25
Apr 2012

B-Film Basterds 2012 RAW (3)

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse, Neues |

So, kommen wir zur zweiten Runde Festival-Berichterstattung. Nachdem wir “Perrak” und “Paco” überstanden hatten, warf uns Doc Acula zwei deutsche Amateur-Produktionen vor die Füße. Der Nachwuchs gehört ja gefördert.

Die Reiter

Es hört sich an wie ein gespielter Witz: Treffen sich drei Männer in der Kneipe (die aussieht wie ein dürftig dekoriertes Kellerloch). In wüstem Saarländisch werden Probleme und Problemchen besprochen, bis eine junge Frau dazu tritt, die endlich für Abwechslung sorgt: die Apokalypse ist da.

In den Dialogen ist der Kurzfilm nicht ganz so prägnant, wie die Macher mitunter zu glauben scheinen und eine etwas poliertere Produktion hätte dem Projekt sicher auch gut getan – aber die launig und mit viel Einsatz von allen Beteiligten hergestellte Farce über die Reiter der Apokalypse als saarländische Kneipenhocker überzieht ihr cineastisches und humoristisches Konto an keiner Stelle. Kurz, knapp, knackig – passt!

Brainstorming

Hätten die Macher mir “Brainstorming” gepitcht – ich hätte mit einem einfachen Argument abgeraten: “Man sollte erstmal anständige Amateurfilme drehen können, bevor man einen Film ÜBER Amateurfilme dreht”. Damit hapert es hierzulande ja schon ausreichend.

Das Problem von “Brainstorming” ist denn auch, dass die meisten Gags über abstruse Amateurfilmerei nicht zünden – weil Amateurfilmerei in Deutschland faktisch abstrus IST. Den schieren Wahnsinn und die Inkompetenz zu veralbern, ist zum Scheitern verurteilt. Hinzu kommt, dass die Macher ihrem Sujet nicht ausreichend überlegen sind: filmisch backen auch sie nur kleinste Brötchen. Wie macht man sich über die miese Kameraarbeit in Amateurfilmen lustig, wenn man selber nur miese Kameraarbeit aufbringen kann? Es gibt keine Distanz zwischen Technik und Thema, “Brainstorming” ist als Parodie auf Amateurfilme genau so miserabel wie die parodierten Amateurfilme.

Die grundsätzliche Idee ist ja nicht schlecht, aber spielfilmlang Wackelkamera und null Beleuchtung mit ein paar sensationell unbegabten Amateurnasen vor dem Objektiv zerrt schnell an der Geduld und die wenigen Twists sind – wieder – nicht origineller als die Twists in den Filmen, über die man sich hier erheben möchte. So müssen sich die “Brainstorming”-Macher zu allem Überfluss auch noch Hybris vorwerfen lassen.

Vielleicht bin ich aber auch der falsche Zuschauer für so ein Projekt. Es mag sein, dass diverse Cliquen von Amateurfilmern landesweit viel Freude aus “Brainstorming” ziehen können. So wie Trekker sich über Trek-Fanfilme amüsieren, die jedem technischen Mindeststandard spotten. Ich kann mir aber nicht helfen: eine clevere Parodie, die billige Amateurfilme gut genug durchschaut, um sie augenzwinkernd-clever auf die Schippe zu nehmen, würde mir gefallen. Dazu ist “Brainstorming” allerdings nicht in der Lage. Es ist eine Idee für 20 Minuten, die auf 80 überstreckt wurde.

Fazit lautet trotzdem: Gut, dass auch sowas gezeigt wird. Die Bandbreite lässt auch Aussetzer verzeihen.

Ninja Terminator

Es wäre kein Doc Acula-Festival ohne hirnlosen Martial Arts-Klopper. Und diesmal hat der gute Doc ganz tief in die Trash-Wühlkiste gegriffen: “Ninja Terminator” ist einer der Schnippselfilme von Joseph Lai. Man nehme ein dröges Crime-Drama, dessen Rechte man nachgeschmissen bekommt, schneide ein paar kaukasische Ninjas rein und drehe das unverdauliche Gebräu den pubertierenden Actionfans der 80er an. Hat jahrelang gut funktioniert – und Menschenleben ruiniert.

“Ninja Terminator” passt oberflächlich genau in dieses Schema. Grundlage war wohl ein Hongkong-Krimi der späten 70er, den Großteil des Ninja-Materials bestreitet Trash-Recke Richard Harrison – und der “Plot” müht sich verzweifelt, zwischen Szenen zu vermitteln, die augenscheinlich nichts miteinander zu tun haben. Irgendwie geht es wohl um eine Ninja-Statuette, die unverwundbar macht.

Was “Ninja Terminator” von den anderen Rotzproduktionen aus dem Hause Lai unterscheidet: er ist tatsächlich ein Kracher vor dem Herrn. Denn diesmal kommt die beste Action nicht von den Ninja-Inserts, sondern dem verwursteten Ur-Film. Es ist Jack Lam als ewig Kaugummi kauender und schmierig grinsender “Jaguar Wong”, der den Film trägt. Ach was Film: Im Grunde genommen trifft Jaguar Wong einfach an jeder Straßenecke zwei bis drei Spacken, die sich mit ihm prügeln wollen. Und die kriegen dann Dresche. Aber sowas von. Das ist deutlich besser und origineller choreographiert als alles, was ich bisher in Lai-Filmen gesehen habe. Warum aus Jack Lam kein Hongkong-Superstar wurde, ist mir ein Rätsel.

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So sind die Szenen zwischen den Ninja-Auftritten erstmals bei Lai keine simplen Lückenfüller, sondern tatsächlich taugliches Klopper-Entertainment. Wenn Harrison und Kollegen den Kajal-Stift auftragen und mit ihren Schwertern Nebel und Feuer in die Luft blasen, wird es dagegen erfreulich kindisch: Spielzeugroboter überbringen Erpresservideos und unser Held kommuniziert per Garfield-Telefon.

Kurzum: Der perfekte Festival-Film und die ideale Wahl, wenn man einen bisher unbeleckten Kumpel von den Vorzügen der Lai-Streifen überzeugen will. Jaguar Wong ist mein neues Vorbild!

Ich empfehle hierzu des Doctors Original-Review.

Auch diese Granate vor dem Herrn gibt es auf YouTube komplett:

http://www.youtube.com/watch?v=bvbfWLQjsdE

Zwischen den Filmen brachte der gute Doc immer mal wieder DVDs mit Quizfragen unter das Volk – ratet mal, wer drei von vier eintütete?

Als ich meiner LvA stolz davon berichtete, meinte sie nur: “Wieso hast du nicht alle vier gewonnen?”. Die kennt mich gut. Weil ich aber keine der DVDs wirklich sehen wollte (Garfield: “Es geht ums Kriegen, nicht ums Haben!”), habe ich sie im Kino zurück gelassen. Möge ein anderer damit glücklich werden.

