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Mrz 2012

TV Top Ten: Floskel-Checkliste für Flop-Formate

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Ich glaube, der erste wirkliche TV-Flop, den ich bewusst als solchen miterlebt habe, war 1988 “Nase vorn” von und mit Frank Elstner. Ein unglaublich aufwändiger Versuch, “Wetten dass…?!” noch mal zu erfinden.

Der erste wirkliche TV-Flop, an dem ich beteiligt war, dürfte “Lotta in Love” gewesen sein.

“Ulla Kock am Brink Show”, “Die Wagenfelds”, “A.S.”, “Cúlt”, “Ricky”, “Zander”, “Anke”, “Eine wie keine” – wo gehobelt wird, da fallen Späne. Flops gehören zum Geschäft, sonst hätte jeder Sender 100 Prozent Einschaltquote. Es versendet sich und wird vergessen. Die meisten Kritiker sagen komischerweise immer erst hinterher, was sie angeblich schon vorher gewusst haben.

Über 20 Jahre im aktiven TV-Business haben mich allerdings hellhörig werden lassen, was die Phrasen angeht, mit denen Sender und Produzenten ihre Sorgenkinder begleiten. Vom Abend vor der Premiere bis zum Morgen nach der Einstellung eines Formats – es läuft eigentlich immer nach dem gleichen Schema parallel zu den absackenden Zuschauerzahlen nach der ersten Sendung ab:

  1. Innovatives Konzept, mutige Umsetzung – seid umschlungen, Quotenmillionen!
  2. Wir sind sehr zufrieden mit den Einschaltquoten
  3. Wir machen uns überhaupt keine Sorgen, ein bisschen Schwund ist immer
  4. Das innovative Format braucht Zeit, sein Publikum zu finden
  5. Natürlich arbeiten wir kontinuierlich daran, das Konzept sanft zu optimieren
  6. Es bringt überhaupt nichts, in Panik zu verfallen
  7. Wir sind im Gespräch mit der Redaktion, wie man das Format dem Zuschauer näher bringen und emotionaler machen kann
  8. Ein großer Relaunch wird die Erfahrungen der ersten Wochen konzeptionell umsetzen, die Stärken des Formats besser herausstellen
  9. Das Publikum braucht Zeit, das geänderte Konzept zu finden und anzunehmen
  10. Mit großem Bedauern… wir danken den Beteiligten… tolles Konzept… der Zuschauer ist schuld

 

“Gottschalk” ist gerade bei 8.



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Stephan
Stephan
5. März, 2012 15:36

Mir stellt sich eher die Frage, wie diese Sendung es überhaupt in die Produktion geschafft hat.

Hatte Gottschalk wirklich die Hybris zu glauben, dass ein solches Format mit und wegen ihm aufgehen würde?

Sind die ARD-Verantwortlichen wirklich so blauäugig oder wollte sie sich einfach mit einem großen Namen schmücken und “Ellabätsch ZDF” skandieren können?

Wäre das auch bei einem Sender passiert, der nicht durch Gebühren finanziert wird?

Howie Munson
Howie Munson
5. März, 2012 15:46

Naja “Na Sowas” hat auch funktioniert, allerdings halt nicht täglich.
Und die erste Woche “Gottschalk Live” war halt zu viel “Seal hat meine gute Freundin (mit der ich zusammen auf ner Faschingsfeier war) verlassen”… *ggg*

ich hab ja so langsam die These das Gottschalk und Schmitt größtes Problem ist, das sie früher suboptimale Stellen einmal wegquasseln konnten und heute dafür zu langsam reden…

Und das Hauptproblem an der sogenannten “Todeszone” der ARD ist ja, das man da eigentlich nur einen Lückenfüller für die Zeit zwischen den Werbespots sucht…

Jeff Kelly
Jeff Kelly
5. März, 2012 16:16

Was die ARD nie begriffen hat ist, dass am Schluss Wetten Dass von vielen trotz Gottschalk geschaut wurde und nicht wegen Gottschalk.

Das ZDF hat es begriffen und versucht ihm einen Co-Moderator zur Seite zu stellen, damit wenigstens einer da ist, der die Namen der Stars und Wettkandidaten auch kennt und vielleicht auch warum, die eigentlich auf dem Sofa sitzen.

Bei Wetten Dass war schon immer die Show selbst der Star, weshalb sie ja auch die drögen Moderationen von Elstner und Lippert überlebt hat und ihr selbst ein komplett unvorbereiteter und absolut desinteressierter Gottschalk, der am Schluss nicht einmal mehr die Namen seiner Gäste behalten konnte, wenig anhaben konnte.

