28
Okt. 2025

Kino Kritik: Luc Besson’s DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG

Themen: Film, TV & Presse |

Frankreich 2025

Regie: Luc Besson

Darsteller: Caleb Landry Jones, Zoë Bleu Sidel, Christoph Waltz, Matilda De Angelis, Ewens Abid, Haymon Maria Buttinger, Guillaume de Tonquédec

Story: Vlad ist ein großer Krieger und leidenschaftlich verliebt in die schöne Elisabeta. Als sie ihm genommen wird, schwört er Gott ab und wird unsterblich, um ihre Wiedergeburt zu finden. Vierhundert Jahre später findet er sie in Gestalt der jungen Mina in Paris. Doch es gibt einen Priester, der dem Vampir bereits auf der Spur ist und mit dem ganzen blutsaugenden Gezücht aufräumen will…

Kritik: Diese Kritik schiebe ich nach, weil ich vor und während Ibiza dazu nicht gekommen bin. Natürlich schreiben die meisten Kollegen andernorts darüber, dass mit diesem Film und del Toros FRANKENSTEIN wieder eine Renaissance der Universal-Monster eingeläutet wird, aber erstens haben ich FRANKENSTEIN nicht gesehen und zweites glaube ich seit VAN HELSING, WOLFMAN und DIE MUMIE nicht mehr an eine Renaissance der Universal-Monster.

Ehrlich jetzt – gibt es einen "durcheren" Stoff als DRACULA? Haben wir nicht jede Variante, jede mögliche Perspektive auf den Roman und die Geschichte bereits gesehen? Diverse Komödien, Melodramen, Splatter-Actionfilme, Soap Opera, Science Fiction, sogar Zeichentrick, Comics, Kinderserien, Pornos?

Kurios finde ich bestenfalls, dass es in meinen Augen immer noch keine wirklich definitive, dem Roman gerecht werdende Verfilmung gibt. John Badhams DRACULA von 1979 bleibt mein Favorit, weil stimmig und erdig:

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Jetzt versucht es Luc Besson, dessen DOGMAN mit dem gleichen Hauptdarsteller ich vor zwei Jahre schwer abgefeiert habe. Und er scheitert. Mit Anlauf, Ansage, Feuerwerk und Sahnehäubchen. Sein DRACULA ist ein wirrer Verhau, der sich einer geradlinigen Kritik entzieht, weil man etwas nicht kritisieren kann, bei dem nicht mal klar ist, was dieses "etwas" sein soll.

 

Im Kern will Besson diesmal die Liebesgeschichte des Grafen durch die Jahrhunderte erzählen und Thema ist die Erkenntnis, dass auch die leidenschaftlichste Liebe loslassen bedingt. Substanzieller wird’s nicht.

Das Problem: Besson hat keine Ahnung, wie er damit die Laufzeit von über zwei Stunden füllen soll, oder was für eine Tonalität sein DRACULA braucht. Er beginnt stark mit einem naturalistischen Kriegerdrama und kraftvollen Bildern, getragen von einem Caleb Landry Jones, dem zwar völlig die Starpower für den Part abgeht, der sich dafür aber mit einer performance "for the ages" bedankt und wirklich jede Emotion auf 11 dreht.

Danach biegt der Film allerdings schon in ödes Kostümdrama-Territorium ab, wenn Draculas Suche nach Elisabetas Reinkarnation wie eine BBC-Miniserie inszeniert wird und wir Draculas Antagonisten kennenlernen, der so irrelevant ist, dass Besson ihm nicht mal einen Namen gönnt: Christoph Waltz IST "der Priester".

Wenn wir akzeptieren, dass Nicolas Cage "caged", dann müssen wir mittlerweile auch zugeben, dass Christoph Waltz "waltzed". Er spielt nur noch Christoph Waltz, sichtlich amüsiert, sichtlich desinteressiert, und ohne jeden Einsatz. Das ist Arbeitsverweigerung, für die er die Hälfte seines Honorars rückerstatten sollte.

