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Feb 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (15)Heute: The Mechanik

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

mechanik1USA 2005. Regie: Dolph Lundgren. Darsteller: Dolph Lundgren, Ben Cross, Olivia Lee u.a.

Ich bin ein Fan von Actionfilmen, aber nicht von den billig gemachten “direct to DVD”-Heulern, die in der Videothek die Regale verstopfen. Alle vier oder fünf Jahre schaue ich mir mal einen neueren Seagal oder van Damme an, aber nur um zu sehen, was der aktuelle Stand der Dinge ist. Und es ist meistens keine schöne Erfahrung: Seagal als fetter Action-Brando lässt sich selbst fürs Rolltreppe fahren doubeln, und van Damme spielt immer noch ausschließlich sich selbst. Und das nicht mal besonders gut (mit Ausnahmen).

Dolph Lundgren hingegen ist ein Sonderfall. Ich geb’s gerne zu – ich habe einen “man crush”, was den baumlangen Schweden angeht. Anfang der 90er habe ich ihn mal flüchtig getroffen, und er ist wirklich extrem freundlich und bescheiden. Er hat keine der Arschloch-Attitüden, die so viele B-Stars “auszeichnen”. Außerdem war er erstaunlich lange so knapp dran, in die A-Liga aufzusteigen. Allerdings hat er wie kein zweiter Schauspieler die Angewohnheit, sich die falschen Projekte zur falschen Zeit auszusuchen: “Red Scorpion” musste sich Kooperation mit einer brutalen Diktatur vorwerfen lassen, “The Punisher” (ein Meisterwerk!) bekam in den USA keinen Kinostart, weil die Produktionsfirma pleite ging, und “Dark Angel” wurde eher schlecht als recht vermarktet. Am Ende etablierte sich Lundgren in den Top 5 der B-Actionstars, neben Seagal, van Damme, Snipes, und einem weiteren Kollegen, den ihr auswählen dürft.

Mittlerweile dreht Dolph ausgiebig für NuImage, und seit er 2004 bei “The Defender” für den erkrankten Sid Furie einsprang, nimmt er auch gerne mal auf dem Regiestuhl platz. Und aus genau diesem Grund wollte ich “The Mechanik” sehen – der Film hat mit 5,5 nicht nur eine erstaunlich hohe Wertung bei der IMDB, sondern er wird auch von Fans als Beweis von Lundgrens vielfältigen Fähigkeiten angeführt, wenn man ihn denn nur mal machen läßt.

Niemand würde sich mehr über eine neue Underdog-Erfolgsstory freuen: abgehalfterter B-Schauspieler nimmt nach vielen frustrierten Jahren die Zügel selbst in die Hand, und beweist der zynischen Branche, wie man richtig gute Kracher der zweiten Liga dreht.

“The Mechanik” handelt von Nikolai Cherenko, einem ehemaligen Speznaz-Soldaten, dessen Familie von einem Gangsterboss eher beiläufig ermordet wird. Cherenko rächt sich, aber Bösewicht Popov überlebt. Jahre später lässt sich Cherenko überreden, eine entführte junge Frau aus Sankt Petersburg zu befreien, weil es ihm die Chance bietet, Popov endgültig kalt zu machen.

So weit, so Standard. Der Plot ist wirklich an keiner Stelle neu, oder überraschend. Und ich sage es ungern: der Rest des Films auch nicht.

Fangen wir mal mit der vielerorts gelobten Regieleistung von Lundgren an, die ich im wohlwollendsten Fall als “nicht existent” beschreiben möchte. Emotionale Momente werden abgehackt, die Schauspieler wirken hilflos (Ben Cross übertreibt schamlos), und immer wieder verliert die Kamera das Geschehen aus den Augen. Eine unerträgliche Menge an Zeitlupen und Stakkato-Schnitten kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Action keinen Rhythmus besitzt, und die großen Schießereien eher unübersichtlich und fade sind. Hier wurde versucht, im Schneideraum zu retten, was am Set versäumt wurde. Es hat nicht funktioniert.

Den Charakter Nikolai, den Lundgren komplett stoisch spielt, kann der Zuschauer an keiner Stelle nachvollziehen: Ex-Soldat, dann liebender Familienvater, dann Racheengel, dann Mechaniker in Amerika, dann Auftrags-Söldner – statt die Figur mit einer Motivation auszustatten, wird sie wie die Sau durchs Dorf getrieben, und das fast wortwörtlich: die zweite Hälfte des Film befinden Cherenko und seine Kumpanen sich auf der Flucht durch die russische Pampa. Wo Actionhelden aktiv sein müssen, ist Cherenko nur noch reaktiv (an dieser Stelle hätte Doc Acula einen Witz vom Schlage “besser als radioaktiv, newahr?” gemacht).

