19
Nov 2012

Der Führer bettelt oder: Braucht Walter Moers wirklich eine Crowdfunding-Kampagne?

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Gerade eben habe ich eine kuriose Pressemitteilung bekommen: Produzent David Groenewold (genau, der aus dem Dunstkreis der Wulff-Affäre) startet eine internationale Crowdfunding-Kampagne, um eine Kino-Version der “Adolf, die Nazisau”-Comics von Walter Moers zu finanzieren. Es gibt einen Teaser-Trailer in verschiedenen Sprachen – hier die deutsche Version:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Im Pressetext liest sich die Begründung (ausschnittsweise) so:

„ADOLF, die Nazisau, ist nun einmal der größte Popstar, den wir Deutschen je hervorgebracht haben. Deshalb eignet sich dieser Stoff auch so gut für ein internationales Crowdfunding. Je mehr Geld wir durch diese Finanzierungsmethode einsammeln, desto größer wird die kreative Freiheit von Walter Moers und dem Animationsteam sein. Und das ist bei einem so delikaten Stoff wie einer schwarzen Hitlerkomödie äußerst wünschenswert“, sagt David Groenewold.

Entsprechend zählt der Produzent auf dem langen Weg zum fertigen Film darauf, dass die vielen Fans auch bei einem animierten Film „100 Prozent Moers“ bekommen wollen. Über die Homepage des Projektes können die Fans direkt Teil der Produktion werden und den Film von Anfang an begleiten und unterstützen.”

Die Crowdfunding-Webseite dazu findet ihr hier.

Mich überzeugt die Argumentation nicht. Zuerst einmal sollte ein Film basierend auf den Comics von Walter Moers kein Crowdfunding brauchen. Das sind ziemlich idiotensichere Hits – und Zeichentrick in dieser Qualität ist ja auch wahrlich nicht teuer. Dass weder Publikum noch Kritik bei dem Thema Zeter und Mordio schreien, wurde bei den Vorlagen zur Genüge ausgetestet. Die Verwendung des Adjektivs “delikat” finde ich in diesem Zusammenhang so unpassend wie albern.

Hinzu kommt, dass die bisherigen Filme aus der Feder von Moers mich eher enttäuscht haben, weil sie lieblose Verwurstungen der hundert Mal gelesenen Comics waren. Da war so gar nichts Neues drin, kein roter Faden, kein Mehrwert. Warum ins Kino gehen, wenn ich jede Zeile im Halbschlaf mitsprechen kann und es in jeder Joghurt-Reklame bessere CGI gibt? Auch diesmal ist keine “neue” Story geplant, wie die Pressemitteilung unumwunden zugibt:

“Auf der Grundlage seiner drei ADOLF-Bestseller hat Walter Moers („ADOLF ist viel komischer als Hitler“) bereits eine erste Fassung des kompletten Drehbuchs erstellt.”

Ich denke mal, mir ist das zu wenig. Andere mögen da nicht so kritisch sein.

Das Thema Crowdfunding wird uns beizeiten allerdings noch beschäftigen – und zwar genau hier.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

26 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Der Karsten
Der Karsten
19. November, 2012 14:56

Hmm.. da finanziere ich lieber die “Nicht Lustig” Serie.. War eh noch nie so der Walter Moers Fan.

Für die Portion Hitler wollte ich mir am Wochenende mal das Buch “Er ist wieder da” besorgen.. ^^

Dr. Acula
19. November, 2012 15:21

Ist eine Tendenz, die leider auch in anderen Crowdfunding-Bereichen durchschlägt – man wälzt, obwohl man eigentlich keinen echten Grund dazu hat, das Risiko auf den Konsumenten ab. Gibt’s beispielsweise – ich hab mich da in letzter Zeit ein wenig ‘mit beschäftigt – im (Brett-)Spielsektor. Ein etablierter Verlag wie QueenGames, der auf der weltgrößten Spielemesse gefühlt eine halbe Halle besetzt, sollte nicht darauf angewiesen sein, seine neuen Veröffentlichungen per Kickstarter zu funden.

Peroy
Peroy
19. November, 2012 17:02

Die sollen das Geld lieber mir geben…

VideoRaider
19. November, 2012 17:02

Es ist schade für unabhängige Filmemacher und insbesondere den Nachwuchs, dass auch hier immer mehr Profis in Bereiche vordringen, die ihnen nicht zustehen sollten.

Crowdfunding (und somit Seiten wie Kickstarter.com) waren eben genau für diejenigen gedacht, die keine finanzielle Plattform, aber gute Ideen haben.

Welch perverse Ironie, dass diejenigen, die immer am Tropf des Steuerzahlers hingen (GEZ-Gebühr, Filmförderung, Stupid German Money) nun diejenigen sind, die den Independent-Filmemacher, selbst hier die Aufmerksamkeit stellen wollen.

Gerade das Rampenlicht war für diese kleinen Produktionen, die ordentliche Budgets gespendet bekommen haben, so wichtig. Jetzt wird Crowdfunding plattgetreten. Von den ganz Großen.

