12
Jun 2007

Nur keine Schlagzeile auslassen…

Themen: Neues |

Beitrag 1 zum Thema findet man noch hier.

Mir tut die kleine Maddie ja auch leid. Aber warum die BILD gerade an diesem Fall beweisen muss, wie man jede noch so dämliche Meldung auf Seite 1 hieven kann, ist mir ein Rätsel.

Die Eltern waren erst bei der Polizei, dann beim Papst, dann bei Klaus Wowereit. Eine Wahrsagerin meldete sich zu Wort, und heute macht BILD so auf:

mad.jpg

Ich weiß – dieser Anriss erzählt nicht die ganze Geschichte. Aber wie absurd ist das denn? Es könnte genau so legitim heißen:

  • “Wir suchen Maddie nun im Jenseits”
  • “Hinter den Bergen bei den Sieben Zwergen”
  • “Wir spulen auf der Suche nach dem Mädchen gerade alte Seinfeld-Episoden durch”

Und was das erst für metaphysische Probleme mit sich bringt, wenn man mal genauer drüber nachdenkt:

  • Wenn Maddie in Second Life tot ist – wie wird sie dann in der realen Welt begraben?
  • Wenn Maddie in Second Life lebt – muss sie dann nicht den virtuellen Eltern zurück gegeben werden?
  • Was, wenn der Mörder (vorausgesetzt, es gibt einen) in der Realität und in Second Life gar nicht ein und dieselbe Person ist?
  • Wird das Strafmaß in der Realität und in Second Life identisch sein?
  • Wenn Maddie nur in Second Life noch lebt – wer räumt dann ihr Zimmer auf?

Geschmacklose Präzedenzfälle, wohin man blickt. Finde ich aber gut, dass BILD da mal den Finger auf die Wunde legt.

Grundgütiger…

P.S.: Klar, die komplette Meldung handelt natürlich davon, dass die Polizei nun auch Spieler in der Online-Welt von “Second Life” um Mithilfe bittet (mittels virtueller Handzettel). Aber das wäre als Aufmacher ja total ungeil gewesen…



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General Failure
General Failure
13. Juni, 2007 00:26

Mich wundert diese Meldung ehrlichgesagt kaum. Abgesehen davon, dass der Medienexibitionismus dieser Familie für mich unverständlich ist, zeigt die Second-life geschichte für mich nur eins: wie unreif die durchschnittliche Bevölkerung im bezug auf die heutige Technik ist. Jeder finder das Internet aufregend und will “drin” sein, aber kaum jemand versteht, was das internet eigentlich ist. Die harmlosesten Irrtümer sind wohl noch die, die das WWW für das Internet halten. Andere (und das müssen relativ viele sein) können sich überhaupt kein Bild machen, und diese Gruppe bedienen dann Filme a la War Games, Hackers und all die anderen klischee-kunterbunt-Virtualreality-hacker-schinken. Genau in diese Kerbe schlägt auch Second life. Otto Normaldussel kann sich nun freuen “drin” zu sein in dieser spannend bunten Online-welt, genau wie die “großen Hacker”, und die Zeitungen können über das “Internet” schreiben, ohne dass nur noch das Fachpublikum (geschweigedenn der Autor) etwas versteht, oder sie sich in selten dämlichen Metaphern verstricken.
Da ist es dann eigentlich nur konsequent, wenn eine Boulevardzeitungen den Dauerbrenner “Maddie” mit der wohl gängingen Auffassung des Internets zusammenbringt.

123Kid
123Kid
13. Juni, 2007 09:08

Ich frage mich, wann denn der erste SL-User auf die Idee kommen wird, seinem Avatar das Aussehen von Maddie zu geben… .

comicfreak
13. Juni, 2007 11:25

Bei der abgebildeten Meldung dachte ich zuerst, die Polizei durchkämmt verstärkt Kinderpornoseiten, um so einen Hinweis auf den Verbleib zu finden, und die BILD hätte das nur wieder überschriftengeil verwurstet, aber: virtuelle Handzettel in SL, wie blöd ist das denn*?!

