04
Jul 2012

Ein Bild nervt mehr als 1000 Worte

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Okay, es ist mal wieder an der Zeit für ein Potpourri hanebüchener Entdeckungen in Wort und Bild.

Den Anfang macht dieses Flugblatt aus einem Briefkasten in Marburg, das bei oberflächlicher Betrachtung für ein sanitäres System wirbt, mit dem man seine Leitungen und Rohre vor Kalk und Rost schützen kann:

Wer genauer hinschaut, dem fällt auf, dass hier an keiner Stelle erklärt wird, WAS man da eigentlich kauft – oder welchem Wirkprinzip es folgt. Geht es um eine mechanische Filterung? Eine chemische? Wird das Wasser gereinigt oder ergänzt? Es bleibt vage.

Und dann stößt man im wahrsten Sinne des Wortes auf das Kleingedruckte:

Aha – es ist also Bullshit. Mit dem Sahnehäubchen drauf, dass hier zwischen “klassischer” und “moderner” Wissenschaft unterschieden wird – letztere ist dann für Vollpfosten, die ihre Haare auch lieber bei Vollmond schneiden lassen.

Verkalkt muss man schon sein, wenn man sich auf sowas einlässt – hier die aktuelle Preisliste:

Nicht weniger gruselt’s mich bei dem Buch, das ich in Hessen in diversen Hotels als Zimmerlektüre vorfinden musste:

Ich bin generell kein Freund von Büchern, die sich auf dem Cover selbst als “spannend, packend, mitreißend und anspornend” feiern. Und hier rieche ich schwülstige Kalenderweisheiten auf 300 Meter gegen den Wind. Schon der erste Blick in die Inhaltsangabe sollte der letzte sein:

“Ich kann es, ich schaffe es, ich bin Spitze!” – Herr, schmeiß Hirn vom Himmel.

Und wer hat’s verbrochen? Ein Schweizer, dessen Selbstdarstellung mehr helle Heiterkeit verursacht als der Rest der epochalen Weisheiten:

“Er sieht sich als “lernender Lehrer” und nicht als Meister”. Wenn ich sage, als was ich ihn sehe, kriege ich bloß wieder Schreiben von wütenden Anwälten. Es ist mir unbegreiflich, wie ein solch dusseliger Klein Lieschen-Quatsch es gleich in mehrere hochkarätige Hotels geschafft hat. Ein beneidenswertes Geschäftsmodell, das ich noch nicht ganz durchschaut habe…

Wo wir gerade bei Sachen sind, die ich nicht verstehe – dazu gehört auch das Plakat zu Julie Delpys Film “2 Tage New York”:

Das ist wirklich ein Design-Supergau, ein Grafik-Tumor, ein Photoshop-Unfall mit vielen Verletzten, bei dem man aus dem Gaffen gar nicht mehr heraus kommt. Schon die Idee, den Hintergrund einfach durch irgendeinen depperten “Andy Warhol”-Filter zu jagen, muss als massive Entgleisung gewertet werden. Die hypersaturierten Farben lassen das Plakat aussehen, als wäre es das Standbild aus einer 90er-Sitcom (wie “Fresh Prince of Bel-Air”).

Aber was schlimmer wiegt: WAS SOLL DAS BILD? WO SCHAUEN DIE BEIDEN HIN? Delpy und Rock schauen sich nicht an, das steht fest. Sie schauen auch den Betrachter des Plakats nicht an. Delpy schaut tranig-desinteressiert nach links aus dem Bild, Rock wirkt eher überrascht-unsicher. Weshalb? Wir erfahren es nicht.

Dem Betrachter IRGENDEINEN Eindruck vermitteln, worum es in dem Film geht? Oder um was für ein Genre es sich handelt? Nicht doch, das wäre “très ‘ollywood”.

Das ist so artsy fartsy independent, dass ich kotzen möchte. Es passt, dass Chris Rocks Charakter im Film allen Ernstes “Mingus” heißt.