Hard Rock Zombies

Eine Legende der 80er, vorab schon zum Highlight des Festivals erklärt, von Doc Acula clevererweise in die Primetime gelegt. Tatsächlich war das Kino rappelvoll, man saß sogar auf den Stufen zwischen den Sitzreihen.

Kurz zu dem, was hier als Plot durch geht: Eine Heavy Metal-Band, die allerdings eher nach Pussy-Rock klingt, will in einem Kuhkaff ein Konzert geben. Die spießige Bevölkerung will das à la “Footlose” verbieten, aber wirklich Probleme gibt es erst, als Zwerge, Monster, Weromis, Schlampen und Adolf Hitler auftauchen. Das hindert den Sänger der Band jedoch nicht daran, selbst untot noch seinen Schmusesong “Cassie” zu intonieren – denn ja, er hat sich in eine Provinzschönheit verliebt:

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Wir haben alle mitgesungen.

Am Ende geht es in die Gaskammer – und ich wünschte, das wäre nicht wörtlich zu nehmen.

Diesen Film unfassbar scheiße zu nennen, wäre noch eine unbotmäßige Untertreibung. Er ist das Vanity-Projekt sich hemmungslos überschätzender Musiker, will Comedy UND Horror sein (schafft aber beides nicht), ist eine pure Zeitkapsel des Jahres 1984 – und alles, was wir an schlechten Filmen schon immer gehasst haben. Und wofür wir sie so lieben. Stuss der höchsten Ordnung, der darum bettelt, dass man ihn von Saalseite her verhöhnt:

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Doof war nur, dass die gezeigte “Hard Rock Zombies”-Fassung stark geschnitten war, was zu einigen Lücken in dem führte, was der Regisseur wohl für eine Narrative hielt.

Kurzum: ein “crowd pleaser” voller WTF-Momente, ein “worst of the 80s”, zitiertauglich und dabei immer dumm wie Stulle. Großartig.

Helga – Vom Werden des menschlichen Lebens

Zur Nacht gab es dann einen bedauerlichen Aussetzer – mit “Helga und die Männer” war uns ein Aufklärungsfilm der 60er versprochen worden, der laut Acula ausreichend Exploitation-Elemente mitbringen sollte. Doch ich kenne die “Helga”-Filme. Die sind mitnichten trashig und geben im Gegensatz z.B. zu den “Schulmädchen-Reports” nicht bloß vor, einen hehren dokumentarischen Anspruch zu verfolgen. Sie sind tatsächlich bemühte Lehrfilme, die dem deutschen Nachkriegspublikum die Sache mit den Bienen und den Blumen erklären sollten.

Und dann der Doppel-Whopper: Auf den Spulen befand sich nicht mal “Helga und die Männer”, sondern “Helga – Vom Werden des menschlichen Lebens”. Darin geht es um so schlüpfrige Themen wie Eisprung, Schwellkörper und Befruchtung. Höhepunkt sind Aufnahmen einer echten Geburt.

Bei aller Liebe: Nach der Hälfte habe ich das Kino verlassen. Das war einfach nur unnötig. Und unkomisch.

Sadomona – Die Insel der teuflischen Frauen

Die Nacht war wieder kurz und nach einem ausgiebigen Brunch im “O’Sheas” wedelte Doc Acula am Sonntag Mittag noch mit einer Filmrolle als “Rausschmeißer”. Wer kann bei einem Titel wie “Sadomona – Die Insel der teuflischen Frauen” schon widerstehen? Ich jedenfalls nicht. Und ein paar andere Gerechte fanden auch noch den Weg in den Saal.

“Sadomona – die Insel der teuflischen Frauen” – zweifelsfrei der beste Filmtitel des Festivals. Das klingt nach Jess Franco, nach Joe D’Amato, nach Frauenknast und Peitschenknall. Und die ersten fünf Minuten bewegen sich auch munter in diese Richtung: Aufstand in der Weiber-JVA, nackte Tatsachen, hysterische Schlägereien, billige Stunts.

Dann aber geht “Sadomona” (mein zweitliebster Festival-Name gleich nach “Trompeten-Emma”, auch wenn er im Film gar nicht vorkommt) in eine ganz andere Richtung: Wie der US-Titel “Policewomen” schon andeutet, geht es hier eher um “female action” à la “Charlie’s Angels”, garniert mit einer Sackladung Exploitation aus der Asservatenkammer des 70er-Sleaze-Kinos.

Unsere Heldin muss sich nicht, wie üblich und erwartet, fangen, foltern und fingern lassen, sondern teilt selbst kräftig aus. Gegen Lucy Bond (logo!) sehen selbst muskelbepackte Kerle wie William Smith alt aus. Klein, aber knallhart – und sehr sexy obendrein. Umgeben ist die Protagonistin von Geschlechtsgenossinnen aller Haut- und Haarfarben und aller Kleidergrößen. Es wird geschossen, gefahren, geschwommen und geprügelt, was das Zeug hält. Damit ist “Sadomona” dem Blaxploitation-Film seiner Zeit deutlich mehr verpflichtet als den “Women in prison”-Dramen. Wenn dabei soviel Entertainment rum kommt, soll es mir nur recht sein.

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“Sadomona” (eigentlich ist die harmlose Ferieninsel Catalina gemeint) lebt von seiner Hauptdarstellerin. Sondra Currie (Schwester von Cherie Currie von den “Runaways”) ist ein Knaller, hat Talent, kennt keine Furcht – und wäre in einer gerechten Welt eine B Movie-Queen vom Schlage Pam Grier, Sybil Danning oder Julie Strain geworden.

Kurzum: Ein mehr als würdiger Abschluss und für mich neben “Perrak”, “Ninja Terminator” und “Hard Rock Zombies” DAS Highlight des Festivals.

Glaubt mir – ich hatte meinen Spass:

Und morgen gibt es zum Abschluss noch ein paar fotografische Eindrücke und Anekdoten, mit denen ich mich auch für die nette Gesellschaft bedanken möchte.



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Uwe Bollhaus
25. April, 2012 10:41

Hey ho, sehr geehrter Wortvogel,
danke für die Brainstorming-Kritik…und schade, dass er Dir nicht gefallen hat.
Aber so ist das manchmal…und bei Brainstorming haben sich von Anfang an die Geister geschieden: Die einen konnten mit der (durchaus gewollten!) dilettantischen Machart etwas anfangen…die anderen wollten lieber einen “richtigen” Film sehen.
Geschmäcker sind verschieden.

Nichtsdestotrotz möchte ich gerne ein paar Takte zu unserer Verteidigung sagen (auch wenn sie Deine Kritik nicht mehr ändern können und dies auch nicht anstreben):

Die Machart habe ich absichtlich so “billig” gehalten…zum einen aus organisatorischen, zum anderen insbesondere aus budgetären Gründen…aber durchaus auch mit einer inhaltlichen Absicht.

