Der Wortvogel: aufgeblasen und abgehoben
Themen: Neues |Ich habe meinen Geburtstag dieses Jahr (erneut) auf Ibiza verbracht – und ja, es war ein Geburtstag voller Highlights, von denen ich separat noch erzählen will.
Das HighlightHighlight (äquivalent zum FilmFilm auf SAT.1) war eine Ballonfahrt, die ich für euch protokolliert habe. Macht man schließlich nicht jeden Tag.
Wir mussten um 5.30 Uhr raus, weil es zu den Highlights (da ist dieses Wort schon wieder!) gehört, den Sonnenaufgang über der Insel zu genießen. Also machten wir uns zeitig auf den Weg zu einem Restaurantparkplatz ziemlich exakt in der geografischen Mitte von Ibiza. Die LvA hat an so einem Event kein Interesse und hielt nach einem Café mit früher Öffnungszeit Ausschau, während ich Kontakt zu dem französischen Ehepaar aufnahm, das den Trip ebenfalls gebucht hatte.
Pünktlich um 7 Uhr kam Juan mit seiner Ehefrau und dem Sohn (?) vorbei, um uns einzusammeln. Es ist schon bemerkenswert, dass der Ballon und die Gondel auf einen kleinen Hänger passen:
Wir fuhren eine Viertelstunde gen Osten bis zu einem kleinen Feld westlich von Santa Eulalia. Hier luden wir den doch ziemlich schweren Korb mit den Gasflaschen ab und Juan testete erstmal, ob die Feuerung korrekt funktionierte:
Passt. Man denkt sich als Laie, dass das bestimmt brutal faucht. Und das tut es. Der Gedanke, eine ganze Weile direkt da drunter zu stehen, ist leicht gruselig.
Danach wurde der Ballon ausgerollt wie ein Schlauchboot oder eine Luftmatratze, nur erheblich größer. Sicher nicht das neuste Modell, muss es aber auch nicht sein:
Die Gondel wird auf die Seite gelegt und mit dem Ballon verbunden. Dieser wird dann zuerst mit einem benzinbetriebenen Ventilator aufgeblasen. Das ist leichter zu zeigen also zu erklären, darum habe ich zum Handy gegriffen:
Besonders cool-o-mat – kaum war der Ballon halbwegs aufgeblasen, durften wir reinlaufen und uns fotografieren lassen!
Unter Zuhilfenahme von etwas Gasflamme erhebt sich der Ballon dann langsam und richtet auch den Korb selbsttätig wieder auf:
Und dann geht es relativ fix in die Höhe – wenn ich die Instrumente an Bord (ein iPad) richtig interpretiert habe, auf über 100 Meter:
Wie sich das anfühlt? Kitzelig im ersten Moment, besonders wenn man das erste Mal aus der Gondel schaut und sieht, dass man quasi auf einem Aussichtsturm steht – ohne Turm. Aber die Mulmigkeit verflog schnell, zumindest bei mir.
Und dann – war es atemberaubend. Wir sahen hinter Eulalia die Sonne aufgehen und konnten tatsächlich die ganze Inseln überschauen, von Eulalia nach Eivissa, über San Antoni bis zur nördlichen Spitze:
Ja, das ist wirklich ein Erlebnis. Ein Highlight. Ein HighlightHighlight.
Im Korb ist es übrigens sehr eng, denn es müssen vier Passagiere und zwei Gasflaschen aufpassen, sich nicht auf die Füße zu treten:
Das ist aber weitgehend egal, weil man sowieso damit beschäftigt ist, von seiner Ecke der Gondel aus nach draußen zu schauen.
Eine erstaunliche Erkenntnis: Dort oben hörte ich hauptsächlich Hunde bellen. Es war das dominante Geräusch, das zu uns heraufschallte.
Der leichte Wind trieb uns nach Westen, in Richtung Santa Gertrudis und San Antoni. Wo immer wir über Schulen oder größere Höfe flogen (fuhren, um genau zu sein, obwohl ich schweben für den korrekten Begriff halten würde), winkten uns Kinder und riefen uns begeistert zu, was unser Captain Juan erwiderte.
Klar kann man Ibiza bei Google Maps auch von oben sehen, aber erst wenn man physisch über den Dingen steht, werden einem Zusammenhänge und Auffälligkeiten klar: so wechseln sich total heruntergekommene Höfe
mit edlen Neubauten ab wie dieser silbernen Villa, der ich nicht nur wegen der vielen Kreuz-Motive einen sakralen Hintergrund unterstelle:
Ich hatte übrigens keine Ahnung, dass es bei Santa Gertrudis so etwas wie einen Verkehrsübungsplatz gibt – machen die Ibizenker hier ihren Führerschein?
Und so schwebten wir eine gute Stunde lang dahin und genossen auch ein paar Tiefflüge über bewaldete Hügel, bei denen man die Wipfel fast anlangen konnte:
Es ist sehr ruhig, fast schon meditativ. Allerdings reißt einen das unregelmäßige Fauchen der Gasbrenner dann doch wieder aus der Ruhe – ich konnte als größter Teilnehmer meine Haarspitzen brutzeln hören.
Ich habe keine Ahnung und Juan aufgrund der Sprachbarriere auch nicht fragen können – wie hat der Ballon seinen Landeplatz "gefunden"? Gesteuert wurde er nicht sichtbar, nur die Landung selbst wurde durch kontrollierte Zugabe von Feuerstößen (bzw. deren Vermeidung) eingeleitet.
