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Mai 2013

B-Film Basterds: dreckige Filme, dreckiges Gelächter

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse, Neues |

Wer hätte gedacht, dass es mir vergönnt sein würde, u.a. die Filmrollen mit Charles Bands Riesenroboter-Epos “Robotjox” durch die Republik zu kutschieren, damit sie für ein B-Movie Festival abgespult werden können?
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Und wahrlich, ich sage euch: es ist wieder ein Heidenspaß. Die Zahl der “Stammgäste” wächst von Jahr zu Jahr, die meisten Vorstellungen sind ausverkauft, die Stimmung ist super – im Gegensatz zu den Filmen, was aber auch Sinn der Sache ist. Dieses Jahr hatten Doc Acula und seine Komplizen ein besonders glückliches, weil sehr ausgeglichenes Händchen bei der Filmauswahl. Schwülstige Erotica, krachende Riesenroboter-Action, bumsige Westernparodie, Karate-Hampeleien, Italoschmodder, Superhelden-Umtriebe,  – schon die erste Hälfte des Programms konnte voll überzeugen.

Hier mal meine schnell hingeschluderten ersten Gedanken zu Freitag und Samstag. Die drei Sonntagsfilme trage ich heute Abend nach.

Argoman – der phantastische Supermann
Roger Browne ist das Fleisch gewordene Heldenkinn in einem Comicfilm, der ganz die Popart der 60er atmet: die Bösewichtin kämpft weniger mit dem Argoman als mit ihrem unglaublichen Vorrat an “swinging sixties”-Klamotten, alles ist bunt und blinkt, die launige deutsche Synchro drückt “Argoman” weg von “Diabolik”, hin zu den “Fantomas”-Filmen mit Louis des Funes. Für die Zeit angemessen frauenfeindlich und blöd (Argoman verliert nach Geschlechtsverkehr für sechs Stunden seine Superkräfte!), mit viel Pariser und Londoner Postkartenansichten. Einzig der absolute Mangel an tatsächlicher Action nervt – Argoman erledigt alle Probleme per Telekinese im sprichwörtlichen Handumdrehen. Da boten “Die drei Supermänner” und “Diabolik” erheblich mehr. Trotzdem: granatenstark.
argoman Django Nudo und die lüsternen Mädchen von Porno Hill
Als Film gewordene Unfassbarkeit angekündigt, gelingt es “Django Nudo” tatsächlich, die hoch gestellten Erwartungen zu erfüllen und sogar zu übertreffen. Einen schmierigen Softsex-Western mit Elementen deutscher Bumsfilme und Slapstick-Comedys sowie einer für ihre Zeit geradezu spektakulär introspektiven Deppen-Synchro zum Kult umzustricken, das muss man erstmal schaffen. Hier gibt es viele haarige Männerärsche und teigige Frauenbrüste zu bewundern, Silikon im Wilden Westen, das notgeile Pärchen Bumsi und Bumso sowie eine Postkutsche, die aus Kostengründen gänzlich ohne Pferde auskommen muss. Die Synchro wendet sich immer mal wieder direkt an den Zuschauer, in den Dialogen werden “Bonanza”, “Big Valley” und “Ihr Auftritt, Al Mundy” referenziert. Django stellt sich vor als “Der Herausgeber der Zeitung ‘Django und die Sieben Zwerge'”. Kurzum: hier ist alles drin, worum es bei dem Festival geht.
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Mädchen zum Mitnehmen
Sexbombe Mary-Lou landet auf der Cooper-Farm und bringt das Machtgefüge der eingeschworenen Männergesellschaft dort schnell durcheinander. Dieser Film spaltete das Publikum – viele Zuschauer fanden ihn langweilig und banal. Ich nicht. Man muss sicher einen Draht zu den aufgeheizten, aber letztlich harmlosen “Bad girl”-Filmen der 50er haben, die schwülstige Lust als Gift für die saubere Nachkriegsmoral anprangerten und gleichzeitig gierig darboten. “The Girl with an Itch” ist dafür ein so typischer wie solider Beitrag, der mit guten darstellerischen Leistungen aufwarten kann. Hätte Ed Wood “Dallas” gedreht, wäre vermutlich so etwas dabei raus gekommen.
maedchenzummitnehmen
Alien 2 – Die Saat des Grauens kehrt zurück
Bekanntlich waren die Italiener schneller als Ridley Scott, als es darum ging, ein “Sequel” zu “Alien” auf die Rampe zu hieven. Dabei ist “Astaron – Brut des Schreckens” für Freunde des 80er Splatterfilms gar keine schlechte Investition: nicht gut, aber unterhaltsam. “Alien 2” hingegen ist das ANDERE “Sequel” – und ein brutaler Marathon für jeden Geduldsfaden, bei dem am Ende die Augen bluten. Hier passiert nichts, wird nichts erzählt, nichts entwickelt – es gehen nur ein paar erschütternd uninteressante Vollpfosten in eine Höhle und werden von ein wenig Schmodder gemeuchelt, der nach in Kunstblut getunktes Klopapier aussieht. Ein Non-Film, der seine Laufzeit primär damit rum bringt, dass wir den Charakteren beim Pinkeln, beim Autofahren, beim Einkaufen und beim Umziehen zuschauen. Einziges (schwaches) Highlight: Das Ende. Wie es aussieht, haben die Aliens nicht nur in wenigen Stunden die ganze Welt übernommen und alle Menschen ermordet – sie haben auch noch die Leichen beseitigt und schnell feucht durchgewischt. Respekt.
