13
Mai 2008

„Writers get no pussy“ – und andere Dinge, die ich von Harry Towers gelernt habe (4)

Themen: Film, TV & Presse |

99 Women hardcoreHarry fand meine Idee eines “99 Women”-Remakes nicht schlecht – und präsentierte mir tags darauf ein fertiges Skript! Was soll ich sagen: Der unvermeidliche Peter Jobin hatte bereits Jahre zuvor ein Remake geschrieben. Allerdings war diese Version besonders schlecht, denn sie hielt sich sklavisch an die Vorlage, und funktionierte auf emotionaler Ebene rein gar nicht. Glücklicherweise sah man das bei Tandem auch so, und gab mir einen Vertrag, die neue Fassung nach meinen eigenen Vorstellungen zu schreiben.

Zu meiner eigenen Überraschung ging mir die Arbeit extrem leicht von der Hand. Das Genre „Frauenknast-Film“ hat einfach eine derart etablierte Struktur, dass man sich daran prima entlang hangeln kann. Ein guter WIP (women in prison) Film unterscheidet sich von einem schlechten meistens nicht durch die Handlung, sondern nur durch die Qualität der Produktion, der Darsteller, und der Dialoge (und, wenn man sowas für wichtig hält, den Härtegrad der Sex- und Gewaltszenen).

Als Hauptdarstellerin hatte ich Eva Habermann im Kopf, die mir für die Rolle der „Sandra Hartwig“ ideal vorkam. Es hilft ungemein, wenn man als Autor schon vorab weiß, für wen man schreibt. Bei der bösen Gefängnisleiterin „Karima“ hatte ich Trash-Ikone Julie Strain vor Augen (wäre aber auch mit Brigitte Nielsen zufrieden gewesen), während meine perfekte beinharte „Lee“ die englische Schauspielerin Emily Booth als Vorbild hatte. Der böse Gouverneur „Sig Forester“ war eine Paraderolle für Malcolm McDowell, und der ölige „Erwin Dietrich“ (benannt nach dem nicht minder öligen Porno-Produzenten) war Jeffrey Combs auf den Leib geschrieben.

Emily Booth

Ich bin mit dem Ergebnis der Arbeit bis heute sehr zufrieden – „99 Women“ ist eines meiner besten Drehbücher, vollgepackt mit Action, echter Dramatik, ein paar wirklich coolen Sprüchen, und farbigen Charakteren. Alles drin, alles dran. Lasse ich mir auch nicht ausreden.

Zuerst war angedacht, „99 Women“ für RTL2 zu verfilmen, nach dem „Sumuru“-Muster. Doch aus konzerninternen Gründen wollte man sich dort mehr auf den Reality-Trend konzentrieren. RTL war eine Weile lang interessiert, aber daran kann ich mich kaum noch erinnern. Irgendwann saßen wir dann bei ProSieben. Ich wusste, dass der damalige Programmchef Thomas Schultheiss ein Fan von Eva Habermann war, und weil die Schauspielerin schon zugesagt hatte, gingen wir mit ziemlich guten Karten in das Spiel. Natürlich präsentierten wie „99 Women“ nicht als Frauenknast-Film der Liga „Chained Heat“ oder „Bare behind bars“, sondern bezogen uns gerne und häufig auf „Brokedown Palace“ mit Claire Danes, und den sehr erfolgreichen Ferres-Zweiteiler „Für immer verloren“ von SAT.1. Am Ende des Nachmittags hatten wir tatsächlich eine Zusage vom Sender: Man war in Unterföhring bereit, einen erklecklichen Anteil des Budgets zu übernehmen, sofern auch bei den anderen Darstellern und bei der Regie gute Leute zur Verfügung standen.

Harry war in dieser Zeit schon fleißig auf der Suche nach einem geeigneten (= billigen) Drehort, um die Beteiligung von ProSieben zu maximieren. Ich schrieb in den folgenden Monaten das Drehbuch mehrfach um – für Osteuropa, für Indien, für Afrika, für Asien. Außerdem passte ich die Figur von Lee wiederholt an, um Schauspielerinnen zu ködern, die uns auf dem US-Markt helfen sollten (eine davon war Tia Carrere).

