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Sep 2019

Fantasy Filmfest 2019: Abschlussbericht

Themen: Fantasy Filmf. 19, Film, TV & Presse |

So, ich bin seit knapp einer Woche wieder daheim und mittlerweile auch nicht mehr kinogeschädigt. Ehrlich gesagt war das Fantasy Film Fest das stressfreiste Festival, das ich jemals komplett durchgezogen habe. Das Wetter war gut, die Organisation war gut, die Hotels waren gut, die Gesellschaft war sympathisch. An dieser Stelle noch mal Dank an Phillip, aber auch an die Wortvogel-Veteranen Göran und S-Man, mit denen ich prima über diverse Filme diskutieren konnte. Besonders gefreut habe ich mich über diverse Leute, die sich als “stille” Leser geoutet haben und nur wegen meines Reviews ihren Bekanntenkreis in die Wiederholung von HOTEL MUMBAI geschleppt haben.

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Ein wichtiger Eckpfeiler meines diesjährigen Durchhaltevermögens war sicher meine angepasste und nachhaltige Ernährung. Getrunken wurde nur Leitungswasser aus der immer gleichen 0,5 Liter-Flasche. Den morgendlichen Kaffee habe ich in einen wiederverwertbaren Becher gefüllt. Statt Süßkram, Leberkäse und Pizza habe ich mich (mit Ausnahmen) primär von Äpfeln, Bananen und Wassermelonen ernährt. Teilweise habe ich tagsüber und vor allem abends gar nichts gegessen.

Die direkten Folgen waren erstaunlich: ich habe besser geschlafen, war fitter, hatte nachts keine Probleme mit Magensäure – und habe deutlich weniger Müll produziert. FFF (Fantasy Film Fest) meets FFF (Fridays for Future). Im Gegensatz zu den Vorjahren wurde mein Gehirn auch nicht nach einer Woche schlabbernder Brei, der die Filme kaum voneinander unterscheiden konnte. Erfreulich.

Am Ende zählen aber nicht Umfeld oder Ernährung, sondern die Filme.

Gefühlt war es ein schwaches, sehr blasses Jahr mit einem zu großen Mittelfeld aus “kann man gucken, muss man aber nicht”-Filmen und einem auffälligen Mangel an tatsächlichen Genre-Stoffen. Gehen wir’s mal sortiert durch.

Der Bodensatz

DARK ENCOUNTER definierte den Begriff “Tiefpunkt”, obwohl er (wie LIGHT OF MY LIFE) zumindest versuchte, das (SF-)Genre zu bedienen.

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0 Dark Encounter
1 Red Letter Day
2 Light of my Life
3 Into the Dark

Das Mittelmaß

Weniger, als ich dachte. Hier trafen Filme, die wenig wollten und schafften (DEADSIGHT, MAKING MONSTERS) auf Filme, die besser hätten sein müssen (SOME TIME LATER, CHARLIE SAYS), und auf Filme, die sich für was Besseres hielten (ANGEL OF MINE, THE LODGE).

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4 Shadow
4 Deadsight
4 The Furies
5 Extra Ordinary
5 Charlie says
5 Angel of Mine
5 Some time later
5 3 from Hell
6 The Lodge
6 The Girl on the Third Floor
6 Making Monsters
6 Tone-Deaf
6 Dreamland
6 Porno
6 Door Lock
6 Darlin’

Das Entertainment

Mehr als ich dachte, auch wenn die 7er genau so gut zum Mittelmaß gerechnet werden können. Die 8er häufen sich, und das ist ein gutes Zeichen. Die 8er sind es auch, die ich bedenkenlos empfehlen würde.

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7 Romulus & Remus
7 Vivarium
7 First Love
7 Reborn
7 Dachra
7 A good woman is hard to find
7 47 Meters down: uncaged
8 Riot Girls
8 Come to Daddy
8 The Witness
8 Ready or not
8 Feedback
8 All the Gods in the Sky
8 Freaks
8 The gangster, the cop, the devil
8 Mope
8 Harpoon
8 Diner
8 Something else
8 I see you
8 Kingdom

Die Highlights

Hier lohnt sich der Kinobesuch und nicht die Warterei auf Scheibe oder Stream. Das sind Filme für die große Leinwand, für Popcorn und gute Freunde. Und es ist sehr bedenklich, dass (wie bei den letzten Nights mit FAVORITE) die besten Beiträge so wirklich gar nichts mit dem Genre, das dem Festival seinen Namen gibt, zu tun haben. Es sind die 9er, die die Fahne in Sachen Horror und Fantasy hoch halten.

