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Jun 2012

The Making of “Sumuru” (1): Die Entwicklung

Themen: Film, TV & Presse, Neues |
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Ich habe lange darüber nachgedacht, ob und wie ich die Produktionsgeschichte von „Sumuru“ (ich ignoriere jetzt einfach mal die diversen Untertitel) erzählen soll. Dass es eine launige Anekdotensammlung ist, steht außer Frage. Aber sie betrifft auch meine damaligen Arbeitgeber, zeigt nicht immer die schönsten Seiten des menschlichen Charakters und verlangt auch eine gewisse Diskretion, die nicht zuletzt meiner Loyalität gegenüber diversen Beteiligten geschuldet ist.

Kurz gesagt: dünnes Eis mit vielen Tretminen.

Sei’s drum.

Es gilt der übliche Disclaimer: Das ist die Geschichte, so wie ich mich an sie erinnere. Es mag in Details anders gewesen sein. Und bevor einer fragt: Honorare und Budgets gehen niemanden etwas an.

Wie in meiner mehrteiligen Story über Harry Alan Towers (die ich durchaus als Einführung in das Thema empfehlen kann) schon berichtet, hatten wir mit dem alten Gangster (und das ist nicht nur liebevoll zu verstehen) den Film „High Explosive“ gestemmt. Das war irgendwann zur Jahrtausendwende. Der war auch okay auf ProSieben gelaufen und es gab keinen Grund, eine weitere Zusammenarbeit von Tandem und Towers of London abzulehnen. Für mich schon gar nicht, war ich als Fanboy des legendären B-Produzenten doch hungrig auf seine Geschichten und seine Tricks, die er bereitwillig mit mir teilte. Vor allem aber wollte ich mit ihm ein Remake stemmen. Irgendeins. „Zehn kleine Negerlein“, „99 Women“, „Fu Man Chu“, „Howling“, „Table Bay“ – Harry hatte genug Filme gedreht, die mir reif für eine Neuauflage schienen.

Ganz oben auf meiner Liste stand dabei „Fu Manchu“. Harry meinte, er könne seinen alten Kumpel Christopher Lee sicher noch zwei bis drei Drehtage bekommen, um einen „Generationswechsel“ zu vollziehen, bei dem der olle Fu die Macht an seine schöne, aber nicht weniger skrupellose Tochter weiter gibt. Einzige Bedingung: diese Szenen müssten in London gedreht werden, weil es kaum bezahlbar war, den gebrechlichen Lee noch für Auslandsaufnahmen zu versichern.

Harry hatte auch ein „Fu Manchu“-Skript parat (von Peter Jobin, wenn ich mich recht erinnere). Ich habe es an anderer Stelle ja schon geschrieben – eine dummdreiste Action-Kolportage im Cannon/US-Stil für einen C-Schläger wie David Bradley oder Gary Daniels. Keine Version, an die ich einen tollen Charakter wie „Fu Manchu“ verschenken wollte – und keine, die ich ProSieben oder RTL als Primetime-Miniserie andienen konnte. Denn das war damals mein Plan: Ein aufwändiger Zweiteiler, der mit den Produktionen von Halmi („Die Odyssee“, „Merlin“, „Gulliver’s Reisen“) mithalten konnte.

Zuerst schien Harry „game“, was die Idee anging. Klar, er sah eine Möglichkeit, mit den Rechten zu „Fu Manchu“ noch mal richtig Geld zu machen. Aber nach ein paar Meetings zu dem Thema wollte er immer noch nicht konkret werden und eines Tages fragte ich ihn gerade heraus: „Harry, hast du die Rechte an der Figur Fu Manchu überhaupt noch?“. Er versicherte mir, dass das der Fall sei. Er habe (man möge mich steinigen, wenn ich mich falsch erinnere) die Rechte seinerzeit von der Witwe von Sax Rohmer gekauft. Das Problem sei nur: Die Rechte an „Fu Manchu“ seien noch für zwei Jahre optioniert. Von Halmi. Für eine Miniserie.

Nun gut, da war jemand schneller gewesen als ich – und letztlich bewies es doch nur, dass meine Idee so falsch nicht gewesen sein konnte (dass Halmi das Projekt letztlich nicht gestemmt bekam, steht auf einem anderen Blatt). Zwei Jahre wollte ich allerdings nicht warten und Harry auch nicht: Er verwies darauf, dass er mit „Sumuru“ ja noch die weibliche Variante von „Fu Manchu“ im Köcher habe. Ich hatte die alten Filme (u.a. mit George „Jerry Cotton“ Nader und Shirley Eaton) gesehen. Die waren nicht gut und hatten auch mit der Vorlage nichts zu tun. Aber das war eher ein Plus: Ich musste mich demnach weder den Romanen (die arg angestaubt sind) noch den Filmen verpflichtet fühlen. Ich versprach Harry, mir in meiner Eigenschaft als Entwickler von Tandem mal ein paar Gedanken zu dem Thema zu machen.

Zu dieser Zeit befand sich Tandem neben ProSieben auch in regelmäßigen Gesprächen mit RTL2. Dort hatte man Jahre zuvor erfolgreich ein paar TV-Filme produziert („Rohe Ostern“, „Der Sandmann“, „Unter Druck“), war aber wohl vom Muttersender RTL zurück gepfiffen worden. RTL2 sollte weiterhin primär als Abspielstation für US-Ware dienen. Sehr erfolgreich war man in diesem Zusammenhang mit „Stargate SG-1“, einer Serie, die den Sender damals mittwochs zur Primetime auf ein völlig neues Quotenniveau hob. Wenn es also möglich wäre, dem Sender so eine Art „Stargate“ mit deutscher Beteiligung zu liefern… ? Ein maßgechneiderter, knallbunter Humbug mit Humor und Action müsste es sein, den der Sender als Eigenproduktion vermarkten konnte, ohne ihn vollständig bezahlen zu müssen. Dessen Budget soweit unter dem Radar lief, dass auch die große Mutter RTL nicht querschießen konnte.