Zum einen muss ich sagen: Wir hatten schlichtweg kein Budget für mehr. Und wenn wir angefangen hätten, jede Szene noch anständig auszuleuchten wären wir nach einem Jahr Drehzeit vermutlich nicht fertig geworden.
Nichtsdestotrotz verschweige ich nicht, dass ich den Film heute komplett anders machen würde…ich würde wahrscheinlich in der Mehrzahl DSLR-Kameras einsetzen, mit denen zumindest so etwas wie eine rudimentäre Bildgestaltung möglich ist.
Und insbesondere was die “SFX” angeht hätte ich in Sachen Planung doch ein bisschen mehr auf meinen Fachmann hören sollen, zugegebenermaßen.

Was ich allerdings wirklich “von mir weisen” möchte (wenn man das so theatralisch formulieren mag) ist der Punkt der Hybris: So war Brainstorming nie gemeint. Wir wollten uns niemals ÜBER die Amateurfilme stellen.
Nicht zuletzt ist die dilettantische Machart auch inhaltlich gewollt: Es sollte ein richtiger Amateurfilm werden!

Hybris wäre es meiner Meinung nach gewesen, wenn wir tatsächlich schweres Geschütz in Sachen Licht, Kamera, etc. aufgefahren hätten, quasi um zu suggerieren: “Guck mal, wir sind besser als diese ganzen Amateurfuzzis, über die wir uns lustig machen!”

Im Gegenteil sollte es eine Mischung aus Parodie und Hommage werden. Dadurch war es aber meiner Meinung nicht unbedingt ganz verkehrt, auch so rüberzukommen.
Sicherlich ging es auch darum, aus der Not eine Tugend zu machen…aber wie gesagt: Es ging nicht darum, irgendwie zu suggieren, wir wären jetzt “besser” als die (zumindest nicht technisch…).

Die Darsteller haben meiner Meinung nach sehr geile Arbeit geleistet. In Anbetracht der Tatsache, dass bis auf sehr wenige Stichworte meinerseits, das Ding zu 100% improvisiert wurde von Leuten, die (fast) sämtlichst vorher niemals gespielt haben, ist das schon sehr geil.
Das kann den Kinozuschauer natürlich nicht tangieren…für ihn oder sie spielen die Leute auf der Leinwand entweder gut oder schlecht. Aber ich wollte “meine” Darsteller zumindest in Schutz nehmen. 🙂
Was die da insbesondere angesichts meiner dürren “Regieanweisungen” da auf die Leinwand gespielt haben, finde ich persönlich schon sehr, sehr geil. 😀

Insgesamt ist es, glaube ich, eine Geschmacksfrage, ob man allgemein auf solche Filme steht. Bei einigen negativen (Privat-)Kritiken zu Brainstorming kam sehr häufig der Vorwurf, dass es dilettantisch gemacht ist.
Wo ich mich dann frage: Was ist mit Filmen wie “Das Fest” (von Vinterberg) oder “Der Felsen” (von Dominik Graf)? Überhaupt die ganzen Dogma-Filme…sind die auch dilettantisch gemacht? Technisch unterscheiden sie sich nur rudimentär von Brainstorming…sind aber international gefeierte Festival-Hits.
Letztendlich ist es auch eine Betrachtungs- und Vermarktungsgeschichte. (von den Schlingensief Filmen will ich erst gar nicht anfangen…)

Schlussendlich: Ja, klar: Man hätte noch stärker analytisch die Eigenschaften von Amateurfilmen durchdringen und anschließend auf die Schippe nehmen können. Man hätte noch wesentlich mehr vorher planen können. Das hätte dem Film vielleicht gut getan.
Ebenso wie u.U. eine kürzere Spielzeit.

Aber was mich immer noch persönlich total flasht, ist, wie wir angefangen haben: 15 Leute, die sich nicht kannten in einem verrotteten Bahnhof, ohne Plan und mit einem Filmer, der gerade mal seine Kamera halten konnte (und vor Angst am liebsten aus dem Klofenster geflüchtet wäre… 😉 )…das war der Start!
Oder wie Vera (die “Meike Meiers” im Film) einmal sagte: “Ich dachte, wir bekommen da am Ende alle eine DVD, die wir uns zuhause mit unseren Freunden angucken können!”
So war es eigentlich gedacht.

Dass der Film mal im Kino, auf Conventions und Festivals laufen würde und (fast durch die Bank) positive Kritiken erhalten würde…damit hat wohl niemand gerechnet!

Und das finde ich immer noch soooooooooooooo geil! 🙂

Soviel von meiner Seite!

Liebe Grüße
Thomas (a.k.a. “Uwe Bollhaus”) 😀

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 11:19

@Thomas: Es tut mir leid, dass ich mit deinem Film so hart ins Gericht gegangen bin und ich bin beeindruckt, dass du das (korrekterweise) sportlich nimmst.

Du hast dir eine ausführliche Entgegnung abgerungen, da will ich gerne auch noch mal drauf einsteigen:

“Zum einen muss ich sagen: Wir hatten schlichtweg kein Budget für mehr. Und wenn wir angefangen hätten, jede Szene noch anständig auszuleuchten wären wir nach einem Jahr Drehzeit vermutlich nicht fertig geworden.”

Wenn man es nicht richtig machen kann, sollte man es gar nicht machen. Jede Art Film hat einen (finanziellen wie technischen) Mindesteinsatz, der möglich sein muss. Ich meine es daher nicht böse, wenn ich finde, dass der bei euch eben nicht drin war. Bei Pyuns “Bulletface” war das nicht anders.

“Nichtsdestotrotz verschweige ich nicht, dass ich den Film heute komplett anders machen würde…ich würde wahrscheinlich in der Mehrzahl DSLR-Kameras einsetzen, mit denen zumindest so etwas wie eine rudimentäre Bildgestaltung möglich ist. Und insbesondere was die “SFX” angeht hätte ich in Sachen Planung doch ein bisschen mehr auf meinen Fachmann hören sollen, zugegebenermaßen.”

Eben. Das wäre sicher schwerer und langwieriger geworden, aber am Ende wäre sicher mehr rausgekommen als ein auf Spielfilmlänge gestreckter Insider-Gag.

“Was ich allerdings wirklich “von mir weisen” möchte (wenn man das so theatralisch formulieren mag) ist der Punkt der Hybris: So war Brainstorming nie gemeint. Wir wollten uns niemals ÜBER die Amateurfilme stellen.”

Wenn er sich über (da hast du das Wort schon) Amateurfilme lustig machen wollte, muss ich das aber unterstellen. Und noch einmal: man kann nur etwas parodieren, das man soweit verstanden hat, dass es auch zu dekonstruieren ist. Mir fehlt völlig die Ebene der parodistischen Umkehr bekannter Amateurfilm-Motive.

Ein schönes Beispiel ist die erste Szene: Das Brainstorming bezüglich der Zombie-Herkunft. Das sitzt. Genau SO stellt man sich Story-Entwicklung bei Amateurfilmern vor. Keine Ahnung von Story und Charakteren, aber Hauptsache Zombies. Es wäre sogar eine grandiose Szene geworden, wenn man dann noch parodistisch überdreht hätte.

