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Feb 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (23)Heute: Christmas on Mars

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

comPosterUSA 2002-2007. Regie: Wayne Coyne, Bradley Beesley, George Salisbury. Darsteller: Wayne Coyne, Stephen Drozd, Fred Armisen, Adam Goldberg

Dieser Krampf braucht einen besonderen Typus Kritiker. Einen, der ein Faible für 25 Jahre alte Prog-Rock-Bands hat, die sich multimedia-style auch mal im Filmgeschäft versuchen wollen. Einen, der Sinnlosigkeit für kontrovers, und mangelnde technische Kompetenz für erfrischend hält. Einen, für den Schwarzweiß gleich Underground, und No Bugdet gleich Kunst ist.

Ihr ahnt es: ich bin’s nicht.

Ich geb’ mir ja Mühe, ehrlich: Nach hartem Kampf konnte ich dem Oingo Boingo-Film “Totaler Sperrbezirk” (eines der offensichtlichen Vorbilder von “Christmas on Mars”) zumindest eine gewisse anarchische Energie zugestehen. Ich mag auch schräge Perlen wie “Nothing lasts forever” oder “Screamplay”, die zumindest gelegentlich mit einem Auge sorgenvoll zum Zuschauer schielen, ob der nicht vielleicht doch schon eingeschlafen ist.

Aber “Christmas on Mars”? Da verliere ich irgendwann die Lust, nach Sinn und Unsinn zu fragen, und unterstelle einfach mal, dass hier ein paar zugedröhnte Musik-Onanisten fälschlicherweise dachten, der Welt ihre Eitelkeit in Form eines Science Fiction-Dramas um die Ohren hauen zu müssen. Nach dem Motto: ist von uns, muss also gut sein.

Die Story von “Christmas on Mars” ist geradezu kindisch banal, auch wenn die technisch krude Machart es künstlich erschwert, sie zu verstehen: In einer deprimierend isolierten Mars-Station steht das Weihnachtsfest bevor, und genau an diesem Tag soll auch das erste künstlich im All gezeugte Baby geboren werden. Pünktlich erscheint ein grünhäutiger Außerirdischer, den die lethargische Crew aber als solchen nicht wahrnimmt. Er wird zum Weihnachtsmann auserkoren, der das Fest begleiten soll.

Das war’s dann auch soweit. Auf die Lauflänge von immerhin 83 Minuten kommt der Film nur deshalb, weil es den beteiligten Musikern gelingt, unter Aufbietung aller Kräfte selbst ein banales “What?” so zu strecken, dass man sich zwischenzeitlich ein Brot schmieren gehen kann. Das Level an Non-Acting in “Christmas on Mars” ist schockierend, verschärft durch die Tatsache, dass Drozd und Komplizen das auch wissen – es ist ihnen jedoch egal. Oder sie halten das für einen Teil des künstlerischen Gesamtkonzepts. Genauso wie die schlechten Spezialeffekte, das lachhafte Kostüm-Design, oder die gestammelten Simpel-Dialoge.

comscreenshot

Wenn Fred Armisen (Komiker aus “Saturday Night Live”) oder Adam Goldberg kurz auftauchen, werden die Defizite der “Darsteller” noch deutlicher, denn beide verstehen ihr Handwerk, und passen daher so gut zu “Christmas on Mars” wie Bruce Springsteen in eine Horde Fußgängerzonen-Peruaner.

Die Musik, die den schnarchigen Space-Trip untermalt, macht mir Kopfschmerzen, aber ich kann es nur wiederholen: ich bin nicht kompetent, das zu beurteilen. Ich KANNTE die Flaming Lips bis zu diesem Film nicht einmal.

Den endgültigen Todesstoß verleiht “Christmas on Mars” allerdings der penetrante Geruch der behaupteten Relevanz. Es ist offensichtlich, dass die Lips der Meinung sind, etwas Profundes zu sagen, und das auch noch auf profunde Weise. Diese selbstverliebte Überschätzung hasse ich seit den schrägeren Filmexperimenten von Warhol, und sie wird hier mit dem Schaufelbagger serviert. Ein Film für sich und seine Macher, nicht für das Publikum (das er trotzdem sicher finden wird – die Band hat ja auch schon seit 25 Jahren ihre Fans).

Ich sag es mal so – wer nach diesem Trailer denkt “geil! muss ich sehen!”, hat meinen Segen:

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Aber kommt hinterher nicht angerannt und heult mir die Ohren voll!