Darüber hinaus macht Gottschalk den gleichen Fehler den viele “Emporkömmlinge” aus Fernsehen und Presse begehen. Sie glauben, nur weil sie mittlerweile im selben Viertel leben wie die Stars und ab und an mal beruflich mit ihnen sprechen dürfen gehören sie irgendwie dazu.

Uli
Uli
5. März, 2012 16:22

“Wäre das auch bei einem Sender passiert, der nicht durch Gebühren finanziert wird?”
“Kerner”?

Jeff Kelly
Jeff Kelly
5. März, 2012 16:24

Dazu kommt noch, das die ARD nie begriffen hat warum die Zeit bis 19:50 zur “Todeszone” geworden ist.

Weil die Generation die noch pünktlich um fünf in den Feierabend ging und deshalb ab 18:00 Uhr ARD Vorabendprogramm gucken konnte mittlerweile in Rente ist.

Gäbe es in der ARD nicht das Dogma, dass die Tagesschau um 20:00 gesendet werden müsse, dann könnten die ihr Vorabendprogramm bis zur Primetime mal auf die Sehgewohnheiten von heute hin strukturieren. So schafft es ja sogar das ZDF mit Heute ab 19:00 Uhr und Programm danach der ARD den Rang abzulaufen.

Aber verständlich ist es schon, schliesslich haben andere Sender nicht das Problem nur dann Werbung zeigen zu dürfen, wenn tendenziell insgesamt weniger Leute zusehen als früher. Die kriegen allerdings auch keine Fernsehgebühren…

Trantor
Trantor
5. März, 2012 17:52

“Bei Wetten Dass war schon immer die Show selbst der Star, weshalb sie ja auch die drögen Moderationen von Elstner und Lippert überlebt hat[…]”

Ich bin geneigt, Dir Recht darin zu geben, dass die Show an sich einfach ein Zugpferd (gewesen) ist, aber so ganz unabhängig vom Moderator funktioniert die nun auch nicht, das Gegenbeispiel hast Du schließlich selber genannt:

Als Lippert 1992 übernahm, sanken die Quoten dramatisch. 1990 hatte Gottschalk noch in der Spitze 21 Mio Zuschauer, 1993 unter Lippert wurde der Tiefpunkt mit 13 Mio erreicht. DAS war ja auch der Grund, warum Gottschalk dann wieder zurück kam und bewies ziemlich eindrucksvoll, dass ein wirklich schlechter Moderator durchaus einen Unterhaltungsdampfer versenken kann.

Und Elstner, naja, man kann von seinen späteren Sendungen und Fähigkeiten halten was man will, aber für die ganz frühen 80’er war er ein durchaus frischer Wind. Kein Ein-Mann-Entertainer wie Kulenkampff, Frankenfeld oder Carrell, aber beileibe auch kein spröder Wegmoderator. Sondern eigentlich sogar sehr gut passend für eine Sendung, die im Kern ja von “Menschen wie Du und ich” bestimmt wurde und erst unter Gottschalk zu einer Durchwinkveranstaltung von Hollywood wurde. Ja, früher waren die Wettpaten auch schon (deutsche) “Prominente”, aber die waren ja wirklich auf ihre Rolle als Wettpate beschränkt, es gab keine Talkcouch und ähnliches.

reptile
reptile
5. März, 2012 20:00

An “Nase Vorn” kann ich mich auch noch erinnern.
Für Gottschalk ist das Format einfach zu klein, zu schnell.
Ein Late Night Talk wäre sein Ding gewesen aber den Platz hat ja Lanz schon erfolgreich besetzt.

Howie Munson19
Howie Munson19
5. März, 2012 20:08

@Trantor: 95 war gottschalk marktanteilsmäßig schlechter als lippert 1993…
http://meedia.de/background/meedia-blogs/jens-schroeder/mr-analyzer-post/article/der-quoten-niedergang-von-wetten–dass_100016697.html
( ist aber mit vorsicht zu genießen, mir ist grad unklar wieviele Wetten Dass? Sendungen es überhaupt 93 gab, die skala der Graphik ist da nicht gerade hilfreich… und der Text ist auch nur für die konkreten Zahlenwerte aussagekräftig. *duck*)

dermax
dermax
5. März, 2012 23:43

Naja, solche Checklisten kann man für einen Haufen Sachen (mir fällt da spontan “Trainerentlassung in der Bundesliga” ein) basteln. So what? Was sollen se denn sonst machen?

gerrit
gerrit
6. März, 2012 10:46

Bevor der Kunde das Produkt zu sehen bekommt, ordentlich arbeiten, sich nicht reinquatschen lassen, keinen auf dicke Hose machen, z.B. ?

