04
Juli 2025

Sommer, Sonne, Sauerei: Wenn der Anstand den Verstand verliert

Themen: Neues |

Es sorgt für billige Empörung im Sommerloch und sollte eigentlich kein Thema sein, aber es ist wohl eins – also reden wir drüber.

In den letzten Jahren, so vermitteln es Medien und Statistiken, nehmen Übergriffe in den Freibädern der Nation überhand. Raufereien kenne ich noch aus meiner Jugend, auch verbale Gefechte um die besten Liegeplätze. Heimliches Hingucken zu den älteren Mädels, die ihr Bikini-Oberteil abgelegt haben, war normal.

Aber mittlerweile reden wir von massiven sexuellen Belästigungen, auch und vor allem an Minderjährigen. Man mag es sich gar nicht vorstellen.

Die Verwaltungen sind hilflos. Hausverbote lassen sich nur begrenzt durchsetzen und ein "unter der Wasseroberfläche an den Po gepackt" ist schwer zu beweisen und noch schwerer zu bestrafen. Man müht sich mit Aufklärungskampagnen, die hoffentlich unmissverständlich klar machen, wo die Grenzen sind.

Viele dieser Kampagnen sind dann auch wieder hilflos, weil sie nicht sagen können, was jeder weiß, und weil sie die Verantwortung auf die Opfer schieben, die gefälligst was sagen sollen, wenn sie belästigt werden. Die tatsächlichen Täter werden gar nicht erst angesprochen, denn man möchte auf keinen Fall in den Ruch geraten, Minderheiten zu diskreditieren.

Das ist so absurd, wie es klingt – und doch Alltag.

Besonders die Stadt Büren hat sich damit gerade ein Ei gelegt:

Ich lasse mal außen vor, dass ich die Grafik auch handwerklich scheußlich finde – was sehen wir hier? Eine dickliche weiße Frau grabscht einem behinderten farbigen Jungen an den Hintern.

DAS soll die sexuelle Belästigung in Schwimmbädern repräsentieren, DAS soll uns für das Problem des sexuellen Missbrauchs sensibilisieren.

Und nun die Realität, wie sie die Frankfurter Allgemeine recherchiert hat – die Täter sind zu 99,7 Prozent männlich und zu 65 Prozent nicht deutsch. Die Fälle sind dokumentiert und zahlreich. Es ist, wie es ist.

Warum also zeigt das Plakat das genaue Gegenteil des tatsächlichen Normalfalls?

Das ist kein Einzelfall, kein Ausreißer. Auch andere Motive suchen den Täter immer bei den Weißen, das Opfer immer bei den Dunkelhäutigen:

Es liegt mir fern, nun den Stammtisch aufzumachen. Das Thema Eingliederung ist so komplex wie das Thema Einwanderung, eine pauschale Verteufelung der Migranten ist allein deshalb quatsch, weil die Hautfarbe schon längst nicht mehr den Deutschen ausmacht.

Ich mache mir nur Sorgen, welche Programmierung wir hier fahren, welches 1984-eske Neusprech uns ins Hirn gedengelt wird nach der Maxime von Morgenstern: was nicht sein darf, das nicht sein kann.

Wir wissen, die Täter sind mehrheitlich Männer – und zeigen eine Frau. Wir wissen, die Täter sind mehrheitlich nicht deutsch – und zeigen eine Deutsche. Wie kann diese Umdrehung der Tatsachen durch alle Instanzen abgewunken werden? Wie kann überhaupt die Idee aufkommen, dieses Thema derart zu illustrieren? Selbst wenn ich unterstelle, dass den zuständigen Stellen das Gutmenschentum durchgegangen ist – die Beinprothese hebt das Ganze doch ins Absurde, ins Lächerliche. Hätte man dem Jungen die Badehose als Regenbogen pinseln sollen, um die Gefahr für queere Personen in Freibädern auch noch ins Boot zu holen?

Wir werden nicht lernen, andere zu lieben, in dem man uns lehrt, uns selbst zu hassen. Dieser Schuss ist historisch immer nach hinten losgegangen.