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Sebastian
16. Februar, 2009 20:59

Ach, das wurde daraus! Vor etlichen Jahren hat Charlotte Roche die Flaming Lips bei Fast Forward zu Gast gehabt. Hauptsächlich drehte sich das Gespräch um einen Science-Fiction-Film, den die Jungs in Planung hatten, und der ganz groß werden sollte. Die Musik gefiel mir, ebenso Wayne Coyne, außerdem fand ich es faszinierend, dass eine experimentelle Band einen Film dieses Genres drehen will, deswegen war ich neugierig, habe es dann aber doch nicht weiter verfolgt. Ich glaube, damals gab es sogar noch ein paar Making-of Aufnahmen in Farbe, die rannten alle mit transparenten Duschhauben rum und es sah doch wieder eher wie ein Amateur-Video aus. Die Hauben scheinen sie doch noch gegen ein paar etwas glaubwürdigere Raumanzüge getauscht zu haben.

Lari
Lari
16. Februar, 2009 22:03

Aber nach Amateur-Video sieht’s trotzdem noch aus. 😛

rumo
rumo
16. Februar, 2009 22:05

hmm. ich frage mich gerade ob ein solcher verriss wirklich gerechtfertigt ist wenn man die band zuvor nicht kennt.
konzerte der flaming lips sind einfach große kindergeburtstage mit riesigen luftballons und anderem schnickschnack. fans, die als erstes vor der halle stehen, werden in bunte kostüme gesteckt und dürfen das konzert vom bühnenrand mitfeiern. einen eindruck davon gibts hier: http://www.youtube.com/watch?v=dSerhCLxRQQ
als psychedelisch-spacig kann man die musik bezeichnen, daher empfand ich den film einfach nur konsequent. und ich möchte eigentlich genau das gegenteil von dem behaupten von dem was oben steht: relevanz behauptet der film in keiner weise. gerade am meiner meinung nach gewollten nonacting, inbesondere des “captains”, finde ich dass der film einem förmlich entgegenschreit: “nehmt mich nicht ernst! god damnit!”
mir hat der film durchaus gefallen. bei mir hat er vom stil her assoziationen zu “2001” hervorgerufen. vor allem finde ich, dass man dem film an jeder ecke ansieht, dass herzblut in den film gesteckt wurde.

Wortvogel
Wortvogel
16. Februar, 2009 22:24

@ Rumo: Wo war da das Herzblut? Und WAS genau hat dir gefallen?

Dieter
Dieter
16. Februar, 2009 23:03

@rumo: Nonacting ist nur dann ein Stilmittel, wenn man schauspielern kann, dies aber bewusst lässt. Wenn sich eine Band vor die Kamera stellt, vermute ich nicht nonacting sondern nonability.

Der Trailer ist nicht zu ertragen.

Wortvogel
Wortvogel
16. Februar, 2009 23:07

@ Dieter: gut gesagt!

Dieter
Dieter
17. Februar, 2009 00:00

Danke.

Naja, so als Clon …

Peroy
Peroy
17. Februar, 2009 00:00

Ich muss mir nichtmal den Trailer ansehen, ein Blick auf die Laufzeitangabe von dem Ding (4 Minuten und 18 Sekunden!!!) reicht schon aus, um zu wissen, dass das so eine selbstverliebte Kunstfilm-Kacke ist. Natürlich wird der Streifen sich ziehen, der Trailer ist ja schon dreimal so lang wie er sein sollte… 😛

Wer sind Flaming Lips? Muss man die kennen?

Dieter
Dieter
17. Februar, 2009 00:26

,,Wer sind Flaming Lips? Muss man die kennen?”

Öh…. nö!

rumo
rumo
17. Februar, 2009 00:37

der trailer ist ja auch immerhin schon über 5 jahre vor erscheinen des films veröffentlicht worden. die stimmung des films gibt er nicht wieder, finde ich. gut, das macht auch der finale trailer nicht, der erzählt tatsächlich den plot in 1 1/2 minuten: http://www.apple.com/trailers/independent/christmasonmarstheflaminglips/

