08
Jul 2012

It’s an Abby Sunday (13): Home

Themen: Abby Sunday |

Ich hatte letzte Woche ja angedeutet, dass Abby sich in der großen Katzenpension (ca. 120 Quadratmeter über zwei Stockwerke samt Terrasse und ca. 30 Kletterbäumen) augenscheinlich wohl gefühlt hat. Sie hat Raum und Napf stressfrei mit anderen Vierpfötern geteilt und es war faszinierend, selbst in den wenigen Minuten vor Ort die Charaktere und Interaktionen zu beobachten.

Da war das Geschwisterpaar (sie orange, er dunkelbraun), das offensichtlich noch massive Probleme mit dem Konzept des “Feriencamps” hatte. Sie drückte sich ängstlich auf einem Schrank in die hinterste Ecke, er zog sich auf den obersten, bedenklich überforderten Ast des Baumes zurück, der auf der Terrasse als Klettergelegenheit installiert wurde. Obwohl sie an einander die Gesellschaft anderer Katzen erlebt hatten, brauchten sie noch Zeit, sich in der Gruppe einzugewöhnen.

Da waren die zwei Perserkatzen, die ein perfektes Beispiel für Poser darstellten – riesige Berge von abstehendem Fell und monströse Schwänze, mit denen man in Sekunden eine ganze Schrankwand hätte abstauben können. Stolze, selbstbewusste Gesichter. Kein schlendern – schreiten. Aber sobald man sie streichelte (was sie genau so buhlend einforderten wie alle anderen Katzen), fiel die Illusion in sich zusammen, denn diese königlichen Schnurrer teilten die wichtigste Eigenschaft des Schottenrocks: nichts drunter. Die Körper dünn, die Rippen trotz guter Ernährung deutlich spürbar, die Köpfe schmal. Wenn die nass werden, ist nicht mehr viel übrig…

Da war das “Monster”, eine Katze von der Färbung und dem Format eines ausgewachsenen Beagle. Wenn sie sich herab ließ, ein Geräusch zu machen, klang es sonor und klar wie bei einem Hund, der gerade keine Lust hat zu bellen. Eine Kurzhaar-Mischung, deren Körpergewicht von sicher um die acht Kilo nicht von Fett, sondern von schierem Volumen bestritten wurde. Als hätte sie ein eigenes Antigravitationsfeld, gingen ihr die anderen Katzen in deutlichen Bögen aus dem Weg. Streit gab es für sie nicht – weil niemand dumm genug gewesen wäre, sich mit ihr anzulegen. Bis auf…

Da war die acht Monate alte halbstarke Katze, die vor Begeisterung über die Geselschaft und mit dem schieren Elan der Jugend die ganze Pension kirre machte. Sie rannte weniger als dass sie hopste, immer irgendwo rauf, wieder runter, ran an die vielen Seile, die überall baumelten. Wie ein Menschenkind waren Technik und Eleganz komplett zweitrangig und Hinfallen nur ein Drama, wenn jemand zusah. Ihre Eskapaden auf den teilweise drei Meter hohen Kratzbäumen konnten Herzattacken verursachen – aber wenn sie kieksend irgend runter plumpste, landete sie doch auf den Pfoten und war im nächsten Moment schon wieder unterwegs. Die Kleine sprang bevorzugt auf andere, gerne vier mal so große Katzen zu, als ginge es darum, Königin und Krone zu verteidigen. Manche ignorierten sie mit genervtem Gesichtsausdruck, andere trollten sich, sobald die Rotznase in die Nähe kam. Als der feline Teenager sich unserer Abby näherte, fauchte diese kurz, aber energisch. Die Reaktionen der kleinen, fast spirreligen Katze: “Ey, Digger, mach disch logga. Isch geh ja schon”.

Da war Abby. Als wir sie abholen kamen, saß sie entspannt in zwei Meter Höhe auf einer weichen Ablage. Sie bequemte sich aufzustehen und als wir ihr das Köpfchen streichelten, schnurrte sie los wie ein gut gewarteter Bentley. Ein Schnippen mit dem Finger und schon war sie auf dem Boden und schaute zu uns hoch, als wollte sie sagen: “Ich brauch nix zu packen – wir können gleich los”. Es hätte uns auch enttäuscht, wenn sie lieber da geblieben wäre.

Was mich fasziniert hat – die Entspannung, die die bloße Gegenwart einer ruhenden Katze auslöst, lässt sich durch Erhöhung der Katzenzahl tatsächlich potenzieren. In der Pension fühlt man sich wie einem Schaumbad aus Schnurrigkeit mit Kerzenlicht aus Katzenaugen. Es ist unmöglich, nicht zu lächeln, nicht zu streicheln, nicht “ooohhhh…” zu flüstern. Man weiß plötzlich, dass “crazy cat ladies” gar nicht so crazy sind. Einen bequemen Sessel inmitten dieses relaxten Gewusels könnte man stundenweise als Therapie gegen so ziemlich alles vermieten: Depression, Aggression, Stress, Einsamkeit. Weil Katzen vorleben, was man sich nur wünschen kann: nichts tun, nichts wollen, nur sein.



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milan8888
milan8888
10. Juli, 2012 10:48