27
Mai 2007

BILD belästigt mich (III)

Themen: Neues |

Es ist ein ebenso altes wie grausames und zynisches Spiel. Ist die Verzweiflung groß genug, und bringt die Hoffnung keinen Trost mehr, dann kriechen die Ratten aus ihren Verstecken:

maddie.jpg
BILD stellt als Feigenblättchen zwar die Frage “Wie glaubwürdig ist sie?” – müht sich aber um keine Antwort.

Natürlich hat die BILD nicht überprüft, was an der Aussage der “Hellseherin” dran ist, dass sie bereits “über 300” Straftaten zusammen mit der Polizei aufgeklärt hat. Oder ob es stimmt, dass es laut ihren “Visionen” eine Lösegeldforderung gegeben hat. Auch, dass es genügend Literatur gibt, die beweist, dass in solchen Fällen grundsätzlich mediengeile Scharlatane am Werk sind, ist für die Titelgeschichte irrelevant.

Wenn die Leiche der kleinen Maddie gefunden wird – fragt dann jemand bei der “Hellseherin” nach, ob sie das in ihre Vita aufnimmt? Wird ihr jemand ins Gesicht spucken, weil sie konsequent vom Leid der Eltern profitiert hat? Klagt jemand Scotland Yard wegen der Verschwendung von Steuergeldern an?

Kaum 10 Uhr am Pfingstsonntag – und ich möchte schon wieder kotzen…



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Tornhill
Tornhill
27. Mai, 2007 12:49

Ja, das habe ich mich auch schon öfters gefragt: Wieso werden die immer wieder im Vorfeld von allem möglichen gerne zitierten Hellseher niemals nachher befragt, warum ihre Vorhersagen falsch waren?

Natürlich, wenn eine Zeitung sie unterstützt hat (wie in diesem Fall), will sie ihr eigenes Gesicht wahren, aber warum bemüht sich nicht eine andere darum, die Dame mal vor ein Mikrophon zu bekommen?

Lindwurm
27. Mai, 2007 13:09

Zur “Bild” muss man ja nicht mehr viel Worte mehr verlieren. Skrupelloser Pseudojournalismus halt. Dass auch die Exekutive auf “Hellseher” zurückgreift, ist nichts neues und der Neigung der Menschen, in Extremsituationen Zuflucht beim Irrationalen zu suchen, geschuldet. Die Polizei muss auch diesen Hinweisen nachgehen, da sie ansonsten von der Yellow Press zerfetzt werden würde. Der konrekte Fall stinkt mir aber aus anderen Gründen: Aus den hunderten Fällen verschwundener Kinder haben sich die Medien diesen einen herausgepickt und blasen ihn zur Sommerstory 2007 auf, und zwar willkürlich. Und auch das Verhalten der Eltern – dieses fast schon professionelle Spielen auf der Medienorgel, diese Schamlosigkeit im Angesicht der persönlichen Katastrophe – finde ich etwas eigenartig.

M'Urmel
28. Mai, 2007 02:32

Traurig, aber die bittere Wahrheit, dieses Land mutiert immer mehr zum “51st state”, auch wenns zahlenmässig nicht mehr ganz hinhaut.
Und was soll ich sagen, es ist immer dasselbe, Medien picken sich einen Fal heraus und schlachten ihn aus. Bedauerlich, aber verkauft sich halt. Auf der Autobahn würden die Leute ja auch gern stehen bleiben und den Verletzten beim Unfall zuschauen…