Hyperland Redux (17): Vom digitalen zum analogen Kiosk: Zurück zum Papier
Themen: Film, TV & Presse, Hyperland |Originaltext Juni 2013:
Printprodukte und das Internet – eine Hassliebe voller halbgarer Allianzen, die von vielen als Übergangsphase gesehen wird, bis die elektronischen Medien endgültig über die „toten Bäume“ triumphieren. Aber manche Online-Junkies spüren den Reiz des Gedruckten und suchen vereinzelt den Weg zurück zu Heftklammer und DIN a4-Format.
Es ist eine Einbahnstraße, deren Fahrtrichtung von ökonomischen Zwängen bestimmt wird: Zeitschriften, deren Produktion sich nicht mehr lohnt, wandern ins Netz. Das wird oftmals als „neuer Weg“ beschrieben, ist aber selten mehr als das Wachkoma vor dem Exitus, wie das anhaltende Drama um das ehrwürdige Nachrichtenmagazin „Newsweek“ beweist. Das Netz vertraut im Zweifelsfall nicht dem siechen Ex-Printmedium, sondern Eigengewächsen wie Slate, Salon, Daily Beast und auch der Huffington Post.
Print kann kein gedrucktes Internet sein
Den Weg zurück, den Sprung vom digitalen an den analogen Kiosk, wagen nur wenige. So wurde in Frankreich kürzlich „L’Opinion“ an den Kiosk gebracht, eine neue Tageszeitung, die allerdings teilweise wie der schlichte 8-12seitige Ausdruck der Online-Präsenz wirkt. So etwas hatte der SPIEGEL mit „Der Tag“ vor 15 Jahren bereits versucht – und war gescheitert.
Eine anderen Weg geht die „Power Play“, ein legendäres Videospiele-Magazin, das 1987 gestartet worden war. Dreizehn Jahre nach der Einstellung wegen sinkender Verkaufszahlen gibt es das Heft wieder: als Nostalgie-Zeitschrift, die sich primär dem Kult jener Spiele widmet, die in der Frühzeit des Gaming-Booms populär waren. Der Ausflug in die Vergangenheit muss den Fans aber einiges wert sein: 8,90 kostet das Heft im Zeitschriftenhandel, auch die ePaper-Variante ist mit 6,50 Euro nicht gerade preiswert.
Das Abenteuer Filmzeitschrift
Deutlich günstiger will Markus Haage (30) seine Leser ködern. Er ist eigentlich der Prototyp des Internet-Freiberuflers, betreibt die Webseite seines Heimatortes Schönigen, lädt selbstgedrehte Clips bei YouTube hoch, verfasst Artikel für Filmseiten wie Schnittberichte und kuratiert das Video-Museum mit Hunderten von osbkuren Covern alter B-Filme von 1980 bis 2005. Er mit den klassischen Filmzeitschriften wie „Cinema“ und der „Moviestar“ aufgewachsen.

Und jetzt bringt er eine Filmzeitschrift auf den Markt. Eine gedruckte. „Der Zombie“ hat 52 Seiten, ist vollfarbig, kostet 4,50 Euro und soll vor allem Fans ansprechen, deren filmische Sozialisation in den 80er und 90er Jahren stattgefunden hat. Haage schreibt, layoutet, finanziert und vertreibt das Heft selbst. Wenn die erste Auflage von 1000 Heften verkauft ist, macht er Gewinn. Mit 2000 rechnet er, mittelfristig möchte er den „print run“ auf 4000 steigern.
Die technische Seite war dabei das kleinste Problem, wie Haage schnell feststellte. Printprodukte sind eben doch nicht so leicht zu veröffentlichen wie Blogs: „Über EAN- und ISBN-Zahlen, die man für so ein Magazin braucht, könnte ich jetzt Bücher schreiben. Ebenso über alternative Vertriebswege wie Amazon und den Themenbereich Verlagsgründung.“
Was reizt ihn trotz der Schwierigkeiten daran, ein Magazin gedruckt in den Umlauf zu bringen, dessen digitale Version vier Wochen später ebenfalls online erworben werden kann? „Print hat für mich persönlich einen höheren Stellenwert. Das Magazin ist auch zum Sammeln gedacht. Etwas, das man sich in das Regal stellt und bei Zeiten wieder herausholt und darin schmökert.“
Haage stößt mit „Der Zombie“ in einen Markt, der an professionellen wie semi-professionellen Zeitschriften nicht gerade reich ist. Sein größtes Vorbild ist das Berliner Kult-Magazin „Splatting Image“. Doch mitten in die Produktion der ersten „Die Zombie“-Ausgabe platzte die Bombe: die „Splatting Image“-Macher geben nach fast 25 Jahren auf. Die Print-Ausgabe wurde im März 2013 eingestellt. Nächste Station: Wachkoma PDF-Version.
Haage lässt sich davon nicht nervös machen: „Ich ziehe das durch.“
Disclaimer: Der Autor dieses Beitrags hat für die erste „Zombie“-Ausgabe einen Beitrag seines eigenen Blogs zur Verfügung gestellt.
NACHTRAG 2025: Den "Zombie" gibt es immer noch – und er läuft. Mittlerweile hat er einen Copypreis von 8 Euro. "L’Opinion" ist ebenfalls noch an den Kiosken zu finden. Von "Splatting Image" hingegen wurde auch die PDF-Version eingestellt. Die "Power Play" wurde nach nur vier Ausgaben nicht mehr weiter produziert. Dafür bekommt die alte "New York Post" einen Ableger mit der "California Post".
Wenn ich die Titelseiten der New York Post und ihre MAGA-Trump-Arschkriecherei-Agenda sehe steigt bei mir der Blutdruck in gefährliche Höhen.Was für ein Schmierblatt.
Statt Power Play gibt es jetzt ja noch die Retro Gamer (inzwischen ebenfalls in Eigenregie der deutschen Niederlassung)
Bei "Powerplay" hat mein Herz einen Hüpfer gemacht.