Wir Kinder des Samstagabend – eine kleine persönliche Zeitreise
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Es ist eine vergleichsweise banale Doppelseite, die heute auf Facebook an mir vorbeigespült wurde – das TV-Abendprogramm des 5. März 1977:
Es ist kaum zu glauben, was für einen Rücksturz in die Kindheit so etwas auslösen kann – und wie viel ich euch dazu erzählen möchte.
5. März 1977 – da war ich acht, natürlich mit dem auftrumpfenden "und einhalb!" hinten dran. Man macht sich gerne älter, bevor man beginnt, sich jünger zu wünschen. Ein Privileg von Kindheit und Jugend.
Der Samstag war der große "Vereiniger", an dem die gesamte Familie zusammen kam und sich die Sender mühten, mit beträchtlichem Aufwand irgendwas für alle zu bieten. Die großen Shows, die teuren Filme, Fernsehballett und Fußball. Von der Anwesenheitspflicht ausgenommen war dabei nur der Nachwuchs ab 15, der in diesen Jahren gerne mal auf "Feten" ging, wo man heimlich rauchte, Bier trank, und rumknutschte. Das war wichtiger als das traute TV-Idyll daheim.
Ich erinnere mich gut an diese Abende. Ich lag vor dem Fernseher auf dem Flokati, weil wir noch keinen Fernseher mit Fernbedienung hatten. Umschalten erledigte ich auf Zuruf. Zapping war noch kein Begriff, man legte sich meist für den Abend fest. "Modern" bedeutete bei uns, dass der Fernseher nun weiß statt braun war und seine Sensortasten auf sachte Berührung reagierten. Oben drauf stand wie immer die gold(farben) eingefasste Junghans-Uhr, die mein Vater von seinem Chef zur Verlobung mit meiner Mutter geschenkt bekommen hatte.
Weil YouTube ein Video-Wunderland ist, kann ich euch noch mal (fast) perfekt in diesen Samstagabend mitnehmen.
Ähnlich wie die Diskussionen Geha vs. Pelikan, Playmobil vs. Lego, und Donald Duck vs. Micky Maus, wurde in den meisten Haushalten klar und final entschieden: TAGESSCHAU oder HEUTE?
HEUTE kam früher, wirkte etwas moderner, hatte einen magazinigeren Touch:
Die TAGESSCHAU war das Dickschiff, trennte den Vorabend vom Abend wie eine televisionäre Axt, erklärte die Welt mit beruhigender Sicherheit und Sonorität – was hier nicht vermeldet wurde, war zu wissen nicht wert:
Wilhelm Wieben war übrigens homosexuell, was offen gelebt in den 70ern noch ein Karriere-Killer war. Das deutsche Fernsehvolk wäre einig aufgestanden und hätte für seine implizierte Unzucht die sofortige Ächtung gefordert. Ja, diese Scheiße vergisst man gerne, wenn man an die liberalen 70er denkt.
An diesem speziellen Samstagabend im März 1977 hätten wir auf Drängen meines Bruders und mir auf jeden Fall DISCO geschaut – es war (neben dem MUSIKLADEN) die "moderne" der Musiksendungen, bevor FORMEL 1 das Zeitalter der Musikvideos einläutete. Für alle, denen die HITPARADE zu spießig war.
Man verdrängt gerne, wie unsäglich und unpassend sich Moderator Ilja Richter in den Mittelpunkt spielte, wie unerträglich und humorfrei die "Sketche" und "Juxlieder" waren, die uns hier präsentiert wurden. Man betete förmlich jeden Vollplayback-Auftritt herbei, der Richter in den Hintergrund verbannte, auch wenn die Auswahl wahrlich nicht viel mit "Disco" zu tun hatte, sondern uns eiskalt auch Schlager, Folk, Novelty Songs und Chansons um die Ohren haute. Take it away, Ilja!