Sei es, wie es sei, Juan kündigte irgendwann seiner Familie über ein altes Walkie-Talkie an, wo wir landen würden. Das wurde dann doch etwas holperig, denn auf dem Feld hatte man einen Erdhaufen aufgeschüttet, gegen den unser Korb rappelte. Ich sprang als erster raus und machte das passende Foto:
Alles gut gegangen. Runter kommen sie ja immer. Juans Gattin und der Sohnemann warteten bereits, um den Ballon wieder einzupacken – ein Vorgang, der wiederum gut eine halbe Stunde dauerte und deshalb Gelegenheit zu einem kleinen Frühstück frisch von der Ladefläche des Anhängers bot:
Das Einpacken des Ballons ist letztlich wie das Auspacken, nur rückwärts – der Ballon wird gerade gezogen und sorgfältig eingeschlagen und aufgerollt:
Dann wieder alles in den Sack und rauf auf den Anhänger.
Selbstverständlich gibt es obendrein noch ein Ritual, bei dem die Passagiere als erfolgreiche Ballonfahrer "getauft" werden – und natürlich werde ich euch das nicht vorenthalten. Ein bisschen Spaß muss sein.
Wir bekamen sogar eine "Urkunde" ausgehändigt. Ob ich damit beim nächsten Urlaub "priority boarding" verlangen kann, steht allerdings zu bezweifeln.
Eine halbe Stunde später wurden wir an dem Parkplatz rausgesetzt, an dem ich die LvA verlassen hatte – sie wartete schon mit einem Kaffee. Sehr zufrieden fuhren wir heim, denn unsere Loggia lockte mit Frühstück und der Pool mit chlorierter Entspannung.
Mein Fazit? Toll. Kein "thrillride", kein "life changing event", aber durchaus etwas, das man mal gemacht haben sollte, auch wenn es weder günstig noch bequem ist.
Es würde mich allerdings schwer wundern, wenn nicht diverse meiner Leser das auch schon hinter sich hätten oder gar erheblich furchtloser von Klippen und Hängen gestürzten wären. Wem hier hat Red Bull schon Flügel verliehen?
Als mittlerweile zweimaliger Ballonfahrer war ich beim zweiten Mal 15 Jahre später (= die erste Tour für meine Frau) tatsächlich leicht unterwältigt. Sie hingegen konnte ihr Glück kaum fassen, das war in der Tat ein lang gehegter Wunsch von ihr gewesen.
Gefühlt ging die erste Fahrt (die ich damals natürlich ebenfalls sensationell fand) auch deutlich höher, war aber trotz Höhenangst meinerseits trotzdem irgendwie voll okay. Was ich ebenfalls bei beiden Fahrten interessant fand: Es ist oben im Korb immer wärmer als unten am Boden und natürlich windstill (weil man sich ja mit dem Wind bewegt). Physikalisch alles irgendwie logisch erklärbar, hatte ich so aber nicht auf dem Schirm.
Eine durchaus coole Sache. Die erste Fahrt hatte ich meiner Frau zum 50. in Deutschland geschenkt, sehr rustikal über Südhessen, aber echt ein Erlebnis.
Die zweite Fahrt machten wir in Myanmar. Sehr viel touristischer, mit großem Korb, aber es war phänomenal, mit sicher 20 weiteren Ballons über Bagan am frühen Morgen zu schweben.
Urkunden bekamen wir in Deutschland auch. Hast du einen Taufnamen bekommen, wurde dein Haar angekokelt?
Cool, habe sowas mal als Hochzeitsgeschenk verschenkt. Ich glaube es wurde nie eingelöst.
Aber "über 100m"? Da biste gerade mal auf Windradhöhe. Bist du da sicher? Ich habe gerade mal geschaut. Eine Seite spricht von 300-3000 (!) Meter Reiseflughöhe bei Passierballonfahrten.
Deswegen schrub ich "wenn ich die Instrumente an Bord (ein iPad) richtig interpretiert habe" – was weiß ich schon?
Ich tippe bei den Zahlen auf: Reisegeschwindigkeit, Richtung, zurückgelegter Weg und irgendeine Korrektur (Wind?). Ich würde die Farbskala als Höhe interpretieren aus mehreren Gründen: Es ist plausibel, dass sie zu Beginn der Reise kurz gelb war und schnell violett wurde. Die logarithmisch anmutenden Farbgebung passt in mein Bild: Die Farben sind in großen Höhen nicht so klar trennbar (ist 1500 jetzt wirklich grüner als 1600?) wie in niedrigen Höhen, wo man selbst bei kleinen Änderungen mit klar anderer Farbgebung arbeitet (Es ist schon wichtig zu wissen, ob man 100 oder 200m hoch ist). Und demnach zeigt das Bild irgendwas zwischen 300 und 400m an, was zu meiner Aussage oben passt.
Ist aber auch nur zusammengereimt. Vielleicht ist es auch ganz anders. Frage mich nur, wie er die Höhenmessung macht. Braucht es dafür nicht ein externes Barometer (Blutooth?) oder kann das ein iPad heutzutage auch?
Seit einigen Jahren haben viele iPad-Modelle auch Luftdruck-Sensoren an Bord. Was die Datenanzeige auf dem Bild angeht, würde ich sie so interpretieren:
Reisegeschwindigkeit 20 km/h, Kurs 273° (also fast genau westwärts), Höhe 486 m über Meeresspiegel, Steigrate von 0,9 m/s.
Uuh, Steigrate. Sehr gute Idee! Und Höhe statt Reiseentfernung finde ich auch nicht schlecht, das würde farblich mit der Farbskala auch passen. Damit wäre die Höhe quasi doppelt "codiert" (konkreter Zahlenwert und Farbe).