18
Juni 2025

Overhyped and undersold: Gedanken zu BLOOD & SINNERS und MISSION: IMPOSSIBLE

Themen: Film, TV & Presse |

Ich kann nicht jeden Film in der Pressevorführung sehen. Manchmal hole ich den Kinobesuch mit dem Frankster nach, aber dann erübrigt sich oft die Kritik – der Großteil meiner Leser war entweder selber schon drin oder hat kein Interesse. Darum verkneife ich mir Reviews "after the fact" meistens.

Im Fall von BLOOD & SINNERS und dem letzten Teil der MISSION: IMPOSSIBLE-Reihe halte ich es aber für nötig, die Stimme zu erheben, sei es auch nicht für einen klassischen Review. Ich möchte stattdessen eher gegen den Mainstream anschwimmen, der BLOOD & SINNERS zu einem Meisterwerk des neuen "schwarzen" Horrors erklärt hat und MISSION: IMPOSSIBLE zu einem unwürdigen Abschluss der langlebigen Franchise.


BLOOD & SINNERS

Die US-Presse überschlägt sich. 84 Prozent auf Metacritic, 97 Prozent auf Rotten Tomatoes, 7,8 auf der IMDB. Willfährige Stümperschreiber auf Collider masturbieren Texte ins Netz, die ihre Autoren als armselige Simps entlarven:

Ryan Coogler’s cultural phenomenon, Sinners, has arguably been the highlight of the 2025 cinematic run to date, standing out as one of the shining beacons of fresh-minded filmmaking in a sea of remakes, reboots, and adaptations.

The high praise for Sinners is universally realized. With that in mind, and with many already calling it the best movie of the year, despite six months still to come, Sinners has become an early favorite in many people’s minds to enter the eventual list of ten Best Picture nominees.

Die Zahlen stimmen, aber sie erzählen nur die halbe Geschichte. SINNERS reitet die Welle des "schwarzen" Horrors, die wir primär Jordan Peele verdanken und die davon lebt, dass sie bekannte Horror-Szenarien durch die "black experience" filtert und ihr damit neue, erheblich intensivere Facetten ermöglicht. Für den Schwarzen ist nicht nur das Monster der Feind, sondern die gesamte Gesellschaft. Im Grunde genommen eine Weiterführung der Sketch-Comedy KEY & PEELE:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ein "Kulturphänomen" ist das aber primär in dem Land, das davon betroffen ist – die USA. SINNERS mag wie GET OUT in den USA erstaunlich viel Geld einspielen. Weltweit humpeln diese Filme aber hinterher, weil z.B. der asiatische Markt überhaupt nicht an diese Erzählperspektive andockt.

Ein ganz banaler Vergleich: Ein Film wie SUPER MARIO BROS funktioniert global in etwa gleich, darum kann er zu den 575 Millionen in den USA noch satte 785 Millionen im Rest der Welt einspielen. GODZILLA X KONG holt in den USA knapp 200 Millionen Dollar, aber weltweit obendrauf noch mal 375 Millionen.

SINNERS hat in den USA 275 Millionen abgeräumt, weltweit ist er mit 85 Millionen eher mau gelaufen. Der "schwarze" Horror ist ein lokal begrenztes Phänomen.

Darum geht es mir jedoch gar nicht. Ich finde SINNERS schlicht massiv überbewertet. Ja, Coogler kann Action inszenieren, Michael B. Jordan ist ein charismatischer Hauptdarsteller (hier in einer Doppelrolle), und die schwüle Atmosphäre der Südstaaten in den frühen 30er Jahren wird exzellent eingefangen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Als Vampirfilm ist SINNERS dagegen eine magere Nummer, der dem Mythos keine neuen Seiten abgewinnt außer einer vagen Gleichsetzung von Vampiren und Einwanderern als "invasive species". Die Vampire verhalten sich wie Vampire, werden getötet wie Vampire, sind so generisch wie Zombies und Werwölfe.