Ich kam auf die Marken „Planet of the Apes meets Baywatch“, „Planet of the Babes“ und „Barbarella meets Baywatch“, um das Projekt in Schlagworten präsentieren zu können. Es war keine Liebesheirat, auch keine Liebesgeburt – aber ich hatte einen Heidenspass damit, mir die (zugegebenerweise hanebüchene) Plotte auszudenken. Dabei hielt ich mich an die zwei drei Sätze, mit denen ich auch Harry geködert hatte: „Astronauten landen auf einem Planeten, der von Frauen regiert wird. Monster, Erdbeben, Rebellion, Romantik – bumm! Dazu eine bekannte deutsche Schauspielerin als Sumuru und irgendeine Nase aus einer US-SF-Serie als Held“.

Was das alles mit der literarischen Vorlage „Sumuru“ zu tun hat? Gute Frage. Ich fand einfach, „Sumuru“ klingt exotisch.

Es war nicht meine Aufgabe als Entwicklungschef, einen guten Film im Stil von Ingmar Bergman oder David Lynch auf die Beine zu stellen – es war meine Aufgabe, einen Film zu entwickeln, den tatsächlich jemand finanzieren wollte. Und der am Ende ALLE Partner (Produktion, Sender, Publikum) zufrieden stellte. Für anspruchsvolle Ware würde in den folgenden Jahren noch Zeit genug sein.

Tatsächlich zeigte sich RTL2 interessiert an dem Stoff – unter den üblichen Vorgaben: die „Stars“ mussten vom Sender genehmigt werden, das Budget musste stimmen und „script appoval“ wollte man auf dem Bavaria-Gelände auch haben. Kein Problem. Harry hatte uns versichert, mit Peter Jobin einen erfahrenen kanadischen Autor an Bord zu haben, der das Projekt sicher stemmen können. Und genau das war mein Problem: Jobin hatte bei „High Explosive“ solide Arbeit geleistet, sich aber als vergleichsweise humorlos erwiesen. Ich war nicht sicher, ob er den richtigen Spirit für ein augenzwinkerndes Projekt wie „Sumuru“ mitbrachte. Und von seinem Skript hing schließlich das grüne Licht für die Produktion ab.

Es kam, wie es kommen musste: Die erste Fassung (basierend auf einem circa einseitigen Gerüst, das ich mit RTL2 abgestimmt hatte) war ein Totalausfall. Es dauerte ewig, bis es mal ein wenig krachte, die Dialoge waren durch die Bank autauschbar und langweilig – schlimmer noch: „Sumuru“ war in dieser Fassung brutal sexistisch. Nun mag man das bei oberflächlicher Betrachtung auch dem fertigen Film vorwerfen, aber hier ging es um andere Aspekte: Die Frauen, die den Planeten Antares beherrschen, waren dumm wie Stulle und konnten sich ohne männliche Hilfe vermutlich nicht mal den BH aufmachen – was sie allerdings in jeder Situation bereitwillig und peinlich notgeil auch taten. Die Königin Sumuru war hier keine stolze Herrscherin, sondern eine abergläubische Tussi, die von unserem Helden permanent durch die Handlung geschleift werden musste.

Das ging gar nicht und ich sorgte dafür, dass der Sender diese Version nicht zu sehen bekam. Stattdessen bekam Harry von mir mehr als sechs Seiten detaillierte Notizen, was alles geändert werden musste. Darüber hinaus bat ich ihn, auf den Tonfall und die Rollenmodelle zu achten – es ging hier nicht um Actionschrott für den USA Channel, sondern um deutsche Primetime. Harry versprach, das Skript noch einmal von Peter umarbeiten zu lassen.

Da wir einige internationale „presales“ für „Sumuru“ hatten, war das Skript aber erstmal sekundär – die Produktion musste auch physisch vorbereitet werden, denn die Idee von RTL2 war es, „Sumuru“ nach der nächsten „Stargate“-Staffel auf dem etablierten SF-Sendeplatz auszustrahlen. Drehorte, Darsteller, Regisseur, Effekt-Company – sowas kann nicht auf eine profane Sache wie das tatsächliche Drehbuch warten.



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8 Kommentare
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Lukas
11. Juni, 2012 09:59

Yay, na endlich! Gleich mal lesen…

heino
heino
11. Juni, 2012 13:33

Ach ja, die Bilder versprechen einen wesentlich besseren Film, als wir dann letztlich bekamen. Aber sehr erfreulich, dass du da endlich mal mit zu Potte gekommen bist, auf den Bericht habe ich schon lange gewartet:-)

Snyder
Snyder
11. Juni, 2012 16:45

endlich, darauf habe ich schon lange gewartet. Gerne länger!

Wortvogel
Wortvogel
11. Juni, 2012 17:05

@ Snyder: Easy – es sind vier Teile.

Doc Knobel
Doc Knobel
11. Juni, 2012 23:14

Wegen so etwas bin ich hier. Danke.

thor
thor
12. Juni, 2012 14:02

Yepp, kann mich nur anschliessen, danke torsten 🙂

DMJ
DMJ
13. Juni, 2012 12:37

Ich fröstle schon vor Angst, wenn der Artikel zur CGI-Schlange kommt…

Aber zu schade, dass aus “Fu Manchu” nichts geworden ist. Ob jetzt bei RTL 2 oder Halmi, den guten alten Schurken würde ich gern mal wiedersehen.

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