Wie gesagt, vorher. Nicht im Sinne von “während der Kunde das Produkt sieht, nicht mehr so ordentlich” sondern eher gemeint als “nicht dauernd so tun, als würde man etwas ändern.”

Denn damit könnte man die wegekeln, die es bisher schauten. Und wenn Peichl sagt, so ab September könnt’s was werden, da schau ich doch bis dahin nicht hin.

Analog dazu Fussballbundesliga: Wenn ein Trainer meint, das Team bräuchte noch zwei Monate, um sein Konzept zu verinnerlichen, da frage ich mich, was spielen die bis dahin?

michbech
michbech
6. März, 2012 14:31

Gottschalk ist nunmal ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. In den Achtzigern war seine “Masche” halt noch neu, lustig und unverbraucht. Aber seinen wir ehrlich: Er war nie ein wirklich guter Moderator. Sein Stil ist konfus, er ist nie vorbereitet, stellt zum Teil dämliche Fragen und versucht dabei irgendwie “lustig” rüberzukommen. Das mag Mitte der 80 innovativ gewesen sein. Aber heute ist es einfach nur noch nervig. Und “lustig” können andere Moderatoren einfach besser. Und ernsthaft sowieso.

Die Kombination “Gottschalk + Wetten das” war in meinen Augen deshalb noch so erfolgreich, weil die Leute einfach so daran gewöhnt waren. Das war halt ein Klassiker und ne Menge Nostalgie war mit im Spiel. Aber die Quoten hatten ja die letzten Jahre auch eher einen negativen Trend. Es kamen halt keine neuen Seher mit dazu.

Ich denke Gottschalk wird mit jeder Sendung nach Wetten Das untergehen, seine Zeit ist einfach vorbei. Und ich glaube auch nicht, das Wetten Das ohne Gottschalk lange überleben wird. Das selbe, was Gottschalk jetzt mit seiner Nachfolgesendung erlebt, wird Wetten Das mit seinem Nachfolgemoderator erleben…

dermax
dermax
6. März, 2012 19:29

Wenn Tommy ein Relikt ist, wer steht dann bitte für die Moderne? Pilawa? Geissen? Lanz? Kerner?

Danke, da nehm ich dann lieber das Relikt…

“Wetten dass…???” war nur deshalb so erfolgreich, weil sich die Menschen dran gewöhnt haben? Wirklich? 10 Mio. Leute, die nur einschalten, weils halt schon immer so war?
Ne, der Mann hats weiter drauf, das Konzept ist nur ne Totgeburt gewesen.

Howie Munson
Howie Munson
6. März, 2012 19:48

@dermax: also ganz ehrlich ich fand schon mitte der 90er nur die Wetten gut, die interviews zur Filmpromotion waren praktísch um zu schauen, was sonst so läuft…

Wenn Jauch, Krüger oder Schmidt mit auf dem Sofa waren, bin ich da eher länger dran geblieben. aber wie gesagt ich hab dnen eindruck dan Gottschalk in den 80er schneller redete und eben nicht so offensichtlcih schlecht vorbereitet und mit mehr Einsatz bei der Sache war.

Baumi
14. März, 2012 18:12

Zu “Wetten, dass…”: Das war am Anfang eine Spielshow, bei der mehr oder weniger spektakuläre Aktionen im Mittelpunkt standen. Im Laufe der Zeit (und wohl auch durch Gottschalks Einfluss) wurde es dann zur überlangen Promi-Talkshow, bei der zwischendurch auch noch ein paar kuriose Aktionen stattfanden.

“Gottschalk live” bringt alles das mit, was an “Wetten, dass…” nervig und öde war, ohne irgend etwas zu haben, dass dem Ding doch noch Spannung einhauchen könnte. (So war’s wenigstens Anfang Februar; seitdem hab’ ich’s nicht mehr gesehen.)

The Riddler
The Riddler
19. April, 2012 13:58

Seit gestern ist Gottschalk bei 10. Irgendwelche letzten Worte?

Howie Munson
Howie Munson
2. Mai, 2012 20:49

Letzte Wort: er nimmt die schuld auf sich…
http://www.dwdl.de/nachrichten/35819/gottschalk_ich_bin_in_erster_linie_selber_schuld/
und das Konzept hätte auch besser sein können…

hmm ich glaub das war’s dann wohl endgültig mit Tommy im deuschen TV… Schmidt ist dafür dann bei sky…
http://www.dwdl.de/nachrichten/35808/harald_schmidt_show_wechselt_von_sat1_zu_sky/