04
Aug 2009

Ein charmanter Gauner weniger: Zum Tod von Harry Alan Towers (1920-2009)

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

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Leser Sirk hat es gerade vermeldet: Vor knapp einer Woche ist der legendäre B-Film-Produzent Harry Alan Towers verstorben. Er wurde 88 Jahre alt.

Ich habe seinerzeit mit Harry den Film “High Explosive” für ProSieben entwickelt, und er hat meinen ersten Film “Sumuru” in Südafrika produziert. Über unsere vielen gemeinsamen Abenteuer habe ich bereits ausführlich geschrieben. Dort findet ihr auch ein Video-Interview mit dem alten Haudegen.

Man kann nicht sagen, dass Harry zu früh abgetreten ist – einen Tag nach meinem 41. Geburtstag hätte er seinen 89. gefeiert. In Frage gestellt wird jetzt natürlich Ken Russells Comeback-Film “Moll Flanders”. Und das geplante Remake von “Fu Man Chu” auch.

Darüber hinaus – was bleibt?

Ich hoffe, Harry hat in den letzten Jahren doch noch eine Autobiographie geschrieben. Sie wäre vermutlich gleichermaßen spannend wie unglaublich. Es obliegt den Hinterbliebenen, nun die entsprechenden Passagen der FBI-Akte “Bowtie” deklassifizieren zu lassen, um Harrys Verwicklungen in die Profumo-Affäre zu enthüllen. Und in London wird eine wunderschöne Wohnung frei…

Btw, Harry: Du schuldest mir noch 5600 Dollar – 600 für den Flug nach Kroatien, den ich dann doch selber bezahlen musste (weil deine Kreditkarte “seltsamerweise” nicht hinterlegt war), und 5000 Dollar für das Remake-Skript zu “99 Women”.

Geschenkt.

Es passt zu dir, auch über den Tod hinaus die Zeche zu prellen.

What a life.



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OnkelFilmi
4. August, 2009 12:40

Tja, selbst ein altes Schlachtschiff wie Harry war dann nicht mehr dazu in der Lage, mit 88 Jahren einen Schlaganfall zu verarbeiten.

Ruhe in Frieden, Harry.

Hier noch die Meldung aus der Variety (die den Tod jedoch auf Sonntag datiert): http://www.variety.com/article/VR1118006814.html?categoryId=25&cs=1

(Die Variety scheint auch nur noch Honks zu beschäftigen, Jess Franco wird da als “Giallo-Meister” und Italiener bezeichnet…)

Wortvogel
Wortvogel
4. August, 2009 12:44

@ Filmi: Der Artikel hat aber das Business-Modell von Harry ganz gut getroffen. Und es freut mich, dass er tatsächlich an seiner Autobiographie gearbeitet hat.

Dr. Acula
4. August, 2009 13:07

Und da hab ich wirklich geglaubt, der überlebt uns alle noch…

RIP, alter Gauner.

Lari
Lari
5. August, 2009 03:29

Der olle Towers mag ein noch so schräger Kerl gewesen sein – Ich habe mit genug zwielichtigen Schmierlappen zu tun gehabt, die nur darauf lauern, einen über den Tisch zu ziehen, als dass ich noch glauben wollte, dass es um jemanden wie ihn schade ist.

Dietmar
Dietmar
5. August, 2009 07:28

@Lari: Wenn er keine besondere Gefahr für andere war und etwas herausgekommen ist, das andere unterhaltsam finden, ist so ein Typ jemand, der Farbe ins Leben bringt.

Wäre langweilig ohne Originale.

Vielleicht verteidige ich aber auch den falschen.

Wortvogel
Wortvogel
5. August, 2009 09:34

@ Lari: Ich bin der, der Harry tatsächlich kannte – und ich finde es schade. Und angesichts seines Ablebens finde ich es unangemessen, sich ohne genauere Kenntnis der Person so abfällig zu äußern.

Stephan
Stephan
5. August, 2009 10:44

@Lari
De mortuis nil nisi bene!