“Hybris wäre es meiner Meinung nach gewesen, wenn wir tatsächlich schweres Geschütz in Sachen Licht, Kamera, etc. aufgefahren hätten, quasi um zu suggerieren: “Guck mal, wir sind besser als diese ganzen Amateurfuzzis, über die wir uns lustig machen!””

Nein, das wäre professionell gewesen. Parodie ist nicht gleich Verächtlichmachung und eine professionelle Gestaltung verhöhnt nicht die Originale.

“Die Darsteller haben meiner Meinung nach sehr geile Arbeit geleistet. In Anbetracht der Tatsache, dass bis auf sehr wenige Stichworte meinerseits, das Ding zu 100% improvisiert wurde von Leuten, die (fast) sämtlichst vorher niemals gespielt haben, ist das schon sehr geil.”

Da ist es wieder. Du relativierst alle Leistungen; wir hatten kein Budget, keine Zeit, wir mussten die Dialoge improvisieren, die Leute haben noch nie geschauspielert. Wenn ein Film einen entschuldigenden Audiokommentar braucht, stimmt was nicht. Sind die Darsteller gut? Nein. Warum sie das nicht sind? Wurscht. Film ist nicht Buddhismus – das Ziel ist das Ziel, nicht der Weg.

“Insgesamt ist es, glaube ich, eine Geschmacksfrage, ob man allgemein auf solche Filme steht. Bei einigen negativen (Privat-)Kritiken zu Brainstorming kam sehr häufig der Vorwurf, dass es dilettantisch gemacht ist.”

Das ist er. Und damit ist er ungeeignet als Parodie auf den Dilettantismus der Amateurfilme. Das ist die Quintessenz meiner Kritik.

“Wo ich mich dann frage: Was ist mit Filmen wie “Das Fest” (von Vinterberg) oder “Der Felsen” (von Dominik Graf)? Überhaupt die ganzen Dogma-Filme…sind die auch dilettantisch gemacht?”

Das ist ein exzellenter Punkt. Vinterberg und Graf sind Vollprofis, die jederzeit auch gelackte Filme drehen können. Sie haben sich in diesen Fällen aber aus künstlerischen Motiven entschlossen, bewusst amateurhaft zu arbeiten. So wie Pablo Picasso auch exzellente Porträts zeichnen konnte, obwohl er meistens Strichmännchen malte. Es ist eben EINE Sache, wenn man bewusst auf Amateurebene bleibt, um etwas auszusagen, und eine ANDERE, wenn man es nicht besser kann. Wie ich gerne sage: man muss die Regeln beherrschen, bevor man sie brechen kann.

“Aber was mich immer noch persönlich total flasht, ist, wie wir angefangen haben: 15 Leute, die sich nicht kannten in einem verrotteten Bahnhof, ohne Plan und mit einem Filmer, der gerade mal seine Kamera halten konnte (und vor Angst am liebsten aus dem Klofenster geflüchtet wäre… )…das war der Start!”

Vielleicht ist der Profi in mir einfach zu zynisch aber: so fängt man eben keinen Film an.

“Und das finde ich immer noch soooooooooooooo geil!”

Es sei dir mehr als vergönnt.

Thomas
25. April, 2012 12:31

Hey ho again,
joah, mit “hart ins Gericht” gehen habe ich kein Problem…solange es keine unreflektierte “Ist doch alles scheiße und so…”-Kritik ist. 🙂

Zu Deinen Anmerkungen:

Ja: Meine “Verteidigung” beinhaltet viel Relativierung und Rechtfertigung, die für den objektiven Betrachter natürlich fast schon egal sein MÜSSEN…denn wenn der Zuschauer einen Film sieht (für den er u.U. sogar bezahlt hat), interessiert es ihn nicht, ob die Peoples auf der Leinwand scheiße gespielt haben, weil sie einen schlechten Tag hatten oder warum auch immer: Für ihn haben sie einfach scheiße gespielt.
So gesehen kann ich Deine Meinung da verstehen (auch wenn ich sie nicht teile).

Das gleiche betrifft auch die Punkte Entstehung, Technik und Drehbuch, wobei ich Dich bei letzterem Punkt würde fragen wollen: Wenn wir einmal die Diskussion über die “Zombiewerdung” nehmen: Was wäre denn da für Dich eine parodistische Überhöhung gewesen?

(Dein Vorwurf stützt Dich ja darauf, dass wir eigentlich lediglich nur selber einen schlechten Amateurfilm gedreht haben, ohne wirklich das parodistische Potential dieser Gattung aufgeschöpft zu haben…deswegen frage ich.)

In einem Punkt aber liegen wir tatsächlich fundamental auseinander, und da wird es für mich spannend, weil das sozusagen die “Kunstauffassung” als solche berührt:
Du schreibst, dass Vinterberg et.al. Vollprofis sind und deshalb vermeintlich dilettantische Filme drehen “dürfen”, weil sie ja “wüssten”, was sie da tun; dies würde ihre Filme dann auch irgendwie besser machen, als wenn jemand so einen Film sozusagen “aus Versehen” dreht (wie wir das getan haben).

Diese Meinung haben viele Menschen…und rufen damit bei mir immer ein komisches Gefühl hervor angesichts des elitären Gestus’, der hier meiner Meinung nach zutage tritt.

Denn was heißt das denn letztendlich? Dass nur “Vollprofis” Kunst erschaffen, bzw. ausstellen dürfen? Und wer entscheidet, wer Profi ist und wer Laie?

Wie wäre es, wenn Vinterberg jetzt in einem Interview zugeben würde, dass er eigentlich gar keine Ahnung gehabt hätte, wie er “Das Fest” drehen sollte und einfach mal ausprobiert hat (was übrigens beim “Felsen” von Graf teilweise tatsächlich so war!), womit es keine künstlerische, sondern sozusagen eine Spielentscheidung wäre? Wäre der Film dann schlechter?

Und was, wenn rauskäme, dass eigentlich gar nicht Vinterberg den Film gemacht hat, sondern seine kleine Nichte? Und Vinterberg & Co. den Film einfach nur genial vermarktet haben? Wäre der Film DANN schlechter?

Deswegen meinte ich: “Qualität” und “Kunst” sind letztlich nichts anderes als eine Form der Vermarktung.
Stell Dir mal vor, ihr hättet euch “100 Jahre Adolf Hitler” von Schlingensief angeschaut…nur, dass der Film nicht von Schlingensief, sondern von “Bernd Maier” gemacht wurde…und der Hauptdarsteller nicht Udo Kier heißt, sondern “Hans-Joachim Müller”.
Ich wette mein gesamtes Vermögen (3,50€ + Pfandflaschen in meiner Küche), dass der Film komplett zerrissen worden wäre…”so” allerdings ist er ein “Kunstwerk” und Schlingensief ein gefeierter Feuilleton-Star (naja…leider nicht mehr…aber Du verstehst, was ich meine).

