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Feb 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (16)Heute: Night Flier

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

nightflier1USA 1997. Regie: Mark Pavia. Darsteller: Miguel Ferrer, Julie Entwisle, Dan Monahan

Entschuldigt, wenn ich gleich mal wieder ein wenig anekdote. Im Jahr 2000 arbeitete ich für die Firma Tandem an der Miniserie “Der Wüstenplanet”, und traf mich deshalb häufiger mit Richard Rubinstein von New Amsterdam. Er ist ein Freund von Stephen King und George Romero, und hat mehrere Projekte der Horror-Großmeister umgesetzt. Was immer man sonst von ihm halten mag: Richard ist relativ relaxed, was die Schwächen seiner Produktionen angeht. Er erzählte mir, dass er “Thinner” ziemlich schlecht fand, und bei “Night Flier” die Idee, mit einem Team von Neulingen zu arbeiten, einfach nicht aufgegangen sei. Ich sagte ihm, dass ich “Thinner” zwar in New York im Kino gesehen, “Night Flier” aber total verpasst hatte. Richard zuckte mit den Schultern: “Kein Wunder, der hatte auch keinen großen Release”. Eine Woche später fand ich eine DVD in meiner Post.

“Night Flier” hatte nicht nur keinen großen Release – er lief sogar als Weltpremiere im Pay-TV, und wurde erst danach in 95 Kinos gestopft, wo er nicht einmal 150.000 Dollar einspielte.

Im Rahmen meiner “Movie-Mania 2009” beschloss ich nach neun Jahren, den Silberling endlich mal in den DVD-Player zu werfen…

nightflier2 In der Adaption der gleichnamigen Kurzgeschichte von Stephen King geht es um den Sensationsreporter Richard Dees, der auf eine mysteriöse schwarze Cessna angesetzt wird, die nachts auf kleinen Flughäfen landet, und deren Pilot grundsätzlich grausam zugerichtete Leichen hinterläßt. Dees vermutet, dass der mysteriöse Killer, der auch hypnotische Kräfte zu haben scheint, sich für einen Vampir hält – leider mehren sich schnell die Anzeichen, dass er damit nicht so falsch liegt…

“Night Flier” hätte ein guter Start für die Karriere von Regisseur Pavia, seinen Ko-Autor (und Kumpel) O’Donnell, und seine Hauptdarstellerin (und Ehefrau) Julie Entwisle sein können – stattdessen war der Film Höhepunkt und Endstation zugleich. Zusammen machte sich das Trio ein paar Jahre später noch an den Horror-Thriller “Slice”, der allerdings nach Protesten der kanadischen Studiobetreiber (die das Projekt widerlich fanden) nicht fertiggestellt wurde. Seither: Funktstille.

Dabei ist “Night Flier” zwar schlecht, aber nicht sooo schlecht. Miguel Ferrer als außerordentlich arschlöchriger Reporter gänzlich ohne weichen Kern ist eine erfreuliche Abwechslung im Einerlei des braven Filmheldentums, und diverse Szenen auf nebelverhangenen Rollbahnen haben durchaus gruseliges Potential. Und ein Blutsauger, der mit einer geschwärzten Cessna durch die Gegend fliegt, punktet auf der nach oben offenen Neo-Vampir-Skala.

An dieser Stelle ein kleiner Einschub: Ein paar Jahre vor der Verfilmung von “Night Flier” klaute die Episode “Run, Dracula, Run” aus der Serie “Superboy” kackfrech das Konzept des schwarzen Vampirflugzeugs:

nightflier3

Zurück zu “Night Flier”: Wie bei vielen Versuchen, mindere Kurzgeschichten von King auf 90 Minuten aufzublasen, fehlt einfach das Fleisch, und Mark Pavia gelingt es nicht, die komprimierte Erzählung aufzufächern. Einzig nennenswerte Änderung zum Original ist die Einführung einer Jungreporterin, gespielt von des Regisseurs Gattin (die ist aber echt lecker, und erinnert schwer an Phoebe Cates).  Die Stellen, die man hätte erweitern müssen (woher kommt der Vampir? was hat es mit seiner Verbindung zu Dees auf sich? wieso ist das Flugzeug so schwer zu finden?), bleiben komplett vage. Als Nemesis ist “Dwight Renfield” (ja, so nennen sie ihn leider wirklich) eher eine Chiffre, und die Erzählperspektive des Films hilft da nicht: Dees läuft immer hinterher, spürt Renfield nach, findet seine Opfer – aber erst im großen Finale steht er dem Vampir selbst gegenüber. Dees ist nicht Täter, nicht Opfer, er ist nur Beobachter, vergleichbar mit einem Kommissar in einem Krimi. Das ist nicht gerade die spannendste Figur in einem Horrorfilm. So vergehen satte 80 Minuten, bis sich Renfield und Dees gegenüberstehen – und dann ist der Film auch fast schon vorbei. Alle Fragen bleiben am Ende unbeantwortet.

Negativ fällt die die recht flache und bunte Optik auf, die den Film teilweise wie ein Musikvideo der 80er aussehen lässt. Keinen Gefallen haben sich die Macher bei dem Set des Revolverblattes “Inside View” getan: Büromöbel zwischen Spanholzplatten in einem Filmstudio. Pornos werden auch in sowas gedreht.

Am Ende bleibt ein mäßig spannender Grusler der B-Klasse übrig, der dank der schrägen Hauptfigur seine Laufzeit ganz gut rum bringt, aber insgesamt unbefriedigend bleibt. Die ungeplante Premiere im Pay-TV war geradezu prophetisch, denn genau da gehört “Night Flier” hin.

Wahre King-Fans werden sich allerdings freuen, dass die coolste Szene in der Kurzgeschichte tatsächlich ziemlich gut umgesetzt wurden – ich sage nur: der Vampir und das Urinal…

http://www.youtube.com/watch?v=cFPCoc65-IU

Randbemerkung: Das aktuelle DVD-Cover (welches ich hier nicht verwendet habe) verrät unvorsichtigerweise, wie der Vampir aussieht. Plöd.



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Peroy
Peroy
2. Februar, 2009 17:49

“Dabei ist “Night Flier” zwar schlecht, aber nicht sooo schlecht.”

So langsam bekomme ich bei der Movie Mania 2009 den Eindruck, dass man es dem Wortvogel niemals rcht machen kann… 😕

“Dreamcatcher” ist schlecht. “Der Nebel” ist schlecht. Aber “Night Flier” ist doch nicht schlecht, Mensch… und das der Regisseur seitdem nix mehr gemacht hat ist mal gerade wurscht.

Wortvogel
Wortvogel
2. Februar, 2009 18:05

Ich fand “Der Nebel” erstaunlich gut (in der Schwarzweiß-Fassung). Ich bin generell ein Freund von guten King-Verfilmungen. “Cujo” kommt auch noch dran, der fehlt mir nämlich bisher.

Die Tatsache, dass der Regisseur seither nichts mehr gemacht hat, mag für die Bewertung des Films an sich nicht relevant sein, ist aber ein hübsches Detail.

Peroy
Peroy
2. Februar, 2009 18:11

“Ich fand “Der Nebel” erstaunlich gut (in der Schwarzweiß-Fassung).”

Die dreckige Fundamentalisten-Trash-Scheisse wird auch dann nicht besser, wenn man die Farbe rausdreht…

Kann es sein, dass JEDER Film mit Thomas Jane in der Hauptrolle kompletter Bockmist ist… “Der Nebel”, “Dreamcatcher”, “The Punisher”, “President Evil”, “Mutant Chronicles”, alles für die Tonne…

Die Ausnahme “Deep Blue Sea” bestätigt die Regel…

gwildor
gwildor
2. Februar, 2009 19:08

“Thursday” war auch nicht so verkehrt!

Marko
2. Februar, 2009 20:09

“Der Nebel” war hinterster Dreckmist. Über das schwachsinnige Ende kann ich mich heute noch stundenlang auskotzen. Und die religiöse Botschaft war schlimmer als in “I am Legend” (was schon was heissen soll). Fundamentalisten-Scheisse, genau.