Ein Problem war definitiv das Gefängnis selbst: Harry plante, irgendein altes Gemäuer dafür herzunehmen, und etwaige Innenaufnahmen preiswert im Studio zu drehen. Das schien mir nicht realistisch genug. Verlassene Gefängnisse gab es selten dort, wo sich bequem drehen ließ. Eine Inspiration war für mich ein Gefängnis, welches ich auf einer USA-Rundreise in Nevada gesehen hatte: Dort waren einfach ein paar Bau-Container von vier Wachtürmen und Stacheldraht-Zäunen umgeben, mitten in der Wüste. Zurück in Deutschland fand ich eine Firma, die europaweit ganze Container-Städte aus dem Boden stampfen konnte, inklusive funktonierender Kantinen und Duschen. Das schien mir ideal: Die Firma würde Auf- und Abbau übernehmen, und wir müssten nur die Leasing-Kosten zahlen. Drehort konnte dort sein, wo es uns am besten gefiel. Um zu verdeutlichen, wie ich mir die Anlage vorstellte, baute ich sie kurzerhand mit Lego-Steinen nach, machte ein paar Digital-Fotos, und schickte sie an alle Beteiligten. Da sage noch einer, ich gäbe nicht 150 Prozent!

Lego Camp

Damit nicht genug – mühselig pinselte ich am PC auch noch einen Grundriss zusammen, der den Lesern des Drehbuches klarmachen sollte, von wo nach wo die Figuren denn immer rennen:

Straflager Plan

Seid ihr nicht froh, dass ich wirklichen jeden Scheiss aufhebe?!

Dorian GrayEs half uns massiv, dass Tandem zu diesem Zeitpunkt die „Ring der Nibelungen“-Miniserie in Südafrika drehte, und deshalb mit vielen bekannten Schauspielern in Kontakt stand. Obwohl wir eine unverbindliche Zusage von Malcolm McDowell hatten (mit dem Harry in dieser Zeit eine Neuverfilmung von „Das Bildnis des Dorian Gray“ drehte), freute es uns sehr, dass Julian Sands nach Lektüre des Drehbuches Interesse signalisierte, Sig Forester zu spielen.

Was mich allerdings wirklich umhaute, war die Besetzung der taffen „Lee Walker“: Emily Booths Agentur hatte sich erstaunlich zickig angestellt, darum hatten wir sie nicht weiter verfolgt. Es gab eine der üblichen Listen mit Darstellerinnen (gerne unterteilt in A, B, und C Kategorien), auf die ein Sender immer mal Namen schreibt, die völlig illusorisch sind. Es steht einfach zu bezweifeln, dass eine Darstellerin wie Charlize Theron nur darauf wartet, sich in „99 Women“ nackt unter die Dusche zu stellen. Trotzdem muss man fragen (oder so tun), damit der Sender zufrieden ist.

Shannon ElizabethAuf unserer Liste stand auch die leckere Shannon Elizabeth, Filmfans noch bekannt durch ihre beeindruckende Masturbationsszene in „American Pie“. Ich war überzeugt, bei ihr auf Granit zu beißen – schließlich hatte sie in der erfolgreichsten Comedy ihrer Generation mitgespielt. Aber Tim Halkin, Ko-Besitzer von Tandem, traf sich mit ihr Los Angeles, und berichtete begeistert: „Sie ist total heiß auf die Rolle! Sie hat schon versprochen, sich die Haare abzuschneiden und ein paar Monate lang hart zu trainieren, um glaubwürdig eine Ex-Soldatin spielen zu können!“. Da war ich wirklich baff. Was ich unterschätzt hatte: Shannon war dringend auf der Suche nach einer Rolle, mit der sie das Image als süßes Sex-Kätzchen loswerden konnte.

Damit hatten wir eine geradezu unglaubliche Besetzung für meinen kleinen Frauenknast-Film beisammen: Eva Habermann, Shannon Elizabeth, Malcolm McDowell, Julian Sands. Julie Strain winkte allerdings ab – sie hatte keine Lust, außerhalb Kaliforniens zu drehen.