Der mangelnde Fokus der Figur ist natürlich dem Drehbuch geschuldet – und weil Lundgren die Story erfunden hat, muss ich mich wirklich fragen, ob er bei seinen früheren Filmen nicht aufgepasst hat, wie sowas geht: “The Mechanik” ist derart konfus, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll.

mechanik2

Es ist ja prima, dass am Anfang Cherenkos Familie dran glauben muss – der Held braucht eine starke Motivation zur Jagd auf die Bösen. In der nächsten Szene allerdings knallt Nikolai bereits die Schuldigen ab, Popov überlebt eher aus Versehen. Man hätte diese komplett folgenlose Sequenz, die unserer Hauptfigur total die Luft rausläßt, weglassen können. Danach springt der Film für eine Szene sieben Jahre später nach Amerika, was dramaturgisch keine Bedeutung hat. Nikolai erfährt, dass Popov noch lebt. Seine Reaktion? Null. Auch als es ihm bei der großen Attacke auf Popovs Club wieder nicht gelingt, den Gangster zu töten, scheint er das eher unter “ärgerlich” abzuhaken. Der Wunsch nach Rache, den der Prolog aufbauen sollte, ist hier schon nicht mehr relevant.

Und dann der ganze Entführungsplot: Popov hat die reiche Tochter eines Oligarchen entführt – ist es wirklich üblich, so wertvolle Ware drogenabhängig zu machen, um sie als Prostituierte arbeiten zu lassen? Und ihre Heroinsucht scheint Julia nach ihrer Befreiung einfach zu vergessen – eine kalte Dusche, ein frischer Pullover, und sie ist so gut wie neu. Ich empfehle Lundgren dringlich, sich mal “French Connection II” anzusehen.

Besonders einfallslos ist “The Mechanik”, wenn es um die “Befreiungspläne” der “Spezialisten” geht. Wie soll Julia rausgehauen werden:? “Wir gehen in den Club, schießen alles zu Klump, und hoffen, dass wir lebend wieder rauskommen”. Wie stellt man sich den Gangstern, die unseren Helden seit drei Tagen auf den Fersen sind? “Schießen wir sie über den Haufen”. Dafür braucht man kein Speznaz-Team, dafür kann man sich auch ein paar Schläger vom örtlichen Luden ausleihen.

Weiter im Text: Als Nikolai Julia befreit hat, könnte er sie einfach der russischen Polizei übergeben. Aus irgendeinem Grund muss er sie aber persönlich und mit dem Auto an die finnische Grenze bringen. Die drei Tage Fahrzeit geben den Gangstern ausreichend Gelegenheit, Julia und Nikolai zu verfolgen. Warum genau ihnen das allerdings so wichtig ist, bleibt unklar. Augenscheinlich gibt es von Sankt Petersburg zur finnischen Grenze auch nur exakt EINE Straße, weshalb die Bösewichter genau wissen, wo sie suchen müssen. Nun sollte man meinen, dass Nikolai, um das Leben von Julia zu retten, wie ein Höllenhund aufs Gas tritt, um zur Grenze zu kommen. Leider nein: es wird eine eher gemächliche Landpartie, bei der man auch gerne mal längere Pausen einlegt, übernachtet, sich von Bauern verköstigen läßt, etc. Man hat ja keine Eile.

Der Showdown ist dann auch nicht besser: Popov und seine Schergen treten Nikolai und seinen Getreuen gegenüber – auf einer Straße, Waffen im Anschlag, ohne den geringsten Versuch, in Deckung zu bleiben. Vielleicht sollte das eine Anspielung auf klassische Western sein, aber es läßt alle Beteiligten wirklich strunzdumm und lebensmüde wirken.

Wie wenig Nikolai auch emotional mit dem eigentlichen Entführungsplot zu tun hat, sieht man dann sehr schön daran, dass er nach dem Tod von Popov aus der Handlung aussteigt, und die restlichen Filmminuten ganz ohne ihn zurecht kommen.

Zwei Randbemerkungen seien mir noch erlaubt: Lundgren scheint während der Dreharbeiten massive Gewichtsschwankungen durchgemacht zu haben. Teilweise sieht er so eingefallen aus, als hätte er in “He-Man” lieber den Skeletor spielen sollen, dann wieder wirkt er wohlgenährt und ausgeruht.  Zweitens: kann man den urbanen Mythos, ein gerissener Keilriemen ließe sich durch eine Damenstrumpfhose ersetzen, endlich mal ad acta legen? Es stimmt einfach nicht.

