Fantasy Filmfest Nights 2025 (6): THE UGLY STEPSISTER
Themen: FF Nights 2025, Film, TV & Presse |
Regie: Emilie Blichfeldt
Darsteller: Lea Myren, Thea Sofie Loch Næss, Ane Dahl Torp, Flo Fagerli u.a.
Story: Elvira zieht mit ihrer Mutter und ihrer jüngeren Schwester Alma auf den Landsitz des neuen Stiefvaters, der leider schon beim Hochzeitsmahl das Zeitliche segnet. Angesichts der finanziellen Probleme des Vier Frauen-Haushalts scheint eine Verlobung mit Prinz Julian die erstrebenswerteste Lösung. Die Top-Favoritin ist die bildschöne Agnes, die allerdings nach dem Tod ihres Vaters in der Rangliste nach unten gerutscht ist und außerdem den Stallknecht pimpert, was eine Vermarktung als "Jungfrau" erschwert. So ist es an Elvira, ihr robustes Aussehen mit der Hilfe von Training, Chirurgie und Bandwürmern auf "Schwedens next Superprinzessin" zu trimmen. Doch der Preis für den Auftritt beim Ball ist weit größer als Hunger und Schmerz…
Kritik: Eine Märchenverfilmung unter umgedrehten Vorzeichen war jetzt nicht unbedingt das, worauf ich beim Fantasy Filmfest mit schwitzigen Fingern gewartet habe, zumal das Setup sehr offensichtlich scheint: Die bekannte Geschichte vom Aschenputtel wird aus der Sicht der Stiefschwester neu interpretiert.
Allerdings hat uns das Programmheft einiges versprochen:
Zehen werden abgehackt, eine Nase mit Hammer und Meißel malträtiert, eine Leiche rottet vor sich hin und ein extrem gieriger Bandwurm ist auch noch dabei. In manchen Momenten ist diese Märchen-Adaption dermaßen eklig, brutal und in ihrer Authentizität kaum zu ertragen, dass sich wohl selbst einige der abgebrühtesten Bodyhorror-Fans am liebsten abwenden würden.
Das ist alles korrekt, tut dem Film aber keinen Gefallen, weil er weit mehr ist als eine zutiefst schwarze Komödie, die selbst dann nicht wegschaut, wo die meisten Filme um der 16er-Freigabe willen abwinken. Es sei aber angemerkt, dass die meisten fast pornographischen Nahaufnahmen viel mit Body Doubles arbeiten und so offensichtlich "inserts" sind, dass man sich an die schäbigen Filme der 70er erinnern, die züchtiges Material nachträglich für das Bahnhofskino aufpeppten.
Ich sage es mal so: Als Weihnachts-Klassiker wird der hier DREI NÜSSE FÜR ASCHENBRÖDEL wahrscheinlich nicht ablösen…
Das lenkt ab. Das führt auf die falsche Fährte. Ja, THE UGLY STEPSISTER ist sehr frech in seiner Direktheit, in seiner groben Konfrontation. Aber er ist auch eine zutiefst komplexe Studie über die Wahrnehmung der Weiblichkeit, den Marktwert der Schönheit und Jungfräulichkeit. Er ist nicht damit zufrieden, Elvira zur guten und Agnes/Cinderella zur bösen Schwester umzudefinieren. Beide sind Gefangene ihrer Rollen, beide definiert durch das, was die Gesellschaft von ihnen erwartet. Am Ende unterscheidet sie nur, dass Agnes durch Magie und schiere Schönheit alle Defizite wettmachen kann, während Elvira unter erheblich höherem Einsatz scheitert. The winner takes it all.
Es ist die Korruption Elviras, von der THE UGLY STEPSISTER handelt, von der Begeisterung über die herbei operierte Schönheit bis zum verzweifelt arroganten Anspruch, den sie damit verbindet. Ihre äußere Schönheit verlagert ihre Hässlichkeit nach innen und der Bandwurm ist dafür eine schöne Metapher.
Das ist alles sehr clever im Stil klassischer Märchenfilme ohne Disney-eske Kitschigkeit inszenziert und Lea Myrens performance ist wahrlich "for the ages".
Womit ich hadere? Ich kann den Film nicht dafür kritisieren, weil es kein Defizit ist, aber mir drängt sich die Frage auf, ob irgendjemand dieses Märchen aus der Sicht der Stiefschwester sehen möchte. Man weiß, worauf es hinaus läuft und ich habe das vage Gefühl, man könnte das Thema in einem zeitgenössischen Gewand noch potenter und für eine breitere Publikumsschicht aufarbeiten (siehe SUBSTANCE). Zumindest ich wäre dann auch mit weniger Vorbehalten ins Kino gegangen.
Ach ja: Wäre ich nicht vergeben, würde ich die Darsteller in der "Agnes" allein für den Nachnamen heiraten. Zu wenig Frauen heißen Thea Sofie Loch Næss.
Was meint Lil' Freddy?
Ich fand den wirklich interessant gemacht und bin tatsächlich nicht abgeneigt, einmal Märchen aus unterschiedlichen Perspektiven neu erzählt zu bekommen.
Es gibt hier und da Makel (Maden sind nun mal keine Seidenspinnerraupen), der größte davon ist aber, dass die Beziehung zum Pferdknecht keinerlei Folgen hatte am Ende. Angeblich wollte sie den Prinzen nie (oder nur des Geldes wegen), aber dann lässt sie sich dann einfach so von ihm mitnehmen. Schade, hier hätte ich einen Aufgriff nochmal erwartet.
Das sehe ich tatsächlich anders. Weil Agnes auf ihre Schönheit bauen kann, kann sie die Hürden (Jungfräulichkeit, Armut) überwinden. Auch das ist eine Lektion.
Dass meine ich gar nicht. Es geht eher darum, dass ihr zumindest unterstellt wird, dass sie eigentlich jemanden anderen liebt. Und das wird unter den Tisch gekehrt am Ende. Was ist denn mit der vermeintlichen Liebe? Der Rest? Klar, das kann die hinbiegen.
Mit Isak hätte die Geschichte nicht das korrekte Ende finden können. Ich denke schon, dass Agnes einfach entschieden hat, dass die Vernunftehe mit dem Prinzen Vorrang hat. Mir hat da nix gefehlt.
Wenn du die Olle heiratest heißt sie dann ja nicht mehr Loch Næss.
Oder willst du ihren Namen annehmen? Hätte was.
Was spricht gegen "Torsten Loch Næss"? Davon ab: Ein bisschen mehr Respekt vor der jungen Dame, bitte.
Sag ich doch. Hätte was. Und wär ein Grund für Fans eventuelle Neuauflagen deiner Bücher zu kaufen. Wer stellt sich schon einen Dewi ins Regal, wenns auch ein Loch Næss sein könnte.
Was den Respekt angeht: Zu Befehl.