Wir Dewis waren eine ZDF-Familie und schauten habituell "das Zweite". Lieber DERRICK als TATORT, lieber DALLI-DALLI als EINER WIRD GEWINNEN, lieber DAS HAUS AM EATON PLACE als DIE ONEDIN-LINIE. Das ist nicht ungewöhnlich – die Zeit vor der Verbreitung von Fernbedienungen hatte unsere Präferenzen geprägt, lediglich Spätfilme (James Bond!), der Grand Prix de la Chanson (heute: Eurovision Song Contest), und Fußball-EM/WM konnten uns bewegen, dem "Haussender" temporär untreu zu werden.
Darum hätten wir an diese Abend vermutlich eher MUSIK IST TRUMPF als AUF LOS GEHT’S LOS geschaut – auch wenn Blacky Fuchsberger der gesamten Familie erheblich sympathischer war als der onkelige Peter Frankenfeld:
Okay, Beichtzeit: Die Wikipedia beschreibt Frankenfeld als rundum skandalfrei, aber ich habe mal das böse Gerücht gehört, dass er im Umfeld seiner Sendung gerne die Damen des horizontalen Gewerbes besuchte und dabei auf… ungewöhnliche Praktiken (be)stand. Ich bin sicher, dass es nicht wahr ist, aber der Legende nach hat Frankenfeld eine komplette Sendung mit einer Kerze im Hintern moderiert, die zu tief saß.
Ich schäme mich selbst, das gerade kolportiert zu haben.
Knapp zwei Jahre später übernahm Harald Juhnke nach Peter Frankenfelds Tod die Sendung MUSIK IST TRUMPF und seine Skandale waren sehr schlagzeilenträchtig. Er präsentierte die Show auch erstmals aus dem brandneuen ICC in Berlin, auf das wir damals mächtig stolz waren – heute steht es weitgehend leer. Aufnahmen daraus waren ja auch kürzlich hier in KAMIKAZE 1989 zu bewundern.
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir AUF LOS GEHT’S LOS jemals geschaut haben. Blacky Fuchsberger wirkte als Showmaster immer noch charmant, aber deutlich steifer als in seinen vielen Filmrollen. Ich verstehe bis heute nicht, dass er seine vielseitige Karriere in Kino und Fernsehen Mitte der 70er aufgab, um sich auf Moderation und (später) Theaterrollen zu konzentrieren.
Ich schrieb über seine Entscheidung vor auch schon 13 Jahren:
"Er war der erste Nachkriegs-Actionschauspieler und brachte etwas auf deutsche Leinwände, was damals so ungewohnt wie undeutsch war: Ironie. Er war der perfekte Wallace-Kommissar (weit besser als Heinz Drache), der perfekte Abenteurer – und trotzdem immer sauber wie der Schwiegersohn aus Rheinbek. Sein Buch "Filmen ist nicht ungefährlich" fixte mich als Kind an, was die Geschehnisse hinter der Kamera angeht – ich habe es mir von ihm vor ein paar Jahren signieren lassen. Schade nur, dass Fuchsberger mit den 70ern beschloss, ins Moderatorenfach zu wechseln und allenfalls noch die Theaterbühne zu bespielen. Er hätte ein großartiger Charakterschauspieler werden können."
Ich hatte das Glück, Blacky Fuchsberger noch persönlich kennen zu lernen.
Es ist für die 70er bezeichnend, dass trotz des moderneren Images der Sendung die unvermeidliche Anneliese Rothenberger und der kritikresistente René Kollo auftraten. Operette galt damals als leichte Konsens-Unterhaltung für die ganze Familie.
Zwischen der großen Abendshow im Ersten und dem Spätfilm gab es immer einen klaren Break – die ZIEHUNG DER LOTTOZAHLEN und DAS WORT ZUM SONNTAG gaben uns die Zeit, noch mal Chips und Cola aus der Küche zu holen, aufs Klo zu gehen, oder die Schultasche für den nächsten Tag zu packen.