Ach ja, neben brutalem Splatter und suppigem Romantik-Kitsch ist DRACULA auch noch komisch gemeint, gefällt sich in Absurditäten und kleinen Kindern, die als lebendige Gargoyles/Gremlins dem Grafen zu Diensten sind. Dass nichts davon irgendwie tonal zusammen passt und wirkt, als hätten sich John Boorman, Joe Dante und Jim Wynorski den Regiestuhl geteilt? Geschenkt.

Danny Elfmans pompöser, aber wenig inspirierter Soundtrack versucht sein Bestes, großes Epos zu heucheln, das Luc Besson sichtlich nicht zu liefern beabsichtigt.

Am Ende ist DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG genau genommen nicht einmal ein Vampirfilm, weil er sich so sehr auf die Liebesgeschichte konzentriert, dass sein Finale eher introspektiver Natur und an einer klassischen Konfrontation Mensch/Blutsauger nur minder interessiert ist.

Und doch… und doch… und doch… man kann nicht behaupten, dass DRACULA keinen "value for money" liefert. Er schmeißt so viele krude Ideen, Szenen, Dialoge, Figuren und Twists in einen Topf, dass er zwar nicht funktioniert, aber satt macht. Für jedes große Bild ein "what the fuck?", für jede schlechte CGI ein Wutausbruch von Landry Jones. Da ist für jeden was dabei, auch wenn niemand wirklich zufrieden sein kann, was er bekommt. Ihr mögt Kaviar, Pistazieneis, Spaghetti, Coca Cola, Brausebrocken? Vielleicht. Aber mögt ihr auch Brausebrocken und Kaviar in Coca Cola als Sauce auf Spaghetti mit Pistazieneis als Beilage?

DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG ist völlig aus dem Ruder gelaufen und ich "empfehle" ihn eher als Masterclass in Sachen Selbstüberschätzung und das filmische Equivalent einer Massenkarambolage auf der Autobahn, die man gaffend vorbeifahrend im Schritttempo "genießt".

Fazit: Ein überladenes, unfokussiertes, in Absicht und Ziel unsicheres Büffet an fetten und bunten Ideen, das immer wieder in Kitsch und Comedy abstürzt. Ein Debakel, das trotzdem den Eintrittspreis wert ist, die richtige Stimmung vorausgesetzt.

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comicfreak
comicfreak
28. Oktober, 2025 11:49

danke, ich dachte schon nur der Trailercutter hätte gesoffen..

PabloD
PabloD
28. Oktober, 2025 11:55

Oha, Waltz wirkt ja schon im Trailer völlig blutleer. Zukünftig wird er wohl nur noch Geld für seine Persönlichkeitsrechte bekommen und den Rest macht dann die KI…

jimmy1138
jimmy1138
28. Oktober, 2025 11:57

"Ehrlich jetzt – gibt es einen "durcheren" Stoff als DRACULA?"

"Die drei Musketiere", "Der Graf von Monte Christo" und "Sherlock Holmes" sind zumindest nahe dran…

Und wie kommt man eigentlich vom Originaltitel "Dracula: A Love Tale" auf "Dracula – Die Auferstehung"?

Martzell
28. Oktober, 2025 19:08

Dogman habe ich letzte Woche geschaut und fand ich zu unfokussiert.

heino
heino
29. Oktober, 2025 06:57

Ich fand den Trailer schon scheußlich, das sah wie eine Mischung aus der Verison von Coppola (die ich inbrünstig hasse) und Dracula Untold aus.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
29. Oktober, 2025 14:38

Wie kommt es eigentlich, das manche Schauspieler nur noch sich selbst spielen? Sind die dann inzwischen so "mächtig", dass sie das durchdrücken können in ihrem Vertrag oder typecasting, also einfallsloser Regisseur X will Rolle Y genau so haben und stellt deswegen den Schauspieler ein, den er meint, der Rolle Y perfekt ausfüllt?

