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Feb 2012

Kino-Kritik: “Iron Sky”

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

USA/D/F 2012. Regie: Timo Vuorensola. Darsteller: Götz Otto, Julia Dietze, Udo Kier, Christopher Kirby, Tilo Prückner, Peta Sergeant, Stephanie Paul u.a.

Story: Astronaut Washington erlebt bei einer Mondlandung 2018 eine böse Überraschung: Die Nazis haben auf der dunklen Seite überwintert und brauchen eigentlich nur ein paar Smartphones, um ihr Super-Raumschiff “Götterdämmerung” zum Angriff auf die Erde zu schicken. Glücklicherweise ist die arische Elite nicht gerade ein integrer Haufen: Klaus Adler möchte Führer Kortzfleisch beerben und der hübschen Renate Richter wird beim Anblick des schwarzen Mannes ganz blümerant unter dem Mieder. Auf der Erde sieht US-Präsidentin Palin ihre Chance, durch einen Krieg mit den Nazis die Wiederwahl zu gewinnen.

Kritik: Science Fiction-Komödien, so sie denn kein sehr eng gestecktes Gebiet beackern (“Galaxy Quest”), sind wahrlich keine Fundgrube für Filmfans. Low Budget-Stinker wie “Naked Space” und “Galaxina” sind ebenso unerträglich wie der bestenfalls leicht betrunken erträgliche “Space Balls”. Auch wir Deutschen können da keine Unschuld heucheln: “High Crusade” anyone? Oder “2002 – Durchgeknallt im All”? Obwohl das Genre wahrlich genug Klischees bietet, die sich für humoristische Zwecke plündern ließen, bleiben SF-Komödien meist halbgar und schlicht unkomisch. Es ist bezeichnend, dass mein Kumpel William ausgerechnet die Pornoversion von “Star Wars” für eine gelungene Parodie hält.

Aus diesen (und anderen) Gründen war ich nicht sonderlich erpicht auf “Iron Sky”. Schon der erste Trailer sah zwar launig aus, aber eben wie etwas, das auch nur als Trailer funktioniert. Oder als Sketch für “Saturday Night Live”.

But call me Shirley and fuck me sideways – “Iron Sky” ist besser geworden, als eigentlich erlaubt sein dürfte. Statt einen einzigen Gag (“Nazis auf dem Mond!”) zu Tode zu reiten oder zu Gunsten einer kleineren Story in den Hintergrund zu schieben (beides Varianten, die ich befürchtet hatte), lädt Vuorensola das komplett behämmerte Setup mit viel Comedy, epischer Action und einem erfreulichen Sinn für das Absurde so weit auf, bis es für launige 93 Minuten reicht. Dabei steht ihm ein Cast zur Seite, der mit Spielfreude in CGI-Kulissen umher rennt und dabei nicht weniger doof wirkt als weiland Paltrow und Law in “Sky Captain”.

“Iron Sky” ist sich für keinen Gag zu schade und das ist ausnahmsweise mal positiv gemeint. Der Humor deckt das Spektrum von pubertär bis inspiriert ab, ohne dabei jemals gemein oder zynisch zu werden. Politisch inkorrekt heißt hier nicht geschmacklos und bevor Feuilletonisten auf die Barrikaden gehen können, wird klar: Vuorensola will nur spielen. Da wird der Neger per Albinisierungs-Serum “arisiert” und Claus Wilcke (!) schmeißt mit dem Schuh nach der US-Präsidentin. Nicht jeder Witz ein Treffer, aber unter dem Strich allemal genügend Treffer.

Wer nicht nur guckt, sondern genau hinschaut, wer nicht nur hört, sondern auch zuhört, der findet zudem in den Bauten und der Musik immer wieder putzige bis phantastische Ideen versteckt, die der retro-industriellen Welt von “Iron Sky” ein erfreuliches Eigenleben verleihen. Allein das Superschiff “Götterdämmerung” ist ein Wunderwerk aus haushohen Zahnrädern und Gliederketten, manchmal scheinbar angetrieben von wagnerischem Protz auf dem Soundtrack. Aber auch die Raumschiffe in Zeppelin-Form (mit ihren kleinen Jägern, den Walküren) können begeistern – Nazi-Tech rules!

