Fantasy Filmfest Nights 2025 (4): A GIRL WITH CLOSED EYES
Themen: Fantasy Filmf. 25, Film, TV & Presse |Regie: Chun Sunyoung
Darsteller: Kim Minha, Moon Choi u.a.
Offizielle Synopsis: Gerade noch wird er als Autor eines verstörenden Bestsellers über eine Kindesentführung gefeiert, im nächsten Moment macht er Schlagzeilen, weil er in seinem Atelier brutal ermordet wird. Die vermeintliche Täterin stellt man noch vor Ort mit blutiger Waffe in den Händen. Sie leistet keinen Widerstand, will aber nur mit Ermittlerin Park Min-ju sprechen. Die einstigen Jugendfreundinnen verbindet ein dramatisches Schicksal und unter den vielen wohlbehüteten Geheimnissen gibt es auch eine grausame Verbindung zum Roman des Toten.
Kritik: Es gibt dieses Jahr zwei Filme von koreanischen Regisseurinnen zu sehen, was erstaunlich genug ist. Die Frau ist im koreanischen (bzw. asiatischen) Kino meistens nur als Beiwerk, Opfer oder Katalysator präsent, selten als voll ausformulierte Protagonistin. Besonders evident ist das bei diversen Polizeifilmen und Thrillern, in denen zum Team der Cops immer eine Frau gehört, die aber komplett im Hintergrund bleibt, als dürfe sie allemal Kaffee für die Kollegen holen.
A GIRL WITH CLOSED EYES ist aber mehr als ein Film von einer Frau über Frauen. Er hat eine genuin weibliche Perspektive, seine Handlung speist sich aus einer genuin weiblichen Opferbereitschaft, die besonders in der asiatischen Welt geprägt und gefordert wird. Die soziale Integration ist das einzige Ziel und bei wem sie (scheinbar) versagt, der hat keine Gnade zu erwarten.
Das ist… bemerkenswert. A GIRL WITH CLOSED EYES ist unter der Thriller-Oberfläche eine präzise Analyse der koreanischen Gesellschaft (siehe auch CONCRETE UTOPIA). Der Film würde als westliches Remake nicht funktionieren. Er würde nicht mit Männern funktionieren. Was hier geschieht, geschieht koreanischen Frauen, und in dieser Form nur ihnen.
Die Bereitschaft, eine vage Entführungsgeschichte wie eine Zwiebel mit immer neuen Schichten zu schälen, ist nicht minder bemerkenswert. Wir werden zum Ende hin mit immer neuen Details und Wendungen konfrontiert, die aber weniger auf kriminalistischen Enthüllungen basieren, sondern auf den Konflikten und Traumata der Protagonisten. Es geht viel weniger darum, was das Opfer erlebt hat – sondern wie es verarbeitet wurde. Das bricht mit den Konventionen des Genres.
Mit 105 Minuten trottet A GIRL WITH CLOSED EYES allerdings wieder mal sehr gemächlich durch den zweiten Akt und man muss Sitzfleisch mitbringen, bis man dem Film wirklich ins Netz geht. Er steigert sich erst nach einer guten Stunde, um uns dann mit einem Twist nach dem anderen zu überschütten. Weil man das durchaus straffer und fokussiert hätte inszenieren können, möchte ich auch angesichts dieser Aussage des Programmhefts zur Skepsis mahnen:
"Hier tritt jemand in die Fußstapfen von Größen wie Park Chan-wook, Bong Joon-ho oder etwa David Fincher."
Das mag für Chun Sunyoung (noch?) zu hoch gegriffen sein.
Trailer:
Was meint Lil' Freddy?
Meistens immer ist ein Oxymoron
Das stimmt. Ist korrigiert. Danke. Ich schreibe beim Festival meistens immer unter großem Zeitdruck und Schlafmangel.