Von den Lottozahlen konnte ich keine Sendung aus den 70ern finden, aber das hier ist auch schön – Lottofee Karin Tietze-Ludwig bei ihrer letzten Sendung. Man habe Mitleid – die Frau hat 30 Jahre lang jede Woche die selben Sprüchlein aufgesagt:
Ich war übrigens auf Partys in den 80ern sehr beliebt, weil ich den kompletten Text ("Aus dem Studio 4 des Hessischen Rundfunks überträgt nun…) in Rekordzeit runterbeten konnte. Ich war eine Art Rapper des deutschen Formatfernsehens!
Das Wort zum Sonntag war unsagbar salbadernder Kappes, der mir schon die Magensäure aufkochte, als ich noch frömmelnd katholischer Kommunist war. Weihevolle Worte weitgehend witzloser Wortwürger:
Kein Wunder, dass diese Form der selbstbesoffenen Besinnlichkeit schon in den 70ern der Parodie zum Abschuss freigegeben war:
Irgendwann gegen 22.00 Uhr endeten meistens die großen Eigenproduktionen für die ganze Familie. Nun kamen unter der Woche oft Dokumentationen, Streitgespräche, Magazine mit politischem und/oder kulturellen Anspruch. Nischenprogramm. Am Wochenende hingegen hauten die Fernsehsender die Spielfilme raus, die sie für teuer Geld in der Welt (vulgo: USA) eingekauft hatten – oft genug unter dem Geschrei der Presse, dass die schönen deutschen Gebührengelder für hirnlosen Hollywood-Hokuspokus verschwendet würden.
Was wäre im Haushalt Dewi an diesem 5. März 1977 gelaufen? Mein Vater war oft genug auf Nachtschicht im Taxi unterwegs (er war auch Buchhalter bei Mannesmann, sich aber nicht zu schade für einen zweiten Job, um die Familie durchzubringen). Andernfalls hätte er mit einem sicheren Auge für maskulines Entertainment und hochwertige Westernware diesen Streifen durchgesetzt:
Zu den ehernen Regeln gehörte auch "wenn der Film mehr als 15 Minuten läuft, wird nicht mehr umgeschaltet". Mitgefangen, mitgehangen. Die Konkurrenz im ZDF hatte das Nachsehen, denn dort musste man vor dem Spätfilm noch das AKTUELLE SPORTSTUDIO für die Heimtrainer der Republik ausstrahlen:
Wolfgang Overath! Kenne ich natürlich noch. Der hat immerhin elf Jahre für die National-Elf gespielt. War eine gute Zeit für den deutschen Fußball, weil Bayern München noch nicht zwanghaft Meister wurde. In dieser Saison stattdessen: 1. FC Köln! Ich selber war als Knirps allerdings (mit mäßigem Interesse) Schalke-Fan.
Ich möchte nach Ansicht des obigen Videos den Machern der SPORTSCHAU übrigens meinen massiven Respekt zollen. Die Sendung wurde in der prä-digitalen Ära produziert. Das heißt: die haben die Spiele im ganzen Land auf Film (16mm?) gedreht, die Rollen entwickelt, geschnitten, mit Effekten versehen (Zeitlupe), und dann zeitig ins Studio kutschiert, um sie dem Publikum noch am selben Abend zeigen zu können. Mad skillz!
Edgar Wallace. So unverzichtbar im Filmköcher der Sender wie Winnetou und Fred Astaire. Die Begeisterung der Zuschauer für die alten Schwarzweiß-Schinken wollte (auch mangels Alternativen) einfach nicht nachlassen. Bis ins neue Jahrtausend konnten die simpel gestrickten Gruselkrimis nach immer gleichem Muster hohe Einschaltquoten einfahren – dann allerdings bei Kabel 1 oder RTL2.
Auch diese Filmreihe musste sich von Otto in den 90er Jahren schwer durch den Kakao ziehen lassen, wenn auch mit mäßigem Erfolg:
Tja, und nach dem Spätfilm gab es meist nur noch Kurznachrichten, bevor die Nationalhymne das Programmende mit dem Testbild einläutete.
Aus die Maus. Ende Gelände. Schicht im Schacht. Gute Nacht!
Ja, liebe Kinder, früher liefen in der Nacht gar keine Wiederholungen!