Das soll Dich nicht dazu bringen, dass Du Filme wie “Brainstorming” jetzt nun supergut finden musst. Und letztendlich entscheidet jeder selbst, was er oder sie als Kunst oder überhaupt betrachtenswert empfindet.

Aber ich bin halt der Meinung, dass etwas nicht allein deshalb “Kunst” ist, weil vermeintlich “große Künstler” (die letztendlich wahrscheinlich in erster Linie über ein großes Netzwerk und gutes Marketing verfügen) es angefertigt haben.

Wenn mich ein Kunstwerk anspricht, ist es mir egal, ob es von Picasso gemalt wurde oder von dem blinden, häßlichen Schimpansen aus dem Zoo. 😀

Peroy
Peroy
25. April, 2012 12:35

“Überhaupt die ganzen Dogma-Filme…sind die auch dilettantisch gemacht?”

Ja.

reptile
reptile
25. April, 2012 12:48

@Thomas
Ja, die Frage der Kunst beschäftigt mich auch immer wieder.
Jeder Lars von Trier Film wird auch abgefeiert weil…es ein Trier Film ist.
Oder Lynch: Der hatte in einem Interview zu Inland Empire zugegeben, dass er selber nicht weiß wovon der Film handelt. Einem Lynch verzeiht man dies oder betrachtet es auch als genial.

Ich muss aber auch immer an die Anekdote von Robert Rodriguez zu seinem El Mariachi denken, bei der erzählt wie Leute zu ihm kamen und ihn für die Schildkröten Szene gratulierten. Diese Symbolik der einsamen Schildkröte auf der Straße – der Schutzpanzer – ja die Schildkröte IST der einsame Mariachi. Rodriguez wunderte sich sehr und meinte, dass er einfach nur fand, dieser Shot sähe halt cool aus

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 12:50

@ Thomas: Du bringst eine ganze Reihe guter und diskussionswürdiger Argumente. Ich versuche mal, auf die empfundenen Kernpunkte einzugehen.

“Wenn wir einmal die Diskussion über die “Zombiewerdung” nehmen: Was wäre denn da für Dich eine parodistische Überhöhung gewesen?”

Das ist nicht einfach – eben weil diese Diskussionen im Original schon so absurd sind, dass sie sich kaum überhöhen lassen. Aber Kopie ist nicht Parodie. Man hätte vielleicht ein paar Charaktere bringen können, denen der Regisseur/Produzent verpflichtet ist und die jeder ein Element in der Story haben wollen (die Bäckerei vom Papa! Die Laserpistole vom Karneval! Der Dackel!) und die der Autor irgendwie in einen Plot quetschen muss – und zum Dank wirft man ihm noch vor, dass das alles total unrealistisch ist.

“Diese Meinung haben viele Menschen…und rufen damit bei mir immer ein komisches Gefühl hervor angesichts des elitären Gestus’, der hier meiner Meinung nach zutage tritt.”

Das ist nicht elitär. Lies weiter.

“Denn was heißt das denn letztendlich? Dass nur “Vollprofis” Kunst erschaffen, bzw. ausstellen dürfen?”

Nein. Aber Kunst hat Ebenen über die Technik und den formalen Inhalt hinaus. Kunst hat (im Normalfall – das schwankt auch je nach Richtung) Intention, Agitation, Provokation, Funktion. Sie entsteht nicht aus Inkompetenz oder Zufall.

“Und wer entscheidet, wer Profi ist und wer Laie?”

Daran scheiden sich die Geister. Aber eine Daumenregel scheint mir in diesem Fall: Der Profi KÖNNTE anders, hat sich aber bewusst für diese Form entschieden. Der Laie hat keine Alternative.

“Und was, wenn rauskäme, dass eigentlich gar nicht Vinterberg den Film gemacht hat, sondern seine kleine Nichte? Und Vinterberg & Co. den Film einfach nur genial vermarktet haben? Wäre der Film DANN schlechter?”

Nein, weil es in diesem Fall sogar ein Statement über die Branche wäre – selbst Kinder können erfolgreiche Filme drehen, solange Kritik und Publikum einen so vagen Kunstbegriff und keine Eier haben. Das MACHT es dann zur Kunst.

“Deswegen meinte ich: “Qualität” und “Kunst” sind letztlich nichts anderes als eine Form der Vermarktung.”

Siehe oben. Nicht Vermarktung – Intention und die Fähigkeit, ein Publikum zu überzeugen.

“Stell Dir mal vor, ihr hättet euch “100 Jahre Adolf Hitler” von Schlingensief angeschaut…nur, dass der Film nicht von Schlingensief, sondern von “Bernd Maier” gemacht wurde…und der Hauptdarsteller nicht Udo Kier heißt, sondern “Hans-Joachim Müller”.
Ich wette mein gesamtes Vermögen (3,50€ + Pfandflaschen in meiner Küche), dass der Film komplett zerrissen worden wäre…”so” allerdings ist er ein “Kunstwerk” und Schlingensief ein gefeierter Feuilleton-Star (naja…leider nicht mehr…aber Du verstehst, was ich meine).”

Das widerlegt Schlingensief selbst. Als er ein Nobody war, hat man seine Filme (“Deutsches Kettensägen Massaker”) total verrissen. Und er blieb bis zum Schluss kontrovers – ich selbst fand eine Live-Performance von ihm vor ein paar Jahren hier in München unter aller Sau.

“Das soll Dich nicht dazu bringen, dass Du Filme wie “Brainstorming” jetzt nun supergut finden musst. Und letztendlich entscheidet jeder selbst, was er oder sie als Kunst oder überhaupt betrachtenswert empfindet.”

Wenn wir rein von mir sprechen, dann gilt für mich die Regel: Ich muss bei einem Film den Machern nicht beipflichten, aber ich muss verstehen, was ihr Anspruch ist – und sie an dem messen. Bei euch fehlte mir der Anspruch, wirklich etwas zu sagen, was über Fantum hinaus geht. Und selbst die Reflexionen über das Fantum fand ich – sorry – zu vage und schwach umgesetzt.

Die gleiche Aussage hätte ich getroffen, wenn der Film nicht von euch, sondern von David Lynch gewesen wäre.

“Aber ich bin halt der Meinung, dass etwas nicht allein deshalb “Kunst” ist, weil vermeintlich “große Künstler” (die letztendlich wahrscheinlich in erster Linie über ein großes Netzwerk und gutes Marketing verfügen) es angefertigt haben.”

So mag das eine gewisse Schicht halten, die sich gerne von der Kunst an der Nase herum führen lässt. Aber ich denke, diese Diskussion trifft ja auf “Brainstorming” nicht zu.

“Wenn mich ein Kunstwerk anspricht, ist es mir egal, ob es von Picasso gemalt wurde oder von dem blinden, häßlichen Schimpansen aus dem Zoo.”

Nein. Kein Schimpanse könnte “Guernica” malen, weil das Bild eine Reflexion und eine Anklage darstellt, zu der ein Affe nicht fähig ist. Darum hat das Bild auch die Zeiten überdauert.