Nochmal: ich bin nicht empört, ich haue nicht erbost auf den Stammtisch und fordere, "endlich mal Ross und Reiter zu nennen!". Ich mache mir Sorgen. Sorgen um die Personen, die eben (noch) nicht rechts sind und (noch) nicht AfD gewählt haben, sich aber bei solchen Plakaten denken "wollen die uns verscheißern?".

Wie soll ich – tendenziell sozialdemokratisch und humanistisch – so ein Plakat in einer beliebigen Diskussion verteidigen? Wie kann ich das rechtfertigen? Ich schieße gerne gegen das rechte Geschmeiß, aber dafür brauche ich Munition.

Wenn wir die Menschen für unsere humanen und demokratischen Ideen empfänglich halten wollen, dürfen wir sie nicht belügen, dürfen wir ihnen nicht das Gefühl geben, dass sie schlucken sollen, dass 2+2 5 ergibt oder sie fünf Lichter sehen. Die Welt braucht Wahrheit, kein Wunschdenken.

Sie werden uns nicht glauben, dass wir Probleme lösen wollen, die wir nicht zu benennen bereit sind. Und sie werden Recht damit haben. Dann werden sie sich "Alternativen" suchen – und wir werden die Verlierer sein, auch wenn wir sie als die Dummen, die Ignoranten, die Empathielosen verachten.

Wäre etwas gewonnen gewesen, wenn man das Plakat umgekehrt hätte, der Situation entsprechend einen schwarzen Messermann gezeigt hätte, der ein deutsches Mädel unsittlich berührt? Natürlich nicht. Das wäre billiger Sprengstoff für die Idioten der Republik gewesen und hätte zu einer noch stärkeren Ausgrenzung derer geführt, die wir eingliedern müssen.

Aber wie so oft liegt die Vernunft in der mittlerweile schwindenden Mitte. Keine weißen Frauen, keine schwarzen Männer, keine Speckröllchen, keine Prothesen:

Niemand fasst niemanden an – niemals. Es sei denn, er/sie droht zu ertrinken.

ChatGPT hat für diese Grafik 20 Sekunden gebraucht. Sage einer, die KI sei zu nix nutze. Hätte der Stadt Büren auch Geld gespart.

Und nun seid ihr dran.

 



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Thor
Thor
4. Juli, 2025 15:48

Top! Eins plus mit Sternchen

Thomas
Thomas
4. Juli, 2025 16:04

Manchmal macht die Demokratie es einem nicht so einfach, sie zu verteidigen.

Feivel
Feivel
4. Juli, 2025 16:45

Abgesehen von der scheußlichen Bebilderung und der peinlichen Tiki-Schildkröte stören mich an der ganzen Sache noch zwei andere Aspekte sehr.

Es ist eine weitere Infantilisierung des öffentlichen Raumes. Wir (damit meine ich: westlich sozialisierte Menschen) WISSEN, dass Grabschen nicht okay und verboten ist. Wir brauchen für sowas keine Schilder. Das ist wie im Kindergarten, in dem Schilder hängen mit "Wir lassen einander ausreden…". Das ist wie "Codes of conduct" in Unternehmen, in denen Dinge stehen, die wir schon lange gesellschaftlich ausgekaspert haben. "Wie, ich darf meinen Mitarbeiter nicht 'Fette Schwuchtel' nennen?! Das hätte ich ja ohne den CoC nie gewusst!".
Die Leute, die da potentiell wirklich kein Unrechtsbewustsein haben*, sprechen in der Regel kein Deutsch. Das ganze Schild würde auf Arabisch Sinn machen, gern auch auf Indisch – aber auf Deutsch isses einfach nur ein großer Quatsch. Oder eben, wie von dir vorgeschlagen, Piktogramme.

