst anprangern, wenn sich Idioten dort ausbreiten: Das ist ein schönes Beispiel.

Torsten Scholz
Torsten Scholz
6. Januar, 2020 12:21
Reply to  Dietmar

Ja, das ist SJW-Bigotterie in Reinkultur. Schon immer wieder lustig, wie diejenigen, die sich für die gegenüber Frauen, Ausländern oder sonstwas offensten und tolerantesten Menschen auf Erden halten, sich in Wahrheit dann oft als die borniertesten, intolerantesten Betonköpfe erweisen, die viel schlimmer sind als das, was sie anprangern.

Dietmar
6. Januar, 2020 12:35
Reply to  Torsten Scholz

Ich finde das extrem schockierend. (Ohne eine andere Blog-Debatte hier aufgreifen zu wollen, will ich nur beschreiben.) Natürlich bin ich kein Sprachwissenschaftler, sind die sich besonders gendergerecht zeigenden Wissenschaftler dort aber auch nicht. Ich habe mich auf sprachwissenschaftliche Quellen bezogen (im Kern: Das Maskulinum ist der indogermanische Standardgenus für den Handlungsträger eines Satzes. Dass der “maskulin” genannt wird ist eine philosophische Erfindung des vorchristlichen Griechenland. So wie dort vier Elemente kategorisiert wurden, kategorisierte man Sprache in Mann, Frau und Sache. Hat mit dem Jahrhunderttausende alten Sprachzentrum absolut nichts zu tun.). Gegenargument: Die Genderstudies würden zeigen, dass Frauen sich unterdrückt fühlen, weil die Sprache männlich dominiert sei. Belege zählten, nicht meine Meinung. Maskulin bedeute männlich, werde also als männlich empfunden. Punkt. Fazit: Erst der Feminismus befreit die Frauen! Das haben die buchstäblich seit der Morgendämmerung der Menschheit nicht selbst geschafft. Jetzt, jetzt gelingt das, dank der bahnbrechenden Erkenntnis, dass das Maskulinum Frauen unterdrückt.

comicfreak
comicfreak
6. Januar, 2020 12:55
Reply to  Dietmar

Das ist so absurd.
Ich finde es im Gegenteil besser, wenn beide sagen können “Ich bin Mediengestalter” oder Bäcker oder whatever.
Solange die Ausbildung gleich ist, ist auch das erreichte Ziel gleich.
warum soll ich dem 2 verschiedene Varianten geben oder das Wort mit * und ähnlichem verlängern?

Dietmar
6. Januar, 2020 13:00
Reply to  comicfreak

Eine Freundin von mir ist im Personalamt. Bei öffentlichen Ausschreibungen muss sie permanent gendergerecht ausschreiben. Also schreibt sie jetzt “männlich/weiblich/divers”.

Und “Verlängern” ist das richtige Stichwort: Ein Bäcker ist männlich. Also macht das “er” ihn zum Mann. Das angehängte “in” macht das männliche Wort aber weiblich. Das hieße, “Bäck” wäre neutral. Würde Sprache so funktionieren, wie es die Ideologen gerne hätten, müsste es heißen “Bäcker” für den Mann und “Bäckin” für die Frau.

Ich habe ein bisschen Angst, dass das eine künftige Sprechweise werden soll…

Dietmar
6. Januar, 2020 13:30
Reply to  comicfreak

Ach, und das vergaß ich ganz: Als ich in meinem Kommentar zu seinem Artikel über gendergerechte Sprache meine Argumente nannte, antwortete er: “Gääähn.” Das habe er alles schon gehört, ob ich etwas Neues hätte.

2+2 ist auch langweiligerweise nach wie vor 4.

Maxiplus
Maxiplus
6. Januar, 2020 14:39

Danke für diesen Beitrag, bento ist wirklich die Pest. Wenn ich mal aus morbider Neugierde einen der arg clickbaitigen Artikel anklicke, liest sich das manchmal wie ein Expeditionsbericht von einem anderen Planeten. Zum Glück hat eine mildtätige Seele mein Fürbitten erhört und tatsächlich einen bento-blocker programmiert, bisher allerdings nur für Firefox.
Zum Thema Exhibitionismus kann ich nur diese Anekdote betragen: Dem einzigen “Gliedvorzeiger” sind wir 1984 ausgerechnet während einer Autofahrt durch die DDR begegnet. Er stand mit heruntergelassener Hose neben der Autobahn, das Geschlechtsteil ostentativ der Fahrbahn zugerichtet. Die Verwechslung mit einem wilden Pinkler war also definitiv ausgeschlossen. Ich fands damals eher amüsant und frage mich, was aus dem wohl geworden ist. War er womöglich ein systemkritischer Dissident oder einfach nur geistesgestört? Ich werde es nie erfahren.