Fehlte noch der Regisseur. Ich selber wollte nach den hervorragenden Erfahrungen mit Darrell Roodt bei „Sumuru“ wieder auf den Südafrikaner zurückgreifen, aber der war ProSieben nicht „edel“ genug. Also schaute ich in Harrys Filmographie nach, zu wem er noch Kontakte hatte. Und ich stieß auf Tobe Hooper. Genau – Tobe „Texas Kettensägenmassaker“ Hooper. Er hatte für Harry u.a. „The Mangler“ und „Living Nightmare“ gedreht. ProSieben konnte ich ihn perfekt als „Der Regisseur von ‘Poltergeist’“ verkaufen. Das war Hollywood A-Klasse. Wer wusste schon, welchen Schund Hooper in den letzten Jahren runtergekurbelt hatte?

Wieder wurde ich überrascht – diesmal unangenehm: Hooper hatte gerade für seinen Spezi Spielberg die erste Episode von „Taken“ gedreht, und wähnte sich abermals auf dem „Weg nach oben“. Er ließ uns wissen, dass er in seinem Alter kein Interesse mehr habe, außerhalb der USA zu drehen.

In dieser Zeit trat ich auch meine erste und einzige Reise mit Harry an: Es ging nach Kroatien, wo wir die Möglichkeiten checken wollten, an der Adria-Küste zu drehen. Es passt im Nachhinein prima ins Bild, dass das angeblich von Harry bezahlte Flugticket nach Zagreb in München am Schalter nicht vorlag, und ich die Kosten aus eigener Tasche vorstrecken musste. Von Zagreb aus fuhren wir vier Stunden nach Zadr an die Küste, begleitet von einem Führer, der schon oft für Filmproduktionen gearbeitet hatte, und gute Drehorte kannte. Man darf Kroatien nicht unterschätzen: Hallmark hat dort in den letzten Jahren ein paar aufwändige Miniserien gedreht, unter anderem „La femme musketier“ (ein Idee, die ich selber mal für Tia Carrere hatte), und – taraaa!!! – „King Solomon’s Mines“, allerdings mit Patrick Swayze. Auf der langen Fahrt erfuhren wir viel über das vom Krieg teilweise zerstörte Land, z.B., dass die Wälder, in denen in den 60ern die „Winnetou“-Filme gedreht wurden, mittlerweile Nationalparks sind, und für Dreharbeiten damit tabu.

Die Gegend um Zadr war wirklich perfekt für „99 Women“ – öde Steppen, raue Küsten, türkisfarbenes Meer, gutes Wetter. Nur ein passendes Gebäude für das „Gefängnis“ fand sich nicht (Harry tat sich schwer mit meiner Idee einer Container-Anlage). Es gab noch ein weiteres Problem: Zadr lag zu sehr abseits, große Teile des Equipments mussten von Zagreb herbei geschafft werden, und es machte logistisch keinen Sinn, die Darsteller morgens und abends zwei Stunden zum Hotel und zurück fahren zu müssen. Das geht ja alles von der Drehzeit ab.

Wenigstens erlebte ich mit Harry in Kroatien ein paar echte Abenteuer…

Einer unserer Ausflüge führte uns in ein kleines Hafenstädtchen, von wo aus wir mit einer Barkasse zu einer Insel fahren sollten. Das kleine Boot schwankte heftig, und bei der Rückfahrt kam es, wie es kommen musste: Der etwas unsichere Harry stolperte, und schlug beim Ausstieg am Kai der Länge nach auf das Kopfsteinpflaster! Dabei schrammte er sich das Knie auf, und hatte einen breiten Riss in der Stoffhose. Dumm gelaufen, denn wir hatten an diesem Tag noch einiges vor. Was tun? Harry ließ sich nicht eine Sekunde lang aus dem Konzept bringen: Wir gingen in ein Café am Hafen, wo er die Kellnerin (nach Versorgung durch ein Pflaster) überredete, die Hose leidlich zu flicken. Sie verschwand in einem Nebenraum, und wir tranken solange gemütlich einen Kaffee – Harry allerdings ohne Hosen. Er war nicht zu irritieren.