Der zweite Punkt: Die Schilder haben auch inhaltlich ganz große Fehler. Natürlich ist Schubsen lustig. Ein Haufen Kinderspiele involviert Schubsen – auf dem Schulhof, und natürlich auch im Freibad. Man kann es aus Sicherheitsgründen verbieten, aber Kindern etwas zu sagen, was diese sofort als falsch identifizieren, kann doch keiner Sache dienlich sein. Ja, jemanden außerhalb eines Spiels zu schubsen ist nicht okay – aber das steht nicht auf dem Plakat.
Ein weiteres Plakat, dass du hier nicht mit im Artikel hast, sagt "Stopp! Das ist sexuelle Belästigung" und zeigt ein kleines Mädchen, dass einem Jungen die Hose runterzieht. Das ist schlicht falsch. StGB §184i spricht explizit von Belästigung "in sexuell bestimmter Weise". Warum muss man aus so einer öffentlichen Demütigung unter Grundschulkindern (!) jetzt was sexuelles machen? Das schreibe ich als jemand, der nachhaltig traumatisiert davon war, dass ihm in der 2. Klasse die Hose+Unterhose runtergezogen wurde. Also ich will nicht den Akt an sich verharmlosen, denn der ist nicht okay. Aber wenn wir alles als sexuell definieren, dann landen wir in einer Hypochonder-Scharia.

*Was ich übrigens auch grundsätzlich in Frage stellen würde – in muslimischen Ländern mit westlichen, leichtbekleideten Strand-Touristen kommt es in der Regel nicht zu solchen Szenen, weil die ganz genau wissen, was ihnen dafür blüht.

Feivel
Feivel
4. Juli, 2025 17:14
Reply to  Feivel

Torsten, du schreibst "Niemand fasst niemanden an – niemals. Es sei denn, er/sie droht zu ertrinken."

Aber das wollen wir doch (hoffentlich) auch nicht, oder? Ich unterstelle mal, du meinst damit implizit: "Niemand fasst eine Fremde Person an, und auch eine Bekannte nicht ohne Zustimmung."

Michael
Michael
7. Juli, 2025 10:36
Reply to  Feivel

Diese Perspektive finde ich ebenso interessant wie richtig. Wir hatten gerade am Wochenende ein Gespräch darüber, allerdings aus einem anderen Themenfeld: Toleranz und Vielfalt. Ich bin der Meinung, dass jeder so leben sollte, wie er möchte, solange er niemand anderen in seiner persönlichen Freiheit oder sonst irgendwie beeinträchtigt. Und dennoch merke ich, dass "Toleranz und Vielfalt" allmählich zum Reizbegriff wird. Nicht inhaltlich, sondern weil mir gefühlt ständig unter die Nase gerieben wird, wie wichtig das doch ist. Mir ist bewusst, dass es Leute gibt, die – harmlos ausgedrückt – gewisse Vorbehalte gegen Homosexuelle haben (aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen) – aber ob das die Adressaten sind? Ob gerade die das irgendwie kümmert? Genauso gut könnte man an jede Bankfiliale ein Schild "Überfall verboten" hängen. Für den überwiegenden Teil der Bevölkerung wäre das wohl ein eher befremdlicher Anblick. Umgekehrt werden sich jene, die es auf einen Überfall abgesehen haben, davon nicht abhalten lassen.

Feivel
Feivel
4. Juli, 2025 17:05

Ich möchte noch einen Gedanken nach tragen zur Infantilisierung (jaja, ich mach irgendwann mein eigenes Blog auf..).

"Sag meinen Namen: Tiki"
Ich halte das für absolut bekloppten Aktionismus, der null Mehrwert bringt. Es gibt bereits ein Wort dafür, wenn man Hilfe braucht. Es lautet: Hilfe. Oder: "Hilf mir". Da weiß jeder, der Deutsch spricht – und auch fast jeder Angelsachse, da es nahe genug am Englischen "Help!" ist – direkt, was gemeint ist. Woher kommt diese Idee, dass Kinder nicht in der Lage sind, um Hilfe zu bitten ohne irgend ein bescheuertes Codewort zu benutzen? Das Codewort verkompliziert es für beide Seiten: Die Kinder müssen es sich merken, und die Mitarbeiter müssen geschult sein. Und diskreter ist das ganze auch nicht.

