04
Nov 2008

Gedanke zur US-Wahl (Subkategorie “alberne politische Korrektheit”)

Themen: Neues |

Okay, ich ziehe das durch – Cola, Chips, Red Bull, Eierlikör-Eis, Marzipan-Schokolade. Und in den letzten Tagen habe ich meine Bettzeit auf 2.30 Uhr geschraubt. Ich bin live dabei, wenn Obama zum Präsidenten der Vereinigten Staaten erklärt wird. Kommt ja sonst nix im Fernsehen.

Derzeit schaue ich den Livestream von MSNBC. Und da bin ich auf ein kurioses sprachliches Phänomen gestoßen. In den 90ern hat die (schwarze) Bestsellerautorin Toni Morrison (“Tar Baby”) Bill Clinton den “ersten schwarzen Präsidenten” genannt, weil er sich für Farbige einsetzt, und nicht ausschließlich die weiße Basis bedient. Ein (weißer) Moderator auf MSNBC zitierte Morrison eben, stutzte aber unmerklich, und sagte: “Toni Morrison bezeichnete Bill Clinton einst als den ersten… afro-amerikanischen Präsidenten”.

Nun frage ich mich: Ist es besser, ein Rassist zu sein, in dem man korrekt zitiert – oder ein mieser Journalist, in dem man ein Zitat verfälscht?



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Martin
4. November, 2008 20:48

Gute Frage… ist man Rassist, wenn man “Schwarz” vorliest? Ein Zitat wiedergibt und keine eigene Meinung äußert?

Bin ich ein Spießer, wenn ich die Wahl auf der ARD gucke? ^^

Der Postillon
4. November, 2008 20:50

Das Zitat ist ja nicht nur verfälscht, die Aussage ist damit auch falsch. Falls Clinton afrikanische Wurzeln hat, dann sieht man nicht viel davon.

Wortvogel
Wortvogel
4. November, 2008 20:56

Das Problem ist leicht zu benennen, und wurde hier auch schon mal diskutiert: es kann nicht funktionieren, wenn bestimmte Minderheiten die Hoheit über bestimmte Begriffe für sich reklamieren. Wenn der der Schwarze “schwarz” und “Neger” sagen darf, aber der Weiße nicht, dann entsteht ein Ungleichgewicht. Und es kann mitunter sehr absurd werden: könnte sich ein Schwarzer am Telefon beleidigt fühlen, wenn ich ihn “schwarz” nenne – auch wenn er meine Hautfarbe nicht kennt? Oder kann er sich erst entscheiden, ob er empört ist, nachdem er mich gesehen hat? Wie sieht es mit Obama selbst aus – darf ein “Schwarzweißer” den Begriff “schwarz” verwenden? Tiger Woods? Welches Kommittee legt fest, wer schwarz genug ist, um die Begriffe verwenden zu dürfen? Und was ich sowieso nie verstanden habe – was ist mit den Schwarzen, die nicht direkt afro-amerikanischer Abstammung sind?

gnaddrig
gnaddrig
4. November, 2008 21:44

Für den deutschen Sprachraum steht dazu was Interessantes auf http://www.derbraunemob.info (Klicke auf “Ihr seid gut”, dann auf “Fragen/Sprachliches”.

gnaddrig
gnaddrig
4. November, 2008 22:40

Cola, Chips – ok. Marzipan-Schokolade – auch ok. Aber Red Bull? Eierlikör-Eis? Willst Du Dich umbringen?

Wortvogel
Wortvogel
4. November, 2008 22:41

@ gnaddrig: Kommt ganz drauf an, wer gewinnt…

Death by chocolate!

Peroy
Peroy
4. November, 2008 22:47

“Nun frage ich mich: Ist es besser, ein Rassist zu sein, in dem man korrekt zitiert – oder ein mieser Journalist, in dem man ein Zitat verfälscht?”

Man ist jetzt Rassist, wenn man das Wort “schwarz” benutzt… ?

Wortvogel
Wortvogel
4. November, 2008 22:51

In Amerika schon – es sei denn, man ist selber… ääähhh… schwarz…

OnkelFilmi
4. November, 2008 23:06

Torsten, Tiger Woods ist Dortmunder (Schwarz-Gelb, haha, Brüller!)