Udo
Udo
6. Januar, 2020 16:46

„… manchmal glaube ich, dass Männer dafür prädestiniert sind, diese ganze Feminismus-Kiste falsch zu verstehen und dann in guter Absicht, aber fataler Ignoranz solche Texte zu verfassen.“

Solange sie journalistische Grundvoraussetzungen nicht erfüllen, es nicht schaffen, bei solchen Themen unabhängige ExpertInnen zu interviewen, weil das ihrem ach so progressiven Bild von der Sachlage widersprechen könnte und sie glauben, sie wären so die besseren Feministinnen, auf jeden Fall. Eine sehr gute Analyse von dir, Torsten. Ich würde mich jedenfalls schämen, wenn ich, wie Herr Röhlig, einen meiner Artikel irgendwann selbst als dämlich und überzogen bezeichnen müsste.

Udo
Udo
6. Januar, 2020 16:56
Reply to  Torsten Dewi

Das glaube ich nicht, Torsten. Du kannst dir gerne jeden von mir geschriebenen Artikel zur Brust nehmen. Ich bezweifle, dass du da etwas Ähnliches findest wie von Herrn Röhlig.

Udo
Udo
6. Januar, 2020 17:00
Reply to  Torsten Dewi

Auf Facebook sicher. Nicht aber in meinen Artikeln. Und was Facebook angeht: Ich hoffe schon, dass ich mich da in der letzten Zeit gebessert habe.

Udo
Udo
6. Januar, 2020 17:04
Reply to  Torsten Dewi

Wie du magst. Ich habe auch keine Lust, mich über das Thema zu streiten, lade dich aber jederzeit mal meine Artikel zu lesen.

Dietmar
6. Januar, 2020 19:38
Reply to  Udo

Ich war wegen weitgehender Internet-Diskussions-Abstinenz lange nicht mehr auf Deinem Blog: Deine Seite hat sich entwickelt, sieht sehr einladend aus! Ruhe kehrt ein, ich lasse meine Rüstung rosten, also lese ich zeitnah mal wieder bei Dir.

Aber wehe ich entdecke schlechte Artikel! *faustschüttel* 🙂

Udo
Udo
7. Januar, 2020 11:11
Reply to  Dietmar

Das wird hoffentlich nicht passieren, Dietmar. 😀 Freut mich, wenn du die Seite einladend findest. 🙂

Jake
Jake
7. Januar, 2020 16:15

Danke für diesen Beitag, ich liebe Deine “Satz-für-Satz-Zerpflückungen”! Argumentativ bin ich da ganz bei Dir.

“Polizeilich erfasste Fälle von […] in den letzten 20 Jahren um 20% zurückgegangen.”
vs.
“Polizeilich erfasste Fälle von […] so hoch wie seit 2006 nicht mehr.”

Klassischer BILD-Move. Schön alles so drehen, dass es in die eigene Agenda passt.

P.S.: Mich beschleicht der Eindruck, dass Herr Röhlig immer noch nicht begriffen hat, was ein “Teaser Trailer” ist…

Jake
Jake
8. Januar, 2020 16:41

In dem Artikel ging es um eine junge Frau (also genau die Zielgruppe der schweinischen Exhibitionisten), die vor einer anderen Frau in einem Zugabteil zu masturbieren begonnen hatte.

https://www.spiegel.de/spiegel/a-759063.html

Handelt es sich evtl. um diesen Artikel?

Befremdlich übrigens, dass Frauen offenbar nicht wegen exhibitionistischen Handlungen verurteilt werden können, da der entsprechende Paragraph (§183 Abs. 1 StGB) nur Männer als mögliche Täter vorsieht: https://www.nordbayern.de/region/ungerecht-warum-frauen-keine-exhibitionisten-sein-konnen-1.9273481

Bei Frauen könnte man dann etwa §183a (Erregung öffentlichen Ärgernisses) heranziehen, aber dafür reicht es nicht aus, sich nur zu entblößen.

sergej
sergej
10. Juni, 2020 15:10

Keine Perspektive mehr: “Spiegel” stampft “bento” ein
 
 
https://www.dwdl.de/nachrichten/78007/keine_perspektive_mehr_spiegel_stampft_bento_ein/