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Liebesgrüße aus Fernost
Superagent Mike Harper soll heraus finden, warum weltweit Sportler verschwinden. Dabei kommt er einem Transplantationskartell auf die Schliche, das sexy Frauen als Handlanger einsetzt. Der schmierige Grindhouse-Actionfilm der 70er – so sah er aus. Vollgepackt mit billigem Remmidemmi, gewürzt mit T&A, Sexismus, Rassismus, dazu ein wenig Tiersnuff und Polyesterhemden mit Tesbildmuster. Für sich genommen schon eine große Tüte Kinopommes, aber erst die Leckmich-Synchro von Rainer Brandt macht den Ketchup drauf. Im blauen “leisure suit” wandelt “Liebesgrüße aus Fernost” im Niemandsland zwischen B-Movie und seiner eigenen Parodie. Auch für Trashnoobs absolut empfehlenswert.
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Robotjox
Ich habe Robotjox zum letzen Mal 1990 gesehen. Damals, vor dem Boom der CGI-Effekte, beeindruckten mich die Stop Motion-Roboterschlachten, während der ganze Plot dahinter mit seinen Pappmaché-Sets und Pappmaché-Charakteren eher dürftig war. Das hat sich nicht geändert. Die Jahre haben “Robotjox” nicht gut getan, er wirkt noch mal deutlich kindischer als zur Zeit seiner Entstehung, Hauptdarstellerin Anne-Marie Johnson ist fatal fehlgecastet, die Narrative kommt an keiner Stelle über das Niveau einer billigen TV-Serie hinaus. Aber die Nostalgie fängt einiges wieder auf, weil man WEISS, wie unglaublich schwer ein solches Projekt damals zu stemmen war, als die Hardware noch nicht von der Hardware kam – David Allens Effekte mögen krude wirken, ihren Charme haben sie allerdings nicht verloren. Die Sequels “Robot Wars” und “Crash and Burn” waren vielleicht weniger anspruchsvoll, aber insgesamt runder.
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Megaforce
Hier kamen die Jungs vom “geheimnisvollen Filmclub Buio Omega” ins Spiel, die heuer drei Filme “stifteten” und uns vorab noch das Konzept ihres Kultkinos in Gelsenkirchen erklärten. Ich bewundere ihre Liebe zu den manchmal hässlichen und vernachlässigten Stiefkindern der Filmindustrie und teile ihre Mission: zu zeigen, dass diese Filme für die Leinwand gedacht waren und dass so mancher vorschnell als “Trash” abgestempelte Billigheuer einen ganz neue Qualität bekommt, wenn man ihn in guter Gesellschaft in einem großen dunklen Saal sieht.
Ich habe “Megaforce” in den frühen 80ern im Kino gesehen und mir viel davon versprochen. Aber selbst im Jahrzehnt von Cannon und Michael Dudikoff, von Ninjas und Weltraumpiraten stach “Megaforce” als besonders hirntoter Militaria-Furz heraus. Ein Film, dem man den penetranten Sexismus, die permanente Eierschaukelei und den präpotenten Waffenfetisch noch verziehen hätte – wäre er nicht so erschütternd schlecht. Die Kontrahenten balgen sich um irgendwelche imaginären Grenzen in irgendwelchen staubigen Wüstengebieten, niemand hat eine persönliche Motivation und es gibt keine Zivilisten zu schützen. “Megaforce” ist das verfilmte Hin- und Hergeschiebe von Figuren auf einer militärischen Strategiekarte. Was Hal Needhams “Hurra Amerika!”-Film bis heute aber zum wenigstens einmaligen Pflichtfilm macht, ist Barry Bostwicks Performance als “Hunter” – der zugleich schwulste und chauvinistischste, selbstbesoffenste und fake-bescheidene Commander der Filmgeschichte. Ein Richard Branson mit Fönfrisur und hautengen Spandex-Strampelanzügen, dem man jede emotionale Regung zwischen den Beinen ablesen kann.
megaforce
Die Vergnügungsspalte
Die zweite “Buio Omega”-Leihgabe hat eine ähnlich krude Verleihgeschichte hinter sich wie “Django Nudo” – hier wurde ein italienisches Softsex-Drama erst um zwei Drittel gekürzt, dann mit in Deutschland neu gedrehten Bumsszenen auf doppelte Länge gestreckt. Der Versuch, eine kohärente Geschichte zu erzählen, wird an keiner Stelle gemacht. Wenn ein deutscher Darsteller-Ersatz mal keine Ähnlichkeiten zu der Figur in den Originalszenen hat, muss er halt drei Minuten lang den Kopf vom Publikum abwenden. Es definiert den Begriff “Fremdschämen” und lädt zu der Frage ein: was sollte das? Wenn man 45 Minuten neu drehen kann, kann man auch gleich 70 Minuten neu drehen und das “Original” in dem Keller verrotten lassen, in den es gehört. Dann hat man vielleicht keinen besseren Film, aber zumindest einen, der in Bildqualität, Location und Darstellern stimmig bleibt. In der vorliegenden Version ist das Ergebnis der cineastischen Geschlechtsumwandlung von der mediterranen Erotiksoap zur deutschen Bumsfidel-Fabel zwar aufklappenden Kiefern förderlich, aber nicht annähernd so unterhaltsam wie “Django Nudo”. Ein Film, der wirklich nur der beinharten “Midnight Crowd” zuzumuten ist – und die war anwesend.
Fanny
So, und nun muss ich in den lokalen “Irish Pub” zum Brunch mit den Jungs und Mädels. Danach stehen noch drei “Perlen” auf dem Programm.