Allgemein: Wenn ich mir den deutschen Amateurfilm ansehe, dann fällt mir immer wieder auf, dass nicht mal die Grundlagen von Storytelling (die weder vom Budget noch der Drehzeit abhängen) vorhanden sind. Was ist die Geschichte, die erzählt werden soll? Was sind die emotionalen Aufhänger? Was sind die Charaktere, was macht sie einzigartig, was tragen sie zur Story bei, was ist ihre persönliche Reise? Was ist die Akt-Struktur? Das sind alles Fragen für das Drehbuch – und auch wenn man nur drei Wochenenden Drehzeit hat, kann man am Skript vorher durchaus mal sechs Monate werkeln. Aber dazu müsste man auch bereit sein, das Handwerk zu lernen, statt nur irgendwelche billigen Splatterstreifen nachzuäffen.

Ich werde voraussichtlich am Freitag (endlich!) die Bücher vorstellen, die mir seinerzeit sehr geholfen haben.

Dietmar
Dietmar
25. April, 2012 13:33

Schönes Gespräch, danke dafür!

Andreas
25. April, 2012 14:54

Als zweiter treu mitlesender Macher von einem der besprochenen Filme (Die Reiter) kann ich nicht anders wie mich auch mal kurz zu Wort zu melden. Dabei möchte mich aber gar nicht groß in die bestehende Diskussion einmischen (stehe aber, obwohl ich selbst lange genug als Amateurfilmer unterwegs war bzw. bin, eher auf des Wortvogels Seite), sondern nur ein, zwei Dinge zur “Reiter”-Kritik verlieren:

“Treffen sich drei Männer in der Kneipe (die aussieht wie ein dürftig dekoriertes Kellerloch).”

Es mag wenig überraschen … aber selbstverständlich handelt es sich tatsächlich nur um ein dürftig dekoriertes Kellerloch 🙂

“In den Dialogen ist der Kurzfilm nicht ganz so prägnant, wie die Macher mitunter zu glauben scheinen und eine etwas poliertere Produktion hätte dem Projekt sicher auch gut getan…”

Volle Zustimmung. Also … naja … mehr oder weniger. Ich persönlich halte die Dialoge nicht unbedingt für so arg prägnant, aber zugegebenermaßen hätte ich sie mir wohl gerne prägnanter gewünscht. Aber gerade jetzt mit ein paar Jahren Abstand … gnääääh. Man merkt einfach, dass es eine Idee ist, die bei mir ewig in der Schublade lag, dann im Rahmen eines FH-Kurses auseinander gepflückt und neu zusammen gesetzt wurde und in deren Folge zu einem Flickwerk aus alten und neuen Elementen wurde. Wäre das Semester nicht langsam auf’s Ende zugegangen und hätte ich nicht eine Note in besagtem Kurs gewollt, hätte ich wahrscheinlich noch etwas länger dran rumgedoktert … im Großen und Ganzen bin ich aber zufrieden damit.

Technisch bin ich stellenweise arg unzufrieden. Es war das erste Mal, dass ich mit einem 35mm-Adapter gearbeitet habe und habe dabei vollkommen unterschätzt wieviel Licht die Dinger tatsächlich schlucken. Heutzutage würde ich einfach eine DSLR nehmen und gut ist. Und ich würde mir vielleicht mehr wie zwei Tage Zeit nehmen für den Dreh 🙂

Zusammengefasst: an und für sich bin ich mit der Kritik hochzufrieden und stimme mit ihr überein. Ich habe es noch nie als meinen besten Film empfunden, da er mir einfach nicht komplett so gelungen ist wie ich es mir vielleicht gewünscht hätte. Aber er ist okay, anschaubar und stellenweise unterhaltsam (hoffe ich zumindest). Nur ein Detail: da keinerlei Hessen, dafür aber Saarländer und Badner am Dreh beteiligt waren, würde es mich wundern, wenn wirklich viel hessisch zu hören wäre. Eher saarländisch 🙂

DMJ
DMJ
25. April, 2012 15:34

Habe “Brainstorming” nicht gesehen, beurteile nicht ihn, in die Frage nach den Unterschieden zwischen Amateurfilm und Dogma möchte ich aber doch einsteigen.
Ganz davon abgesehen, dass die Dogma-Bewegung über ihre Filme hinaus vor allem ein Gesamtkunstwerk war (die Verfasser des Manuskriptes haben ja nachher offen gesagt, dass sie die Thesen, dies sei das einzig wahre Kino nie geglaubt hätten, aber einfach mal die Herausforderung wagten und eine Debatte entfachen wollen), sind die Dogma-Filme ja nicht handwerklich primitiv, sondern einer bestimmten (einfachen) Machart verpflichtet. Schauspielerische Leistungen und Drehbuch sind ja trotzdem ausgefeilt und die Kamera mag wackeln, aber sie erzählt dennoch gezielt, statt einfach nur irgendwas abzufilmen (von Triers “The Boss of It All” mit seinem zufallsgenerierten Schnitt ist da noch ein anderes Thema). Mit anderen Worten, das, worum es geht, das was gezeigt werden soll, wird auch gezeigt, nur eben in einer einfachen Optik, das heisst aber nicht, dass es alles dem Zufall und Glück überlassen ist, wie das bei einem schlicht unerfahrenen Kameramann der Fall wäre.

Peroy
Peroy
25. April, 2012 17:03

“Nur ein Detail: da keinerlei Hessen, dafür aber Saarländer und Badner am Dreh beteiligt waren, würde es mich wundern, wenn wirklich viel hessisch zu hören wäre. Eher saarländisch”

Datt leiht aweile wohl lodrahn, weil mir Saahlänna lo ach datt Wohd “schwätze” benutze, dovor hatt die dumm Brahtz datt verwechslt…

Thomas
25. April, 2012 18:29

@ Dietmar: Finde ich auch! 🙂

@ Wortvogel:
(btw: Du bräuchtest dringend eine Kommentarfunktion für Dein Board hier!)

Ich springe etwas und fasse Teile zusammen…nicht wundern.

“Das ist nicht einfach – eben weil diese Diskussionen im Original schon so absurd sind, dass sie sich kaum überhöhen lassen. Aber Kopie ist nicht Parodie.”

Das stimmt…Kopie ist nicht gleich Parodie. Wobei ich sagen muss: Wenn Du mir EINE Filmcrew zeigst, die *ernsthaft* über *Brackwasser-Zombies” redet, gebe ich Dir beim nächsten B-Film Basterds Festival einen Kasten Bier aus! 8)
So gesehen war bei Brainstorming durchaus eine Überhöhung da…und das nicht zu knapp!

“Bei euch fehlte mir der Anspruch, wirklich etwas zu sagen, was über Fantum hinaus geht. Und selbst die Reflexionen über das Fantum fand ich – sorry – zu vage und schwach umgesetzt.”