SINNERS ist auch ein Film, der komplett falsch getaktet ist. Er braucht mehr als eine satte Stunde, um eine Bandbreite an dünnen Figuren zu etablieren. Kommt es endlich zur Belagerung durch die Vampire, bleibt kaum Zeit für Strategie und Konflikt. Stattdessen gibt es 25 Minuten lang ein paar rüde Kampfszenen – den Rest erledigt die aufgehende Sonne (doofe Vampire, wie es scheint). Als Epilog wird noch ein Massaker inszeniert, weil es natürlich "in Wirklichkeit" um Rassismus geht. Hinter jedem Vampir steckt ein fettleibiger weißer Großgrundbesitzer, sicher.

Dass die schwarzen "Helden" Gangster sind, Mörder, Ehebrecher, Erpresser? Egal. Die unterdrückte Minderheit hat immer die moralische Hoheit, das gilt ja auch für die Frauen in Filmen wie BIRDS OF PREY.

In groben Zügen trifft es der Honest Trailer mal wieder sehr auf den Punkt:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

In seiner Überzeichnung der schwarzen Männlichkeit und der völligen Unmoral des Geschehens ist SINNERS letztlich ein Blaxploitation-Film. Nicht mehr.


MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING

Ich empfehle vorab die Lektüre meiner Kritik zum ersten Teil des M:I-Finales.

Tom Cruise tut mir leid, auch wenn er mein Mitleid weder braucht noch verdient. Der Mann hat eigenhändig eine alte TV-Franchise entstaubt und zu einer der lukrativsten und langlebigsten Blockbuster-Serien der Kinogeschichte ausgebaut – unter teilweise atemberaubendem körperlichen Einsatz:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Abgesehen von einer Delle mit Teil 3 ging es am Boxoffice mit den Filmen immer nur bergauf, als Höhepunkt konnte FALLOUT 2018 über 800 Millionen Dollar einspielen. Angesichts seines Alters und einer sich ändernden Filmlandschaft entschied Cruise, mit einem Zweiteiler die Reihe abzuschließen.

Leider blieb DEAD RECKONING vor zwei Jahren hinter den Erwartungen zurück und spielte "nur" 570 Millionen Dollar ein. Anders als SINNERS ist M:I allerdings eine internationale Franchise und auch der als Flop gehandelte letzte Teil steht momentan dank des globalen Einspiels von 340 Millionen halbwegs gut da. Man wird vielleicht das obszöne Budget von 300-400 Millionen nicht amortisieren, aber unter dem Strich hat die M:I-Franchise viele Millionäre gemacht.

Aber was für eine Demütigung: MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING hat es am Startwochenende in den USA nicht mal auf den ersten Platz geschafft und musste sich von LILO & STITCH deklassieren lassen.

Mein Problem hier: FINAL RECKONING ist ein Monster von einem Film, ein vielleicht letztes Schaulaufen des klassischen Actionkinos, fast drei Stunden eines Hollywoods, das womöglich mit Tom Cruise aussterben wird. Es ist mehr als ein Kinofilm, der scheitert oder nicht scheitert. Er ist eine Diskussionsgrundlage darüber, war wir vom Kino erwarten und mit welchem Anspruch auch die Macher an ihre Aufgabe in den nächsten Jahren herangehen werden.

Fast alle Kritiken, die ich gelesen habe, unterschätzen den Film und machen es sich zu einfach. FINAL RECKONING ist ein Film über das Kino, über die gesichtslose Gefahr aus dem Computer, die jede menschliche Interaktion imitieren kann und dazu geeignet ist, die über Jahrhunderte aufgebaute Zivilgesellschaft zu zerstören. Die KI im Film ist der ultimative Gegner – auch Hollywoods.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Darüber hinaus ist FINAL RECKONING eine Aufarbeitung der gesamten Franchise. Everything has led to this, indeed. Natürlich war das nicht 1996 schon die Absicht, aber der Film schafft es fast, uns glauben zu machen, dass Cruise von Anfang an einen Masterplan hatte, der nun im achten Film kulminiert. Weil FINAL RECKONING das gesamte M:I-Universum abschließt wie ENDGAME das MCU, könnte er auch bei einem größeren Erfolg nicht einfach fortgesetzt werden.

The story has been told – there is nowhere left to go from here.