aber genau die stimmung des films ist es, die mir gefällt. die musik, die den ganzen film über trägt und den wahnsinn verdeutlicht, dem die crew der station verfallen ist und in die sich schließlich zum ende die melodie zu “stille nacht” legt, wobei gleichzeitig ein wenig von dem wahn der crew abfällt und der captain das erste mal zur ruhe kommt. dieser moment hat den film für mich rund gemacht.
ich glaube mit professionellen schauspielern hätte er wohl noch weniger funktioniert. denn, klar, der film ist hauptsächlich für fans der band interessant und erfindet und erzählt nichts neues.
dennoch habe ich mich bei “christmas on mars” wesentlich besser unterhalten gefühlt als beispielsweise bei “the quest”, der hier ja letztens gepostet wurde. bei “the quest” hatte ich hingegen das gefühl, dass dieser film unbedingt ernst genommen will, obwohl er das viele erzählerische konfliktpotential, welches die dort geschilderte reise mit sich bringt, nur im ansatz anriss.
gut, ich weiß, ich vergleiche hier äpfel mit birnen, einen film, in dem eine band sicher auch ihre drogenerfahrung verarbeitet hat, mit einer verfilmung eines buches eines angesehenen schriftstellers. vielleicht liegt es aber auch einfach nur daran, dass ich bei “christmas on mars” einigermaßen wußte, was mich erwartet, während meine erwartungen an “the quest” sicher etwas zu hochgesteckt waren.

rumo
rumo
17. Februar, 2009 00:43

“Wer sind Flaming Lips? Muss man die kennen?”

wenn man sich etwas mit aktueller musik jenseits des mainstream beschäftigt laufen die einem zwangsläufig schon über den weg. ansonsten kennt man die band evtl über die grammys:

* Grammys
* Won: (2003) Best Rock Instrumental Performance for “Approaching Pavonis Mons by Balloon (Utopia Planitia)”
* Nominated: (2004) Best Alternative Album for Fight Test EP.
* Nominated: (2007) Best Alternative Album for At War With the Mystics.
* Won: (2007) Best Rock Instrumental Performance for “The Wizard Turns On…”
* Won: (2007) Best Engineered Album, Non-Classical for At War with the Mystics.
(quelle: wikipedia)

OnkelFilmi
17. Februar, 2009 00:58

“Einen, der ein Faible für 25 Jahre alte Prog-Rock-Bands hat, die sich multimedia-style auch mal im Filmgeschäft versuchen wollen.”

Naja, naja… nach Prog hören sich die Flaming Lips für mich dann doch nicht an. “Psychedelic Indie” trifft’s eher. King Crimson, IQ, Rush, Marillion, Dream Theater, Magellan… das ist Prog. Bei aktuellen Bands Opeth oder Coheed and Cambria… Aber die Flaming Lips? Derr…

Wortvogel
Wortvogel
17. Februar, 2009 01:01

@ Filmi: Siehe Wikipedia. Ist letztlich aber wurscht.

Peroy
Peroy
17. Februar, 2009 04:35

“aber genau die stimmung des films ist es, die mir gefällt. die musik, die den ganzen film über trägt und den wahnsinn verdeutlicht, dem die crew der station verfallen ist und in die sich schließlich zum ende die melodie zu “stille nacht” legt, wobei gleichzeitig ein wenig von dem wahn der crew abfällt und der captain das erste mal zur ruhe kommt. dieser moment hat den film für mich rund gemacht.”

Das klingt ja… toll… … …

Einigen wir uns darauf, dass wir alle lieber nochmal “Dark Star” gucken… 8)

alajs
17. Februar, 2009 09:32

Unverschämtheit. Es geht nichts über ein fröhliches “El Condor Pasa” am Samstagmorgen in der Fußgängerzone.

c
c
17. Februar, 2009 10:52

Ein wirklich guter Science-Fiction-Christmas-Film ist ja “Santa Claus Conquers the Martians”.

http://www.archive.org/details/santa_claus_conquers_the_martians

tok
tok
17. Februar, 2009 11:38

Ich hab nicht mal den Trailer durchgehalten – hatte einen spontanen Anfall von intellektuellem Brechdurchfall. Nee, dann doch lieber Mainstream-Kino – aber ohne die (neuerdings elektrisch verstärkten) Peru-Pflasterschänder.

Proesterchen
Proesterchen
17. Februar, 2009 14:20

Der kram Kram wir auch in 1080p nicht weniger absurd, aber anstatt wie beim ersten Trailer merklich aggressiver zu werden, führt der zweite bei mir zur Erheiterung.

In sofern danke an rumo, und mein herzliches Beileid an den Wortvogel!

Grinsi KleinPo
Grinsi KleinPo
17. Februar, 2009 19:49

Ich persönlich habe zwar keine Ahnung von dem was hier abgeht, aber ich würde nur zu gerne mal eine Verfilmung von Gustav Holst Mars- Bringer of War sehen. Das ist Mukke die Bilder trägt und nicht Geräusche die einem den Babelfisch tötet. Wollte das nur mal gesagt haben.