Aber es ist noch nicht soweit, dass ich diese Rückschau beschließen möchte, denn unauffällig platziert finde man auf der Doppelseite auch das Angebot verschiedener Dritter Programme. Die regionalen Sender waren noch nicht komplett auf Heimat-Dokus, Magazine light, Schlagerparaden, und "Die 10 kaputtesten Autoreifen Norddeutschlands!" (mit Klaus & Klaus als musikalische Gäste) festgelegt. Stattdessen pflegte man dort preiswert produzierten Anspruch für die Studienräte und ZEIT-Leser der Republik, die ansonsten in trauter Runde versicherten, sich von "diesem Unfug Fernsehen" nicht ködern zu lassen.
Wir alle kennen Sendungen wie "Die Tagesschau vor 20 Jahren". Billiger kann man 15 Minuten Programm nicht füllen, aber irgendwie interessant ist es doch. 1977 gab es das auch schon – aber mit dem audiovisuellen Output von vor 40 Jahren war man dabei zwangsweise bei den Wochenschauen der Nazis gelandet! Man findet davon zwar einige auf YouTube, aber die brauchen sehr gerne einen VPN, weil sie von fragwürdig begeisterten Militaria-Sammlern in den USA kuratiert werden. Hier eine weniger vom Zeitgeist gefärbte Sicht auf das Jahr 1937:
Direkt im Anschluss der krasse Kontrast mit der leichten Unterhaltung der USA aus dieser schweren Zeit – zwar konnte ich keine Szene aus DANCING TIME finden, aber es gab sehr viel hiervon zu genießen:
Danach wagte man sich mit den Experimentalfilmen des Künstlers Hans Richter noch weiter zurück und weiter weg vom Mainstream. Seinen VORMITTAGSSPUK finde ich allerdings überzeugend bezaubernd:
Die Kollegen vom HR brachten ihre Zuschauer mit anspruchsvoller Musik zu Bett – aus Gründen der Verfügbarkeit zeige ich hier eine aktuellere Version von Britten’s WAR REQUIEM. Wahrlich, Fernsehen war nicht nur zum Vergnügen da:
Es gab so viele dieser Abende, immer anders, aber immer irgendwie gleich. Mag die Ära uns ihre Bekömmlichkeit auch nur vorgespielt haben, so war sie für uns doch authentisch, wahr, wahrhaftig. Wir waren die Kinder des Samstagabend.
Nun ist es so, dass die Ostdeutschen ja gerne Westfernsehen geschaut haben, wenn sie nicht das Pech hatten, im Tal der Ahnungslosen zu leben. Umgekehrt wurde da kein Schuh draus: niemand im Westen hatte ernsthaftes Interesse, statt KENNZEICHEN D die Predigten von Schnitzlers SCHWARZEM KANAL zu schauen oder DAS LAUFENDE BAND gegen EIN KESSEL BUNTES zu tauschen.
Ein Leser und Facebook-Freund hat aber netterweise eine Doppelseite mit dem Fernsehprogramm der DDR gepostet, wie es nur drei Wochen nach "meinem" Samstagabend hier ausgestrahlt wurde. Ich kann euch nichts drüber erzählen, aber vielleicht hat der eine oder andere Leser Erinnerungen zu teilen:
FESTVERANSTALTUNG DES MINISTERRATS DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK ZUR BEETHOVEN-EHRUNG ’77 – klingt nach einem echten Straßenfeger.
Ehrensache, dass die beiden Dramen zur besten Sendezeit zwar westlichen Ursprungs sein durften, aber systemkritisch zu verstehen waren:
Der bekannte amerikanische Dramatiker erweist sich in diesem Stück als sensibler Beobachter von Krankheitssymptomen der spätkapitalistischen Gesellschaft.
Nach der aktuellen Variante einer Fabel La Fontaine inszenierte Michel Deville 1973 die Geschichte vom wilden Schaf als ironische Kritik an kleinbürgerlicher Großmanns-und Arriviersucht.
So, damit mache ich jetzt aber tatsächlich Schluss. Ist schon spät und ihr müsst morgen früh raus. Ab ins Bad, Zähne putzen! Und dann sofort ins Bett!