Am Abend waren wir wieder im Hotel, wollten uns allerdings noch ein paar potentielle Drehorte ansehen. Ich saß mit dem Fahrer in der Lobby, während Harry in seinem Zimmer verschwand, um sich frisch zu machen. Als er nach einer Stunde nicht wieder aufgetaucht war, machte ich mir Sorgen – Harry sah ja immer so aus, als wäre der Schnitter gerade mal zwei Schritte hinter ihm. Also ging ich zu seinem Zimmer, und horchte ein wenig an der Tür. Deutlich war zu hören, dass er am Telefon diskutierte. Er war also weder tot – noch unter der Dusche. Ich erlaubte mir, zu klingeln. Nach ein paar Sekunden öffnete Harry mir die Tür, und in manch einsamer und dunkler Nacht lässt mich der Anblick heute noch schweißgebadet aufschrecken: In der rechten Hand hielt Harry sein Handy, in der linken ein Clipboard, mit dem er mir behelfsmäßig den Anblick seines Gemächts ersparte. Er war nackt. Das schien ihn aber weniger zu stören als mich. Er flüsterte bloß: „Ich bin gleich fertig“. Das war ich dann auch.

Insgesamt war der Trip nach Kroatien durchaus vielversprechend, auch wenn er keine Königslösung erbracht hatte. Außerdem genoss ich die Autofahrten, auf denen Harry nicht mit Anekdoten von Noel Coward bis Orson Wells geizte. Zum Beispiel erzählte er mir großer Freude davon, dass Wells ihn mal prima über den Tisch gezogen hatte – der notorisch klamme Schauspieler hatte bei Harry zwar keinen Kredit (den hat wohl niemand), aber er brachte ein paar Skripts mit, deren Rechte er zu verscherbeln bereit war. Harry roch die Gelegenheit, für wenig Geld an Drehbücher von Orson Wells zu kommen, schlug zu – nur um einige Zeit später zu erfahren, dass Wells ihm einfach ein paar Drehbücher untergejubelt hatte, die ihm selber von anderen Autoren zugeschickt worden waren.

Harry reist übrigens immer Erste Klasse, und steigt auch nur in den besten Hotels ab. Ich glaube nicht, dass er reich ist, aber ich verstehe seine Philosophie, die er mir einmal erklärt hat: „Ich verbringe mein Leben damit, Filme zu machen, und dafür muss ich ständig reisen. Wenn ich am Ende meines Lebens schon sonst nichts vorzuweisen haben, dann will ich doch wenigstens immer gut gegessen und geschlafen haben.“

In diesem privaten Umfeld kam auch deutlich heraus, wie sehr Harry Frauen als Ware sieht, und allenfalls als hübsches Beiwerk in seinen Filmen. Wenn er ein hübsches „arm candy“ für ein Festival oder eine Filmmesse brauchte (seine Frau verreist nicht gerne), dann verspricht er einfach einem Penthouse Pet oder einem Playboy Bunny eine große Filmkarriere. Klappt nach seiner Aussage immer. Harry war es auch, der mir riet, Regisseur oder Produzent zu werden, falls ich aus meiner Arbeit auch sexuelles Kapital schlagen wolle. Da Autoren bei der Besetzung nicht mitzureden haben, sind sie für aufstrebende Starlets uninteressant. Oder, um es mit Harry zu sagen: „Writers get no pussy“. Um eine besonders blöde Schauspielerin zu charakterisieren, formulierte er es mal so: „She is so stupid, she fucks writers“.

Trotzdem, ich mag ihn. Wirklich.

Moll FlandersZurück in Deutschland wartete das nächste Problem: Harry versuchte, Eva mit einem seiner berüchtigten „Double Feature“-Deals zu ködern: Für einen gewissen Aufpreis sollte sie gleich zwei Filme „back to back“ drehen. Er hatte auch schon das richtige Projekt: „Moll Flanders“, ein Spätwerk des extrem exzentrischen Regisseurs Ken Russell. Harry pries mir das Skript als „elegantes erotisches Meisterwerk“ an, und ich schickte es aus Zeitdruck ungesehen an die Agentur von Eva Habermann. Zwei Tage später hatte ich einen extrem verstörten Agenten am Telefon, der vor allem eins wissen wollte: „Wenn Eva die Rolle ablehnt – ist sie dann auch aus ’99 Women’ raus?“. Während er sprach, blätterte ich ein wenig in „Moll Flanders“ – und wurde bleich. Es mochte Kunst sein, aber war auch verdammt nah am Hardcore-Porno. Ich beeilte mich, dem Agenten zu versichern, dass Eva unsere Wahl für „99 Women“ sei, und entschuldigte mich dafür, „Moll Flanders“ vorgeschlagen zu haben.

