29
Feb 2012

Wortvogels Gastarbeiter (9): Doc Acula

Themen: Neues |

Markus Risser (besser bekannt unter seinem rasend originellen Pseudonym Doc Acula) ist Betreiber des fast schon legendären Review-Blogs Badmovies.de, dessen Forum ein Sammelbecken für alle Wirrköpfe des Trashfilm-Fandoms ist. Um noch einen drauf zu setzen, veranstaltet Risser neuerdings das Badmovies-Festival in Nürnberg, so auch in diesem Jahr vom 20. bis 22.04.2012 im KommKino. Näheres dazu bald.

Wenn einem die Ehre zuteil wird, in den erlesenen Kreis der Wortvogel-Urlaubsvertreter aufgenommen zu werden, kann man nicht einfach die nächste Jim-Wynorski-DVD aus dem Regal greifen und drei-vier Absätze absalbadern, das hat schon etwas Denkwürdigeres verdient. Zum “Glück” liegt der Vogel mir seit Jahren in den Ohren, ich solle endlich “Laser Mission” oder “The Last Dragon” besprechen. Weil ich schon wieder mal nicht weiß, wohin ich “Laser Mission” verräumt habe, gibt’s dann halt den letzten Drachen.

Man sagt gerne, der Schuster solle, bitte schön, bei seinen Leisten bleiben, sprich, das tun, womit er sich auskennt und nicht noch nebenberuflich ‘ne Bäckerei eröffnen. Aber die wohlmeinenden Worte fallen oft auf unfruchtbaren Boden – und es ist ja auch verständlich, speziell im kreativen Bereich, dass man auch andere Dinge ausprobieren möchte. Und so versuchten sich Sänger am Schauspiel, Schauspieler am Singen, Romanautoren am Regieführen etc. pp.

Beinahe schon verständlich, dass diejenigen, die hinter den Kulissen amtieren, ähnliche Ambitionen pflegen – und da Musik- und Filmbranche gemeinhin als zwei durchaus ähnliche Haifischbecken gelten, mussten früher oder später Musikmogule auf die Idee kommen, dass man mit Filmen ja auch Geld verdienen könnte (dies natürlich nicht mehr im Zeitalter des Internet und Filesharings, in dem bekanntlich sowohl Film- als auch Musikproduzenten mit knurrendem Magen am Hungertuch nagen und nur noch von der Sozialhilfe über Wasser gehalten werden. Diese Klammerbemerkung kann Spuren von Sarkasmus enthalten). Der erfolgreichste Crossover-Producer dürfte David Geffen sein – der Gründer gleich zweier recht erfolgreicher Plattenlabel (Geffen und DGC Records, respektive) tat sich gleich mit den Supermännern der Branche zusammen und ist das “G” in DreamWorks SKG. Weniger erfolgreich waren z.B. der langjährige Police- und Sting-Manager Miles Copeland III, der seinem Label I.R.S. eine kurzlebige Filmabteilung anhängte und unser heutiger spezieller Stargast – Berry Gordy.

Der wird auf Ewigkeiten seinen Platz in der Kulturgeschichte als derjenige, der “black music” in den Mainstream brachte, haben. Das von ihm lange Jahre geführte Label Motown ist der Inbegriff des R’n’B/Soul/Funk-Crossovers in die Pop-Charts, Acts wie die Temptations, die Supremes und Diana Ross, die Jackson 5 mit Michael, alle wurden bei Motown zu Weltstars (wobei Gordy auch weiße Acts unter Vertrag nahm, wie z.B. die Hardrocker von Rare Earth oder, Wunder über Wunder, einen gewissen Meat Loaf). Angesichts der Tatsache, dass man mich mit 95 % der modernen “black music” mühelos auf die nächste Palme jagen kann, bin ich nicht ganz sicher, ob ich Berry Gordy persönlich dankbar sein sollte, aber sei’s drum – meine musikalischen Befindlichkeiten sind hier nicht von Belang.

Nun, jedenfalls wollte auch Gordy ins Filmbiz einsteigen – bereits in den 70ern investierte Motown vorsichtig in Lichtspielwerke, speziell in die, in denen der hauseigene Star Diana Ross die Hauptrolle spielte (z.B. “Mahogany” oder “The Wiz”, in dem auch Michael Jackson eine Hauptrolle übernahm). Aber das Verleihen von Stars und Bereitstellen von Soundtrack-Musik war Gordy nicht genug – ihm dürstete nach einem *richtigen* schwarzen Actionfilm für die 80er Jahre, einer afro-amerikanischen Antwort auf die American Ninjas von Cannon, franchisetauglich, finanziell ordentlich ausgestattet (man munkelt über 10 Mio. Dollar, und anno 1985 war das nicht gerade Portokasse) und, selbstredend, geeignet als Schaufenster für diverse vorführbare Motown-Künstler. Was sollte da schon schief gehen?