Vor mittlerweile fast zehn Jahren hat dieser Quatsch in Bars angefangen, wo man den Barmann nach dem Weg nach Panama fragen sollte (was zur Hölle..?), oder wo Luisa ist. Die Begründung damals war: Dann weiß der böse, aufdringliche Mann nicht, was gerade passiert. Das wurde so groß gehyped, dass natürlich jeder mittlerweile weiß "Wenn das Objekt meiner Begierde eine total random Frage an die Thekenfachkraft stellt, dann bittet sie um Hilfe." Dann kann man aber auch einfach direkt um Hilfe bitten. Wir reden in diesem Fall von erwachsenen Menschen. Die dürfen wählen. Und die kriegen es nicht hin, zu sagen: "Hey, ich werde hier gerade belästigt, bitte helft mir."?!

Warum mich das so stört? Weil wir damit suggerieren: Um Hilfe zu bitten ist irgendwie.. schmutzig. Etwas beschämendes. Und einem wird nicht geholfen. Darum müssen wir es hinter einem Codewort verstecken. Und wenn ich das Codewort in meiner Panik nicht erinnere, dann werde ich nicht ernst genommen. Dass am Ende wirklich niemand hilft, ist ein beschämendes, gesamtgesellschaftliches Problem.

Ich habe da eine sehr starke Meinung, würde aber gern verstehen, warum andere Leute das für so sinnvoll halten – es hat sich ja sehr weit verbreitet. Ist das wirklich (wie ich behaupte) nur selbstgerechte Inszenierung, oder übersehe ich etwas ganz wesentliches?

Last edited 11 Tage zuvor by Feivel
dermax
dermax
5. Juli, 2025 08:28

Nein, nicht die Täter sind zu 65% nicht-deutsch, sondern die Tatverdächtigen. Das ist und bleibt ein wichtiger Unterschied. Und ja, die Plakate sind kontraproduktiver Quatsch.

Howie Munson
Howie Munson
6. Juli, 2025 21:08
Reply to  Torsten Dewi

Mir wäre aber auch wirklich lieber, man würde mit rechtkräftig verurteilten Täter argumentieren.

Andreas
Andreas
12. Juli, 2025 00:01
Reply to  Torsten Dewi

laut einer Studie des Ifo Instituts aus 2025 wurden in den Jahren 2016 bis 2022 von 100 Tatverdächtigen 26,4% deutsche Täter verurteilt und 25,3% Ausländische Täter.
Wobei die Anzeigen bei den Ausländischen Tatverdächitigen höher lag.
Erschwerend hinzu kommt, das in die Statstik der Ausländischen Tatverdächtigen und Verurteilten, diejenigen mit hineingerechnet werden, welche "nur" für Straftaten nach Deutschland kommen und keine hier lebenden Ausländer sind.
Link: Migration und Kriminalität
Deutschland ist zudem extrem schlecht beim Thema Integration und der möglichkeit das Ausländer, Geflüchtete oder Migration an der gesellschaftlichen Teilhabe partizipieren können. Aber das ist nochmal ein ganz anderes Fass.

Andreas
Andreas
12. Juli, 2025 00:28
Reply to  Andreas

Um auch noch auf das Plakat zu kommen. Da finde ich auch das es ein Totalausfall ist. Die Gestaltung gibt einfach den falschen Menschen Munition in die Hand.

jimmy1138
jimmy1138
5. Juli, 2025 10:07

Wäre die Grafik nicht handwerklich so schlecht, würde kaum wer drüber reden. Das riecht schon fast nach "Der Grafiker ist der Neffe vom Bürgermeister". Ich gebe dem Wortvogel recht – im Zeitalter generativer KI ist sowas ein Wahnsinn.

Volker
Volker
5. Juli, 2025 15:28

Ein klassischer Fall von „who radicalized you?” – “You did!”. Diese Plakate werden mehr AFD-Wähler überzeugen als deren eigene Wahlplakate. Es erschreckt mich, dass sowas geplant, produziert und umgesetzt werden kann. So unbedarft sollte niemand sein, der irgendetwas mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat.