Klar. Jeder hat das Recht sein Projekt mit Spendengeldern zu bereichern. Aber das heißt immer noch nicht, dass es auch richtig ist. Und durch sowas, wird Crowdfunding (und die ursprüngliche Idee dahinter) kaputt gemacht.

Frank Böhmert
19. November, 2012 17:14

Und ich dachte immer, Kraut van Ding wäre ein Actionfilmdarsteller … hab schon gestaunt, was der Packer alles für Projekte durchzieht.

Peroy
Peroy
19. November, 2012 17:22

“Und ich dachte immer, Kraut van Ding wäre ein Actionfilmdarsteller … hab schon gestaunt, was der Packer alles für Projekte durchzieht.”

“Guck’ mal, Blu Ray… der spielt auch überall mit…”

Exverlobter
Exverlobter
19. November, 2012 19:23

Der Führer ohne Hose? Ich hoffe das wird auch historisch authentisch dargestellt. Schließlich hatte Adolf ja nur ein Ei.

Wortvogel
Wortvogel
19. November, 2012 19:31

Kraut van Ding, Blu Ray – klingt nach Porno. Ich schäme mich für euch!

heino
heino
19. November, 2012 20:29

“Kraut van Ding, Blu Ray – klingt nach Porno. Ich schäme mich für euch!”

Wer hält uns denn hier immer in Sachen Porno-Parodien auf dem Laufenden?:-))

Einen neuen Walter Moers-Film brauche ich genauso sehr wie einen neuen Werner-Film oder eine neue Ralf König-Adaption. Im besten Fall waren die handwerklich gut und extrem genau umgesetzt, durch Ideenreichtum haben die aber alle nicht geglänzt. Die sollten das Geld wirklich lieber Peroy geben…..

Testkaninchen
Testkaninchen
19. November, 2012 20:32

@Der Karsten: wenn schon Werbung dann richtig!

http://www.nichtlustig.tv/

Marcus
Marcus
19. November, 2012 21:35

“bei einem so delikaten Stoff wie einer schwarzen Hitlerkomödie”

Klar, weil auf die Idee ja noch NIEEEE einer gekommen ist. Und weil, selbst wenn einer die Idee gehabt hätte, sich ja NIEEEE einer getraut hätte, das zu verwirklichen. Und weil, selbst wenn es einer gemacht hätte, sich ja NIEEEE einer guten Gewissen sowas angeguckt hätte, weil erstmal alle ausdiskutiert hätten, ob man “das darf”, über Hitler und Nazis lachen oder auch nur anders als im Tonfall andächtiger Betroffenheit drüber reden.

Gell, “Der Große Diktator”, “Das Leben ist schön”, “Mein Führer”, “Inglourious Basterds”, “Iron Sky”?

Herr, wirf Hirn vom Himmel, aber ziel gut.

The Riddler
The Riddler
19. November, 2012 21:40

Wenn schon Moers, dann ein Zamonien-Film.

OnkelFilmi
OnkelFilmi
19. November, 2012 21:44

“bei einem so delikaten Stoff wie einer schwarzen Hitlerkomödie”

SIX SEASONS AND A MOVIE!!!

http://www.youtube.com/watch?v=HbFKSdAxQZA

OnkelFilmi
OnkelFilmi
19. November, 2012 21:45

Was? Geht gar nicht um COMMUNITY? Walter Moers? Öh. Nein. Not interested!

Moss the TeXie
Moss the TeXie
19. November, 2012 23:12

Warum ins Kino gehen, wenn ich jede Zeile im Halbschlaf mitsprechen kann und es in jeder Joghurt-Reklame bessere CGI gibt?

Word, mon.

Zu Joscha Sauers Werk fällt mir nur eines ein: Nicht lustig.

Lukas
20. November, 2012 00:46

Wenn die Großen Crowdfunding nutzen wollen – sollen sie doch. Bekommen die kleinen Independent-Filmemacher, -Brettspieldesigner, -Hochbettenverleiher deswegen weniger Geld? Nö. Ob QueenGames z.B. mich vor oder nach Drucklegung zur Kasse bittet, ändert nichts an meiner Entscheidung, besagtes Spiel (nicht) zu kaufen. Nur weil ich meine Kohle nicht in ein paar Monaten in einen Laden trage, sondern jetzt gleich auf einer Crowdfunding-Seite ausgebe (und das Spiel dann später bekomme), habe ich deswegen ja nicht plötzlich weniger Geld für andere Crowdfunding-Projekte übrig.

Nicht vergessen sollte man zudem, dass seriöse Cowdfunding-Geschichten nicht nur betteln, sondern einen mehr oder minder angemessenen Gegenwert bieten, und dass meine Kreditkarte nur belastet wird, wenn das Projekt tatsächlich über die kritische Summe kommt, die notwendig ist, um die ganze Sache auch wirklich zu finanzieren.