Als Regisseur wurde Michael Schultz verpflichtet – offensichtlich war es Gordy dann doch wichtiger, jemandem an Steuer zu wissen, der etwas mit Musikfilmen anfangen konnte. Schultz inszenierte “Car Wash” und die allgemein verlachte (und verspätete) Filmadaption des Beatles-Album “Sgt. Pepper’s Lonely Heart Club Band”. Äktschn war nicht so sein Ding. Schultz drehte zwei Jahre später die fürchterbare Fat-Boys-“Komödie” “Disorderlies” und zog sich dann ins Fernsehen zurück, wo er u.a. für “Picket Fences”, “Chicago Hope”, “Practice” und “Ally McBeal” tätig war bzw. noch ist.

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Das Drehbuch durfte Louis Venosta verfassen, der 1980 mit der Rolle eines “principal dancer” in Alan Parkers “Fame” ganz groß rausgekommen war (this is me being sarcastic again). Wieso ihn das dazu qualifizierte, einen ordentlich budgetierten Actionfilm zu schreiben, bleibt das Geheimnis von Berry Gordy. Immerhin – fünf Jahre später schrieb Venosta noch das Drehbuch zu dem leidlich unterhaltsamen Mel Gibson/Goldie Hawn-Schwank “Ein Vogel auf dem Drahtseil” und ward dann jenseits zweiter Episoden der drittklassigen SF-/Mysteryserie “First Wave” nicht mehr gesehen.

Na denn mal los – in der Eröffnungsszene zeigt uns Hauptdarsteller Taimak, der hier einen gewissen Leroy Greene spielt, dass er bei seinem weisen Sensei, Pat Morita, äh, nein, Thomas Ikeda (immerhin mit Bit Parts in der Stallone-Komödie “Die Senkrechtstarter” und dem patriotischen Michael-Keaton-Autobauer-Schlager “Gung Ho” gesegnet) gut aufgepasst hat – vom Meister testhalber auf ihn abgefeuerte Pfeile fängt er mit der hohlen Hand aus der Luft! Okay, dass die Kampfkunstmeister in Asien ihre Schüler gerne mal aus Trainingsgründen umbringen, ist mir nicht neu, aber mitten in Harlem? Der Meister ist zufrieden, klebt dem Schüler den letzten Drachen-Aufnäher auf die Kampfkutte (“The Last Dragon”, newa…) und wäre ansonsten gewillt, ihm für den weiteren Lebensweg alles Gute zu wünschen, hauptsache, Leroy verpisst sich nunmehr und geht ihm nicht weiter auf den Keks. Leroy missversteht die zugegeben nicht sonderlich zeremonielle Zeremonie als amtlichen Rauswurf aus Versagensgründen und wirft sich vor dem Sensei in den Staub.

Ya see, Leroy hat man die Ausbildung zum Super-Martial-Artisten offensichtlich damit verkauft, dass er am Ende des Tages den “Glow” erreichen wird, sozusagen eine höhere Existenzebene, die dem gemeinen Hand- und Fußkantenschwinger verschlossen bleibt und die sich Leroys Ansicht nach als *tatsächliches* Glühen des Körpers manifestiert. Der Meister erkennt, dass er den Trottel augenscheinlich nicht los wird, ehe er ihm nicht zwei bis drei mystisch-mysteriöse spirituelle Blafaseligkeiten auf den Weg gegeben hat und erfindet on the spot einen Quest – Leroy möge die Glückskeksfabrik Sum Dum Goy (ein gar göttliches Wortspiel. Not. Obwohl…Leonard Maltin fand’s amusing) und den dort residierenden Meister (festhalten) Lang Bum Sen (an dieser Stelle sollte man eigentlich abschalten. Dieses Highlight KANN der Film gar nicht übertreffen), Verbreiter der Weisheit in Tüten (bzw. in Glückskeksen. Im Wortsinne) ausfindig machen, dem ein Medaillon, das schon Bruce Lee persönlich gehört hat, in die Patschhand drücken und dann weiter auf die Nerven fallen. Leroy ist begeistert…