Was mich am meisten bei solchen Aktionen ärgert ist die Verhöhnung von betroffenen oder mitfühlenden Personen indem praktisch herausgebrüllt wird „Eine nachhaltige Lösung der Probleme interessiert uns nicht, wir wollen uns nur selber auf die Schulter klopfen.“ Einfach gar nichts zu tun wäre zwar auch falsch aber vermutlich immer noch besser gewesen. Siehe auch die Stadt Köln im Moment mit ihren Spiel- und Aktionsflächen.

DSFARGEG
DSFARGEG
6. Juli, 2025 07:33

Die erste Illustration ist handwerklich scheiße. Und das lässt mich ahnen, wie das abgelaufen ist: die vermutlich klamme Stadt Büren hat keine Agentur beauftragt, sondern z.B. die Tochter der örtlichen Apothekerin, die halt gerne zeichnet, und dann hat ein wohlmeinender Mensch aus dem Stadtrat (der selbst keine Migranten, Behinderten oder sonstwen persönlich kennt) an das Stichwort Diversity erinnert. Keine Agentur, kein Profi hätte DAS abgeliefert oder durchgewunken, nicht diese verkorksten Proportionen, diese Farben, dieses Durcheinander an Fonts und Schnitten – und eben auch nicht den Inhalt.
Wenn durch die Darstellung von Hautfarben niemand diskriminiert werden soll, gibt es dafür übrigens übliche Praktiken. Wenn unsere Firma Videos für öffentliche Stellen produziert, werden wir oft aus genau diesem Grund darum gebeten, Figuren unnatürliche Hautfarben wie blau oder violett zu geben. Und das funktioniert super.

Hildener Jung
Hildener Jung
7. Juli, 2025 08:38

Das ist so absurd, dass ich fast geneigt bin zu unterstellen, dass da jemand den Rechten billiges Empörungsmaterial auf dem Silbertablett servieren wollte.

Ich wähle seit ich darf die Grünen und bin wohl das, was heute öfter mal als linksgrün-versifft tituliert wird.

Und trotzdem bin ich nicht blind. Meine Freundin und ich gehen im Strandbad unserer Wahl – für den Düsseldorfer: Unterbacher See – nur noch in den FKK-Bereich, weil eine ganz bestimmte Klientel da einfach nicht ist. Und diese Klientel sind junge Männer (!) mit orientalischem Migrationshintergrund (!). Das so zu benennen nehme ich mir raus, auf die Gefahr hin, mich damit politisch zwischen alle Stühle zu setzen.

Last edited 8 Tage zuvor by Hildener Jung
Stephan
Stephan
9. Juli, 2025 09:21
Reply to  Hildener Jung

Ich bin wohl in so ziemlich allem das Gegenteil von "linksgrün-versifft" und stehe dem "politischen Lager", das diesen Begriff nutzt wohl näher als anderen (ohne mir den Begriff zu eigen zu machen, ich halte diese Form von politischem Umgang für schädlich, egal von welcher Seite).

Dennoch ganz ohne Polemik, mich interessiert die Antwort tatsächlich:

Spürst Du nicht einen Widerspruch oder einen inneren Diskonnekt wenn Du das schreibst? Du weichst – als Autochthoner oder zumindest schon länger hier Lebender – vor den Eindringlingen zurück. Du und Deine Freundin haben die Wahl einen Teil ihrer Freiheit aufzugeben oder mit einer Bedrohung zu leben. Und dennoch wählst – so unterstelle ich – weiterhin eine Partei, die dafür steht, dass das Problem nicht eingedämmt sondern eher verschlimmert wird. Die Zeter und Mordio schreit, wenn man auch nur einen Gedanken daran hegt, diesen problematischen Personenkreis aus dem Land zu entfernen.

Mich erinnert das an die gar nicht so wenigen mir persönlich bekannten Fälle (ja, anekdotische Evidenz, aber irgendwann wird daraus auch Empirie) von Familien die sich "linksliberal" geben (und wählen), die am Wochenende zur "Demo gegen Rechts" pilgern. Ein Jahr vor der Einschulung der Kinder melden sie sich dann aber zur Oma, weil der kleine Gustav-Julius-Pascal dann doch lieber nicht in die Klasse mit unter 50% Einheimischen soll. Oder die Freundin, die einst mit Teddys am Hauptbahnhof stand und drei Jahre später ihre Joggingroute geändert hat, weil sie sich nicht mehr getraut hat am Asylantenheim vorbeizulaufen.