Das mit dem “Fantum” mag stimmen…habe ich persönlich aber auch kein Problem mit. Denn das war letztlich der Aufhänger.
Dass es vermeintlicherweise vage und schwach umgesetzt wurde…finde ich nicht, ist aber eine dieser Geschmacksfragen letztendlich.
(Wobei: Die “Ketchup-Blut-Diskussion” war doch der Hammer, oder? Ich find die immer noch toll… 🙂 ).

“Allgemein: Wenn ich mir den deutschen Amateurfilm ansehe, dann fällt mir immer wieder auf, dass nicht mal die Grundlagen von Storytelling (die weder vom Budget noch der Drehzeit abhängen) vorhanden sind. Was ist die Geschichte, die erzählt werden soll? Was sind die emotionalen Aufhänger? Was sind die Charaktere, was macht sie einzigartig, was tragen sie zur Story bei, was ist ihre persönliche Reise? Was ist die Akt-Struktur? Das sind alles Fragen für das Drehbuch – und auch wenn man nur drei Wochenenden Drehzeit hat, kann man am Skript vorher durchaus mal sechs Monate werkeln. Aber dazu müsste man auch bereit sein, das Handwerk zu lernen, statt nur irgendwelche billigen Splatterstreifen nachzuäffen.”

Das stimmt und ist schön und gut…aber hat zum Glück nichts mit Brainstorming zu tun. 😉
(Es sei denn, Du möchtest *ernsthaft* sagen, dass wir keine Story, keine Dramaturgie und sonst nur Schmodder und Splatter hatten…dann würde ich mich schon fragen, ob Du auch im richtigen Kino warst! Der Schmodder und Splatter beginnt bei uns in Minute…60? Und die Dramaturgie und die Reise des “Jean-Claude van Dudikoff” sollten ja wohl klar sein: Einen Film drehen! Das ist ja wohl Ziel genug!)

Aber zurück zum Kunst-Thema:

“Aber Kunst hat Ebenen über die Technik und den formalen Inhalt hinaus. ”

Stimmt…aber frag Dich mal, bei wem letztendlich die Deutungshoheit dieser Ebenen liegen? Beim Künstler oder beim Betrachter?
(Ich verweise nur auf “reptiles” Anmerkung mit der Schildkröte in Rodriguez’ Mariachi-Film).

“Kunst hat (im Normalfall – das schwankt auch je nach Richtung) Intention, Agitation, Provokation, Funktion.”

Okay…

“Sie entsteht nicht aus Inkompetenz oder Zufall.”

Und da scheiden sich wieder unsere Geister.

“Der Profi KÖNNTE anders, hat sich aber bewusst für diese Form entschieden. Der Laie hat keine Alternative.”

Okay…aber: Das ist keine Aussage über die Qualität eines *Kunstwerkes*…sondern über die Flexibilität eines Künstlers!

“Nein, weil es in diesem Fall sogar ein Statement über die Branche wäre – selbst Kinder können erfolgreiche Filme drehen, solange Kritik und Publikum einen so vagen Kunstbegriff und keine Eier haben. Das MACHT es dann zur Kunst. ”

Mit dieser Aussage unterstellst Du implizit, dass es einen nicht-vagen, und damit konkreten (demnach also “echten”?) Kunstbegriff gibt…von Leuten, die Eier haben.
Wie sieht dieser Kunstbegriff aus? Und wer hat die Eier? Wer entscheidet das? Ein Kuratorium? Ein Museum? Ein Lehrstuhl?

“Nicht Vermarktung – Intention und die Fähigkeit, ein Publikum zu überzeugen.”

Ja, die Intention und die Fähigkeit, ein Publikum zu überzeugen sind sicherlich Faktoren für die Qualität eines Kunstwerkes.

“Nein. Kein Schimpanse könnte “Guernica” malen, weil das Bild eine Reflexion und eine Anklage darstellt, zu der ein Affe nicht fähig ist. Darum hat das Bild auch die Zeiten überdauert.”

“Guernica” kann ein Affe sicherlich nicht malen. Aber ich kenne viele kleine Kinder, die jeden Tag im Kindergarten “Schwarzes Quadrat auf weißem Grund” von Malewitsch nachmalen (nur wahrscheinlich auch mal in Grün, Blau oder Gelb…).

Ich gebe Dir ja in einem Punkt recht: In der Bewertung eines *Künstlers* macht es natürlich einen Unterschied, WER etwas malt. Das kleine Kind, was das “Schwarze Quadrat” nachmalt, ohne es zu merken, hat sicherlich einen anderen Horizont als Malewitsch selbst, der es u.U. mit einer klaren Intention malte.
Und ja: Der Künstler, der sich bewußt dazu entschließt, “dilettantisch” zu arbeiten, hat als Künstler einen anderen Stellenwert, als jemand, der es einfach nicht anders kann.

ABER: Das sagt für mich absolut NICHTS über die Qualität eines jeweiligen *Kunstwerkes* aus. (Wobei ich dazu sagen muss, dass “Qualität” in diesem Falle radikal subjektiv ist.)

Es gibt so eine “urban myth”, dass man tatsächlich Schimpansen hat Bilder malen lassen und diese in eine berühmte Gallerie gehängt hat. Und die Besucher waren begeistert und haben allerlei Dinge reininterpretiert und die Dinger für teures Geld gekauft.

Was sagt uns das? Dass die Käufer Idioten sind? Dass Schimpansen große Künstler sind? Weder noch.
Es sagt uns, dass Kunst in erster Linie beim Empfänger entsteht. Zumindest ist das meine Interpretation.

In einem Punkt hast Du nämlich tatsächlich unrecht: Kunst ist unglaublich viel Zufall!
Es gibt eine tolle Anekdote von Sidney Lumet, wo er Akira Kurosawa fragt, warum er sich für eine bestimmte Einstellung in RAN entschieden hat (der Film, nicht die Fussball-Sendung! 😛 ).
Er antwortete: “Hätte die Kamera ein wenig nach links geschwenkt, wäre die Fabrik von Sony ins Bild gekommen, und hätte sie ein wenig nach rechts geschwenkt, würden wir den Flughafen sehen…und beides hätte nichts in einem Historienfilm zu suchen.”

Natürlich ist das auch eine bewußte Entscheidung. Aber ist es eine *künstlerische* Entscheidung? Nein! In gewissen Sinne war Kurosawa hier auch Opfer des Zufalls, dass das Motiv, was er drehen wollte, genau zwischen diesen beiden Orten lag, und er nichts machen konnte als draufzuhalten.

Die künstlerische Rezeption hingegen haben die Zuschauer vorgenommen…nicht der Künstler. (siehe auch die Schildkröte!).

