16
Nov 2009

Batman und die Terroristen: “We have to show him that our way works!”

Themen: Neues |

killling

“Killing Joke” ist mein liebstes Batman-Comic. Es ist packend, psychologisch glaubwürdig, toll gezeichnet – versucht aber nicht, den ganzen Mythos neu zu erfinden, oder die Figuren zu verbiegen. Es ist die perfekte Gratwanderung zwischen klassischem Action-Comic und Graphic Novel.

Der Plot: Joker schießt Barbara Gordon zum Krüppel, und entführt ihren Vater, den Commissioner. Mit Bildern seiner misshandelten Tochter, und diversen anderen Grausamkeiten, möchte der Bösewicht erst den Polizisten, dann den Superhelden zu wahnsinniger Gewalt treiben. Sein Ziel: beweisen, dass in jedem Menschen ein brutaler Irrer steckt. Batman muss Joker nicht nur aufhalten – er muss auch seinen eigenen Wunsch nach Rache unterdrücken…

Gestern fiel mir auf, welche Parallelen der Plot zur aktuellen US-Politik hat: Die Terroristen haben an 9/11 versucht, Amerika in einen brutalen Konflikt zu ziehen, und damit herunter auf ihr eigenes Level. Teilweise hat das funktioniert, teilweise nicht. Doch seither gibt es ein Problem: was tun mit den Gefangenen? Stichworte Gitmo, Abu Ghraib. Und demnächst soll Scheich Khalid Mohammed der Prozess gemacht werden.

Viele Politiker empören sich bei dem Gedanken, dass der Terrorist einen anständigen Verteidiger bekommt, und rechtsstaatliche Ansprüche für sich geltend machen darf. Man befürchtet, der Scheich könne das Gericht als Plattform für Propaganda benutzen. Angesichts von fast 3000 Toten an 9/11 soll die Bestrafung eher alttestamentarischer Natur sein: Auge um Auge, Zahn um Zahn.

joke2

Andere dagegen sagen, man MÜSSE den Scheich vor ein ordentliches Gericht stellen, gerade WEIL nur das die moralische Überlegenheit des US-Rechtssystems beweise. Ein Staat habe nicht das Recht, außerhalb seiner selbstgegebenen Befugnisse zu agieren.

“Killing Joke” hat dazu eine interessante Szene: Batman hat Gordon befreit, und will sich nun den Joker schnappen. Er ist außer sich vor Wut, und gefährlich entschlossen. Doch es ist der nackte und von der Folter seiner Tochter fast gebrochene Gordon, der ihn zurückpfeift:

joke

“We have to show him that our way works!”, indeed…



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Peroy
Peroy
16. November, 2009 20:30

Ich sag’ da besser nichts zu…

Snyder
Snyder
16. November, 2009 21:22

Meine Rede. Nur Verwechseln Viele Reife mit Duckmäusertum und Gerechtigkeit mit Nachgiebigkeit.
Es ist manchmal beinahe komisch wie Leute die “unsere Werte” verteidigen sich Mittel bedienen die ausser genau ihren ärgsten Feinden kein zweiter zu gebrauchen wagt.

Ich sollte wirklich mal einen Batman lesen, sowas bekommt man doch bei Amazon, nicht?

Marko
16. November, 2009 21:52

Der Joker schießt Barbara Gordon zum Krüppel? Aber … was wird dann aus Batgirl?! 😕

Gruß,
Marko

Dr. Acula
16. November, 2009 21:54

@Marko
Oracle. Das war einfach 🙂

@Peroy
Besser so.

Marko
16. November, 2009 21:58

Ach Mist, ich vergesse immer wieder, daß ich in einem Blog für Frea …. ähm, Insider bin. 😀

Gruß,
Marko

lostNerd
lostNerd
16. November, 2009 21:59

Man kann nur hoffen dass es bei den anstehenden Verhandlungen wieder so abläuft wie damals in Nürnberg.

Der Eintrag hat jetzt auch mein Interesse geweckt, mal sehen wo man den comic noch herbekommt…

Dr. Acula
16. November, 2009 22:02

@Marko

Und dabei lese ich noch nicht mal Comics 😀

Sebastian
16. November, 2009 23:04

Ich habe mir den neulich erst in einem ganzen Schwung von Alan Moores Werk aus der Bücherei geholt. Wenn man mal in sowas reinschauen möchte, ist diese altehrwürdige Institution tatsächlich sehr brauchbar (Die Einordnung ist dort aber für die Katz, da muss man schon suchen – findet dabei aber viel anderes interessantes Zeug).