Stephan
Stephan
9. Juli, 2025 09:31
Reply to  Torsten Dewi

Das ging eigentlich an "Hilderner Jung".

Stephan
Stephan
9. Juli, 2025 10:05
Reply to  Torsten Dewi

Dabei seid Ihr alle nur Nebenrollen in der großen Opera Buffa meines Lebens ohne es zu wissen.

dermax
dermax
9. Juli, 2025 11:00
Reply to  Stephan

"Und dennoch wählst – so unterstelle ich – weiterhin eine Partei, die dafür steht, dass das Problem nicht eingedämmt sondern eher verschlimmert wird."
ohne hier zu politisch zu werden, aber entgegen dessen, wie Parteien und Medien kommunizieren, könnte es ja noch ein paar andere grössere Probleme geben, die diese Partei besser löst? Wenn zB die Umwelt zu Klump geht, kann ich mir nicht so einfach ne andere Wiese suchen.

Stephan
Stephan
9. Juli, 2025 11:59
Reply to  dermax

Das ist ein valides Argument (ohne es inhaltlich zu teilen).

Hildener Jung
Hildener Jung
11. Juli, 2025 07:11
Reply to  Stephan

@Stephan

Ich wähle weiterhin nicht die Partie, die "diese Menschen aus dem Land entfernen wollen", weil:

  • Bei etlichen der Tätern, die hier geboren worden sind, ein "aus dem Land entfernen" gar nicht die Lösung sein kann – wohin denn?
  • Die angesprochene Partei ja nun auch keineswegs nur straffällig gewordene Leute mit Migrationshintergrund "aus dem Land entfernen" will, sondern nur eine ganze Reihe andere. Ende offen, scheint mir.
  • Es auch noch andere politische Themen gibt, auch welche, die uns mehr betreffen und in denen stimme ich mit dieser Partei nicht ansatzweise überein.

Und ja, manchmal muss man sich auch mal an Sachen anpassen, die einem nicht gefallen. Und ehrlich gesagt ist der FKK-Bereich auch einfach netter.

Letztlich ist es doch so, dass man bestimmte Situation, bestimmte Personenkreise durchaus vermeidet. Aggressive Migranten, frömmelnde alte Leutchen, Ballermanntouristen… Diese selbst zu vermeiden oder denen politisch an den Kragen wollen, das können ja unterschiedliche Dinge sein.

Stephan
Stephan
11. Juli, 2025 12:15
Reply to  Hildener Jung

Danke für Deine Antwort. Im Endeffekt stimmen wir wohl nicht darin überein, wie weit wir bereit sind, uns an Sachen anzupassen, die uns nicht gefallen. Aber es wäre ja auch fad, wenn man immer mit allen übereinstimmen würde.

Andreas
Andreas
12. Juli, 2025 00:20
Reply to  Stephan

Ich halte von dieser Debate der Deportation nicht viel. Diese Diskusion verklärt völlig die Problematik die wir mit sehr schlechter Integrationspolitik und Sozialpolitik verursachen.
Kriminalität egal in welchem Bereich hat immer Sozialökonomische Ursachen, das kann man in etlichen Studien nachlesen. Kriminelle kommen fast immer aus dem gleichen Milieu, um das zu ändern müssen wir etwas an diesem System ändern. Abschiebungen bringen uns nicht einen Schritt weiter, weil es die Ursachen nicht bekämpft.
Zur Anekdotischen Evidenz:
Meine Wahrnehmung ist eine komplett andere. Ich war in den letzten Jahren an unterschiedlichen Orten eher Ländlich in Hessen wohnhaft. Und deutsche Mitbürger waren mir und vor allem meiner Mitbewohner*in (Queer) gegenüber meist bedrohlicher als Ausländisch gelesene Mitbürger.
Es gab etliche Situationen in denen uns Gewalt angedroht wurde, zum Glück kam es nie zum äussersten. Eine Ursache sehe ich darin das wenn wir zusammen unterwegs sind als schwules Pärrchen gelesen werden, da meine Mitbewohner*in ein maskulines Erscheinungsbild hat.