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comicfreak
12. Mai, 2013 14:07

😀

Peroy
Peroy
12. Mai, 2013 16:54

“Alien 2” ist natürlich ein besserer Film als “Astaron”…

Anderl
Anderl
12. Mai, 2013 18:09

Jup, war super gestern. Auch wenn’s bei mir wieder mal nur für einen Tag gereicht hat.
Robotjox und Megaforce gibt’s übrigens komplett auf Youtube.

DMJ
DMJ
12. Mai, 2013 18:44

Die Artikelüberschrift verschweigt das “dreckige Gesindel”, welches zweifellos elementarer Teil des Festivals ist. 😛

CrazyEddie
13. Mai, 2013 08:10

Ja Herr Jürgens, das Gesindel ist ein nicht unwesentlicher Teil. Es war wieder großartig, es macht immer wieder Spaß mit Gleichgesinnten in großer Runde Filme zu schauen. Schön ist auch, dass das Festival immer weiter wächst und einen größeren Bekanntheitsgrad erreicht.
Ich freue mich schon auf die anderen Fotos und die Ansichten des Hausherren zu den drei Sonntagsfilmen. Bei den oben benannten gehe ich nicht bei allen konform, so fand ich “Die Vergnügungsspalte” durchaus sehr unterhaltsam, ja dank der offensichtlichen Blödheit dieses Versuchs einen Film zu machen wurde er im Nachhinein zu meinem absoluten Festivalfavoriten.

dyson
dyson
13. Mai, 2013 10:22

Ja, ja, das war ein überaus gelungener Spaß, dieses Wochenende. Insbesondere die Auswahl der angebotenen Filmkost kann ich nur loben, da ein echt guter Querschnitt aus dem gesamten als Trash verschrieenen Dunstkreis außergewöhnlicher Filmkunst geboten wurde. Teils schreiend komisch, teils hübsch langweilig, mit Krachwumm und Leckificki – genug, um zumindest das Gros der Anwesenden bei Laune bzw. bei der Stange zu halten.
Im Nachgang bin ich auch fast so weit, dem Eddie hinsichtlich Highlight zuzustimmen: Die Vergnügungsspalte hatte es echt in sich! Das war so herrlich grenzdebil-genialer Gossenkram, wie man ihn echt nicht alle Tage bekommt. Ein ganz großes Werk für den harten Kern.