Übrigens ist Harry gerade wieder mal dabei, „Moll Flanders“ auf die Beine zu stellen (und dann aufs Kreuz zu legen, wenn ich mal im Tenor des Films bleiben darf). Da bin ich gespannt.

Okay, es sah also alles ganz gut aus – wir hatten die Darsteller, waren nun auch mit Darrell Roodt als Regisseur (und Giulio Biccari als Kameramann) zufrieden, und es kristallisierte sich heraus, dass wir vermutlich in Südafrika oder Kroatien drehen würden. Dank der recht hohen Beteiligung von ProSieben brauchten wir nur eine begrenzte Menge an internationalen Vorverkäufen (DVD, Asien, Osteuropa), um „99 Women“ zu stemmen.

Ich hatte keinen Zweifel, dass der Film massiv „ass kicken“ würde.

Und dann kam der Anruf.

Harry bekam den Rest des Geldes nicht zusammen. Nicht mal das bisschen, was wir noch brauchten (ungefähr die Hälfte der Summe, zu der er sich vertraglich verpflichtet hatte). Nix. Er erzählte was davon, dass „99 Women“ kein Genre-Film sei, und damit notorisch schlecht im Markt platzierbar. Hätte er das nicht vorher wissen können?

Sechs Wochen vor Drehstart brach die Produktion zusammen. „99 Women“ wurde abgesagt. ProSieben hatte eine Stinkwut, und Tandem musste erst einmal Schadensbegrenzung betreiben, auch bei den Schauspielern. Mein Honorar für das Drehbuch, dessen Auszahlung ich auf gut Glauben bis zum Produktionsstart zurückgestellt hatte, sah ich nie. Auch nicht die 600 Euro für den Flug nach Zagreb, die ich ja letztlich selbst bezahlt hatte.

Binnen eines Tages wurde aus einem Prestige-Projekt ein totaler Rohrkrepierer.

Ich tröste mich bis heute mit dem Gedanken, dass das häufiger vorkommt, als man meinen mag.

Seither habe ich immer mal wieder versucht, das Drehbuch an den Mann zu bringen – da Harry mich nicht bezahlt hat, gehört es mir (nur den Titel musste ich ändern – Arbeitstitel ist nun „Trapped“). Aber der „goldene Moment“ ist vorbei. Ich gebe die Hoffnung trotzdem nicht auf. Es ist ein klasse Skript, und die Produktion ist soweit vorbereitet, dass sie sich leicht wieder anschieben ließe, Cast-Änderungen inklusive. Irgendwann wird es diesen Film geben, und er wird gut sein.

Und Harry? Er hat mir nach dem Debakel fröhlich weiter Skripts geschickt, die ich für ihn in Deutschland platzieren sollte. Ich habe es nicht getan. Nicht aus Verbitterung – es war einfach nichts dabei, was brauchbar gewesen wäre. Beleidigte Leberwurst spielen bringt in dieser Branche gar nichts.

Ein paar Monate später nutzte ich aber Harrys (zumindest rudimentär vorhandenes) Gewissen dann doch mal aus: Er hatte mir immer von seiner tollen Wohnung in London erzählt, die auf seinen Reisen als Zwischenstation dient. Als ich mit meinem Ko-Autor mal nach London fliegen wollte (wo die Hotels notorisch teuer sind), fragte ich Harry rundheraus, ob ich für die paar Tage seine Wohnung haben könnte. Konnte ich. Und es ist wirklich ein Prachtstück, in exzellenter Lage. Ich habe es genossen. Zu unserer Überraschung war die Wohnung allerdings nicht leer – die Tür öffnete uns die kanadische Schauspielerin Hunter Phoenix:

Hunter PhoenixHarry Alan TowersDanach habe ich lange nichts mehr von Harry gehört. Seit ich nicht mehr bei Tandem arbeite, bin ich für ihn auch nicht so interessant. Vor ein paar Wochen kam aber eine Email – er wollte wissen, ob ich noch eine aktuelle Fassung des „99 Women“- Drehbuches hätte, denn es gäbe Interesse vom amerikanischen Markt (im Zusammenhang mit dem Autorenstreik, schätze ich). Man stelle sich vor: Harry bittet um Zugriff auf ein Drehbuch, das er mir nie bezahlt hat. Ich habe ihm geantwortet, dass er sich künftig mit solchen Anfragen an meine Agentin wenden müsse. Er hat es nicht getan.

