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Mai 2011

Muskeln und Möpse – “Abenteuer” eines altgedienten Programmredakteurs

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Arnold-Schwarzenegger-ConanEin Kommentar von Lukas über launige Bildunterschriften in der TV Spielfilm brachte mich auf die Idee, meine eigenen Erfahrungen zu dem Thema aufzuschreiben. Schließlich war ich mehr als vier Jahre Redakteur beim GONG und habe dem Heft seinerzeit so manchen eigenwilligen Spruch untergeschoben.

Damals gab es noch so wenig Sender und soviel Platz im Heft, dass es kein Problem war, unter die formalen Angaben zum Spielfilm (Stab, Produktionsjahr, Wiederholungen) eine Kritik zu klemmen. Die durfte aus seriösen Quellen stammen – aber auch von mir selbst, wenn ich den Film tatsächlich gesehen hatte. Eine Chance, die ich mir selten entgehen ließ.

Da der GONG-Verlag damals noch teilweise der Katholischen Kirche gehörte, war es verpönt, anstößige oder suggestive Reviews zu zitieren – selbst wenn es sich um die Spätnacht-Pornos auf SAT.1 handelte. Einmal gelang es mir aber tatsächlich, ausgerechnet “Penthouse” zu referenzieren mit der glorreichen Aussage zu Arnolds Conan-Erstling: “Schwarzenegger wuchtet sich durch die Handlung mit Muskeln an Stellen, an denen normale Männer nicht mal Stellen haben.”

Zu “Top Gun” bemerkte ich, dass es sich dabei um einen Hochglanz-Werbefilm für die US Air Force handele – was mir den bösen Brief einer Leserin einbrachte, die unterstellte, ich sei bloß neidisch auf das gute Aussehen von Tom Cruise. Ich schickte ihr ein Bild von mir mit der Zeile “Ich scheue keinen Vergleich”…

Die Ausstrahlung des englischen Films “Venom” erlaubte mit die Verwendung meines absoluten Lieblingsreviews aus “Leonard Maltin’s TV Movies and Video Guide”: “Die Hälfte der Besetzung sieht aus, als sei sie besoffen – und die andere Hälfte sieht aus, als wünschte sie sich, sie wäre es auch”. Dazu muss man wissen, dass sich hier Klaus Kinski und Oliver Reed ein schauspielerisches Titanenduell lieferten…

Klar waren auch alle Star Trek-Kritiken aus meiner Feder, wobei “Der Zorn des Khan” immer am besten abschnitt – auch Jahre, nachdem ich den Verlag verlassen hatte (die Kritiken wurden immer wieder aus der Datenbank geholt). In der Spätnacht-Wiederholung (die nur eine oder zwei Zeilen rechtfertigte) schmuggelte man auch gerne mal “Der Zorn des Kahn” in den Text, eine Referenz auf unseren Kinoredakteur Jochen Kahn.

Der Gong war übrigens damals die einzige TV-Zeitschrift, die von Filmen mitunter auch das Plakat oder den originalen Titelschriftzug zeigte. Ich kann mich erinnern, als aus Alternativenmangel einer der auf Softsex-Niveau herunter geschnittenen Olinka-Pornos größer aufgemacht werden musste und selbst SAT.1 kein Foto beibringen konnte. Kurzerhand stiefelte ich in die Videothek meines Vertrauens, leierte dem Besitzer das Cover der Hardcore-Fassung aus dem Kreuz (damals wurden ja eigentlich nur die Kassetten, nicht aber die Boxen verliehen), und ließ unsere Grafikerinnen schamesrot einen zumindest jugendfreien Scan des Marilyn-Doubles machen. Es passierte übrigens tatsächlich mal, dass SAT.1 ein falsches Masterband einlegte und über eine halbe Stunde lang einen ungeschnittenen Olinka-Porno ausstrahlte. Es gab viele Anrufe von Zuschauern. Nein, keine Beschwerden ob des Schweinkrams – man wollte wissen, wann der Film wiederholt wird, um den Videorekorder zu programmieren…
olinka
Mit SAT.1 hatte ich sowieso meinen Spass. Einmal brachte der Sender “Spiel mit das Lied von Tod”, unterbrach den Film aber durch eine kurze Nachrichtensendung. Deshalb bekamen beide “Teile” von Leones Western auch eine eigene VPS-Zeit. Ich Depp war mir dessen nicht bewusst und schrieb in die Programmspalte sowas wie “20.15-23.45 Uhr Spiel mit das Lied vom Tod, dazw. SAT.1 Blick Nachrichten”. Wer danach seinen Rekorder programmierte, hatte nur den halben Film auf dem Band. Das war mir so peinlich, dass ich allen Lesern, die uns erbost schrieben, eine Kopie aus dem Redaktionsarchiv schickte. Eine Dame bedankte sich mit einer Tafel Schokolade dafür.