FINAL RECKONING ist nicht perfekt, wahrlich nicht. Manchmal bedient er sich absurder Taschenspielertricks, um seine Figuren in Bewegung oder auch nur am leben zu halten. Er ist fast zwanghaft darauf aus, sich immer wieder zu steigern, jeder Zwischenlösung eine noch größere Gefahr folgen zu lassen. Die Figur von Esai Morales existiert nur, weil KI eben doch kein ausreichend physischer Gegner ist, gegen den jemand wie Ethan Hunt antreten kann.

Es gab auch eine Stelle, an der ich mich entsetzlich alt gefühlt habe: Als Ethan Hunt erkennt, dass "Briggs" in Wirklichkeit der Sohn von Jim Phelps ist, gab es keine hörbare Reaktion beim Publikum. They had no idea.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ich habe John Wick in der BALLERINA-Kritik einen "Action-Jesus" genannt. Cruise ist dieser Selbstbeweihräucherung nicht weniger schuldig. Wenn Ethan Hunt Freunde und Vorgesetzte bittet, ihm bedingungslos zu vertrauen, dann erreicht das eine spirituelle Ebene, die des Gurus und seiner Jünger. In vielen Szenen, wenn die Präsidenten und Generäle auf Countdowns starren, rufen sie im stillen Gebet den heiligen Ethan an. Möge er kommen und uns alle erlösen.

Auch das hat eine klare Meta-Ebene, weil nicht nur Ethan Hunt der Heiland sein muss, sondern Tom Cruise selbst. An ihm hängt Hollywood, er ist der letzte Beweis, dass die Traumfabrik sich nicht durch einen Stream auf den Fernseher ersetzen lässt. Wenn Ethan Hunt scheitert, scheitert Tom Cruise – und wir alle werden einen hohen Preis bezahlen.

Dass es Cruise gelingt, die Vielzahl an Plots, Allegorien und Meta-Ebenen straff unter einen Hut zu bringen und die fast drei Stunden Laufzeit ohne Hänger bleiben, ist der vielleicht größte Verdienst von FINAL RECKONING.

Die Tatsache, dass FINAL RECKONING im überschaubaren Rahmen "gefloppt" ist, dominiert zu sehr die Diskussion, genauso wie der Erfolg von SINNERS zu sehr von seinen Defiziten ablenkt. Beide Filme haben ihre Meriten, aber es ist FINAL RECKONING, über den wir mehr reden müssten. Weil er mehr zu sagen hat.

29 years. 8 movies. Thank you for your service, Mr. Cruise.


Abschließende Gedanken

Das sind natürlich nur meine Meinungen – auch wenn ich sie für gut genug ausgearbeitet halte, um ihnen eine Validität zuzugestehen, die über "one man and his opinion" hinausgeht. Film wird immer durch verschiedene Linsen gesehen – persönlich, politisch, historisch. So schrieb ich 2024 zu CIVIL WAR:

Es ist ein Science Fiction-Szenario, das nur eine katastrophale Präsidentschaftswahl von der Realität entfernt sein könnte. Die Risse in der amerikanischen Gesellschaft, an denen in CIVIL WAR das Land zerbrochen ist, können wir heute schon in der Tagesschau sehen. Bei jeder Trump-Rallye kann man die ungebildeten, von Fox & Konsorten programmierten Idioten bestaunen, denen die Demokratie nur noch die lästige Fessel ist, die ihnen verbietet, mal richtig aufzuräumen. Sie fürchten die Ereignisse in CIVIL WAR nicht – sie wünschen sie herbei.

(…)

In vier, fünf, zehn Jahren wird CIVIL WAR von der Realität überholt sein, wird entweder als gut gemeinte, aber fehlgeleitete Warnung Staub ansetzen (siehe auch THE DAY AFTER), oder als düstere Prophezeiung kommender Ereignisse in die Filmgeschichte eingehen. Ich bin wahrlich nicht glücklich, in Zeiten zu leben, in denen uns so ein Film tatsächlich Angst machen kann.

Ich gestehe, dass ich 2024 selber nicht geglaubt habe, wie hellsichtig das sein könnte.

Es steht euch frei, mir zu widersprechen. Es würde mich sogar freuen.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

15 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Revilo
18. Juni, 2025 12:58

Bei Sinners bin ich voll bei dir, habe dem auch nur als 5/10 eingeordnet, weil er zwar atmosphärisch und originell ist, aber es scheint als wenn sich Coogler hier inszenatorisch etwas übernommen hat und in der Breite einfach die Finesse von großen Filmen fehlt. Keine Ahnung warum gerade bei dem der Kritiker-Blick so verklärt ist; reicht es heute schon, kein Franchise und nicht schlecht zu sein?