Und in der Hinsicht halte ich Adolf-Online für problematisch. Die Kohle, die da zusammenkommen soll, ist nämlich laut FAQ nicht das Budget für den Film, sondern nur ein erster Anstupser, mit dem große Investoren geködert werden sollen. Klingt schwammig. Wenn aus dem Film nichts wird, tja, dann bekommen die Unterstützer ihr Geld (ja, man zahlt sofort) zurück. Wann? Keine Angabe. Und was bekomme ich dafür? Entweder A) einen Download, der mich mit zehn Euro ungefähr fünf bis sechs Mal so viel kostet wie der Gang in die Videothek oder B) für 20 Euro zusätzlich einen winzigen Danke-Credit im Abspann oder C) für 50 Ocken oben drauf noch eine DVD und einen Nazi-Schlumpf.
Und das letztendlich, damit jemand einen Comic umarbeitet in eine Version für Leute, die nicht lesen können. Nee, danke.

…Ach ja: “Je mehr Geld wir durch diese Finanzierungsmethode einsammeln, desto größer wird die kreative Freiheit von Walter Moers und dem Animationsteam sein.”

AM ARSCH! Ihr Feiglinge schwadroniert von einem “delikaten Thema” und traut euch dann nicht mal, in den Teaser, bei dem ihr offenkundig JEDE Freiheit hattet, auch nur EIN Hakenkreuz zu packen. Wenn euch DAS schon zu kontrovers ist, möchte ich erst recht nicht wissen, wie weichgespült der Rest aussähe.

DMJ
DMJ
20. November, 2012 00:51

Peroy sollte man das Geld nicht geben (lieber in “Amazon Force – Suburban Jungle” stecken), aber dass Moers es so nötig hat, sehe ich auch nicht.
Wie oben schon gesagt wurde – Crowdfunding ist eine tolle Methode, Filme und Projekte zu realisieren, die es sonst einfach nicht gegeben hätte und sollte keine finanzielle Absicherung für “normale” Filme sein. Dann noch immer den Mythos zu pflegen, man würde etwas gewagtes machen, erhöht den Sympathiewert der Werbenden auch nicht gerade.

Thies
Thies
20. November, 2012 01:09

Ich fand eigentlich schon die “Nazi-Sau” Comics nicht besonders gut. Das hatte so einen “ich weiss nicht mehr womit ich die Leser schocken kann, warum nicht Nazis?”-Geschmack. Und obwohl der “Ich hock in meinem Bunker”-Clip dann doch ganz witzig war, würde mich eine Langfassung so überhaupt nicht reizen. Ein ordentlicher “Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär”-Film hingegen, wäre etwas wofür ich meinen Obolus schon im voraus bezahlen würde.

gerrit
gerrit
20. November, 2012 02:39

Meiner Meinung nach ist das Kraut Van Ding einer von mehreren Wegen, im Vorfeld auf sich aufmerksam zu machen. Wenn die Macher merken, innert kurzer Zeit kommen gigantische Summen zusammen, ahnen sie: darauf haben einige gewartet. Umgekehrt wären die Kino-Erfolge der Monty Pythons weniger überraschend gewesen, wenn sie neben George Harrison andere potente Finanziers gehabt hätten. Ich habe mich schlapp gelacht über bisher jedes Moers’sche Buch, aber eben: ich kann lesen, was soll ich mit dem kleinen Arschloch oder “Hitler & Pränz” als Film?

Marko
20. November, 2012 07:21

Ich sollte auch sowas machen, dann kann ich endlich mal mein Buch zu Ende schreiben. Gebt mir das Geld!

*seufz*

Dietmar
Dietmar
20. November, 2012 08:23

@Marko: Nä! Du sorgst dafür, dass Astrologie gut aussieht. Da kenn´ ich kein Pardon! 😉

Frodo19
Frodo19
20. November, 2012 18:52

Für mich ist das nur das Angebot die DVD oder die Special Sonder etc. Edition zwei Jahre im voraus zu kaufen!
Wenn schon Crowd Funding, dann mit Risiko und einer Beteilung am Erfolg!

K. Lauer
20. November, 2012 23:16

Wenn schon Moers-Adolf, dann lieber als Musical. “Hitler on the roof”. Kann sich Mel Brooks warm anziehen. NOT.

Comicfreak
21. November, 2012 20:05

..dann schick ich das Geld lieber ins Sonderland..

Anataia
Anataia
27. November, 2012 18:32

Wieso kein Crowd-Funding für die Zamonien-Romane? Das war doch vor Jahren schon mal im Gespräch und das stelle ich mir bei weitem interessanter vor als den ausgelutschten Mist hier.

Lukas
29. Oktober, 2013 13:34

Grade hab ich mich gefragt, was eigentlich aus der Nummer geworden ist, und bin mal zu Adolf-Online rüber. Rund 84.000 sind da bislang zusammengekommen, aber das sind nicht so ganz die Zahlen, die sich die Macher erhofft haben: “Wir träumen von einer Million Vorbestellungen, denn mit diesen können wir den kompletten Film machen.” Momentan sind sie bei 2007 Kunden. Das Ding dürfte damit gestorben sein.

Zum Vergleich: Nichtlustig hat die Crowdfunding-Aktion bereits vor über einem halben Jahr erfolgreich beendet und 183.000€ eingesammelt. Es geht also durchaus.