@DMJ: Ich bezog mich mit meiner Bemerkung, dass die Dogma-Filme “dilettantisch” seien auch nur auf die Technik. Dass die Schauspieler teilweise superb sind, steht außer Frage. Leider hatten wir bei “Brainstorming” gerade keinen Ulrich Thomsen zur Hand. 😉

Aber interessant, dass Du nochmal das Dogma95-Manuskript erwähnst…das ist es, was ich mit “Vermarktung” bzw. Marketing meine: Den Blick der Menschen auf einen Sachverhalt zu lenken. Das macht in der Bewertung eines Kunstwerkes schon was aus!
Man stelle sich vor, die hätten die Dogma-Filme OHNE dieses große Tamtam rausgebracht…wie sie wohl dann bewertet worden wären…

So, und jetzt bluten meine Finger. 😀

Thomas
25. April, 2012 18:39

@ Wortvogel: Oh, aber ich bin super gespannt auf Deine Literaturvorschläge! Immer her damit!

Das Kurosawa-Zitat ist übrigens aus einem sehr coolen Buch von Lumet selbst: “Making Movies”. Muss ich unbedingt mal wieder lesen…

Ahoi! 🙂

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 18:51

@ Thomas: Ich wünschte, ich hätte die Zeit, auf deinen Kommentar ausführlich einzugehen – leider drängt es mich zur Lohnarbeit. Ich biete aber ersatzweise an, die Diskussion mal irgendwann bei einem Bier fortzusetzen.

VideoRaider
25. April, 2012 18:52

Ich empfehle uneingeschränkt “Screenwriter’s Problem Solver” und “Filme schreiben” von Syd Field lesen. Oder die Werke von Robert McKee.

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 18:54

@ VideoRaider: Warte mit den Empfehlungen bis Freitag!

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 18:59

@ Andreas: Mein Fehler – ich hatte noch nie ein Ohr für Dialekte und Akzente. Ist korrigiert!

Howie Munson
Howie Munson
25. April, 2012 19:52

(btw: Du bräuchtest dringend eine Kommentarfunktion für Dein Board hier!)

War eventuell eine ZITATfunktion gemeint? komemntieren geht ja^^ (und zitieren mit html-tag < blockquote&gt”;

Howie Munson
Howie Munson
25. April, 2012 19:56

gnarf Edith ist immer zu schnell wieder weg…

dauert das eigentlich nur bei mir imemr so lange bis ein Edit von der Software akzeptierrt wird??

Peroy
Peroy
25. April, 2012 20:03

Ja.

Howie Munson
Howie Munson
25. April, 2012 20:49

hmm, ich teste mal mit opera…

*test*
EDIT: ist auch nicht schneller… jedenfalls nicht so, als das man es “schnell” nennen könnte *g*

reptile
reptile
25. April, 2012 22:19

Das mit der Kunst ist eine interessante Sache.
Ein Profikünstler kann sich entscheiden, ein minimalistisches Werk zu machen, ein Anfänger hat diese Wahl nicht. Wie wird aber der Anfänger zum Profi? Der Profi war ja nicht schon immer Profi jeder fängt klein an.

Ich glaube, dass die wenigsten Profikünstler sich selber in diesen Status erhoben haben. Irgendwann entscheidet das Publikum: “Das ist Kunst”.

Sind die Transformers Filme weniger (oder überhaupt) Kunst als
Pulp Fiction? Schwierig fällt sicher auch die Abgrenzung zwischen Kunst und Handwerk.

Phil
25. April, 2012 23:26

Weil es zum Thema passt, will ich hier mal kurz auf den Nerdtalk.de-Wanderzirkus hinweisen, denn in diesem haben wir gerade “Brainstorming” zur freien Vergabe.
Mit offiziellem Stempel des Brainstorming-Teams und auch Thomas.

Der Wanderzirkus in wenigen Worten: Jeder, der Interesse hat, bekommt den Film kostenlos zugeschickt, einzige Bedingung ist im Gegenzug eine (Kurz-)Kritik.
Wer also den Film trotz (oder vielleicht gerade wegen) des Verrisses sehen möchte, darf sich gern dort melden.
Alles Weitere hier: http://www.nerdtalk.de/der-nerdtalk-de-wanderzirkus/

Andrea Bianchi
Andrea Bianchi
25. April, 2012 23:27

Tolle Hemden hat der Wortvogel ja immer. Muss man ihm lassen. Nen klasse Glanz hat das blaue!

Peroy
Peroy
25. April, 2012 23:33

“Wer also den Film trotz (oder vielleicht gerade wegen) des Verrisses sehen möchte, darf sich gern dort melden.”

Ganz ehrlich, ich hätte da schon nach dem Trailer keinen Bock mehr drauf…

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 23:34

@ Andrea: Classic fit non-iron medium blue von Banana Republic (in diesem Fall aus New Orleans). Mein Favorit.

@ Phil: Hervorragende Aktion. Bravo!

Thomas
26. April, 2012 13:50

@ Wortvogel:
Kein Problem…ich bin gestern zeitmäßig auch an meine Grenzen gelangt! Aber sollten wir definitiv tun! Ist eine hochspannende Diskussion, m.E..

@Howie: Äh…ja, natürlich! Zitatfunktion. 🙂

@reptile: Ein sehr interessanter Punkt, den Du da bringst. Besonders die Unterscheidung zwischen “Kunst” und “Handwerk”!
Früher (=bis vor ca. 100 Jahren) war nämlich beides noch untrennbar miteinander verbunden…heute (=seit 100 Jahren), bzw. spätestens seit Duchamps Pinkelbecken, wird weniger das Handwerk als solches als eher der “kreative Akt” dahinter gemeinhin als Kunst gewertet.

@ Phil: Wo soll die Kritik denn hinterlassen werden? Kriegt ihr die per Mail oder als Kommentar bei nerdtalk?
Würd mich interessieren, was für eine Schneise der geistigen Zerrüttung “Brainstorming” in Deutschland (oder erstmal nur Niedersachsen) hinterlässt! 😉

Phil
28. April, 2012 13:39

@Thomas:
Die Kritiken werden dann auf Nerdtalk.de veröffentlicht. Und wir hoffen mal, dass die Schneise nicht allzu verheerend wird. Ganz im Gegenteil 😉

Aktion läuft übrigens national, nicht nur Niedersachsen.

Zeddi
Zeddi
5. November, 2021 20:09

Macht es sinn das hier noch zu kommentieren?

Auf jedenfall kommt “Sadomona” in kürze als Schlefaz – und deine rezension wird sogar ofiziell vom Team erwähnt – so schreiben die Schlefazianer:

Letztlich lebt der Streifen, laut wortvogel.de, von seiner Hauptdarstellerin Sondra Currie, der Schwester von Cherie Currie von den „Runaways“.”

https://www.schlefaz.de/blog/die-winterstaffel-2021/

sergej
sergej
16. November, 2021 18:49

Sadomona – Die Insel der teuflischen Frauen
kommt bei Schlefaz (26.11.21) und dieser Blog wird bei der Filmbeschreibung erwähnt:
“Letztlich lebt der Streifen, laut wortvogel.de, von seiner Hauptdarstellerin Sondra Currie, der Schwester von Cherie Currie von den „Runaways“.”
https://www.schlefaz.de/blog/die-winterstaffel-2021/