Etwas gewundert habe ich mich, als irgendeine Recherche mich zu einem kanadischen TV-Film führte, den Timothy Bond gedreht hat – seines Zeichens ja auch der Mann auf dem Stuhl bei unserem “High Explosive“. Wenn ich das richtig verstehe, gibt es “The Secrets of Comfort House” unter diesem Titel:

Und unter diesem:

In beiden Fällen finde ich Titel, Artwork und Taglines grauenvoll.

In einer ganz anderen Liga spielt mal wieder René Weller, von dessen Epos “Macho Man” ich kürzlich dieses grandiose Videocover entdeckte:

Ich wusste gar nicht, dass Burt Reynolds da mitgespielt hat!

Einen noch größeren Beschiss am Zuschauer hat mein Kumpel William kürzlich ausgegraben – es geht dabei um den schrottigen Sci Fi-Actioner “King of the Streets”:

Selbst wenn ich mal ignoriere, dass “Mr. 1” nur eine Nebenfigur im Film und schon gar nicht der “King of the Streets” ist – er wird auch nicht gespielt von Laurence Fishburne, “the star of ‘What’s love got to do with it’ and ‘Deep Cover'”!!! Der Typ auf dem Cover ist ein Gelegenheitsschauspieler namens Reggie de Morton!

Wie man Promo besser macht, zeigt diese unglaublich grandiose Artwork von de Seta zum Edgar Wallace-Klassiker “Das Phantom von Soho” – auch wenn Helga Sommerfeld hier mehr nach Karin Dor aussieht:

DAS Teil würde ich mir im Original sofort an die Wand nageln!

Genug Filmquatsch für heute, back to reality. In Hamburg wurde ich kürzlich einer Hinweistafel in der Ubahn ansichtig:

Sorry, aber das ist Unfug. Peer hört ja AUCH die laute Musik, genau deshalb nervt es ihn.

Hier noch ein Nachschlag zu meinen kulinarischen Exkursionen, der bisher durch den Rost gefallen ist:

Das Problem: Die Chips schmecken tatsächlich irgendwie nach Currywurst. Nach kalter Currywurst. Wenig erstrebens- oder erlebenswert.

Erheblich mehr Begeisterung bringe ich für diesen amphibiösen Wohnwagen auf, den ich in einem der vielen Kataloge fand, die meine LvA regelmäßig geschickt bekommt:

Natürlich zu teuer – aber geil ist das Ding schon. Mehr Infos hier.

Das muss für heute reichen.



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Shah
Shah
4. Juli, 2012 08:55

Was ist denn an Mingus so passend?

Comicfreak
4. Juli, 2012 09:36

..dass es ein du-bist-der-schräge-Typ-und-zählst-nicht-Name ist?

Shah
Shah
4. Juli, 2012 09:39

Danke für den Hinweis.

DMJ
DMJ
4. Juli, 2012 10:25

Das “2 Tage New York”-Plakat würde perfekt zu einem Film namens “Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen” passen.

Zwenti
Zwenti
4. Juli, 2012 10:48

Aqua Blue zeigt dir doch in dem einen Bildchen was du kaufst. Ein blaues Band samt weißer Plastikbox, welches du an deiner Hauptleitung anbringst. Ich vermute mal in der Box wird ein Magnet sein der das Wasser wieder auf Kurs bringt. 😉 Wer so etwas kauft, dem gehört das Wahlrecht entzogen.

Zum Buch: Da dürfte wohl der kleine Bruder von Erich von Däniken Ausgang bekommen haben. Schon das Photo von Herrn Bühler ist Satire pur. Erinnert an einen Sektenführer der auf ein Raumschiff wartet, welches ihn endlich von diesem unsagbar unterentwickelten Planeten wegbringt.

Wortvogel
Wortvogel
4. Juli, 2012 10:52

@ Zwenti: Ich bin natürlich auch überzeugt, dass Aqua Blue die Ionen des Wassers synchronisiert und auf Quantenbasis verträglich ausrichtet. Hoch wissenschaftlich!

Uli
Uli
4. Juli, 2012 10:53

“Außer Peer, den nervt es sehr”?!