*rethorische Frage ;o)

Captain Kennedy
Captain Kennedy
13. Juni, 2007 14:46

@General Failure
In so einem Fall von Medienexhibitionismus der Eltern zu sprechen, zeugt von einem erheblichen Mangel an Einfühlungsvermögen und Mitleid. Ich wünsche dir, dass dir eine ähnliche Situation wie die der Eltern erspart bleibt. Und erst recht, dass dir niemals eine so kaltschnäuzige Abqualifizierung wie die von dir formulierte widerfährt.

General Failure
General Failure
13. Juni, 2007 17:54

Ich seh ein, dass meine Formulierung hart, vielleicht sogar grenzwertig war. Allerdings stößt mir die Berichterstattung in dem Fall schon sauer auf. Und auch, wenn es vermessen ist, über die Intentionen der Eltern zu urteilen, bin ich doch etwas verblüfft darüber, wie die Familie ihr Leid in Szene setzt (oder setzen lässt), und damit die Aufmerksamkeit eines sensationslüsternen Publikums provoziert.
Mag sein, dass es tatsächlich nur der Verzweifelte Versuch ist, das Mädchen wiederzufinden, aber sympathischer macht dieses Vorgehen mir die Eltern nicht. Bemittleidenswert finde ich da auch eher die Angehörigen entführter/vermisster Kinder, die keine öffentliche Aufmerksamkeit genießen .
Selbstredent wünsche ich den Eltern trotzdem, dass ihr Kind gefunden wird.

Wortvogel
Wortvogel
13. Juni, 2007 18:01

Ich stimme dem General zu – müssen Eltern, deren Kind in Südeuropa vermisst wird, vor den Kameras die Hand von Wowereit in Berlin drücken? Audienz beim Papst? Ich kann mir nicht helfen – aber ich finde auch, das riecht ein wenig streng…

Anna
Anna
13. Juni, 2007 19:47

Ja, das tut es. Oh ja, das tut es.

Dass öffentliche Aufrufe von den Eltern an die möglichen Entführer gestartet werden, ist prinzipiell ja nichts Neues, neu ist nur die Penetranz. Selbstverständlich spricht aus diesem “Medienexhibitionismus” (Formulierung finde auch ich minimum: unglücklich) die schiere Verzweiflung. es bleibt allerdings: selbst die Polizei und diverse Experten raten den Eltern davon ab – die Situation könnte insofern eskalieren, dass der/die Entführer das Kind jetzt umbringen, weil keinerlei Möglichkeit mehr besteht, “heile” aus der Sache raus zu kommen. Wenn hohe Belohnungen ausgesetzt werden, ist wohl so mancher Kleinkriminelle bereit, die eigenen Kollegen zu verpfeifen…

GOGO
14. Juni, 2007 16:01

Jeder, der die Eltern für die Penetranz kritisiert, sollte wirklich mal schweigen. Angenommen, der ganze Aufwand, den die beiden betreiben führt einmal zum Erfolg und die Kleine wird gefunden. Nur mal angenommen. Dann hat sich doch jede Mühe gelohnt. Erzieht erstma ein eigenes Kind. Und wenn es 5 Jahre alt ist, stellt euch vor: es wird entführt o.ä.

Wortvogel
Wortvogel
14. Juni, 2007 16:08

Ich denke mal, ich werde auch weiterhin auf MEINEM Blog schreiben, was MIR passt, gelle?

General Failure
General Failure
14. Juni, 2007 18:32

Ich kritiesiere ja nicht DAS die Eltern über die Medien versuchen ihr Kind zu finden, sondern WIE sie es tun. Vor allem aber unterstelle ich, dass es bei der Berichterstattung nicht so sehr um die Chance geht, das Kind zu finden, sondern darum, die Voyeuristischen Neigungen der senstaionssüchtigen Zuschauer und Leser zu bedienen, oder andersgesagt, schlicht Auflagen zu drücken. Ich nehme natürlich nicht an, dass das von den Eltern so gewollt ist, aber sie lassen es zumindest zu, und liefern noch den passenden Stoff.
Und selbst wenn ich ein fünfjähriges Kind hätte, das vermisst wird, wüsste ich nicht, ob ich mich deswegen zum Seite 1 Aufmacher bei einer billigen Boulevardzeitung machen lassen wollte.