Leroy ist tatsächlich blöd genug, im chinesischen Bauern-“Anzug” mit Strohhut durch Harlem zu latschen. Ich weiß nicht, wie’s Ihnen geht, lieber Leser, aber ich glaube, man wird in Stadtteilen mit höherem Bruttosozialprodukt in diesem Aufzug auf Sicht verprügelt. Unser Held (stöhn) beamt sich in ein Kino und kuckt sich “Enter the Dragon” an. Prinzipiell löblich, praktisch nich’ so prall, weil das Publikum ungefähr so diszipliniert ist wie das Berliner FFF-Publikum (ja, verscherz es dir mit der Zielgruppe, Doc!) – Johlen, Popcornwerfen, blöd durch’s Theater laufen. Kann einem das schönste Gemetzel versauen.

Immerhin, als eine Breakdance-Schnepfe ihren Ghettoblaster aufdreht und sich anschickt, im Mittelgang eine Performance hinzulegen, fasst sich einer der Zuschauer ein Herz und schickt die japanische Unterhaltungselektronik gen Walhalla. Dumm nur, dass die Schnepfe zum Gefolge und Hofstaat des örtlichen Faschingsprinzen, äh, “Shogun of Harlem”, gehört. Und der projiziert sich mitsamt seiner restlichen Entourage, gestyled und geschminkt, dass es der Costume Designer von “Mad Max 2″mit einem gequälten Lächeln und “that’s TOO gay” kommentieren würde, in den Saal und lässt sich von seinen Schranzen mit “Sho’Nuff-Sho’Nuff” (denn das ist sein nom de plume)-Sprechchören feiern (die deutsche Fassung nennt Sho’Nuff übrigens “King-Mäßig”, was irgendwie… völlig bescheuert ist). Was während immer noch laufender Filmvorführung nun durchaus von einem Großteil des Publikums als störend empfunden wird und sich der ein oder andere Patron genötigt sieht, handgreiflich gegen den Eindringling vorzugehen. Der ist blöderweise allerdings nicht nur mit lächerlichem Klamottengeschmack und delusions of grandeur gesegnet, sondern auch durchaus kompetenter Kung-fu-loge. Schlecht für die “Marshmellows”, die sich mit ihm anlegen. Was macht Leroy, unser nomineller Held, während dieser Zurschaustellung asozialen Verhaltens? A) Ein dummes Gesicht und B) sich dünne. My respect for you grows. Not.

Zu unserer allgemeinen Überraschung ist Sho’Nuff nun aber nicht der singuläre Schurke des Rührstücks. Schließlich ist – falls ich das nicht explizit erwähnt haben sollte – der Shogun schwarz und als Vertreter von “da man”, der den afro-amerikanischen Brother down hält, ungeeignet. Enter Eddie Arkadian (seufz), der seinen reichlichen Zaster mit Spielhallen (doppel-seufz. Arcade-Arkadian, get it? Ich liebe subtile Charakternamen) und es sich in den Kopf gesetzt hat, sein dickliches und kieksstimmiges weibliches Anhängsel Angela zum Popstar zu machen. Ein aufwändiges Musikvideo hat er schon produziert, jetzt müsste es nur noch jemand spielen. Da Berry Gordy 1985 offensichtlich noch nichts von MTV gehört hat, soll Laura Charles, VJ einer lokalen New Yorker Musik-Show, da aushelfen. Lauras Show, die darin besteht, dass in einer quintessentiell 80er-dekorierten Neon- und Leuchtstoffröhren-Disco (“Seventh Heaven” benamst) hundsnormale Typen (es handelt sich dabei wirklich nicht um irgendwelche angeheuerten Tänzer, sondern Publikum, das da einfach eben tanzen geht) vor auf Großbildschirme projizierten Musikvideos abzappeln, ist nämlich, so befiehlt es das Script, meinungs- und chartbildend.

Das gibt Gordy natürlich eine großartige Ausrede, Motown-produzierte Clips abzunudeln, wie eben jetzt den beinahe vollständig ausgespielten DeBarge-Clip “Rhythm of the Night”. Nicht gerade eine Sternstunde des Motown-Pops, aber wenigstens ein achtbarer Hit. Es spricht aber schon nicht unbedingt FÜR den Film, dass DeBarge nicht in Person in ihm auftreten wollen, sondern nur per Konserve. Gemimt wird Laura von Vanity (cool, zwei Hauptdarsteller, sie sich keinen Nachnamen leisten können!), Popsternchen, Prinz-Gespielin, späteres Drogenwrack und mittlerweile (sigh) wiedergeborene Christin (gut, wenn’s geholfen hat, will ich mal nicht so sein). An dieser Stelle möchte der Chauvi in mir mal eine Bemerkung machen. Aus unerfindlichen Gründen galt Vanity in den 80ern mal als Sexsymbol, aber ist denn damals wirklich niemandem aufgefallen, dass diese Frau keine Brüste hat??? Ich will nicht sagen, dass, wer auf ein solches BmW-Modell steht, ‘n verkappter Pädophiler ist, aber, verdammt, doch, ich WILL es sagen…