MI hat bei mir allerdings ebenfalls diese 'Mixed Bag' Wertung erhalten. Der fängt (eventuell auf Grund der Nachdrehs?) für mich erschreckend schwach an, die ersten 60-70 Minuten hab ich mich gefragt ob die Story, die Regie, das Editing wirklich von denselben Personen sind, die vorher genug MI-Erfahrung gesammelt haben sollten. Das war dem Franchise unwürdig und einige Szenen und Flashbacks schon 'cringe-worthy'.

Zum Glück steigert sich der Film in der Folge, die internationale Bedrohung wird spannend inszeniert und die beiden großen Action-Sequenzen reißen es etwas raus; wirken aber im Gegensatz zu älteren Teilen doch sehr isoliert vom Rest der Story, hier fügt sich leider kaum etwas organisch zusammen. Den Ethan-Jesus gibt es spätesten seit Fallout, aber hier wird es mit dem abstrusen Plan (über den der Film selbst sagt, dass es Selbstmord ist) auf die Spitze getrieben. Hätte ich besser bewertet, wenn Cruise am Ende anstelle des Fallschirms die Eier gehabt hätte die Opferung seines Charakters und damit das Franchise abzuschließen.

Bei Civil War bin ich wieder bei dir, es wundert mich auch schon länger, dass der so wenig vom weltweiten Diskurs aufgegriffen wird; vielleicht weil das Aufhänger-Thema Fotografie in der heutigen Video-basierten Welt fast schon historisch wirkt. Maybe auch ein Fall von "es ist leichter wegzusehen"?

Last edited 27 Tage zuvor by Revilo
jimmy1138
jimmy1138
18. Juni, 2025 13:18

Vielleicht habe ich die Serie falsch in Erinnerung – es ist schon ein bißchen her -, aber mMn stand in der Serie viel mehr das Team, keine Einzelperson und clevere Pläne anstatt dieser Stuntextravaganzen im Vordergrund standen. Insoferne hatte ich immer gewisse Probleme damit, in welche Richtung Cruise & Co. die Franchise geführt haben.
Was ja schon damit anfing, daß man den Schauspieler, der die Hauptfigur der vorherigen zwei Iterationen, Jim Phelps, in fast 180 Folgen gespielt hatte, ausgetauscht und dann obendrein die Figur zum Bösewicht gemacht hat.
Wobei man natürlich argumentieren kann, daß das eine die TV Serie und das andere die Filmfranchise ist – und die Filmfranchise dementsprechend größer, bombastischer sein muß und die Schauspieler "echte" Filmstars sein müssen. Was den Kreis zu Tom Cruise und der heutigen Zeit schließt: Die Grenze zwischen TV (bzw Streaming) und Film verschwimmt. Immer mehr "echte" Filmstars machen irgendwelche Streaming-Sachen, andererseits muß Content auf Streaming (fast) genauso gut wie Kinofilme aussehen und die Budgets sind dementsprechend nicht mehr Welten auseinander.
Und Tom Cruise ist da eben mMn eine der wenigen Ausnahmen – der macht kein Streaming.

Andreas
Andreas
18. Juni, 2025 14:23

BLOOD & SINNERS habe ich nicht gesehen.Auf das Mission Impossible Finale habe ich lange hingefiebert. Ich gebe zu, ein Fanboy zu sein. Nicht nur der Filmreihe. Meine Kindheit hat die 80er Serie geprägt. später lernte ich die Originalserie zu schätzen.
Die Kinoreihe? Nur Teil 2 mochte ich nicht.

Zu FINAL RECKONING habe ich nun ein paar mal gehört, dass der erste Teil viel zu lang ist, ohne das etwas passiert. Sicher: für einen Einzelfilm hätte der erste Teil ds Tempo kaputt gemacht.
Als zweiter Teil eine Fortsetzung und Abschlus eine fast 30 Jahre langen Reise, sei es allen aber doch bitte erlaubt, zurückzublicken, sich vielleicht auch ein wenig feiern.
Es hat was symbolisches, dass Doppeldecker für die den finalen, großen Stunt gewählt worden. Erinnungen an das Hollywood ala Buster Keaton.