Romain
Romain
15. Juni, 2007 21:29

Hätte, wäre, wenn… Auffallend ist lediglich die (nicht unvorteilhafte) Verquickung von Mitleid und Show seitens der Medien und auch der Publikümmer. Die Intention der Eltern ist nicht wirklich bewertbar…

Wortvogel
Wortvogel
16. Juni, 2007 02:13

Hier hat ja auch niemand wirklich versucht, die Intention der Eltern zu verstehen – es wurde nur mehrfach angemerkt, dass es einen seltsamen Beigeschmack hat.

Peroy
Peroy
17. Juni, 2007 03:45

“Jeder, der die Eltern für die Penetranz kritisiert, sollte wirklich mal schweigen. Angenommen, der ganze Aufwand, den die beiden betreiben führt einmal zum Erfolg und die Kleine wird gefunden. Nur mal angenommen. Dann hat sich doch jede Mühe gelohnt. Erzieht erstma ein eigenes Kind. Und wenn es 5 Jahre alt ist, stellt euch vor: es wird entführt o.ä. ”

Nö, Kinder sind scheisse-nervig und stinken…

Außerdem muss man ja keinen Kuchen backen, um erkennen zu können, wenn einer beschissen schmeckt, ne…

General Failure
General Failure
17. Juni, 2007 16:25

Übrigens wollte ich Urpsrünglich eigentlich nur die Inkompetenz vieler Medien gegenüber technischen “Neuerungen” wie dem Internet kritisieren, denn bei dem nervigen Geplapper über offensichtlich unverstandene Themen wie z.B. Second Life möchte ich schon manchmal spontan Dieter Nuhr zitieren …

Horst Pfiffschlitz
Horst Pfiffschlitz
20. Juni, 2007 21:20

Der Raczkövi wars nicht, ich schwörs! Ausserdem hat der keinen Second Life Account…

KingCrunch
KingCrunch
21. Juni, 2007 13:31

@GOGO und co: Ja, wunderbar. Verzweiflung und der Wunsch sein Kind wieder zu finden, ist eine Sache, aber wieviele Kinder wurden bisher denn wieder gefunden, weil jemand den Papst oder Wowereit die Hand gedrückt hat? Also entweder ist das Medienexibitionismus (und dann kann man es meines Erachtens auch beim Namen nennen) oder aber die Eltern haben ein bisschen den Blick über ihre verwendeten Mittel verloren. Interessant auch, dass die Eltern ihr Leid zur Schau tragen, dann aber von “gefühllos” und “unangemessen” sprechen, wenn eine niederländische Zeitung ähnlich vorgeht, wie sie selbst, find ich schizophren. Sie wollten die Medien, jetzt haben sie, was sie wollen, aber das wollen sie auch nicht.

Bettina
Bettina
26. Juni, 2007 05:02

Die Geister die sie riefen… ich verstehe die Eltern und bis zum Papstbesuch hin auch noch die Reiseaktionen aber bei Wowereit muss ich passen. Viel hilft viel ist nicht immer richtig und hier wirken einige Dinge deplatziert und werden bei der Suche nach Maddie nicht nur nicht helfen, sondern u.U. diese Suche erschweren, da der/die Täter zu sehr unter Druck gerät/geraten. Wenns denn helfen sollte wäre es toll.. aber wenns falsch ist, wird das kleine Mädchen dafür zahlen müssen. Allein dieser Gedanke sollte zu mehr Zurückhaltung ermahnen. Die Eltern sind entweder blind in ihrer Verzweiflung und nutzen unbewusst falsche Denkmuster und Wege, diese umzusetzen oder haben schlichtweg die falschen Berater an der Seite.