P.S.: Mit dem Einzug der Flachbild-Fernseher wanderte die gold(farb)ene Junghans-Uhr bei uns neben den Fernseher. Dort stand sie bis zum Tod meiner Mutter 2022.
Moin, und Rockpalast habt ihr nicht geguckt?
Nein, das war eher was für meinen älteren Bruder. Ich meine aber zumindest ein paar Jahre später Spandau Ballet dort gesehen zu haben.
LOL ich seh ja jetzt erst dass Farbsendungen und Sendungen mit Farbanteil extra in der FF Dabei gekennzeichnet waren. War für uns eh nicht interessant denn wir hatten erst nach 1990 unseren ersten Farbfernseher.
"Weihevolle Worte weitgehend witzloser Wortwürger" manchmal beneide ich dich um deine kunstvollen Formulierungen… und auch noch als Alliteration. Und treffender hätte man das Gelaber ja auch nicht kennzeichnen können
Schöner Rückblick. Damals quasi im selben Alter, und für uns im Osten gabs eh nicht viel Auswahl – wir hatten ja nüscht … 😉
Deine ZDF-Familie hätte mich mit Neid erfüllt: Meine Eltern waren immer zu geizig für eine dieser halblegalen Riesenantennen auf ostdeutschem Einfamilienhaus-Dach, weswegen wir uns in Sachen Westfernsehen leider mit Ersten zufriedengeben mussten. Die Nachbarn eine Straße weiter hatten dann irgendwann aber ZDF, so dass ich zum Vorabend öfter mal für "Tom & Jerry" oder "Raumschiff Enterprise" rüberspringen konnte und dadurch am nächsten Tag in der Schule auch endlich mal mitreden konnte.
Die selben Nachbarn haben dann Mitte der 80er auch wahnsinnige 6000 Ostmark für einen Farbfernseher ausgegeben, weswegen meine Mutter dann dienstag abends immer rüberpilgerte, um die trendig-teuren Klamotten von Linda Gray und Victoria Principal in Farbe zu sehen. Bei uns hatte es nichtmal zum Standard-Luxomat-Gerät gereicht, weswegen ich bis zur Wende auch keine Fernseher mit tasten kannte – umgeschaltet wurde an einem Drehregler, inklusive ständiger Feinjustierung. 🙂
Was das Programm angeht: "Disco" kannte ich ja nur aus Erzählungen, Kulenkampff wärs also wahrscheinlich gewesen, den Western danach hätten wir sicher auch noch mitgenommen. Im DDR-Programm fiel mir "Adolars phantastische Abenteuer" auf, den gabs ja auch im Westen, wenn ich mich recht erinnere, und den hätte ich vermutlich definitiv eh geschaut. Und in Bezug auf die Filme: Definitiv "Das wilde Schaf" – das war für damalige (Ost-)Zeiten schon ein Erotik-Highlight, die hat man mitgenommen, wann immer es ging (Video gab es ja nicht, und Porno schon gleich gar nicht, da hat ein Blick auf Romy Schneiders Nippel vermutlich die Fantasien für eine ganze Woche beflügelt).
"Am Wochenende hingegen hauten die Fernsehsender die Spielfilme raus, die sie für teuer Geld in der Welt (vulgo: USA) eingekauft hatten – oft genug unter dem Geschrei der Presse, dass die schönen deutschen Gebührengelder für hirnlosen Hollywood-Hokuspokus verschwendet würden."
Find ich interessant, gibts dafür irgendwelche Quellen oder Magazinartikel – würde ich gern mal lesen.
Ansonsten, wie immer, danke für den wilden Trip in die Vergangenheit!
Damit kann ich leider nicht dienen – ich habe nur oft (in HörZu, aber auch in der BILD) die Tiraden gelesen, wenn wieder mal die Meldung kam, das ZDF habe ein Spielfilmpaket von Warner Bros. für 200 Millionen Mark gekauft. Da musste dann der Intendant schnell kommentieren, dass man inkl. Wiederholungen damit die Spielfilm-Sendeplätze über mehrere Jahre bestücken könne. In der Woche drauf: empörte Leserbriefe, dass man "diesen amerikanischen Scheiß" nicht mit seinen Gebühren finanzieren wolle. Lief immer gleich ab.