Für eine SF-Komödie, die ursprünglich als semi-professionelles Fanprojekt begonnen hat, ist “Iron Sky” zudem sehr aufwändig inszeniert. Versteht mich nicht falsch: Niemand wird die hier gebotenen Effekte mit “Transformers” verwechseln, aber an keiner Stelle geizen Vuorensola und seine Mannen, wenn es um Effekte, Sets und Actionszenen geht. Das ist nicht perfekt, aber sehr schmissig und mit dem großen Pinsel gemalt.

Dass Götz Otto und Udo Kier prädestiniert sind, als Klischee-Nazis durch die Szenerie zu stapfen, ist hinreichend offensichtlich. Tilo Prückner sieht man sowieso immer gern. Peta Sergeant lässt über weite Strecken ihr beachtliches Dekolletè sprechen. Als echter Augenschmaus stellt sich zudem Julia Dietze heraus, die ordentlich den Uniform-Fetisch rockt und deren begrenzt erträgliche englische Aussprache eher für als gegen sie spricht.

Wo wir gerade bei der Sprache sind: Ich bin mir nicht ganz klar, wie “Iron Sky” synchronisiert oder untertitelt werden soll. Der Film ist konsequent 50:50 auf deutsch und auf englisch, was durch den Zusammenprall der Deutschen und der Amerikaner erklärt wird. Damit ist das vollste Vergnügen den Zuschauern vorbehalten, die beide Sprachen flüssig hören können. Eine der beiden Hälften zu synchronisieren, würden den Effekt zerstören. Untertitel könnten schnell nervig werden und die Marktchancen in den USA beeinträchtigen.

Zum ganz fetten Kino-Event fehlt “Iron Sky” natürlich der erzählerische Kern, die Ernsthaftigkeit, die den Zuschauer wirklich abholt. Die Message am Ende wirkt aufgesetzt, die Liebesgeschichte unaufrichtig und manchmal verhaspelt sich das Drehbuch im Kleinkram. Aber wer von “Nazis auf dem Mond” packendes Drama erwartet, hat vermutlich nicht mal die Aushangfotos studiert.

Fazit: Kein großartiger, aber ein sehr unterhaltsamer Film in einer Nische, der es nicht an Rohrkrepierern mangelt. Und das ist mir allemal genug.

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Peroy
Peroy
29. Februar, 2012 17:33

“Low Budget-Stinker wie “Naked Space” und “Galaxina” sind ebenso unerträglich wie der bestenfalls leicht betrunken erträgliche “Space Balls”.”

Whoa, an dem Satz stimmt gar nix… im Suff geschrieben… ?

OnkelFilmi
29. Februar, 2012 18:08

Tut mir leid den Nazis auf ihre Fackelparade pissen zu müssen, aber – der Avengers-TRAILER ist da:

http://www.youtube.com/watch?v=NPoHPNeU9fc

milan8888
milan8888
29. Februar, 2012 18:20

Die letzten 5 Sekunden sahen irgendwie nach Transformers 3 aus

DMJ
DMJ
29. Februar, 2012 18:44

Pöh, “Spaceballs” ist auch nüchtern gut.

Aber wie auch immer – schön zu hören, dass “Iron Sky” auch taugt. Wie gesagt hätte der Film nicht gut sein müssen, um seine Daseinsberechtigung zu haben, aber besser ist es natürlich.

Lediglich “US-Präsidentin Palin” ist mir nicht ganz geheuer – das riecht verdächtig nach platter Satire, die den Film zudem unsagbar dated.

Wortvogel
Wortvogel
29. Februar, 2012 18:45

@ DMJ: Das IST auch platt. Wie vieles in “Iron Sky”. Aber es passt irgendwie.

Peroy
Peroy
29. Februar, 2012 18:51

“Iron Sky” war genau solange geil, bis ich erfahren hab’, dass es eine Komödie ist… jetzt ist das Interesse irgendwie auf den Nullpunkt gesunken…

Trotz Laibach…

Olsen
29. Februar, 2012 19:20

“Untertitel könnten schnell nervig werden…”

Sag das mal den Niederländern oder den Skandinaviern. Es geht problemlos, man muss die Leute nur dran gewöhnen. Aber bei uns hat man oft den Eindruck, Untertitel zu lesen sei unterträglich schwere Arbeit.

Exverlobter
Exverlobter
29. Februar, 2012 20:31

Bei der Aufzählung der schlechten Sci-Fi-Parodien hast du die allerschlechteste glatt vergessen.
Traumschiff Surprise !