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9 Bliss
9 Why don’t you just die?
9 White Snake
9 Scary Stories to tell in the Dark
10 Hotel Mumbai
10 The Professor and the Madman

Schwer bewertbar

Klar kann man RABID oder LITTLE JOE gut finden. Wenn man aber, wie ich, den Kontext mitwertet, dann sind sie nur schwache Abklatsche deutlich stärkerer Vorbilder. Das muss jeder mit sich selber ausmachen. Und IT COMES ist… IT COMES halt.

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Rabid
Little Joe
It comes

So ergibt sich unter dem Strich ein überraschend positiver Kuchen:

Ich werde die Filme dieser Tage auch noch in die Masterliste eintragen, in der auch noch die letzten Film Fest Nights fehlen. Asche auf mein Haupt.

Ist das FFF 2019 demnach BESSER gewesen als die vorherigen Jahre? Kaum vorstellbar. Davon hätte ich doch was gemerkt. Ja, vielleicht haben ein paar schwache erste Tage mein Urteilsvermögen getrübt, aber letztlich krankte es doch an sehr offensichtlichen Problemen bei der Filmauswahl.

DIE HERKUNFT. Ich hatte es in einem der Reviews schon erwähnt: üblicherweise präsentiert das FFF eine große Bandbreite, Filme aus Ungarn, Israel, Argentinien, Norwegen, Portugal. In diesem Jahr dominierten die englischsprachigen Länder massiv (Amerika/Kanada, England/Irland), was zu einer erzählerischen Dürre und Farblosigkeit führte. Klar, auch die Filme aus Obskurstaaten sind nicht immer Partyknüller, aber sie sind wenigstens anders, wenn sie nicht gut sind. Dafür war der tunesische DACHRA ja auch wieder ein gutes Beispiel.

Zweites Standbein dieses Jahr: die Asiaten. Und da war weniger los als in den letzten Jahren: ein bisschen Crime, ein bisschen Historienschinken. Wirklich mitgerissen hat mich nur DINER und der wunderschön animierte WHITE SNAKE. So ein Actionkracher wie BUYBUST oder Science Fiction wie RESET, das hat gefehlt.

DIE GENRES. Ich habe mich damit abgefunden, dass das FFF sich als “all inclusive”-Festival versteht, auf dem Filme wie FAVORITE oder PROFESSOR AND THE MADMAN laufen, die nach KEINER Definition etwas mit dem Genre zu tun haben. Aber in diesem Jahr nahm es wirklich überhand und die Genre-Beiträge waren in der Minderheit. Nicht mal die Hälfte der Filme konnten mit tatsächlichen übernatürlichen Phänomenen aufwarten. Einmal Vampir (halbwegs), ein paar Zombies, keine Mumien, keine Werwölfe, zwei- bis dreimal Geister. Dafür haufenweise Psycho- und Serienkiller. Das ist mir persönlich zu wenig “Fleisch”.

Dass das FFF eine unerklärliche Abneigung der Science Fiction gegenüber zeigt, ist ein weiterer Minuspunkt, den ich als erklärter SF-Fan wiederholt ankreiden musste.

Hinzu kommt, dass das Festival üblicherweise auch einen oder zwei animierte Experimentalfilme wie SUICIDE SHOP oder RUBEN BRANDT zeigt. Außer dem gelackten WHITE SNAKE war da dieses Jahr totale Fehlanzeige.

Dass man KEINEN geeigneten deutschen Film gefunden hat, spricht für sich, oder?

DIE EIGNUNG. Nun winke ich auch dem Genre allenfalls am Rande zugehörige Filme durch, wenn sie wenigstens Entertainment bieten. Aber es tut mir leid – Filme wie RED LETTER DAY, LIGHT OF MY LIFE und SHADOW hätten nach Erstsichtung als ungeeignet für das Festival aus der Auswahl gestrichen werden müssen.