Tom Cruise wird wohl der Letzte gewesen sein, der so etwas "echtes" gemacht hat – machen durfte. Totale Hingabe für den Film – für das Publikum. dies nehme ich ihn auch ab.
Ein Lieblingsteil? Ich mag alle
Vielleicht "Rogue Nation" weil die Finale Szene mit dem Kasten mich am ehesten an eine Folge der Serie erinnerte.

Dein Review zu "civil War" ist mir lange im Kopf geblieben.
Und jetzt – die Bilder aus LA.
Holy Shit

S-Man
S-Man
18. Juni, 2025 17:15

Ich bin eigentlich bisher auch eher ein Freund der MI Reihe gewesen – ausgenommen Teil 2 und 3. In meinem Kopf fühlte sich alles ab Teil 4 irgendwie wie ein Neuanfang viele Jahre später an; da hatte es mich überrascht, dass Teil 2 und 3 weiter auseinander liegen als 3 und 4. Egal. Ich habe 1, 4,5,6 wirklich oft geschaut, weil das für mich schöne Unterhaltungsfilme sind. Man muss nicht allzusehr aufpassen, braucht nicht jede Aktion hinterfragen, kann sich berieseln lassen und hat einfach entspannte, aber gute Unterhaltung. Das ist, was ich an der Reihe wirklich mag.

Ich war wirklich gespannt auf das Doppel-Finale und gerade deshalb hatte ich mir Teil 7 eben nicht angeschaut. Ich wollte beide Filme zusammen sehen.

Es gab zwar, obwohl erhofft, mWn in Berlin kein DoubleFeature, das haben wir dann halt in einem Rutsch mit Heimkino und direkt angeschlossenem Kinobesuch simuliert. Allerdings nicht ohne die komplette Reihe vorneweg noch einmal zu schauen – inkl. der bisher verhassten beiden Parts. Gerade von diesen war ich dann doch positiv überrascht – sie sind weit weg Weltklasse, aber deutlich besser, als ich es mir all die Jahre eingeredet hatte.

So im Ganzen betrachtet, ist es ein tolles Werk. Und ebenso kann ich meinem Vorredner Recht geben: So gesamt betrachtet ist es völlig in Ordnung, dass die beiden letzten Filme sich auch mal Zeit lassen und sich eben vielleicht auch selbst feiern. Innerhalb des Gesamtwerks wirkte es für mich niemals störend.

"Teil 8
Zum Letzten Teil kann ich sagen: Ich war 3 Stunden lang wirklich sehr gut unterhalten und mehr kann man nicht verlangen. Das klingt negativ, meine ich aber gar nicht so. Ich hatte viel Spaß! Und, was ich tatsächlich so niemals in einem der Filme vorher hatte: Ich fieberte das erste Mal wirklich mit dem Helden mit. Bei der "tiefen" Action-Szene hatte ich das erste Mal wirklich Angst um Ethan Hunt, so blöd es klingt. Sonst war das immer klar: Ach, der wird sich retten. Hier war es mir im Inneren nicht mehr wirklich klar, auch wenn natürlich der Film noch ein bissel Laufzeit hatte. Dass dieser Film das tatsächlich nach all den Stunden wirklich nochmal mit mir machte, dass er das schaffte, rechne ich ihm persönlich hoch an, das zeichnet ihn für mich aus.

Danke für diese Reihe! Allerdings hoffe ich, dass es jetzt nicht doch noch mal heißen wird: Ätschibätschi, verarscht! Doch nochmal Gelddrucker eingewerfen ist angesagt! Insofern gebe ich auch hier einem der Vorredner recht: Ich hätte es gar nicht so schlecht gefunden, wenn er sich am Ende doch heldenhaft im Dienste der "unmöglichen" Mission letztlich selbst geopfert hätte.