Kommen wir zum Fazit, und es wird nicht schön werden: “The Mechanik” ist ein krude inszenierter, durch die osteuropäischen Locations dröge aussehender Standard-Actionfilm ohne jede innere Logik, der an keiner Stelle den Zuschauer mitreißt, und sich in langweiligen Schießereien ergeht, weil für richtige Actionszenen zu wenig Geld vorhanden war. Dolph Lundgren der Regisseur weiß mit Dolph Lundgren dem Darsteller anscheinend nichts anzufangen.

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Sollte jemand allerdings einen deutlich besseren Lundgren-Kracher der letzten vier Jahre zu empfehlen haben, bin ich ganz Ohr.



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Tornhill
Tornhill
1. Februar, 2009 16:50

Och menno…ich würde jetzt irgendwie gerne widersprechen, aber ich wüsste nicht, wie…

Ist schon wahr, dass der Film keinen Sinn ergibt und ehrlich gesagt hätte ich nichtmal mehr halbwegs die Handlung erzählen können, aber irgendwie…war der gute Dolph (den ich natürlich auch mag. Wir erinnern uns: He-Man UND Punisher sein = Ultimative Maskulinität) halt mal wieder unerbittlich und schlecht gelaunt und meuchelte, wie ich es in meinem Alltag nicht tue.

Na ja…Seit vorgestern brauche ich aber ja ein solches Hilfskonstrukt nicht mehr, da ich jetzt endlich den “Punisher” auf DVD habe…wie passend, dass da heute Abend die zahme Jane-Version in der Glotze komme. Ein Double Feature bietet sich an.

Wortvogel
Wortvogel
1. Februar, 2009 16:53

@ Tornhill: Vom Lundgren-“Punisher” ist die Workprint-Fassung sehr sehenswert, die die Entstehung des Punishers zeigt. Die ungeschnittene Kinofassung (auf englisch) ist insgesamt aber die beste Version des Films.

Tornhill
Tornhill
1. Februar, 2009 17:13

Erfreulich – letztere müsste es sein, die ich nun mein eigen nenne!

(Vor Urzeiten sah ich mal die geschnittene deutsche Fassung auf Pro7, welche mich natürlich ziemlich kalt ließ…dann zeigte mir wer den “echten” Film und ich kam aus dem Staunen kaum noch heraus – da geht’s ja ab wie nur irgendwas!)

Tuser
Tuser
1. Februar, 2009 17:19

Danke, jetzt bin ich vorgewarnt und muss mir diesen Schund nicht selber antun.

Übrigens: Haben die im Titel einen Fehler gemacht:
Warum wird Mechanik mit k und nicht mit c geschrieben?
Vielleicht liegts an der Rechtschreibschwäche von Lundgren?

PabloD
PabloD
1. Februar, 2009 17:42

Beim flüchtigen Blick auf das DVD-Cover dachte ich erst, es geht schon wieder um den neuen Bond.

Baumi
Baumi
1. Februar, 2009 17:57

Wo ich gerade Bond höre: Was die einfallslosen Aktionspläne angeht, befindet sich Lundgrens Film in illustrer Gesellschaft: Das alberne und sinnlose “Ich mache jeden potentielle Quelle kalt statt sie zu verhören” ging mir beim neuen Bond gehörig auf den Sack – auch wenn es da etwas unbeholfen als Running Gag verpackt wurde, ändert es nichts daran, dass es für einen Agenten einfach strunzdoof ist, sich ohne Not so den Zugang zu Infos zu verbauen.

Hatte jetzt nix mit “The Mechanik” zu tun, musste aber mal raus. 🙂

Wortvogel
Wortvogel
1. Februar, 2009 18:04

@ Baumi: im Fall von “Quantum of Solace” würde ich das “ohne Not” aber massiv bestreiten.

Dieter
Dieter
1. Februar, 2009 19:50

@Tuser: ,,k” sieht vielleicht einfach nur ,,kuuler” aus. Oder russischer.

Ich habe irgendwo in einem Nachtprogramm mal einen Gesprächsausschnitt mit Lundgren gesehen: Der ist intelligent und wirkt sympathisch. Irgendwie ist er wohl darin gefangen, die Erwartungshaltungen bedienen zu müssen, um überhaupt etwas zu tun zu kriegen.

OnkelFilmi
OnkelFilmi
1. Februar, 2009 20:05

Ich bin ja recht zuversichtlich, daß mit Dolphs nächstem Film, “Command Performance”, ein recht unterhaltsamer Actioner auf uns zurollt. Zum einen, weil das Drehbuch von Steve Latshaw ist (der zwar auch kein Gott unter den Autoren ist, aber bei Actiongülle einen recht unterhaltsamen Trackrecord aufweisen kann), und sich recht amüsant gelesen hat, und weil Dave Legeno mitspielt.