Edit Wortvogel: Ähem

Egal. Laura jedenfalls will von Arkadian, seiner Angela und ihrem Musikvideo nichts wissen, da nützt alles gute Zureden ihres persönlichen Assistenten J.J. (ein junger William H. Macy!!) nix. Da singt sie dann doch lieber selbst (und wer sich an Vanity 6 erinnert… ein Stimmwunder ist die Madame nicht. Wo soll’s auch herkommen?). Das Publikum ist begeistert, insbesondere der vielleicht zehn-zwölfjährige Zweieinhalbkäsehoch Richie. Richie ist erstens Leroys kleiner Bruder und zweitens extrem verliebt in Laura, mit dem beunruhigenden Twist, dass das nicht die sympathisch-lustige Kiddie-Schwärmerei ist, die wir alle in dem Alter hatten (Grüße an Kim Wilde), sondern von Richie extrem ernst gehandhabt wird – aus eigener Sicht ist er praktisch mit Laura bereits verheiratet und jeglicher gegenteiliger Augenscheinsbeweis kommt boshafter Verdrehung allgemein bekannter Tatsachen gleich.

Arkadian verkraftet die Absage jedenfalls nicht und heuert einige Schläger an, die Laura kidnappen sollen (kuckt nach einem jungen Chazz Palmintieri!). Wie’s der Deibel so will, latscht Leroy gerade vorbei, als die Tunichtgute Laura in ihre Limo zerren wollen. Leroy channelt seinen inneren Bruce Lee und verkloppt die Bösewichter unter unfairer Zuhilfenahme Lee’scher Mannerismen und Kampfgeräusche. Laura, deren Frisur durch die Auseinandersetzung auf Windstärke 12 gezwirbelt wurde, ist vom jungen Burschen ganz angetan, doch der, als langjähriger Student der Kampfkunst asketisch aufgewachsen und im Umgang mit Weibsvolk hilflos, nimmt Reißaus, verliert aber seine wertvolle Lee-Reliquie, die Laura geistesgegenwärtig einsteckt. Arkadian schwört, nunmehr härtere Geschütze aufzufahren.

Leroy geht aber nicht nur Ins Kino, sondern unterrichtet in seiner Freizeit selbst Kung-fu (stilecht in Bruce Lees gelbem “Game of Death”-Strampelanzug und unter Absonderung extremst peinlichem “möge-Gott-mir-beistehen-wenn-ich-meine-Kunst-jemals-einsetzen-muss”-Gesotters). Zu Leroys Schülern gehört Johnny, der aber Leroys, ähm, “Filosofie” des gewaltlosen Kampfes sogar noch weiterentwickelt hat – anstatt “kämpfen ohne zu kämpfen” propagiert er “kämpfen, ohne zu wissen, wie man kämpft” unter der Maßgabe, dass asiatische Abstammung, ein paar Adler- und Kranich-Posen sowie ein mannhafter Kampfschrei dazu angetan sein müssten, jeden potentiellen Gegner so ins Bockshorn zu jagen, dass es gar nicht mehr zu Auseinandersetzungen kommt. Das kann er gleich mal ausprobieren, denn aus keinerlei spezifischen Gründen taucht Sho’Nuff samt Anhang in der Schule auf und begehrt einen kleinen Demonstrationsfight, den Leroy aus moralisch-ethisch-philosophischen Gründen leider ablehnen muss. Johnny hat diese Bedenken nicht und meint, mit seiner Methode punkten zu können. Erwartungsgemäß wird ihm sein Hintern selbst von den minderbegabten Sidekicks des Shoguns auf der Silberplatte serviert – nur die demütigende Geste, Sho’Nuffs Stinketreter zu küssen, rettet Johnnys armseliges Leben.

