25
Aug 2015

FFF 2015: 88

Themen: Fantasy Filmf. 15, Film, TV & Presse, Neues |

88

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REGIE

April Mullen

DARSTELLER

Katharine Isabelle, Christopher Lloyd, Michael Ironside, Jesse McCartney, Tim Doiron, Kyle Schmid, April Mullen

Offizielle Synopsis: Eine junge Frau erwacht völlig orientierungslos in einem Diner. Sie hat keine Ahnung wer sie ist oder wie sie dort hingekommen ist. Die hastig durchsuchte Handtasche bringt wenig verwertbare Hinweise: Der übliche Kleinkram, ein Motel-Schlüssel und… eine Waffe? Als die Kellnerin das Kleinkaliber erspäht, löst sich in der allgemeinen Panik ein Schuss und fortan ist die schöne Unbekannte – Gwen, wie wir später erfahren – auf der Flucht. Doch mit der Knarre im Gepäck, bleibt sie nicht lange die Gejagte.

Kritik: So, heute sind gleich zwei FFF-Veteranen am Start: “Ginger snaps”- und “American Mary“-Hottie Katherine Isabelle und Raubein Michael Ironside darf man mittlerweile bei fast jedem Filmfest in einem oder zwei Streifen begrüßen. Vertraute Gesichter wie Lena Headey und Ron Perlman, wie Lance Henriksen und Rutger Hauer.

Der Aufhänger: Gwen hat durch ein Traum die Persönlichkeit gewechselt, alterniert zwischen überfordertem Gangsterliebchen und eiskalter Killerin. Sie ist Täter und Opfer zugleich – was ihr natürlich niemand glauben wird. Und in ihrer Rolle als “Flamingo” hat sie einen ganz eigenen Satz Freunde und Feinde…

Die Rollenverteilung: Nicht gerade gegen den Strich gebürstet – Isabelle gibt wie immer die gefährliche Femme Fatale, während Ironside als Cop knurrig Antworten verlangt. Außergewöhnlich und erstaunlich effektiv dagegen: Christopher Lloyd als melancholisch-cholerischer Provinzgangster.

Das Genre: Ein Neo(n)-Noir mit Gewalteinsprengseln irgendwo zwischen Quentin Tarantino und John Dahl. Ansätze von Road Movie, auch wenn die vielen Autofahrten – typisch für diese Sorte Film – nirgendwo hin führen. Die Charaktere drehen sich emotional und faktisch im Kreis.

Die Bilder: farbsatt und weich, eng und trist. Was in dieser Welt bunt ist, ist falsch, soll nur locken wie die blinkenden Reklamen des öden “Flamingo”-Clubs oder das knallrote Kleid von Gwen.

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Die Inszenierung: Zu auffällig, zu marktschreierisch. Hier werden so ziemlich alle Editing-Techniken der Filmhochschule in 88 Minuten gequetscht, bis die einzelnen Frames vor Spielereien bersten. Zeitlupen, extreme Nahaufnahmen, ungewöhnliche Winkel, Perspektivwechsel, Filter – man muss nicht alles machen, was man machen kann, vor allem, wenn die Narrative schon genug Konzentration vom Zuschauer erfordert.

Das Problem: Um seinen Twist zu ermöglichen, muss “88” ständig seine Zeitebene wechseln, muss die Geschichte von “Flamingo” und von Gwen parallel erzählen. Das ist ansatzweise faszinierend, weil Katherine Isabelle beide Rollen glaubwürdig rüberbringt, schießt sich aber ins Knie, weil es irgendwann zu wirr und schwer zu verfolgen wird.

Das Ergebnis: Irgendwann steigt man aus, lässt die Bilder an sich vorbei rollen, schreckt nicht mal mehr bei den gewollt theatralischen Gewaltausbrüchen auf. Was ein kleiner Film mit solidem Handwerk sein sollte, verschluckt sich am Tuning – andererseits: Millennium hat den Verleih übernommen, irgendwem muss es also gefallen haben. Und diese Person verdient mit ihrer Meinung sicher viel mehr Geld als ich.

Fazit: Slick inszenierter, aber letztlich zu selbstgefälliger und gewollt dekonstruierter Thriller, der spätestens ab der zweiten Hälfte in Comicterritorium abdriftet und dann nur noch von seinem beeindruckenden Cast getragen wird. 6/10.

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