Das ist ja gruselig, es geht nichts über das Original “Aus dem Walkmen tönt es grell, den Nachbarn juckt’s im Trommelfell”:
http://imageshack.us/photo/my-images/837/bronlinepublikationab05.jpg/

Wortvogel
Wortvogel
4. Juli, 2012 10:57

@ Uli: Kenne ich als alter Wahl-Münchener natürlich – mir ist schon damals aufgestoßen, dass der Typ seinen Walkman an einem Bändchen um den Hals trägt. Gehen so Alt-Cartoonisten eigentlich auch noch auf die Straße oder malen dir nur nach Gedächtnis von ca. 1949?

Xander
4. Juli, 2012 11:03

Es MUSS sich hier um die Wassertransformation handeln. Ganz klare Sache:
http://www.lichtmatrix.de/files/produkte/Wassertransformer.pdf

Wortvogel
Wortvogel
4. Juli, 2012 11:07

@ Xander: Logo. Mein Favorit bei Lichtmatrix – das Butzwasser:

“Butzwasser ist kein Reinigungsmittel und kein Pflegemittel, sondern eine bestimmte Form von “leerem” Wasser. Das Wissen und Verfahren dazu ist uralt. Unsere Kunden nutzen den „informations-entleerten Raum“ dieses Wassers, damit sich die behandelten Oberflächen mit einem „ultraschwachen Licht“ überfüllen und sättigen können. Als Nebeneffekt der Lichtmatrix – Technologie lassen sich Anhaftungen und Schmutz leichter entfernen. Da die sogenannte Materie mit einer bestimmten Qualität von Licht erfüllt ist, wirkt dies sehr pflegend auf die Oberflächen.”

Dr. Acula
4. Juli, 2012 11:13

*laut-schreiend-auf-und-ab-renn*

Comicfreak
4. Juli, 2012 11:19

..warte, ich komm mit!

*ebenfalls_schreiend_um_den_Block_renn*

jimmy1138
jimmy1138
4. Juli, 2012 12:11

Der Herr Grander, der sein “Granderwasser” in ähnlicher Weise verkauft, wurde bei uns in Österreich sogar mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet. Es wundert mich ebenso immer, wie leicht man Leuten etwas verkaufen kann, wenn man nur etwas von “Quanten” erzählt.
Und apropos Erfolgsrezepte-Bücher: noch schlimmer ist allerdings “The Secret” – nicht nur wird da auch irgendwas von “Quanten” gefaselt, der Mist ist auch noch erfolgreich…

Testuser
Testuser
4. Juli, 2012 14:25

Ist es Absicht, dass man die komplette Adresse der LVA auf dem letzten Foto sehen kann? Schnell schwarzer Balken drauf?

Chris
Chris
4. Juli, 2012 14:25

Der Sealander ist doch DAS Gefährt während einer Zombieapokalypse. Ab an den Chiemsee/Bodensee/WasauchimmerSee und wenn die Gehirnfresser kommen mal so eben auf die andere Seite schippern. Toll!

Wortvogel
Wortvogel
4. Juli, 2012 14:34

@ Testuser: Ist kein Problem, weil die Identität der LvA kein Geheimnis ist und ihre Adresse auch meine – aber wegen der Kundennummer habe ich es jetzt trotzdem rausgenommen, vielen Dank für den Hinweis.

Crook
Crook
4. Juli, 2012 20:38

Die Hamburger U-Bahn-Sprüche sind allgemein ganz grausam (nur in Hamburg?) und ich frage mich wochentags fast jeden Morgen fassungslos, 1. wer sich diese Reime ausgedacht hat und 2. vor allem, wie diese um alles in der Welt durchgenickt werden konnten. Es kann mir keiner erzählen, daß man da nicht “nettere” Verhaltenshinweise

“Alle stell’n die Füße hoch – außer Jack, der sitzt im Dreck!”, so lautet noch einer.

Crook
Crook
4. Juli, 2012 20:40

Der Satz sollte zu Ende heißen:

Es kann mir keiner erzählen, daß man da nicht “nettere” Verhaltenshinweissprüche hätte finden können.