Bei “Dreamcatcher” hat mich die erstaunlich gute Umsetzung der ersten Stunde (ca.) überrascht (beinahe alles wie im Buch), danach wurde allerdings auch der unerträglich.

Schau’n wir mal, was aus “Cell” wird …

Gruß,
Marko

Sebastian
2. Februar, 2009 20:29

Ha, ich dachte das erste Drittel hindurch noch, dass ich die Geschichte aus Superboy kenne – da fand ich sie sogar ziemlich gut, weil sie ein bisschen vom normalen Schema abwich.

Wortvogel
Wortvogel
2. Februar, 2009 20:52

@ Sebastian: Ich bin bis heute überzeugt, dass die beiden Dracula-Folgen in “Superboy” ursprünglich dafür gedacht waren, als Spinoff in eine neue “Young Dracula”-Serie überzuleiten. Der einsame Fremde, der von Ort zu Ort zieht, und ein gefährliches Geheimnis mit sich trägt – sehr “Incredible Hulk”. Und Superboy spielte in den Episoden eine verdächtig kleine Rolle.

Wurde wohl nix draus, aber der Hauptdarsteller schaffte es zumindest in “Hellraiser 3″…

manhunter
2. Februar, 2009 23:16

Hrmpf, mir gefiel sowohl “Thinner” als auch “Night Flier” ganz gut. Keine GROSSEN Filme, aber schönes B-Film-Futter.

Tornhill
Tornhill
3. Februar, 2009 22:17

Joah – “Night Flier” ist kein Hammer, aber ein ganz netter Film. Der unkonventionelle Held und das bizarre Design des Monsters reichten mir schon aus, aus der Masse hervor zu stechen.

Und “Der Nebel” war gut, bis die Monster kamen (die jeglichen Grusel neutralisierten…das Riesending am Schluss gefiel mir allerdingst), doch auch ohne die hätte das eklige Fundi-Ende ihn gekillt.
Im Vorfeld glaubte ich ja wieder nur an einen Peroyismus, aber da hatte er vollkommen recht.

Peroy
Peroy
3. Februar, 2009 23:22

Die Monster waren schon in der Kurzgeschichte mies, aber visualisiert auf der Leinwand waren das einfach nur absurde Trash-Missgeburten…

Andreas
5. Februar, 2009 21:09

in der tat ist die schlüsselszene die, die begeistert. Ansonsten fehlt einiges am Film. Das schlimme ist, angeblich ist eine Fortsetzung geplant … Naja.

Aber immerhin ist der Film besser als solche Schmachtverfilmungen wie Quicksilver Highway oder Kinder des Zorns II, III, IV…

Eine Frage an dich: dürfte ich eventuell die beiden Filmbilder für ein Stephen-King-Projekt verwenden, welches ich betreue?

Wortvogel
Wortvogel
5. Februar, 2009 21:28

@ Andreas: Die Bilder sind aus dem Netz, da kann ich dir nicht helfen. Meines Wissens nach sind aber Screenshots und Cover relativ gefahrlos zu verwenden.

Andreas
5. Februar, 2009 22:47

Naja, wenn wir hier das Fair Use kennen würden, kein Thema. Aber kann kein deutscher Verleih etwas dagegen haben?

Egal, ich such mir die Bilder mal raus. Freu mich auf die nächste Rezension. Würde mich interessieren, wass du vom ES-Zweiteiler hältst 🙂

Wortvogel
Wortvogel
5. Februar, 2009 22:52

Ich habe in 18 Jahren, die ich (auch für Bücher) Screenshots und Cover verwende, niemals Probleme mit Verleihern gehabt. Aber das ist natürlich nur eine Faustregel, keine Garantie.

Den ES-Zweiteiler fand ich großartig, weil er die Bandbreite der Original-Geschichte gut einfängt, die Darsteller rocken, und Tim Curry ein Knaller ist – aber das Ende ist dann eher schwach, weil das Monster nie so gruselig ist, wie wir es uns vorgestellt haben. Trotzdem: bedeutend besser als die meisten anderen Zweiteiler.