Ein Problem, an dem Dolphs letzte Filme krankten, war immer die Tatsache, daß die Bad Guys immer wenigstens einen Kopf kleiner waren (meistens sogar mehr), und ihm auch sonst physisch kein Paroli bieten konnten. Das hatte oft was von “Roid Rage auf dem Kinderspielplatz”. Dave ist jedoch in etwa gleich groß und schwer, und hat wie auch Dolph einen Hintergrund im Vollkontaktsport (Lundgren ist ein 3. Dan Schwarzgurt im Kyokushinkai-Karate, Legeno ein ehemaliger Amateur-Wrestler, Kickboxer und MMA-Kämpfer), was (zumindestens theoretisch) in einenem netten Hand to Hand Showdown münden dürfte.

Der Trailer verspricht auf jeden Fall mal wunderbar trashige Actiongülle. Dolph als Drummer? Count me in!

http://www.movieweb.com/video/VIPV7RPQO5WmUP

Wortvogel
Wortvogel
1. Februar, 2009 20:09

@ Filmi: Ich stelle mal eine ganz defätistische These in den Raum – viele Trash-Fans stehen auf Steve Latshaw, weil er einer der wenigen Autoren ist, die sich ins Handwerk schauen lassen, und auf Emails von Fans tatsächlich antworten. Und jeder, der für seine Webseite mal ein Interview mit Latshaw gemacht hat, fühlt automatisch eine Verpflichtung, nicht ganz so hart mit ihm ins Gericht zu gehen.

Fakt ist: Latshaw hat “Raptor Planet” geschrieben. Nuff said.

OnkelFilmi
OnkelFilmi
1. Februar, 2009 20:10

Ach ja, wer mal was wirklich unfreiwillig komisches mit Le Dolph sehen will:

http://www.youtube.com/watch?v=ZifsUlirvVc
http://www.youtube.com/watch?v=cjmdQikR73E

Russisches Celebrity-Boxen, bei dem Dolph auf Oleg Taktarov, Schauspieler (15 Minutes, Bad Boys 2) und ehemaliger UFC-Kämpfer, trifft.

Sieht nach ‘nem Fix aus, aber trotzdem auf eine bizarre Art und Weise amüsant…

OnkelFilmi
OnkelFilmi
1. Februar, 2009 20:17

Dein Blog frisst wieder meine Kommentare!

Hast Du “Planet Raptor” denn inzwischen gesehen? Der Produzent Jeff Franklin soll da ziemlich viel gestrichen und neu geschrieben haben (lagen ja auch mehr als 2 Jahre zwischen Steve’s Script und Drehbeginn), Steve meinte nur “Scheissegal, ich hab wenigstens mein Geld bekommen”.

Wortvogel
Wortvogel
1. Februar, 2009 20:22

Der Blog frisst keine Kommentare – was Links hat, muss aber von mir freigegeben werden.

“Raptor Planet” habe ich halb gesehen, und ich sage nur: “Raptor Island” war dagegen “Citizen Kane”. Lach nicht, wart’s ab…

“Scheissegal, ich hab wenigstens mein Geld bekommen” – das kenne ich! 🙂

OnkelFilmi
OnkelFilmi
1. Februar, 2009 20:34

Du arbeitest aber auch glaube ich mit Produzenten zusammen, die auch wirklich bezahlen. Jeff Franklin soll… ein etwas anderer Fall sein 😉

“I haven’t worked for Jeff since 2005. The last I heard from him was last year. He asked me to write a TV pilot for him. I said, ‘Great… what’s the deal?” End of conversation… as Gary (Jones) told me, “You asked Jeff the wrong question. You asked for money…”

Dann gib doch mal die anderen beiden Dolph (irgendwie will ich immer Dolpf schreiben!) Links frei.

Peroy
Peroy
2. Februar, 2009 02:02

““The Punisher” (ein Meisterwerk!)”

Und ich muss mir hier “Van Helsing” vorwerfen lassen… *lol* 😛

vertigoaddict
vertigoaddict
2. Februar, 2009 10:37

Ich konnte mit Dolph nie besonders viel anfangen und auch der Trailer zum kommenden “Command Performance” überzeugt nicht hundertprozentig – könnte aber trotzdem irgendwie lustig sein. Und nach den ersten Berichten freue ich mich mittlerweile schon fast drauf. “Die Hard” in der Rock Arena: http://www.youtube.com/watch?v=HQ6a55YLv9E