Ah, verstehe – im zeitgenössischen Kontext ein vermutlich erwarteter Aufschrei. 😉
O tempora, o mores!
200 Millionen sind allerdings (wenn auch aus späterer Sicht) ne ganze Menge.
"Pressegeschrei" war das zwar nicht gerade, aber 1984 war es dem Spiegel (leider weiß ich nicht mehr, in welcher Ausgabe) immerhin einen Artikel wert, dass die ARD für viel Geld von MGM/UA die Ausstrahlungsrechte an den James-Bond-Filmen erstanden hatte, so dass ab Juni 1984 (während der Fußball-EM!) mit "Liebesgrüße aus Moskau" das erste Mal ein "offizieller" James-Bond-Film im Fernsehen zu sehen war, gute 20 Jahre nach dem Kinostart. Ab dann wurde für die nächsten 11 Jahre jährlich ein weiterer Film erstmals gezeigt, plus Wiederholungen (https://www.jamesbondfilme.de/quoten_1990_2000.htm)
So war das gut zu finden, danke!
LOL. Die gute alte Zeit und ihre Tricks. Danke für den Nostalgieflash, hab mich direkt wieder in die Prä-Mobilfunk-Filmmarktzeiten zurückversetzt gefühlt.
Muss auch was beitragen.
Werner Veigel war auch schwul.
Edgar Wallace war Pflicht-Programm.
Aber Freitags gab es noch Der phantastische Film mit dem irren Intro von Heinz Engelmann.
Es gab nur 3 Bundesliga-Berichte in der Sportschau und wenn dein Verein nicht dabei war,schautest du sprichwörtlich in die Röhre.
Farbfernseher kam erst 1978 in den Haushalt.
Das hatten wir vor zwei Jahren ja schon:
https://wortvogel.de/2023/10/glotzen-bis-zum-kotzen-ein-fernsehabend-in-den-70ern/
Ich vermeine, mich dunkel zu erinnern, dass ich mal in einer Motorradzeitschrift ( vermutlich DAS MOTORRAD) einen Artikel über die Sportschau-Motorrad-Kuriere, die die Filme aus den Stadien ins Studio brachten, gelesen habe. Konnte jetzt aber auf die Schnelle nichts dazu finden. Damals erschien mir das ein bisschen als Traumjob: Gas geben und dafür bezahlt werden.
„Der Spatz vom Wallrafplatz“ (Kinderfernsehen), berichtete in einer Folge von den Motorradkurieren,
Auf yt gibt es leider nur die zweite Hälfte des Films.
Nicht nur Wilhelm Wieben, auch sein Kollege Werner Veigel war homosexuell, das wurde aber auch erst kurz vor seinem viel zu frühen Krebstod 1995 bekannt, etwa zur selben Zeit wie bei Wieben. Beide Male übrigens im Stern – Veigel outete sich selbst und Wieben wurde durch Inge Meysel in einem Interview geoutet, ob nun absichtlich oder versehentlich, sei dahingestellt. Zumindest war es in den 90ern nicht mehr der große Skandal, zurecht.
Wir waren auch eher eine ZDF-Familie, auch wenn meine Fernsehsozialisierung (Baujahr ’80) erst in der zweiten Hälfte der 80er stattfand. "heute", "heute-journal", meine kürzlich verstorbene Mutter bestand fest auf das "Auslandsjournal", "Kennzeichen D"…meist zog ich unter Protest den Kürzeren…die Vorabendserien im ZDF waren Pflicht: Ein Colt für alle Fälle, Trio mit vier Fäusten, Für alle Fälle Harry Fox, Agentin mit Herz…immer unterbrochen von einer "heute"-Ausgabe! Und dann im Sommer der ZDF-Wunschfilm! Was gab es Tränen und Drama, wenn meine Favoriten (Das ausgekochte Schlitzohr, Convoy, Bud Spencer & Terence Hill oder Louis de Funés) in der Zuschauerwahl den Kürzeren zogen!