McCluskey
McCluskey
4. Juli, 2012 22:41

Solche Wundergerätschaften á la aqua blue gibt es auch zu Mauerwerkstrockenlegung:

http://www.haus-und-grund-dresden.de/elektroosmose_update.html

micha
micha
4. Juli, 2012 23:03

Was zum Henker soll ein “Quantenpsychologe” sein?

DerTim
5. Juli, 2012 10:19

Ein Quantenpsychologe therapiert Leute mit Podophobie, ist doch klar! (scnr).

Das Zitat der Familie K. aus Oberasbach ist auch großartig; so redet kein Mensch nur (schlechte) PRler. Wohl zuviel Weinbrand getrunken…

El Barto
El Barto
5. Juli, 2012 10:42

Wobei die Elektroosmose tatsächlich eine Technik ist die als Möglichkeit der Mauerwerkstrockenlegung auch Bauingenieuren und Bautechnikern gelehrt wird.

Jim
Jim
8. Juli, 2012 02:26

Haha, die 90-Tage-Zufriedenheitsgarantie beim aqua dingens ist klasse. Deute ich in dem Fall mal so: Man bildet sich ein, es bringt wirklich was, und nach 90 Tagen schließlich rafft man, dass man dem Schund auf den Leim gegangen ist.
Zu dem Buch muss ich sagen, dass ich bei dem Photo von dem “Franz X. Bühler” zuerst an diesen Jan Udo Holey, auch bekannt als Jan Van Helsing, gedacht habe. Das ist der, der ne ganze Menge Bücher über angebliche Geheimgesellschaften geschrieben hat und viele seiner absurden Thesen mit stark antisemitistischen Phrasen und Behauptungen stützen will. Nazi-Ufos gab’s natürlich auch und lauter Eso-Quatsch… aber wo ich die Photos vergleiche bin ich mir nicht ganz sicher, könnte aber sein..

Dietmar
Dietmar
8. Juli, 2012 09:48

Haha, die 90-Tage-Zufriedenheitsgarantie beim aqua dingens ist klasse. Deute ich in dem Fall mal so: Man bildet sich ein, es bringt wirklich was, und nach 90 Tagen schließlich rafft man, dass man dem Schund auf den Leim gegangen ist.

Das ist mir nichteinmal aufgefallen! Du hast Recht!

Irgendwie schon raffiniert, diese Typen …

Wobei die Elektroosmose tatsächlich eine Technik ist die als Möglichkeit der Mauerwerkstrockenlegung auch Bauingenieuren und Bautechnikern gelehrt wird.

@el Barto: Auch wenn das so sein mag, was ich nicht prüfen kann/will: Was hat das mit diesem Ding da zu tun?

Wortvogel
Wortvogel
8. Juli, 2012 10:18

Ich habe mittlerweile tonnenweise Info-Material vom Hersteller, das einen eigenen Beitrag wert ist.

Dietmar
Dietmar
8. Juli, 2012 10:23

🙂

Jim
Jim
8. Juli, 2012 13:46

@Wortvogel
Was mich tatsächlich interessieren würde: Was muss man denn für den Hokuspokus berappen? Die trauen sich ja bisher nicht, mit Zahlen zu hantieren (à la “Sparen Sie bis zu x€ im Jahr!”) und das mit ihren bescheidenen Einbaukosten zu verrechnen.

@Dietmar
Was heißt raffiniert.. ja irgendwie schon. Manchmal wünschte ich heimlich, ich hätte null Gewissen und die Geldgier in mir, die sowas antreiben würde. Ob das jetzt tibetische Heilsteine auf QVC sind für 5345,44€ das Stück sind oder diagonal drehende Vitamin-Z-Kulturen im Lifestyle-Joghurt… Ideen und Abzocken gibt es so unglaublich viele *seufz*

Wortvogel
Wortvogel
8. Juli, 2012 14:09

@ Jim: Habe die Preisliste oben im Artikel ergänzt!