Es folgt ein ausschweifender Einblick in das Greenesche Familienleben bzw. die brüderliche Beziehung zwischen dem altklugen Richie und dem in Liebesdingen unbeleckten Leroy, alldieweil letzterer Laura im Fernsehen als die von ihm jüngst Gerettete identifiziert und sich vorstellen könnte, mit der das zu tun, was man so tut, wenn man verliebt ist und wüsste, was man in solchen Fällen tut. Richie reklamiert zwar first rights, erklärt sich aber prinzipiell zu Nachhilfestunden bereit. Man pilgert also nach der Schicht im familieneigenen Pizza-Joint (ersichtlich ist übrigens die Eröffnung eines solchen schwer revolutionär für Afro-Amerikaner. Als jemand, der seit gefühlt 30 Jahren seine Lieferpizzen von Indern serviert bekommt, sehe ich das irgendwie nicht so elementar) zu Lauras Disse, wobei sich Richie mustergültig pimp-mäßig aufgebrezelt hat (doesn’t anysone see something WRONG with that?). Leroy, der warten soll, bis Richie den Eintritt klar gemacht hat, wird Augenzeuge, wie Laura erneut und diesmal erfolgreich von Arkadians Goons – unter der Tarnung eines TV-Teams – gegirlnappt wird. Dem Pseudochinesen allerdings fällt ein Hinweis in die Hände – ein Zettel-Halter mit der Aufschrift “Eddie Arkadian Productions” (wir sehen schon: Arkadian ist bestenfalls ein Amateur-Superschurke).

Eddie wünscht weiterhin nichts weiter, als dass Laura Angelas Video in ihrer Show spielt – doch die Zwangsvorführung des Clips tut nichts dafür, dass Laura sich dazu herablässt (wobei ich jetzt schon mal was sagen muss: ich halte die beiden Angela-Songs für die besten im Soundtrack – sie haben was hübsch-lustiges New-Wave-Devo-meets-B-52’s-meets-Julie-Brown-mäßiges. Sie sind halt weißer als Weißbrot, und in einem Blaxploitationfilm, und in nichts anderem befinden wir uns hier, muss das als Feindbild eben reichen).

Gerade als die Lage ob Lauras fortgesetzter Weigerung brenzlig zu werden droht, bricht Leroy als Ninja ins Areal und beginnt mit der fröhlichen Klopperei – selbst Eddies persönlicher Lakai, Leibwächter und Ex-Boxer Rock (Mike Starr als eine Art milde retardierter Danny Aiello) kann nichts ausrichten und Arkadians Piranhas (seufz) bekommen beinahe ihren Herrn und Gebieter als Snack serviert. Dankbar lädt Laura Leroy zu sich nach Hause ein und reicht ihm das Medaillon zurück. Ansonsten aber ist der Abend eher unter “awkward” zu verbuchen – der einladendste Schlafzimmerblick Lauras und die betörendste Kenny-G-Saxophonmusik von der Tonspur veranlassen Leroy nur zur Flucht…

Am nächsten Tag macht sich unser Held endlich auf seine spirirtuelle Reise zu Sum Dum Goy. Die Glückskeksfabrik in Chinatown wird, wie lustig, von drei jungen Chinesen (ohne Kontrabass), die gerne authentische Nigger wären, betrieben. Leroys höflich-asiatische Erkundigungen werden von den Möchtegern-Mothafuckas, die auf der Straße zu Funk-Hits lipsyncen, mit aller angebrachter Nichtachtung gestraft. Während Leroy noch versucht, eine gemeinsame Gesprächsbasis zu finden, sucht Sho’Nuff, der weiterhin dringlich wünscht, mit Leroy ein Sträußchen Kung-fu-Fight ausfechten können dürfen zu wollen, den elterlichen Pizza-Palast auf und zerlegt ihn in sämtliche vorhandenen Einzelteile. Als Leroy aufkreuzt, findet der nur noch Trümmer und eine Familie, die ihm nicht völlig unberechtigterweise Vorwürfe macht (vor allem Richie).

Leroy verflucht seinen elenden Kung-Fu-Ethos und verprügelt in seinem Dojo Sandsäcke. Laura taucht auf und bietet ihm einen Job als Bodyguard an, aber unser Held lehnt ab, weil Gewaltlosigkeit, Moral, yaddayaddayadda. Arkadian veranstaltet indes ein Goon-Casting – weil seine bisherigen Schlägertypen ersichtlich nix taugen, engagiert er nun jeden brutal-tumben Muskelprotz, der sich heute morgen erfolgreich aus dem Neanderthal befreit hat. Angela dreht indes ihr neues Video, ist aber irgendwie nicht ganz bei der Sache, denn Eddies Fanatismus, der mittlerweile Mord & Totschlag offiziell einschließt, ist jetzt nicht so ganz das Ding, auf dem sie ihre Karriere aufbauen möchte. Doch für Arkadian geht es längst nicht mehr darum, sein kieksende Geliebte zum Star zu machen, sondern um’s Prinzip – man kann sich schließlich nicht alles gefallen lassen usw. usf. Selbst Angela, die bislang nicht den Eindruck erweckt hat, in ihrer Freizeit Tolstoi zu lesen und Alexander Kluge zu goutieren, macht sich die Rechnung auf, dass es auch zuvor schon nicht um sie und ihren Erfolg, sondern nur um Eddie und seine Komplexe ging. Diese Erkenntnis bringt Angie zum Heulen…