Marcus
Marcus
29. Februar, 2012 20:34

@Exverlobter: You are correct, Sir.

dermax
dermax
29. Februar, 2012 21:09

Ich glaub, wir hatten das schon mal, aber wag es nicht nochmal, A…loch zu “Space Balls” zu sagen!

Wobei allerdings auch dieser Fall einen relativ eng gestricktes Gebiet beackert…

Exverlobter
Exverlobter
29. Februar, 2012 21:14

Spaceballs kommt zwar nicht an Galaxy Quest ran, fand ihn aber auch nicht schlecht. Da gibt es weit schlimmeres.

Ben
Ben
29. Februar, 2012 22:15

Das mit dem Palin-Verschnitt fand ich ziemlich witzig. Es mag zwar outdated im Bezug auf diese konkrete Person sein, aber schaut man sich die republikanischen Kandidaten für die nächste Präsidentschaftswahl an, dann sind einige Aussagen in IRON SKY ziemlich aktuell.

Lobo
Lobo
5. März, 2012 09:59
Maulkorb
Maulkorb
16. März, 2012 23:19

@Ben besoffen?

Rex Kramer
5. April, 2012 19:19

@Wortvogel: Komme gerade aus dem Kino und teile deine Kritik zu 100%. Freut mich, dass wir mal einer Meinung sind 😉
Mir hätte bei dem Thema zwar eher eine Kombination aus Inglorious Basterds, Starship Troopers und Paul Verhoeven vorgeschwebt, aber wann bekommt man schon mal, was man sich wünscht? Nein, nein, das war schon ganz ok so. Die Lovestory hätte es für meinen Geschmack allerdings nicht gebraucht. Das war dann doch zuviel der political correctness. Ansonsten Reichsflugscheibe marsch!

HomiSite
8. April, 2012 23:25

Bin ich immer noch etwas überrascht, dass es der Film in die deutschen Multiplexe geschafft hat… Anyway: Auch ich stimme dem Wortvogel weitgehend zu. Die Witze sind im Gros zwar eher naheliegend bis infantil, aber dadurch teils so bescheuert, dass sonst niemand die machen würde (Raumflotte der Erde!?). Wäre es ein “normales” Kinoprojekt gewesen, wäre sicher einiges verharmlost worden, so waren Humor und Film insg. meist sehr geradlinig.

Klar wirkt die Lovestory etwas forciert, aber das war ja vom ersten Zusammentreffen der beiden klar (und vielleicht auch auch ein Gag auf gängige Filmdramaturgie? Hintersinnigkeit ist aber eigentlich nicht Iron Skys Sache :-)). Das Ende (Klassenzimmer) mit Message in your Face wurde aber wirklich “schön” durch den Comment aus dem Plenum und v.a. durch den Raum- und schließlich Atomkrieg (!) der Erde aufgefangen.

Die Synchro wurde so gelöst: Leider wurde alles eingedeutscht, außer der Englischstunde aus dem Trailer. War schon schade, aber immerhin schien der Film kaum mit großen Sprachmissverständnissen zu arbeiten bzw. es wurde dann von der Synchro umschifft. Da litt Inglourious Basterds deutlich mehr.

Alles in allem ein herrlich “anderer” Kinofilm, absolut nicht perfekt, aber oft lustig und unterhaltsam! Kein zweiter Trollhunter (okay, humpelnder Vergleich), aber schön. Beste Kinopublikumsszene neben partiellem Endapplaus (!): Als die Hitler-“Der Untergang”-Verarsche sich andeutete, konnte sich einer nicht mehr halten und kicherte die ganze Zeit vor sich hin.

PS: Wenn man sich engagiert, kann man echt für vergleichsweise wenig Geld tolle Szenen auf die Beine stellen (Budget auf 7,5 Mio. $ geschätzt, aber natürlich auch Fan-Einsatz).

PPS: Peta Sergeant *rrrrr*

PPPS: Die Einstellung vom Mars (?) nach den Credits war per se aber kein offenes Ende, oder? Außer dass der Zuschauer spekulieren könnte, ob die Nazis in all den Jahren dahingeflogen waren.

Dietmar
Dietmar
9. April, 2012 02:04

Also, Iron Sky will ich jetzt gucken. Meine Bedenkenträgerei ist verraucht. Dank an die Runde!

Welcher Hulk ist empfehlenswert, damit ich die Avengers-Lücke für mich und meinen Junior schließen kann?

Peroy
Peroy
9. April, 2012 05:28

Hulk Hogan.