Jack Crow
Jack Crow
16. November, 2009 23:35

Es gibt alle Comics die Alan Moore für DC gemacht hat in einem nicht allzuteuren Paperback – lohnt sich sowieso, aber auf jeden Fall mehr als “Killing Joke” einzeln zu kaufen.

PhilipS
17. November, 2009 09:27

Ja der Killing Joke hat auch eine der plausibelsten Jokerentstehungsgeschichten.
Und lest dem Leser am Ende die Wahl sich zu überlegen was Batman tut.

Mr. D
Mr. D
17. November, 2009 10:11

“Verwechseln Viele Reife mit Duckmäusertum ”

http://en.wikipedia.org/wiki/Axis_of_weasels

und auch wenn’s nur Satire ist, steckt doch irgendwie Wahrheit dahinter:

http://www.theonion.com/content/news_briefs/guant_aacute_namo_detainee

floham
17. November, 2009 11:17

Auf der Suche nach Batman-Comics? Die IGN listet die “besten 25 aller Zeiten” auf. http://uk.comics.ign.com/articles/624/624619p1.html

Wortvogel
Wortvogel
17. November, 2009 11:24

@ floham: Eine tolle Liste, wenn man sich in das Thema mal einlesen will. Ich stimme den meisten Bewertungen durchaus zu. Und einige der Bände werde ich mir nun doch mal besorgen müssen…

Zu “Killing Joke”: “Perfectly paced, beautifully illustrated and ending with a killer punchline, this is the finest Joker story ever told and, in turn, one of the best Batman stories of all time. “

Peroy
Peroy
17. November, 2009 13:09

“@Peroy
Besser so.”

Andererseits isses vielleicht auch ganz gut, dass ich mir meine ethischen Richtlinien nicht von Comic-Heftchen und dem gottverdammten Batman vorbeten lasse… wer weiß… 8)

Marko
17. November, 2009 13:11

Du hast ethische Richtlinien? Wie konnte das passieren? 😛

Gruß,
Marko

Peroy
Peroy
17. November, 2009 13:27

Hab’ einen Moment lang nicht aufgepasst…

Lindwurm
17. November, 2009 14:23

Wortvogel: “Andere dagegen sagen, man MÜSSE den Scheich vor ein ordentliches Gericht stellen, gerade WEIL nur das die moralische Überlegenheit des US-Rechtssystems beweise. Ein Staat habe nicht das Recht, außerhalb seiner selbstgegebenen Befugnisse zu agieren.”

Der einzig richtige Weg. Guantanamo war von Anfang an ein Fehler und eine PR-Katastrophe. Ich kenne ja nun das amerikanische Justizsystem nicht so genau, aber zur Sorge, dass die Angeklagten ihre Prozesse zur Propaganda nutzen könnten: Wäre das nicht 1. egal, da es eh auf die Beweislage ankommt, und 2. können Angeklagte, die dauernd den Prozess zB durch “Allah ist groß”-Rufe stören, nicht von der Verhandlung ausgeschlosssen werden? Ist zumindest in Österreich so. Den Verantwortlichen für 9/11 wünsche ich übrigens nicht die Todesstrafe, sondern ein hübsches Leben in einem hübschen US-Supermax-Gefängnis. 23 Stunden in der Zelle, eine Stunde Hofgang, ohne je einen Mithäftling zu sehen…und wenn sie brav sind, kriegen sie einen Koran und nach ein paar Jahren vielleicht einen Fernseher.

paddy-o
paddy-o
17. November, 2009 17:18

Kann jedem der halbwegs ein Fan ist oder Interesse hat das aktuelle “Batman: Arkham Asylum” Game ans Herz legen.
Konnte mit “Oracle” auch nix anfangen – aber man sammelt nützlicherweise nach und nach nebenbei viel Hintergrundinfos zu unzähligen Charakteren. Sogar in welchem Comic diese zum ersten mal auftraten. Von einigen (Joker, Killer Croc, Riddler, etc.) auch vermeintliche alte Ton-Aufnahmen von deren Therapie-Sitzungen in Arkham – sehr nett! 🙂

Ist ne Mischung aus Prügelgame und.. naja.. Batman-Skills/HighTechGedöhns-game.
SEHR atmosphärisch und toll gemacht!