Dieweil hat Rock Sho’Nuff aufgetan, der zum Spaß im eigenen Dojo ihm völlig unterlegene Gegner zerlegt. Rock möchte Sho’Nuff für Arkadian kaufen, doch der Gedanke, dass der Shogun von Harlem ausgereichnet Erz- und Intimfeind Leroy plattmachen soll, lässt den Maestro gönnerhaft auf schnöde monetäre Entlohnung verzichten. Der solchermaßen tot Gewünschte sucht seinerseits gerade Laura auf, um ihr mitzuteilen, dass er’s sich anders überlegt hat. Laura ist hocherfreut, allerdings wohl weniger über Leroys Quasi-Geständnis (er schiebt einen imaginären Freund mit diesem Problem vor), mit seinem “Pinsel” nicht umgehen zu können. Lauras Lösung – man muss den Jungen auf vertrautes Terrain schaffen. Deswegen lässt sie in ihrer Disco Bruce-Lee-Filme von den Großbildschirmen flimmern. Da geht Leroys Herzelein auf (ob ihm auch der Pinsel steigt, wird dankenswerterweise nicht überliefert). Die Filmbetrachtung in trauter Zweisamkeit wird allerdings vom heimlich eingeschlichenen Richie beobachtet, der brüderlichen Verrat wittert – wenig ist schlimmer als eifersüchtige Viertklässler… Zumindest wird Leroys Selbstvertrauen weit genug wiederhergestellt, dass er sich erneut auf die Suche nach Lang Bum Sen (heul) machen kann.

Während der Held also – überaus glaubhaft als authentischer jive-talkender brother-from-tha-hood-Pizzabote bei den Sum Dum Goy-Chinesen einschleimt (und diesen, da die von authentischer black urban culture ungefähr so viel Ahnung haben wie Leroy von Liebesdingen, die “Harlem-Variante” von “Craps” – “Himmel und Hölle” – beibringt), wird der 7. Himmel von Arkadian und seinen Leuten überfallen. Richie will die Ehre “seiner Frau” verteidigen – fat chance, sucka. Der Kleene wird mit gefangen. In Chinatown fällt bei Leroy *endlich* der Groschen, dass Lang Bum Sen (stöhn) eine Erfindung seines Meisters ist. Dieweil Angela, vom Gewissen gepackt, in Leroys Dojo aufschlägt und Johnny über die neuesten Schandtaten ihres Mäzens berichtet, macht Leroy seinen Meister zur Schnecke. Nachdem der ihm auseinandersetzt, dass der ominöse letzte Meister, der seine Kampfkunst auf die nächsthöhere Ebene bringen kann, nur im eigenen Dickschädel zu finden ist und sich dann entschuldigt, weil sein Flieger gleich startet (“Sie gehen auf eine sprirituelle Reise auf der Suche nach Wissen?” – “Nein, ich besuche meine Mutter in Miami!”). Das wäre dann damit geklärt und der Showdown kann beginnen – der zweiteilige Schlusskampf findet im Seventh Heaven (wo Leroy Unterstützung durch seine Kung-fu-Schüler erhält und sich von Bruce Lee einige Tricks abschaut) und in der prototypischen heruntergekommenen Fabrikhalle statt, wo sich Leroy endlich Sho’Nuff stellen muss und feststellt, dass nicht nur er, sondern auch der Shogun die höhere Bewusstseinsebene und den GLOW erreicht haben…