Mein Urteil ist demnach dieses Jahr wie eigentlich jedes Jahr seit ca. 2014: Ich hätte das Festival gerne wieder bunter, lauter, meinetwegen auch schrabbeliger. Das Genre muss seine Highlights selber generieren – es mit anspruchsvollen Filmen außerhalb des Spektrums anfüttern zu wollen, wirkt immer arg gewollt und auch ein wenig verzweifelt. Ich erinnere mich, dass das FFF in den 90ern mitunter Probleme hatte, einfach genug Filme aufzutreiben, die verfügbar waren und ins Programm passten. Das Problem existiert heute nicht mehr. Der Markt ist so groß und breit wie nie. Nur als Beispiel hier ein paar Trailern von Filmen, die mögliche Alternativen für RED LETTER DAY, LIGHT OF MY LIFE und LITTLE JOE hätten sein können:

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Ich hätte mich sogar über den hier gefreut – für den Mitternachts-Slot:

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Versöhnliches zum Schluss: Trotzdem habe ich mich gut unterhalten beim FFF 2019. Und ich werde auch beim FFF 2020 wieder dabei sein, sofern kein Herzinfarkt dazwischen kommt. Aber es bleibt die frustrierende und wiederholte Erkenntnis, dass da einfach mehr gegangen wäre, wenn die Veranstalter die Filme mit mehr Augenmaß ausgesucht hätten. Wenn das lauteste und breiteste Genre kein lautes und breites Festival mehr hergibt – können wir dann nicht allesamt einpacken?!

Wer deutlich mehr Gewaltverherrlichung will und Spaß am Overkill hat, sollte sich vielleicht das Obscura Filmfestival von David Ghane vormerken:

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Ansonsten seht ihr mich spätestens bei den nächsten Nights 2020 wieder live vor Ort.



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8 Kommentare
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Martzell
21. September, 2019 18:51

Ich erinnere mich an ein Fff mit auffallend vielen Zombiefilmen; gefühlt fast nur Zombiefilme.

HomiSite
22. September, 2019 12:03

An dieser Stelle mal ein Dankeschön für deine krasse FFF-Berichterstattung! So die Rezis zeitnah rauszuhauen und trotzdem was zu sagen zu haben – top! Hier und da vielleicht latent spoilerig (auch Philipps Oneliner), aber okay.

Ich bin dieses Jahr seit 14 Jahren (!) wieder für ein paar Filme beim FFF. Damals: “Vier Filme am Stück, warum nicht!” Heute: “Öh, also drei ohne Pause, ich weiß nicht …” (also bisher auch nur Double Features gemacht). Schön, dass man Leute erkennt, die man schon damals gesehen hat.

Hab die Filmauswahl auch mithilfe deiner Rezensionen getroffen. Meist passt unser Geschmack mit +/-1 zusammen – außer bei Genre-Arthouse wie von Hélène Cattet und Bruno Forzani (die Regisseure wusste ich natürlich nicht auswendig) liegen wir auseinander. 😀 Und IT COMES war super, auch wenn das Hakenschlagen schwindelerregend ist. 🙂 Jetzt noch am Überlegen, ob ich heute Abend kurzfristig BLISS mitnehme – voll ist das Festival in Hamburg nicht wirklich. Damals am Dammtor wurde noch der größte Cinemaxx-Saal für BLAIR WITHC PROJECT ausverkauft …

Wortvogel
Wortvogel
22. September, 2019 12:17
Reply to  HomiSite

Schau Bliss.

Dvdscot
22. September, 2019 13:10

Auch hier nochmal vielen Dank für die Erwähnung. Zu den einzelnen Trailern hab ich auf FB schon was gesagt.

lapismont
23. September, 2019 12:42

Auch von mir ein ganz großes Danke für die Reviews!

Matts
Matts
29. September, 2019 21:39

Ich bedanke mich auch herzlich für die ausführlichen Rezensionen zum diesjährigen FFF! Und wir lagen nur bei “Shadow” komplett auseinander ; )
Ist ja erstaunlich, wie viele Filme dieses jahr gut weggekommen sind – vielleicht hatte die gesunde Ernährung doch einen Einfluss.
Ich werde dann mal zusehen, dass einige der Highlights, die ich verpasst habe, in nächster Zeit noch mitnehme. Grade im letzten Jahr war ich überrascht, wie viele der Filme zeitnah auf diversen Streamingplattformen auftauchen.

Dietmar
29. September, 2019 21:53

Ehrlich gesagt: Ich würde es nicht durchhalten, so viele Filme zu sehen. Vom Rezensieren wäre gar keine Rede.

Gawrilow
Gawrilow
18. Oktober, 2019 15:55

Bin vor langer Zeit durch das FFF auf den Wortvogel gestoßen. Danke für die diesjährige Berichterstattung und alle zuvor. Critters Attack wäre genial gewesen!