Zum Thema:
Hmm jetzt bin auch ich auf einmal ziemlich an dem Comic interessiert ^^

Wortvogel
Wortvogel
17. November, 2009 17:26

@ Paddy: “Batman: Arkham Asylum” ist seit langer Zeit das erste Game, für das ich glatt mal wieder mit der Daddelei anfangen möchte. Aber dazu reicht wohl die Hardware meines Notebooks nicht, und ich habe sowieso keine Zeit.

http://www.youtube.com/watch?v=4q12JKDgJy8

Jack Crow
Jack Crow
18. November, 2009 00:03

Dank Neuinvestition schafft mein Notebook Arkham Asylum graphisch durchaus – an der Steuerung beiß ich mir aber die Zähne aus. Die Maus-Tastatur-Kombinationen sind so kompliziert daß schon die Demo massiv schwierig wird, und einen X-Box-Controller besorg ich mir sicher nicht extra…
Der “Zwei Irre brechen aus der Anstalt aus”-Witz vom Joker in Killing Joke ist übrigens einer meiner all time favorites 😀

Joe
Joe
18. November, 2009 08:53

Wortvogel: “Andere dagegen sagen, man MÜSSE den Scheich vor ein ordentliches Gericht stellen, gerade WEIL nur das die moralische Überlegenheit des US-Rechtssystems beweise. Ein Staat habe nicht das Recht, außerhalb seiner selbstgegebenen Befugnisse zu agieren.”
Das ist KEINE Meinungsfrage, wie einige Menschen in den USA seltsamerweise zu glauben scheinen, sondern das SELBSTVERSTÄNDLICHE Gebot des Rechtsstaats. Die Alternative ist Willkür und Barbarei.
Zum Comic: By the book? By the book? Hey, er spricht mit BATMAN! Soll jener seinen *Dienstausweis* zücken und dann die Rechte vorlesen bzw. zitieren?
Zu Nürnberg: Das war ein anderes Paar Schuhe. Vertreter eines Staates vor einem internationalen Gerichtshof, Völkerrecht, übergeordnete Rechtssätze, Probleme mit dem Rückwirkungsverbot, Abgrenzung vom bloßen “Siegerrecht”, was ja faktisch einem Recht des Stärkeren gleichkäme.
Ein Terroristen-Prozeß ist vergleichsweise “einfach”: Verbrechen auf US-Boden, natürlich nach US-Recht abzuhandeln, abseits von dem ganzen Krieg- und Politik-Quatsch, den Terroristen nur zu gerne anführen. Die Probleme werden, ich habe den verlinkten Artikel kurz überflogen, bei eventuellen Verfahrensfehlern im Ermittlungsverfahren liegen. Womit wir wieder beim Thema “By the book” wären…

Wortvogel
Wortvogel
18. November, 2009 10:19

@ Joe: Ich habe hier nicht gesagt, wie es sein MUSS, sondern welche Standpunkte es in den US-Medien dazu gibt. Was ich selber denke, dürfte klar sein.

Auch Batman hat klare Grenzen: Er trägt keine Pistole (außer ganz am Anfang seiner Comic-Karriere, aber das ist ein anderes Thema), und er tötet nicht. Im Falle des Jokers dürfte er das auch schon bereut haben.

Joe
Joe
18. November, 2009 14:11

Das habe ich nicht unterstellt. Ich hatte extra von “einige[n] Menschen in den USA” gesprochen, bewußt von “Menschen” (moralischer Anspruch), nicht “Leuten” (ganz leicht abwertend) oder “Zeitgenossen” (mitunter leicht abwertend). Das Zitat war von mir wohl falsch gewählt.
In manchen Rechtsfällen eine “gleich Kopf ab”-Vorgehensweise zu postulieren ist auch unseren Massenmedien nicht fremd, wie man als Bildblog-Leser weiß. Immerhin bleibt so etwas hier auf Medien beschränkt. Die auch erwähnten Politiker würden sich hierzulande hüten, so etwas zu sagen, von gewissen Radikalen einmal abgesehen.