Last edited 27 Tage zuvor by S-Man
dermax
dermax
18. Juni, 2025 19:04

Könnte zu SINNERS nicht mehr nicken, war auch massivst unterwältigt angesichts des Hypes. Eine Ewigkeit, bis das Szenario steht (und mit dem einen Tag für das Aufziehen des Clubs himmelschreiend unrealistisch) und dann ein Showdown, mit dem FROM DUSK TILL DAWN den Boden aufwischt. Und dann kommt noch der KKK, damit wir auch schön gut und böse kennen. Und noch so eine Geschichte, die immer mehr in Hollywood en vogue wird: Abläufe, die so unrealistisch sind, dass ich sie nicht vernünftig darstellen kann, passieren off-screen. In diesem Kontext empfehle ich Shyamalans TRAP, dagegen ist Bays Oeuvre ein Fest der Plausibilität.

Matts
Matts
20. Juni, 2025 13:49

Nah. Hier muss ich mich, fürchte ich, auf die Seite des Mainstreams und gegen Torsten stellen: Für mich ist SINNERS der bisher beste Film des Jahres, hands down. Vielleicht hat es geholfen, dass ich ihn schon gesehen habe, bevor der Hype so richtig Fahrt aufgenommen hat. Zu viele Vorschusslorbeeren tun einem Film oft auch nicht gut…
Mich hat die Atmosphäre voll aufgesogen – trotz oder gerade mit dem langsamen Tempo am Anfang – und der starke Fokus auf die Musik mit Einbeziehung des Übernatürlichen hat für mich wunderbar funktioniert. Die Signatur-Szene mit „I lied to you“ hat mich schlichtweg weggeblasen, und die musikalische Nummer der Vampire hat mir sogar noch besser gefallen (aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich ein großer Fan von Irish Folk bin).
Und natürlich platzt der Film von Subtext. Wenn man nicht Mitglied der schwarzen Community ist, versteht man sich nicht annährend alles. Von der Bedeutung der Vampire als Bedrohung durch äußere Vereinnahmung einer Gemeinschaft bis hin zu Remmick selbst als Agent der kulturellem Aneignung – auch wenn seine eigene Hintergrundgeschichte ihn letztlich als tragischen Schurken erscheinen lässt. Ich weiss auch nicht, ob es dem Vampirmythos gar nichts neues hinzufügt. Zumindest ich hab noch nicht gesehen, dass die Blutsauger so sehr als Hivemind agieren wie hier (was meiner Meinung nach auch ihr Ende erklärt).
Ich behaupte gar nicht, dass der Film perfekt ist: Der 3. Akt ist definitiv etwas schwächer als alles, was davor kommt und der Finale KKK Showdown war ziemlich unnötig.
Aber wie gesagt: Es war für mich die bisher beste Kino-Erfahrung in diesem Jahr.

Und nun zu FINAL RECKONING: Ich finde ihn auch nicht so schlecht, wie er teilweise gemacht wird. Er ist über weite Strecken sehr unterhaltsames Action-Kino, und bei den beiden zentralen Stunts (U-Boot und Flugzeug) hab ich schon große Augen gemacht. So etwas konnte wirklich nur Tom Cruise machen.
Aber….. Es ist für mich trotzdem einer der schwächeren Teile der Reihe. Nicht so schlecht wie Teil 2, aber auch nicht auf der Höhe von FALLOUT oder ROGUE NATION. Der Film ist einfach zu lang. Die erste Stunde zieht sich wie Kaugummi. Zu viel Exposition, zu viele Recaps. Erwarten die wirklich, dass Leute in den Film gehen, die den vorherigen Teil nicht gesehen haben? Und der Versuch, das Ganze mit früheren Teilen zu verstricken geht für mich auch gehörig schief (Retcon!).
Und mir geht der von dir angesprochene Kult um die Figur Ethan Hunt innerhalb des Films mittlerweile wirklich auf den Zeiger. Action-Jesus trifft den Nagel auf den Kopf. Auch die Rennerei ist mittlerweile SEHR exzessiv.
Einschub: Dass bei all den Verweisen auf zurückliegende Figuren und Geschehnisse Ilsa nicht mit EINEM Wort erwähnt wird, hat mich richtig sauer gemacht. Hat Rebecca Fergusson in Tom Cruises Cornflakes gepinkelt? Überhaupt wird Gabriel im vorherigen Teil als diese zentrale Figur aus Ethans Vergangenheit aufgebaut, und man denkt sich, dass man erfährt, was zwischen den beiden passiert ist. Pustekuchen!
Aber vor allem hat der Film für mich zu wenig von dem, was einen MISSION IMPOSSIBLE Film ausmachen sollte: Für waren das immer Spionage-Thriller und Heist-Movies – mit einem guten Schuss Action. Ich will die minutiöse Planung, ich will, dass das Team perfekt zusammen arbeitet (und nicht Ethan Hunt zu Action-Jesus wird), ich will die verdammten Masken!!  Das alles ist bei FINAL RECKONING einfach zu sehr abgefallen.