Ein andermal war aber der Sender Schuld. Mit großem Tamtam hatte man eine restaurierte Fassung von “King Kong” angekündigt. Das fand ich als Klassiker-Fan so doll, dass ich dem Chefredakteur eine Drittel-Seite für einen Artikel darüber abquatschte. Dumm nur, dass SAT.1 dann offensichtlich die alte, unrestaurierte Version ausstrahlte! Ich rief den Sender am nächsten Tag erbost an. Man stellte sich dumm: Nein, wieso, man habe definitiv die neue Langfassung gesendet. Erst als ich den zuständigen Redakteur nötigte, sich den Sendeverlauf des Abends an Hand eines Mitschnitts noch einmal anzusehen, gab man kleinlaut einen Fehler zu. Die Ausstrahlung der Langfassung wurde an einem Sonntag Vormittag (glaube ich) nachgeholt, aber das hat kaum ein Zuschauer bemerkt.

Von den wirren Leserbriefen, die wir manchmal bekamen, erzähle ich ein andermal.
It was the worst of times, it was the best of times…



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Dietmar
Dietmar
2. Mai, 2011 10:51

“ich sei bloß neidisch auf das gute Aussehen von Tom Cruise. Ich schickte ihr ein Bild von mir mit der Zeile “Ich scheue keinen Vergleich”…”
Klasse! 😀

Stephan
Stephan
2. Mai, 2011 12:32

Das Penthouse-Zitat zu Arnie benutze ich heute noch gerne!

Manuel
2. Mai, 2011 13:17

“Zu “Top Gun” bemerkte ich, dass es sich dabei um einen Hochglanz-Werbefilm für die US Air Force handele – was mir den bösen Brief einer Leserin einbrachte, die unterstellte, ich sei bloß neidisch auf das gute Aussehen von Tom Cruise. Ich schickte ihr ein Bild von mir mit der Zeile “Ich scheue keinen Vergleich”…”
Das ist nicht Dein Ernst, oder? Worst reaction ever…

DMJ
DMJ
2. Mai, 2011 13:46

Ha! An die “King Kong”-Ausstrahlung erinnere ich mich noch.
War nämlich das erste Mal, dass ich den Film sah und es war gerade mein Geburtstag – so dass ich die Langfassung für ein persönliches Geschenk hielt.
Dass ich das dann erst später bekam, wusste ich damals ja ob meiner Unkenntnis des Films nicht.
Schön zu hören, dass du diesen Betrug an mir gerächt hast. 😉

Comicfreak
Comicfreak
2. Mai, 2011 14:16

..oh, ja, Leserbriefe yay

Achim
Achim
2. Mai, 2011 16:18

Ich zitiere Wikipedia:
“Top Gun ist ein US-amerikanischer Actionfilm aus dem Jahr 1986. In der Hauptrolle spielt Tom Cruise einen Kampfjet-Piloten der United States Navy.”
Navy! Nicht Air Fore!
Und das Verteidigungsministerium war der Sponsor, nicht die Navy oder die Air Force!

Wortvogel
Wortvogel
2. Mai, 2011 19:38


Ich schrub, der Film sei eine WERBUNG für die Air Force, und kein Film der Air Force. Die wenigstens US-Boys werden Top Gun gesehen und gedacht haben: Wow, ich will zur Navy!

Howie Munson
Howie Munson
2. Mai, 2011 21:26

Die werbung FÜR die NAVY gab’s ja auch schon vorher… *duck*

Peroy
Peroy
2. Mai, 2011 22:22

Bei “Muskeln und Möpse” dachte ich zuerst, es geht um das Schwarzenegger-Bild, aber dann kam später doch noch was mit ‘nem Porno… voll aufs Glatteis geführt, ey…

Johannes
4. Mai, 2011 23:16

Ich vermisse Leserbriefe. Sehr.

Howie Munson
Howie Munson
5. Mai, 2011 08:59

Halb-OT:Ich vermisse die Leserbriefe aus der/die/das ASM, da wurden teilweise Flamewars über Monate ausgefochten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aktueller_Software_Markt
http://www.kultboy.com/index.php?site=leserbriefe

Wortvogel
Wortvogel
5. Mai, 2011 09:48

@ Howie: Der “most epic” Flamewar in einem Printmagazin war seinerzeit “Körber vs. Reimann” in der “Phantastische Zeiten”. Den werde ich hier noch mit einem eigenen Beitrag würdigen.