Wortvogel
Wortvogel
18. November, 2009 14:19

@ Joe: Ich bin einfach ein wenig fassungslos, dass gerade Politiker eines Landes, das wie kein zweites seine eigene Überlegenheit und Freiheitlichkeit betont, so schnell alle Prinzipien über Bord werfen, und nach Blutrache rufen. Sie verraten das Land im Namen des Landes, und bemerken es nicht einmal.

Ich empfehle dazu auch diesen Beitrag zum Thema “Jack Bauer Justice”:
http://onegoodmove.org/1gm/1gmarchive/2006/10/jack_bauer_just.html

Joker
Joker
18. November, 2009 18:14

Alan Moore meint dazu:

“But at the end of the day, Watchmen was something to do with power, V for Vendetta was about fascism and anarchy, The Killing Joke was just about Batman and the Joker – and Batman and the Joker are not really symbols of anything that are real, in the real world, they’re just two comic book characters.”

Und:

“I don’t think it’s a very good book. It’s not saying anything very interesting.”

Wortvogel
Wortvogel
18. November, 2009 18:23

@ Joker: Mir wurscht. Sten Nadolny hält “Die Entdeckung der Langsamkeit” auch für eines seiner schwächeren Bücher. Ich nicht.

Peroy
Peroy
18. November, 2009 20:31

DER AUTOR IST TOT !!!! *abnerd*

Dietmar
Dietmar
19. November, 2009 00:13

@Peroy: Und das bedeutet was genau?

Peroy
Peroy
19. November, 2009 01:05

Das ist ein Insider, den kapieren nur drei Leute… 8)

Joker
Joker
19. November, 2009 02:48

Wikipedia meint dazu:

“Der Tod des Autors ist ein in der Literaturtheorie insbesondere poststrukturalistischer Prägung vertretenes Konzept, das die klassische Idee der völligen Kontrolle des Schriftstellers über seine eigene Schöpfung in Zweifel zieht. Für die Textinterpretation bedeutet dieser Ansatz vor allem, dass die mutmaßliche Absicht des Autors unerheblich ist und Texte auch durchaus Bedeutungen entwickeln können, die der Absicht des Autors widersprechen.”

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Dietmar
Dietmar
19. November, 2009 08:17

,,Das ist ein Insider, den kapieren nur drei Leute…”

Dann sitzt der Sonnenbrillen-Smiley da echt an der richtigen Stelle. 😉

Dietmar
Dietmar
19. November, 2009 08:21

@Joker: Ich behaupte eher, die völlige Kontrolle des Autors über seine Texte ist auch zu Lebzeiten leider (!) eine Illusion, denn ,,Interpretation” wird allgemein wohl eher mit aus der Luft gegriffener Meinung verwechselt. Gutes Beispiel: Bibeltext-Interpretation. Da kann man zu jedem Text alles hören. Und das von fachkundigen Leuten.

Heino
Heino
19. November, 2009 18:03

@Joker:als “The killing Joke” erschien, konnte Moore ja auch noch nicht ahnen, was am 11.09.2001 passieren und in welche Richtung sich die USA entwickeln würden. Insofern kann man nachträglich in der Story Parallelen sehen, die vom Autor nicht beabsichtigt waren. Und die These hat auf jeden Fall mehr Substanz als das grässliche 9/11-Heft bei Amazing Spider-Man, das JMS verbrochen hat.

Tornhill
Tornhill
20. November, 2009 16:19

Auch wenn es keine allgemeineren Themen ansprechen WÜRDE (und wie gesagt, die Geschichte stellt das ja in Frage), wäre es immer noch einfach eine großartige Charakterstory, die sich deswegen auch nicht verstecken müsste. Ich meine, außer man verfolgt ein direktes Nützlichkeitskonzept in der Kunst.

Und JMSs 9/11-Spider-Man war wirklich eine Katastrophe…ich sehe heute noch die Tränen Doctor Dooms vor mir… 🙁

Paddy-o
Paddy-o
3. Mai, 2010 10:30

*update*

Habe gerade die S14E06 von Southpark gesehen (Titel:”201″, Fortsetzung der vorherigen Folge “200”) und dort wird das Geschehen in Joker’s Freizeitpark mit Eric Cartman umgesetzt – super, wenn man das hier kennt! ^^
Aber leider viel zu kurz…