Perry
Perry
5. August, 2009 11:21

@Stephan

Das sieht Harlan Ellison anders (siehe der Einstieg zu seinem City on the Edge of Forever Buch). 😀

Stephan
Stephan
5. August, 2009 11:43

@Perry
Auch wenn ich Ellison als Autor schätze, würde ich in solchen Fragen doch eher einem der Weisen Griechenlands als irgendeinem SciFi-Autoren vertrauen 😉

Asmodeus
Asmodeus
5. August, 2009 12:00

Ich weiß nicht ob ich jemandem trauen soll der, nachdem er nass aus einer Wanne springt, ruft “Ich hab’s” und nicht “Man gebe mir ein Handtuch”.

😉

Dietmar
Dietmar
5. August, 2009 13:13

😀

Tornhill
Tornhill
5. August, 2009 13:17

“In Frage gestellt wird jetzt natürlich Ken Russells Comeback-Film “Moll Flanders”. Und das geplante Remake von “Fu Man Chu” auch.”
Oh neeeeeee! Die hät’s doch gebraucht. 🙁

Den Satz “De mortuis nil nisi bene” halte ich übrigens für falsch und Feind aller Geschichtsschreibung (so würde man Hitler wohl nicht gerecht, wenn man nur festhielte, dass er ein wenig malen konnte, Hunde mochte und Autobahnen baute), egal, wer ihn gesagt hat (krischer Verstand vor Autorität).

Würde jetzt aus der Distanz auch nichts gegen Towers sagen, gegenüber wem, der ihn besser kannte als ich.
Lari ist da gerade heute mit gutem Grund etwas befangen.

Dietmar
Dietmar
5. August, 2009 14:09

,,Lari ist da gerade heute mit gutem Grund etwas befangen.”

Neugier geweckt …

Tornhill
Tornhill
5. August, 2009 15:27

Wird er noch selbst erläutern. 8)

Lari
Lari
5. August, 2009 15:50

@Dietmar: Ich musste mir gestern stundenlang die semikriminellen Pläne von jemandem aus der Branche anhören, bei denen eins ums andere Detail einen fassungsloser stimmte angesichts dieser Rücksichtslosigkeit, Raffgier und dem vollkommenen Mangel an Ethik. Dann bin ich nach hause gekommen und als erstes auf diesen Artikel gestoßen. Soviel zum Hintergrund. Die “besondere Gefahr für andere” ist sehr konkreter wirtschaftlicher Natur. Wenn ich einen Job gehobener Größenordnung machen würde, der dann einfach nicht bezahlt wird, dann kann das nach außen hin unterhaltsam sein, aber ich wäre bis auf weiteres ruiniert.

@Torsten: Meine Absicht ist es sicherlich nicht, Dein Andenken an Towers in Frage zu stellen. Ich kenne (bzw. kannte) ihn durch Deine Artikel, die mir ein bestimmtes Bild vermittelt haben, das aber sicherlich nicht vollständig ist und durch die Konzentration auf die spektakuläreren Aspekte seines Lebens verzerrt sein mag. Aus diesen Artikeln jedenfalls meine ich heruaszulesen, dass Towers zu genau der Art von Gestalten gehört hat, mit der ich eine ganze Reihe unangenehmer Erfahrungen gemacht habe, und für die es mir deshalb an Mitleid und Mitgefühl fehlt. Die abfällige Äußerung bezog sich also nicht auf Towers persönlich (denn den kannte ich nicht), sondern auf das Bild, dass ich von ihm habe und den Menschenschlag, dem ich ihn deswegen zuordnen würde. Tut mir leid, wenn das falsch rübergekommen ist.

Dietmar
Dietmar
5. August, 2009 17:45

@Lari: Kann ich nachvollziehen.

Auch in meiner Branche scheint die Scheissigkeit der Leute zuzunehmen.

Dr. Acula
5. August, 2009 18:53

Das nimmt überall zu… heute hat mir ein Gläubiger einer unserer Insolvenzschuldnerfirmen von einem anderen seiner Kunden erzählt, der über sein Leasingunternehmen eine neue Maschine finanziert hat, aber nur eine gebrauchte kaufte und den Differenzbetrag mal schön hat verschwinden lassen. Die Firma ist jetzt pleite, die Maschine nix wert und das Leasingunternehmen gelackmeiert…

trackback

[…] of a Cinematic Contrarian" – eine zu teure, extrem trockene und akademische Analyse des Towers’schen Geschäftsmodells. Keine leichte Lektüre, aber man kann sehr viel über internationale […]