Und dieses PC-Gehabe in den Staaten ist doch nur noch zum kotzen.

Zwei aktuelle Beispiele: Brock Lesnar, ehemaliger Amateur-Ringer, ehemaliger WWE-Wrestler und jetziger UFC-Kämpfer wurde wieder einmal in einem Interview gefragt, ob er Steroide nehmen würde. Seine Antwort darauf “If I were a black guy and looked the way i do, would I ever get asked the question? I just hapen to be a white guy with great genetics”. Und schwupps, schon wird ihm ein Strick gedreht.

Fall 2: In einer Sendung von “Live with Regis and Kelly” (Früher mal “Live with Kathy Lee and Regis”), erzählte Kelly davon, wie sie mit ihrer Tochter über die grossen amerikanischen Parteien redete, und fragte sie, woran man die denn erkennen könnte, “Yes, the elephants and the donkeys. Do you know what that means, what the Elephant means? And she’s like, yeah, the republicans.I said, do you know what the donkeys are, and she’s like, yeah, the dominicans.” Und Regis darauf “She’s, she’s pretty close”. BAM. Kelly Rassistin, ihre Tochter Rassistin, Regis sowieso. Beschwerdebriefe, und Regis und Kelly mussten sich öffentlich entschuldigen.

PabloD
PabloD
4. November, 2008 23:28

Drüben bei Niggemeier:

“Womit Thorsten Dewi die Nacht übersteht: „Cola, Chips, Red Bull, Eierlikör-Eis, Marzipan-Schokolade”
Blogger leben ungesund. Bei mir ist nur der Sekt schon kaltgestellt.
Gerade im ZDF: Ein übel ausgeleuchteter Henry Kissinger und Kerner. Ich schalte schnell weg!”

Hihi 🙂

Stefan
4. November, 2008 23:34

Toll, jetzt noch diesen Kommentar bei Nigge reinstellen, und wir haben eine Blogrückkopplung.

PabloD
PabloD
4. November, 2008 23:35

Geht nicht, wird doch durch das h verhindert.

gnaddrig
gnaddrig
5. November, 2008 09:06

Das mit dem Umbringen hat sich ja dann doch erübrigt. Wär aber auch schade gewesen…

Anonymous
Anonymous
5. November, 2008 10:55

Wir sollten erstmal vor der eigenen Haustür kehren, solange in deutschen Synchrofassungen Witze und andere Sprüche sinnentstellend, nur wegen der PC, umgeändert werden sollten wir uns nicht über andere Länder aufregen…

Wortvogel
Wortvogel
5. November, 2008 11:00

Öhhh… Anonymous, Äpfel und Birnen, gelle? Texte für Sitcoms “falsch” übersetzen ist ja wohl eine andere Liga als im politischen Bereich Selbstzensur zu üben.

Anonymous
Anonymous
5. November, 2008 11:35

Naja für mich ist das ziemlich das Gleiche. Alles wo das Wort “Jude” vorkommt wird 10-mal geprüft dann Zensiert dann wieder geprüft und zu guter letzt nochmal Zensiert.

Ich würde verdammt viel Geld drauf verwetten das auch deutsche Nachrichtensprecher sehr genau darauf achten wann sie wen wie zitieren. Nur sind diese cleverer und machen das vor der Sendung und nicht während sie gerade läuft 🙂

Dieter
Dieter
5. November, 2008 12:23

Bill Maher hat Palin charakterisiert: “She´s a Bimbo! Bim-bo!” Würde gerne wissen, was er dafür auf den Deckel bekam.