That´s my 2 cents. Ich muss gestehen, hätte ich das hier von jemand anderem als vom Wortvogel gelesen, würde ich reflexhaft sagen: Das hier ist Contrarianism, um Aufmerksamkeit zu ziehen. Aber bei Dir weiss, dass das deine ehrliche Meinung ist.
Und wir dürfen ja unterschiedlicher Meinung sein.

Nikolai
Nikolai
20. Juni, 2025 13:54
Reply to  Matts

"Wenn man nicht Mitglied der schwarzen Community ist, versteht man sich nicht annährend alles."

Das macht den Film doch für den absoluten Großteil absolut uninteressant, einfach weil man nicht annähernd alles versteht.
Oder sehe ich das falsch?

Matts
Matts
20. Juni, 2025 16:35
Reply to  Torsten Dewi

Das viele Figuren oft schnell vergessen sind, ist schon wahr. Aber Ethans Ex (Michelle Monaghan – Rollenname vergessen) war danach auch noch in 2 Filmen Thema.
Ich hatte nach FALLOUT doch den Eindruck, dass Ilsa und Ethan sich ähnlich nahe stehen. Wenn schon nicht romantisch, dann platonisch.

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
24. Juni, 2025 10:07
Reply to  Torsten Dewi

„Der Film muss standalone funktionieren“ Mh, schwierig – Herr der Ringe hat ja hoffentlich auch niemand ab Teil 2 begonnen und dort gab es (ähnlich wie z.B. bei HBO-Serien) keinen Recap. Imo sollte ein gewisser Einsatz des Zuschauers bei einem Zweiteiler vorausgesetzt werden. Daher war für mich die erste Stunde Recap auch arg anstrengend, aus der Erwähnung der „Entität“ sollte man lieber auch kein Trinkspiel machen. Die hier bereits erwähnte Fragmentierung ist mir auch aufgefallen, der/die Vorgänger wirkten da runder. Vielleicht gibt es ja mal einen Complete Cut, der den überflüssigen Ballast über Bord wirft, bis dahin (mit Teil 2) imo der schwächste Cruise-MI.

Sinners klingt wie Black-FDtD, wird irgendwann mal auf Stream geschaut.

Matts
Matts
20. Juni, 2025 16:31
Reply to  Nikolai

Jein. Ich musste definitiv auch nicht alles verstehen, um meinen Spass damit zu haben.

DSFARGEG
DSFARGEG
23. Juni, 2025 07:26

Ich gucke Cruise-Filme erst, wenn er unter der Erde liegt. Vorher kriegt der keinen Cent von mir – mir ist es damals kalt den Rücken runtergelaufen, als nach und nach Infos zu seiner Rolle bei Scientology durchgesickert sind, und seine Kino-Rollen scheinen das widerzuspiegeln: Ein Heilsbringer mit Absolutheitsanspruch, der entgegen jeder Vernunft unbedingten Gehorsam einfordert und am Ende natürlich immer Recht hat. Nee, danke. Ja, tolle Stunts, aber ich werde es überleben, das nicht auf großer Leinwand gesehen zu haben.

dermax
dermax
23. Juni, 2025 14:41
Reply to  DSFARGEG

Ohne Scientology in irgendeiner Art verharmlosen zu wollen, genau wie mir egal ist, wo mein Bäcker sonntags betet, ist es mir bei Schauspielern, solang es nicht strafbewehrt ist. Mich widert dieser Verein natürlich auch massiv an.
"Heilsbringer mit Absolutheitsanspruch, der entgegen jeder Vernunft unbedingten Gehorsam einfordert und am Ende natürlich immer Recht hat" trifft auf so ziemlich jeden Actionhelden zu.