17
Nov 2015

Lost & Found: Roger Corman’s “The Phantom Eye”

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Es ist schlimm, dass selbst in den Zeiten der digitalen Totalität Produkte und Projekte fast spurlos verschwinden können. Andererseits: Es liegt in der Natur des Netzes, dass sie genau so unvermutet wieder auftauchen können. Aus diesem Grund habe ich es mir zur Gewöhnheit gemacht, verschollene Perlen alle paar Monate zu googlen – wer weiß?

Am Wochenende habe ich mit dieser Strategie mal wieder den Jackpot getroffen: Jemand hatte Roger Corman’s “The Phantom Eye” hochgeladen!

phantom eye

Nun mögen weniger bewanderte B-Movie-Fans gelangweilt einwerfen: “Ein Film von Roger Corman von 1999? Wieso sollte der denn schwer zu kriegen sein?”

Fakt ist: “The Phantom Eye” ist nur sekundär ein Film. Primär war es ein 35teiliger Pausenfüller für das “Monsterfest” des amerikanischen Kabelkanals AMC. Von der liebevollen Hommage an die Gruselschinken aus sechs Jahrzehnten wurden immer nur kurze Häppchen zwischen den Hauptfilmen ausgestrahlt. Erst wenn man sie am Stück sieht, ergibt sich ein gut einstündiger, wenn auch episodischer Film daraus, der an Anthony Hickox’ “Waxwork” erinnert.

Variety hat immer noch einen schönen Artikel von 1999 dazu online.

Meines Wissens nach wurde “The Phantom Eye” nie auf DVD veröffentlicht, nie wiederholt, nirgendwo gestreamt. Keiner der Allesgucker und vor allem Allesaufzeichner, die ich in den USA kannte, hatte ihn auf Band oder Scheibe gesichert. Das war für mich besonders ärgerlich, weil der Autor Neal Marshall Stevens (aka Benjamin Carr) in den 90ern einer der fleißigsten Drehbuchautoren von Charles Band gewesen war.

Wie gesagt: Die Suche hat ein Ende, “The Phantom Eye” ist verfügbar. Und was selten genug der Fall ist: er ist tatsächlich gut.

Die Rahmengeschichte: Zwei Praktikanten sollen für den ominösen “Dr. Gorman” im Filmarchiv einen benötigten Horrorheuler namens “The Phantom Eye” finden. Doch hinter jeder Tür lauert eine andere Dimension, das Tor in ein weiteres Gruselgenre. Nur wenn es den beiden gelingt, das Geheimnis um “The Phantom Eye” zu lösen, werden sie wieder aus den Fängen des Schauerkinos entlassen.

Gleich ein halbes Dutzend klassischer Grusel-Subgenres wird parodiert, vom Stummfilm über die Universal-Klassiker und die Hammerfilme bis zu den schlecht synchronisierten Mexiko-Importen und albernen Teen-Beach-Heulern der 60er. Das Skript ist vollgepackt mit Insider-Jokes. Den Strippenzieher im Hintergrund spielt Roger Corman selbst mit samtweicher Stimme. Und am Schluss gibt es sogar noch einen prima Twist obendrauf.

Ich habe mich köstlich amüsiert. “The Phantom Eye” ist so nerdig wie harmlos, in Liebe einer längst untergegangenen Ära von “horror classics” und “midnight screamings” verpflichtet.

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DMJ
DMJ
17. November, 2015 12:29

Ohohoho! Das klingt außerordentlich interessant. Davon hatte ich tatsächlich noch gar nichts gehört. Also danke für den Tipp… und erstrecht Dank an den Hochlader, wer immer es sein mag!