Reini
13. Mai, 2013 13:04

Um hier mal auch “die etwas andere Meinung” (TM) kundzutun: “Die Vergnügungsspalte” fand ich ziemlich grausam, “Robotjox” erstaunlich unterhaltsam und “Liebesgrüße aus Fernost” sogar richtig gut.
Das gezeigte Filmspektrum war in der Tat richtig schön groß, hatte aber auch einen gemeinsamen Nenner: In allen Filmen gab es nackte Brüste zu sehen. 🙂

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2013 13:10

@ Reini: Die nackten Brüste in “Robotjox” muss ich übersehen haben – und die in “Megaforce” auch :-p

Dr. Acula
13. Mai, 2013 14:41

@Vogel
Sideboob gab’s aber doch bei “Robotjox”. Bei “Megaforce” wüsste ich jetzt auch nicht, wo der Reini da hingekuckt hat…

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2013 14:55

@ Acula: Der Reini sieht überall Möpse 🙂

CrazyEddie
13. Mai, 2013 18:22

Danken wollt ich auch nochmal an dieser Stelle, an der sie es mitbekommt, der netten T-Shirtfabrikantin, die ihre Werksklaven eine überaus exzellenten Qualität der Oberbekleidung fertigen lies.

VideoRaider
13. Mai, 2013 18:30

Es gibt bei ROBOTJOX eine Duschszene in der die volle Pracht des weiblichen Busens zu bewundern ist. Also wirklich, Leute. Der Mann von Welt achtet auf sowas.

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2013 19:47

@ CrazyEddie: Silke werde ich noch mal separat beim Nachklapp würdigen – ich muss nur erstmal das sensationelle (haste gehört, Silke?) Wortvogel-Zitat-Shirt fotografieren 🙂

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2013 19:47

@ VideoRaider: und “Megaforce”? Na? NA? NAAAA????

chaosmonger
chaosmonger
13. Mai, 2013 19:49

@ VideoRaider: in unserer Version gab es lediglich ein weibliches Hinterteil in voller Pracht und ein Paar Pokies im Turnleibchen zu bewundern…

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2013 19:51

@ chaosmonger: Vorsicht! Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass bei dem Hintern nicht im Hintergrund noch die Möpse einer Komparsin zu sehen waren.

Reini
13. Mai, 2013 19:53

OK, in Megaforce war tatsächlich noch ein Hauch von Stoff vorhanden…

chaosmonger
chaosmonger
13. Mai, 2013 20:12

@ Wortvogel: Hmmm, ok, kann natürlich sein. Ich hatte halt nur Augen für die Dame in der Bildmitte…

VideoRaider
13. Mai, 2013 22:52

Megaforce habe ich zu lange nicht mehr gesehen. Das letzte Mal anno 2000 aus der Videothek ausgeliehen… Constantin Video.
Ich erinnere mich nur noch an ein Motorrad, das fliegen und schießen konnte. Und an Stirnbänder. Und an einem Bösewicht mit Cowboyhut. Herrje. Es kommt gerade alles wieder hoch…

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2013 22:58

@ Videoraider: Alles falsch. Nur “Hunter” trägt ein Stirnband, das eigentlich ein Halstuch ist. Der Cowboy ist ein Guter – “Dallas”. Der Böse mit dem Cowboyhut ist in “Robotjox”. Und es gibt viele Motorräder, die schießen können – (schlecht) fliegen kann nur eins.
Ja, da kann einem einiges hoch kommen…

Peroy
Peroy
14. Mai, 2013 01:53

Aber Henry Silva hatte wenigstens Spaß…

comicfreak
14. Mai, 2013 11:48

@ CrazyEddie
..dankeschön! 🙂
@ Wortvogel
😀