Aber schlagt mir den Kopf ab: Es war den Ärger wert. Es gibt nicht mehr so viele Legenden da draußen. Und ich habe eine kennen gelernt.



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Peroy
Peroy
13. Mai, 2008 02:37

“Fehlte noch der Regisseur. Ich selber wollte nach den hervorragenden Erfahrungen mit Darrell Roodt bei „Sumuru“ wieder auf den Südafrikaner zurückgreifen, aber der war ProSieben nicht „edel“ genug. Also schaute ich in Harrys Filmographie nach, zu wem er noch Kontakte hatte. Und ich stieß auf Tobe Hooper. Genau – Tobe „Texas Kettensägenmassaker“ Hooper. Er hatte für Harry u.a. „The Mangler“ und „Living Nightmare“ gedreht. ProSieben konnte ich ihn perfekt als „Der Regisseur von ‘Poltergeist’“ verkaufen. Das war Hollywood A-Klasse. Wer wusste schon, welchen Schund Hooper in den letzten Jahren runtergekurbelt hatte?”

Jetzt mach’ den Mann nicht schlechter als er ist…

Stony
Stony
13. Mai, 2008 06:40

Sehr schöner 4-Teiler (ich nehme an das war es jetzt?) mit interessanten Einblicken in die Entstehungswelt von Filmen und die Leute drumrum. Das Ganze hat mir einige angenehme Minuten des Lesens, Lachens und Nachdenkens beschert.
Wenn auch nur ein kleiner Ausschnitt aus dieser Welt, so doch ein recht witziger und ich würde mir wünschen mehr über die kleinen Geschichten, die Harry dir zum Besten gegeben hat, zu erfahren, also wenn du dich noch an mehr erinnerst immer her damit! 🙂

Wortvogel
Wortvogel
13. Mai, 2008 10:28

@ Peroy: Hast du mal “Living Nightmare”, “Toolbox Murder” oder “Crocodile” gesehen?!

@ Stony: Das war’s. Sollte mir noch was einfallen, wird es nachgeliefert. Aber wie gesagt: Harry hat Grund genug, weite Teile seiner Vergangenheit unter Verschluss zu halten.

Peroy
Peroy
13. Mai, 2008 12:50

“@ Peroy: Hast du mal “Living Nightmare”, “Toolbox Murder” oder “Crocodile” gesehen?!”

Ja. MEHRMALS. “Toolbox Murders” war großartig.

HomiSite
13. Mai, 2008 13:35

Echt sehr spannend zu lesen! Solche “Charaktere” wie Harry Towers gibt’s heute wohl nicht mehr in der Branche, oder?

PS: “Rura Pente”, LOL.

Achim
Achim
13. Mai, 2008 14:06

Aha, ein großartiger Frauenknastfilm?

So etwas kann ich nicht glauben, ebenso wie ich alle Katastrophenfilme für Filmkatastrophen halte, finde ich, Frauenknastfilme gehören hinter Gitter, für immer!

Gut, dass daraus nichts geworden ist, sonst hätte mein Lieblingssender wieder wertvolle Sendezeit für Müll verschwendet.

Achim
Achim
13. Mai, 2008 14:08

Gerade habe ich mal zum Spaß Hunter Phoenix in der IMDB nachgeschlagen. Wow, die heißt ja wirklich so!

nameless
nameless
13. Mai, 2008 15:48

“Ja. MEHRMALS. “Toolbox Murders” war großartig.”

kenn ich nich… aber “mortuary” ist ganz nett. nicht unbedingt ein sehr guter film, aber auch bei weitem nicht so schlecht wie er meist gemacht wird.

Peroy
Peroy
13. Mai, 2008 16:42

Ja, den mochte ich auch.

Hendrik
13. Mai, 2008 19:43

Wegen solcher Beitragsreihen liebe ich diesen Blog!
Informativ, nette Anekdoten, man bekommt einen Blick hinter die Kulissen – und wie immer sehr pointiert geschrieben.

Andy Simon
28. Mai, 2008 16:51

Anscheinend kommt ja alles irgendwann wieder… (siehe Link)