Stony
Stony
5. November, 2008 12:36

PC hat in meinen Augen jeglichen Wert verloren, als eine Extrem-Feministin vor Jahren eine Einladungskarte zu einer Weihnachtsfeier, auf der ‘Weihnachtsmann’ stand, zum Anlaß nahm einem armen Burschen (nicht mir) ne geschlagene halbe Stunde zur Sau zu machen…

BTT: Wenn man nicht mal mehr zitieren darf, ohne als Rassist oder sonstwas zu gelten, ist bei mir jedes Verständnis weg. Wenn es nicht reicht das gesagte als Zitat kenntlich zu machen, was muß denn dann noch her? Völlig bescheuert das ganze. Die Übertragungen aus Deutschland diese Nacht benutzen im Übrigen sämtlich den Begriff ‘schwarz’ und nicht ‘afro-amerikanisch’ und selbst auf MSNBC wurde von schwarzen Wählern geredet wenn es um die Statistik ging…

Stephan
Stephan
5. November, 2008 13:46

Mir geht dieser Obama-Hype unglaublich auf die Nerven – nicht nur weil ich für McCain war.

Im übrigen muß man einfach wieder dazu übergehen, das schöne alte Wort “Mohr” zu verwenden, das kennt niemand, deshalb kann es nicht böse sein.

OnkelFilmi
5. November, 2008 14:37

@Dieter:

Nichts. Warum auch? “Bimbo” hat in den Staaten den Stellenwert von “dummes Blondchen”. Dafür würde selbst in Deutschland keiner einen auf den Deckel kriegen.

Wortvogel
Wortvogel
5. November, 2008 14:38

@ Dieter: Außerdem muss man bedenken, dass für Network TV und Cable (Pay) TV ganz verschiedene Maßstäbe gelten…

OnkelFilmi
5. November, 2008 15:00

Naja, Bimbo ist ein Wort, das sowohl im Network als auch Cable benutzt werden darf.

Shit, Piss, Fuck, Cunt, Cocksucker, Motherfucker, Tits… das sind immer noch die “Seven Dirty Words”, die im Network TV nicht gesagt werden dürfen.

Thorsten
5. November, 2008 18:04

In den PRO7-Nachrichten wurde soeben vermeldet, die USA hätten den (Zitat) “ersten dunkelhäutigen Präsident”.

Stephan
Stephan
5. November, 2008 18:28

Eigentlich ist ja das dauernde Herumreiten auf dem Pigmentierungsgrad von Herrn Obama schon Rassismus.

Und ist es nicht weißenfeindlich, daß die ganzen Nescher Obama wegen seiner Hautfarbe gewählt haben?

Gibt es das Wort weißenfeindlich eigentlich?

Dieter
Dieter
6. November, 2008 08:50

@Stephan: Obama ist McCain und gerade Palin intellektuell und argumentativ weit überlegen. In den Streitgesprächen mit McCain war er weit mehr auf die Sachfragen konzentriert und insgesamt ,,präsidialer” als sein Kontrahent. Er hätte die Wahl auch als Weißer gewonnen und verloren, wenn er schlechter gewesen wäre. Den Rassismus umzukehren und jetzt uns Rosafarbene zu dessen Opfern zu erklären, ist zynisch.

Bill Clinton hatte mit noch höherer Stimmzahl gewonnen, ohne ein Schwarzer zu sein.

Und zu guter Letzt: Obama hat seine Hautfärbung nicht als Wahlkampfmittel eingesetzt, während das McCain-Lager ihn als Sozialisten, Moslem und Freund der Terroristen verunglimpfte.

Mir fällt da spontan sofort jemand ein, der auf diesen Seiten auf gleiche Weise argumentiert… Aber das ist ein Nebengleis.

Mein Wunsch: Kasparov gelingt es in Russland Präsident zu werden und in Deutschland wird jemand mindestens Minister, der einen Migrationshintergrund hat.

Dieter
Dieter
6. November, 2008 08:50

@OnkelFilmi und Wortvogel: Danke für die Erklärung!

Stephan
Stephan
7. November, 2008 15:00

@Dieter

Du solltest vielleicht mal Deinen Ironiedetektor einschalten.

Im übrigen wünsche ich mir, daß in Deutschland jemand mindestens Minister wird, der dazu befähigt ist. Ob er nun einen Migrationshintergrund (beknacktes Wort) hat, ist mir ziemlich wumpe.

Dieter
Dieter
7. November, 2008 23:14

@Stephan:

*in-die-Knöchel-beiß* Der hat bei mir wohl gerade grandios versagt. Ist nicht meine Woche. Im Übrigen hast Du recht.