Ich hab am Ende etwas gerafft – Ihr sollt Euch den Film ja durchaus noch ansehen und zumindest ein paar Minuten möchte ich dann nicht vorgebetet haben. THE LAST DRAGON hat aber, wie Ihr sicher festgestellt hat, ein gravierndes Grundproblem und das ist nicht mal unbedingt die Tatsache, dass Berry Gordy, sein Autor und sein Regisseur letztlich nichts anderes auf die Beine gestellt haben als den vermutlich teuersten Blax- UND Bruceploitationfilm aller Zeiten… Nein, das Hauptproblem des Films ist, dass er sich um’s Verrecken nicht entscheiden kann, ob er nun ein ernst gemeintes Martial-Arts-Abenteuer oder eine flockige, juvenile Action-Komödie für Kids sein soll. Totalen Comic-Elementen wie dem Charakternamen Eddie Arkadian und sein Piranha-Aquarium stehen knall-“harte” Mordversuche (oder Angelas Anschuldigung, Eddie wollte Karriere mit ihren “Titten” machen, was jetzt auch nicht gerade die Sorte Dialog ist, die ich meinem hypothetischen Zwölfjährigen unbedingt auf’s Brot schmieren möchte) gegenüber, schwurbelige fernöstliche Eso-Philosophien wechseln sich mit Holzhammer-Humor (“Sum Dum Goy” – sprich also “Some dumb guy”, von der deutschen Wortschöpfung “Lang Bum Sen”, auch absolut kindertauglich, wollen wir mal gar nicht reden) ab und wenn im Finale dann der “Glow” nicht nur metaphorisch, sondern als echter, leibhaftig manifestierter Spezialeffekt gezündet wird (der Übersicht halber in Orange für Leroy und Knallrot für Sho), verabschieden wir uns eh ins totale La-la-Land – das hat dann schon was Fabrizio-de-Angelis-“Karate Warrior”-mäßiges.

Diese – immerhin konsequent durchgezogene – Uneinheitlichkeit macht THE LAST DRAGON zu keinem guten, aber zu einem durchaus unterhaltsamen Film. Mögen die Dialoge hart an der Schmerzgrenze liegen und sie gelegentlich überschreiten, ab und zu kommt ein netter Gag ‘bei rum. Mag Michael Schultz absolut nicht der richtige Regisseur für einen rasanten Actionfilm sein, so sorgt zumindest sein Unverständnis, was Struktur und Formel des klassischen Kampfsportepos angeht, für Entertainment. Selbst der Motown-Soundtrack ist erträglich – Vanitys Song “7th Heaven” ist erlesen scheusslich, Charlenes “Fire” (der – vergebliche – Versuch, ein Früh-80er-One-Hit-Wonder zu neuem Ruhm zu geleiten) recht nett, DeBarges “Rhythm of the Night” zumindest bekannt aus Funk und Fernsehen (wenn man in den 80ern aufwuchs) und Titelsong von Dwight David sogar recht catchy. Zwei Songs von Rockwell (der mit “Somebody’s Watching Me” einen großen Hit hatte) bleiben unauffällig und insgesamt dürfen wir sicher froh sein, dass Hip Hop sich 1985 noch nicht so weit in den Mainstream vorgearbeitet hatte, dass Gordy nicht daran vorbeikommen konnte… Zu bemerken wäre noch, dass das zugegeben großartige “Seventh Heaven”-Set nach Drehschluss von Diana Ross als Bühne für ihre nächste Tour requiriert wurde.

Die Schauspieler… naja… also was sagen wir zu den Hauptrollen… Sollte Taimak sich mit der Hoffnung getragen haben, eine große Karriere als Actionstar zu starten, musste er schnell realisieren – das wird nix. Ja, er hat Bruce Lees Mannerismen drauf, aber der Bedarf an Bruce-Lee-Imitatoren war 1985 absolut gedeckt und ein schwarzer Bruce-Lee-Imitator erst recht nicht gebraucht. Da’s mit seinem schauspielerischen Talent ansonsten nicht so weit her war, dürften drei kleine Auftritte in späten “Beverly Hills, 90210”-Staffeln noch zu seinen Karrierehighlights gehören.

Edit Wortvogel: Echte 80er-Experten kennen Taimak natürlich primär hiervon:

[dailymotion]http://www.dailymotion.com/video/x210es_janet-jackson-let-s-wait-awhile_music[/dailymotion]