Übrigens gab es damals bei der Sportschau ja immer nur 3 Spiele des Samstagnachmittags als Bericht zu sehen, aus logistischen Gründen meistens aus NRW-Stadien…sonst wäre das Filmmaterial nach Schlusspfiff trotz Eiltransport per Motorrad nie rechtzeitig zur Sendung beim WDR in Köln gewesen.
Ja, das mit Veigel hat Edin ja auch schon erwähnt. Es ist sehr tragisch, dass der Mann sich erst im Angesicht des Todes traute, Farbe zu bekennen – dabei lebte er mit seinem Lebensgefährten seit 1955 zusammen.
Vielleicht waren wir damals leichter zufriedenzustellen, denn: wir hatten ja nix. Dennoch würde ich behaupten, dass damals die 3 Programme (5 in der DDR außerhalb des TdA) uns besser unterhalten haben als das gesamte lineare TV heutzutage. Selbst der BR, den wir in Sachsen nur verkrisselt und mit verrauschtem Ton empfingen, wurde öfters mal eingeschaltet, und das nicht nur wegen Formel Eins.
Ich erinnere mich da an einen Sci-Fi-Film, den ich am ehesten mit Flash Gordon vergleichen würde und der aus den 30ern zu stammen schien. Das extrem theatralische Gehabe der Schauspieler würde ich heute als Ironie einordnen, aber als Steppke konnte ich das nicht unterscheiden. Der Protagonist hieß etwas in der Art von "Hurry Caine". Vielleicht kennt den hier jemand?
Hm, BR würde tatsächlich passen, die haben Anfang der 80er rum das alte Buck-Rogers-Serial von 1939 gezeigt (nicht die Endsiebziger-Neuauflage, sondern tatsächlich das Original, wenn auch AFAIK nicht alle Folgen). Das wäre stilistisch dem Flash-Gordon-Serial natürlich am vergleichbarsten – der Protagonist heißt allerdings Buck Rogers (was zu erwarten war 😉 …). Dafür nennt sich der Bösewicht "Killer Kane", was zumindest zu knapp 50% mit deiner Erinnerung zusammenpassen würde 😉 Vielleicht war’s ja tatsächlich der …
Ja, ich würde auch auf Buck Roger tippen.
Mann, das waren noch Zeiten (für mich die 80er). Gegessen wurde von 19:00 bis 20:00. Während den Nachrichten von 20:00 konnte man noch schnell den Tisch abräumen und dann um 20:15 versammelte sich die ganze Familie vor dem Fernseher um ARD oder ZDF zu schauen.
In Luxemburg hatten wir die Wahl zwischen deutschen und französischen Sendern. Die deutschen fingen mit dem Abendprogramm halt immer um 20:15 an und die französischen erst gegen 20:40-20:50, für die genaue Zeit kam es auf den Sender an. Ich verstand nie, warum die sich nicht auf eine Zeit einigen konnten. Da die deutschen früher anfingen, war die Wahl klar, dass wir meistens bei denen blieben und nur wechselten, wenn das deutsche Programm nicht interessant war oder gefiel. Die meisten Familien konnte man wirklich aufteilen auf die, die entweder nur deutsch sahen oder die, die nur französisches TV schauten.
Es ist erstaunlich, dass ich schon fast 20 Jahre kein Festprogramm-TV mehr schaue; Streaming/Internet hat das komplett abgelöst, ich hab nicht mal mehr einen TV-Anschluss.
Geht mir genauso – ich habe nach einem Urlaub vor 20 Jahren erst vergessen, die neue TV SPIELFILM zu kaufen, und dann gemerkt, dass ich sie nicht brauche. Nicht zu wissen, was läuft, kann unheimlich befreiend sein, weil man auch nicht weiss, was man verpasst. Und mittlerweile ist Formatfernsehen für uns lange her – unsere letzten beiden Fernseher haben keinen Sendersuchlauf mehr erlebt.