Marcus
Marcus
9. April, 2012 10:10

@Dietmar: “Welcher Hulk ist empfehlenswert, damit ich die Avengers-Lücke für mich und meinen Junior schließen kann?”

Naja, Kanon in den Avengers-Filmen ist nur “The Incredible Hulk”. Der ist auch ein ganz unterhaltsamer Actionfilm – erwarte nur keinen zweiten “Iron Man”.

Der Ang Lee-“Hulk” hat auch seine Meriten, aber er nimmt sich halt furchtbar ernst (was eine Leistung ist für einen Film, in dem Nick Noltes Frisur und mutierte grüne Pudel vorkommen 😉 ).

Junior dürfte auch “TIH” cooler finden – mehr Action, weniger bemühtes Psychodrama.

Dietmar
Dietmar
9. April, 2012 10:33

Danke!

heino
heino
12. April, 2012 13:16

Gestern gesehen und trotz aller zu berücksichtigenden Faktoren für scheisse befunden. Zugegeben, die Ausstattung und die Optik sind klasse, Julia Dietze ist süß und selbst der Laibach-Soundtrack passt. Aber das war`s dann auch schon. Die sogenannten Gags sind ´bis auf wenige Ausnahmen platt und aus einer Meile Entfernung zu sehen, Kier und Otto machen den Affen, sowas wie innere Logik ist vollkommen abwesend und nach den ersten 20 Minuten wird der Film auch schnell fade. Am schlimmsten finde ich aber, dass die Macher sich an jeder Stelle, die sich für einen richtig guten Witz geeignet hätte, immer nur für die einfachste und am wenigsten aneckende Variante entschieden haben. Das ist wirklich feige. Ich bewundere, dass die Macher dieses Projekt tatsächlich stemmen konnten, aber das Ergebnis finde ich besch…..eiden.

Nikolai
Nikolai
18. April, 2012 09:12

Gestern gesehen und nach Berücksichtigung aller Faktoren für spitze befunden.

Ich habe meine Erwartungen nach unten korrigiert und wurde dann positiv überrascht. Es gab viele Lacher bei uns im Kino und die Action kam auch nicht zu kurz.

Der Film hatte dennoch einige nachdenklichen Moment, in denen das ganze Kino verstummte.

hilti
hilti
18. April, 2012 23:13

Komm grad aus dem Kino

Herrlich bescheuert!

milan8888
milan8888
19. August, 2012 10:15

@ heino #21: Hab den Film grad durchgestanden und kann dir nur zustimmen. Lahmer als der Comedy Freitag auf Sat1.

Dietmar
Dietmar
30. Oktober, 2012 15:40

Gestern gesehen: Nix für mich. Der “Aus”-Knopf war sehr verlockend.

Robert!
9. November, 2012 12:29

Nun habe ich ihn auch gesehen. Und er ist leider wirklich schlecht.
Iron Sky ist auch langweilig. Es hat sich recht Blutleer angefühlt.
Da haben die schon die Idee und Geld es wirklich optisch schön und mit guten Schauspielern zu machen und dann kein Geld oder keine Ideen für ne interessante Geschichte?

Am Langweiligsten sind die Nazis, die Präsidentinen/PR-Berater Geschichte ist unterhaltsam.
Und Fräulein Richter war als Schauspielerin auch schwer zu ertragen.
Und diese nervigen Story Sprünge oder Krücken:
Welt der Zukunft, völlig unbekannt – egal! Zack Fitness Nazis
Götterdämerung fliegt nicht – egal! wir haben ja Weltraumzeppeline

Schade, so viele lustige Ideen und so brav und langweilig.

Marcus
Marcus
18. November, 2012 23:08

Gerade gesehen. So subtil wie ein Vorschlaghammer vor die Omme. Aber seien wir ehrlich – kann man dem Film irgendwas vorwerfen, was man nicht auch schon “Nackte Kanone” & Co. vorwerfen konnte? Dass das eine Klamotte wird, war ja von Anfang an klar.

Plus gute Effekte, Optik, und Soundtrack. Ich hab mich amüsiert. 7/10.

Und auf dem weiß Gott an Höhepunkten armen Gebiet der Sci-Fi-Comedy ist damit immerhin Platz 5 (nach in aufsteigender Rangfolge “Spaceballs”, “Hitchhiker’s Guide…”, “Men in Black” und “Galaxy Quest”) drin. Den kann er sich mit “Mars Attacks” teilen…