Marko
29. Oktober, 2025 15:23

Für mich ist das keine Schauspielerei, sondern Selbstdarstellung, und ja, ich glaube, das liegt in einer gewissen Form von Macht begründet, weil diese Schauspieler wissen, dass das Publikum gewisse Rollen von ihnen feiert. Und ich muss zugeben, dass ich das bei manchen auch durchaus mag (Waltz ist schon ziemlich unterhaltsam in seinem "Standardmodus"), bei einigen ist es mir egal (Dwayne "The Rock" Johnson ist so einer dieser farblosen Akteure) und bei einigen mag ich es gar nicht (Nicholas Cage hab ich in den 90ern echt gerne gesehen, aber mit seiner heutigen Art komme ich nicht klar).

Marko
29. Oktober, 2025 19:52
Reply to  Torsten Dewi

Ist natürlich rein subjektiv, aber ich bekomme von Cage heute vor allem Overacting, und da bin ich kein Freund von. Fand das, wie gesagt, in den 90ern erträglicher.

Willis als Beispiel überrascht mich aber, ich finde seine Darstellungen schon recht unterschiedlich, wenn ich mir bspw. Filme wie "Unbreakable" und "Die Hard" anschaue.

jimmy1138
jimmy1138
29. Oktober, 2025 16:00

"Wie kommt es eigentlich, das manche Schauspieler nur noch sich selbst spielen?"

Das ist der Unterschied zwischen einem Schauspieler und einem Filmstar – Letzterer ist eine Marke, wo man quasi immer dasselbe bekommt.
Waltz habe ich im deutschsprachigen Fernsehen vor seinem Hollywood-Ruhm immer als ein wenig "typecast" auf "verklemmter Psychokiller" empfunden.

PabloD
PabloD
29. Oktober, 2025 19:01
Reply to  Torsten Dewi

Nee, da spielt er bescheiden einen Priester. 😛

Matts
Matts
30. Oktober, 2025 15:19

Ich muss sagen: Nach diesem Review bin ich jetzt nicht uninterssiert, den Film zu sehen. Aber vielleicht warte ich ab, bis er auf Streaming kommt…
Die Beobachtung zu Christoph Waltz ist definitiv nicht von der Hand zu weisen. Ich finde es aber echt lustig, dass er in den Neuverfilmungen von Dracula UND Frankenstein mitspielt. Mal sehen, ob er in letzterem auch "waltzt".

DMJ
DMJ
31. Oktober, 2025 15:06

Ich war im Kino sehr irritiert, als ich den Trailer sah. Vor allem, weil einige Details und Bilder so direkt von Coppolas "Dracula" übernommen wurden (ich unterstelle mal, dass Vlads Rüstung alles andere als historisch korrekt ist). Dadurch wirkte er wie ein Begleitfilm zu einem fremden Wert von vor inzwischen ja ziemlich vielen Jahren. Sehr merkwürdig!

Irgendwann sehen werde ich ihn sicher, weil ich persönlich mich freuen würde, wenn die klassischen Monster wie Dracula und Frankenstein öfters mal wieder auftauchen würden, aber an das große Universal-Revival glaube ich auch nicht mehr. Man sollte aufhören, immer ihre bekannten Kerngeschichten (also Stoker und Shelley direkt) zu verfilmen, sondern sie wie in den 70ern als einfache, nicht rechtlich geschützte Sequel-Monster nutzen.
Einfach einen beliebigen Film damit beginnen lassen, dass Dracula aufersteht und los geht die Sause … Mag darin begründet sein, dass ich die Hammer-Filme damals außer Reihenfolge gesehen habe und erst nachher erfahren, dass die eine Continuity haben. Ebenso die Showa-Godzillas – und habe dann bei den Heiseis sehr gestaunt. 😉

Marcus
Marcus
2. November, 2025 20:35

Oh ja, der ist wirklich unfassbarer Kappes. Aber ich kann auch nicht abstreiten, dass er, wenn man das vorher weiß, durchaus einen gewissen Unterhaltungswert mitbringt. Dieser wird in WTF/min gemessen, aber immerhin.

Marcus
Marcus
2. November, 2025 21:38
Reply to  Torsten Dewi

Ich fand auch, dass der Tiefpunkt des Ganzen Waltz ist, der für einen schnellen Gagenschecknochmal seine Hans Landa-Nummer lustlos runterspult.