Vanity war selbst zu ihren besten Zeiten (und das waren leider so ziemlich genau die, in denen sie diesen Film und “Lance… stirb niemals jung” abdrehte) keine gute Schauspielerin (in “Action Jackson” mimte sie dann ja schon ziemlich überzeugend einen Junkie…). Ihre Szenen mit Taimak sind sicherlich teilweise “awkward” gewollt, aber man bemerkt zu deutlich, dass weder er noch sie wirklich wissen, was sie tun. Christopher Murray (“Barton Fink”) hat mit der depperten Schurkenrolle, wie sich das gehört, einen ordentlichen Humpen Fun (speziell, wenn der Herr, der so ungefähr die Größe von Danny DeVito hat, gestandene Mannsbilder wie Mike Starr zusammenstauchen darf), Faith Prince (“Dave”, “Chaos City”), die ihre beiden Songs übrigens tatsächlich selbst singt, beweist Mut zu hysterisch-albern-unvorteilhaften Outfits, und Julius Carry (“Disco Godfather”) als augenrollendes, schulterpadbewehrtes Steroidmonster Sho’Nuff ist ‘ne Schau. Leo O’Brien (Richie) schaute ungefähr zur gleichen Zeit in Cannons albernem “Rappin'” vorbei, die kleine Green-Schwester Sophia mimt in ihrem Filmdebüt die spätere Cosby-Rudy Keshia Knight Pulliam.

In Deutschland ist “The Last Dragon” als offizielle DVD nicht erhältlich – es gibt auf Börsen ein erschwingliches und qualitiativ einigermaßen erträgliches Bootleg. Solltet Ihr es Euch zulegen? Ja, der Film macht durchaus Spaß – wer aber nie einen Bruce-Lee-Film gesehen hat, dürfte den größten Teil des Fun-Potentials verpassen. Big-Budget-Trash für Fortgeschrittene – und zweifellos eines der kuriosesten Filmwerke, das von einem großen Verleih (TriStar, in diesem Falle) in die Kinos geprügelt wurde…

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Gregor
29. Februar, 2012 09:03

“besser bekannt unter seinem rasend originellen Pseudonym Doc Acula”
Hähä.

Also, der Film könnte mir gefallen. “Lang Bum Sen”, höhöhö.

Olaf
Olaf
29. Februar, 2012 09:29

David Geffen ist der Gründer von drei erfolgreichen Plattenlabeln. Du hast Asylum Records (das Westcoast Rock Label schlechthin mit den Eagles, Jackson Browne, Linda Ronstadt) vergessen.

Wortvogel
Wortvogel
29. Februar, 2012 09:56

@ Gregor: Der würde dir garantiert gefallen. Ich halte “The last dragon” für großes Entertainment. Nicht nur als Trash – der ist wirklich spaßig.

OnkelFilmi
OnkelFilmi
29. Februar, 2012 11:34

“besser bekannt unter seinem rasend originellen Pseudonym Doc Acula”

Ich bleib bei Merkwürden! :p

Wortvogel
Wortvogel
29. Februar, 2012 11:41

@ Onkel Filmi: Wieso hat der Held das eigentlich geändert?

DMJ
DMJ
29. Februar, 2012 13:29

Ah, hier gibt es mal wieder längeres vom Doc zu lesen! Seine Stille fiel mir schon länger verdächtig auf (und den Namenswechsel erkläre ich mir einfach damit, dass er als Merkwürden einfach auf zu vielen schwarzen Listen steht).

“und es ist ja auch verständlich, speziell im kreativen Bereich, dass man auch andere Dinge ausprobieren möchte.”
Angesichts der Örtlichkeit hätte man hier auch Messerdesigner im Regiefach erwähnen können…

“meine musikalischen Befindlichkeiten sind hier nicht von Belang.”
Das dürfte für alle Beteiligten das beste sein. 8)
Im aktuellen Fall magst du mal recht haben, aber an sich ist dein Musikgeschmack ja berüchtigt.

“stilecht in Bruce Lees gelbem “Game of Death”-Strampelanzug”
Den haben im Laufe der Zeit irgendwie schon verdammt viele Leute getragen, scheint es mir… wird er zwischendurch zumindest mal gewaschen?

“Freizeit Tolstoi zu lesen und Alexander Kluge zu goutieren”
Boah, du Sau! ):-(
Tolstoi habe ich kürzlich erst genervt abgebrochen und Kluge ist der Feind. Ausgerechnet die beiden hier als Beispiel zu wählen kommt einer Kriegserklärung gleich. Du… du… Katzenhalter!

Die Raffung scheint mir ganz sinnvoll – sollte vielleicht auch auf BM selbst eingesetzt werden, so dass es mal wieder ein paar Langreviews gibt, ohne dass die Jahrzehnte Doc’scher Zeit in Anspruch nehmen.

Peroy
Peroy
29. Februar, 2012 14:37

““und es ist ja auch verständlich, speziell im kreativen Bereich, dass man auch andere Dinge ausprobieren möchte.”
Angesichts der Örtlichkeit hätte man hier auch Messerdesigner im Regiefach erwähnen können…”

Ah, scheisse…