Stephan
Stephan
14. Juli, 2025 09:11
Reply to  Andreas

"Kriminalität egal in welchem Bereich hat immer Sozialökonomische Ursachen, das kann man in etlichen Studien nachlesen. Kriminelle kommen fast immer aus dem gleichen Milieu, um das zu ändern müssen wir etwas an diesem System ändern. Abschiebungen bringen uns nicht einen Schritt weiter, weil es die Ursachen nicht bekämpft."

Das Argument ist ja nun nicht gerade neu. Selbst wenn wir unterstellen, dass die Aussage stimmt (und das tut sie in dieser Absolutheit natürlich nicht), müssten wir doch daraus den Schluss ziehen, dass Migration in "sozioökonomisch benachteiligte Schichten" unterbunden muss.

Maximilian Frömter
Maximilian Frömter
7. Juli, 2025 10:25

Guter Punkt. Man hätte einfach alle Personen ethnisch neutral oder abstrakt darstellen können – aber man spürt in diesen Bildern praktisch die innere Zerissenheit und Qual, die es gewesen sein muss, sich mit diesen unangenehmen Tatsachen auseinanderzusetzen. Die Taktik, das alles durch race-swaps abmildern zu wollen, ging katastrophal nach hinten los. Mir war dieser merkwürdige linke Selbsthass auf alles Deutsche und Weisse sowie falsche Scheu vor gut begründeter Migrationskritik immer suspekt, denn meine Mutter stammte aus Jugoslawien und ich kenne schliesslich meine Pappenheimer. Kein Ausländer kann deren Einstellung begreifen.

Timo
Timo
7. Juli, 2025 11:29

Ich bin mir sicher, dass du das anders gemeint hast – aber hier sieht man auch wieder ein Problem in der Wahrnehmung:

"Wir wissen, die Täter sind mehrheitlich nicht deutsch – und zeigen eine Deutsche."

Woher weißt du, dass das eine Deutsche sein soll? Weil helle Hautfarbe? Ich nehme in unserer Gesellschaft oft eine (oft unterbewusste) Unterscheidung zwischen guten und schlechten Ausländern wahr. Je näher die Menschen uns in Aussehen, Kultur, Religion,… sind, desto "besser".

Und dass es viele Deutsche mit einer dunklen Haut gibt, muss ich hoffentlich nicht erwähnen.

Mencken
Mencken
7. Juli, 2025 15:54

Ich kann mich an Kampagnen zu Beginn der 90er erinnern, die inhaltlich ähnlich problematisch ausfielen.

Mencken
Mencken
8. Juli, 2025 19:38
Reply to  Torsten Dewi

Leider kann Ich die Namen nicht erinnern, aber es gab z.B. Anti-Gewalt-Kampagnen, da es seinerzeit recht viele Auseinandersetzungen mit türkischen und kurdischen Jugendgangs gab. Vorausgesetzt wurde stets, dass die Ausländer die Opfer waren, die Gründung von Gangs, das Mitführen von Messern und Macheten, Strafdelikte usw. wurden entweder gar nicht erwähnt oder als ohnmächtige Reaktion auf das erlittene Unrecht dargestellt, an dem die Opfer irgendwie dann auch Schuld waren.

Jegliche Differenzierung oder andere Sichtweise war automatisch die Naziperspektive.
Hat zumindest bei uns dazu geführt, dass viele, die sich wenige Jahre vorher eher ins Punk- oder alternative Lager eingeordnet hätten,das Label Nazi dann irgendwann akzeptiert oder sogar damit kokettiert haben.

Die Anschläge Anfang der 90er haben das dann schnell beendet, die nachfolgenden Kampagnen ( "Mein Freund ist Ausländer" usw.) habe ich aber als weiterhin unsäglich in Erinnerung.

S-Man
S-Man
8. Juli, 2025 20:52

Danke. Punkt.