03
Apr. 2025

Kino Kritik: WARFARE

Themen: Film, TV & Presse |

USA 2025. Regie: Ray Mendoza, Alex Garland. Darsteller: D’Pharaoh Woon-A-Tai, Will Poulter, Cosmo Jarvis, Kit Connor, Finn Bennett, Taylor John Smith, Michael Gandolfini, Joseph Quinn, u.a.

Offizielle Synopsis: Am 19. November 2006 im Irak. Zur Sicherung eines umkämpften Gebiets besetzt ein Platoon Navy Seals ein Wohnhaus. Zu den jungen Soldaten gehören Sam, Ray, Elliott, Kelly, Mikey und Lieutenant McDonald. Anfänglich sollen sie nur ein benachbartes Gebäude observieren, doch die Situation im von Al-Qaida dominierten Feindesland eskaliert schnell und heftig. Beim Beschuss des Gebäudes durch MGs und Granatwerfer gibt es unter den Männern einen Toten und mehrere Schwerverletzte, unter diesen Elliott, der Scharfschütze der Truppe, und Sam, der sein halbes Bein verloren hat. Ohne schnell auf Unterstützung hoffen zu können, beginnt für sie ein gnadenloser Überlebenskampf gegen die Zeit.

Kritik: Man könnte fast ein Schleudertrauma bekommen, wenn man binnen 24 Stunden zwei so grundsätzlich verschiedenen Filme wie MINECRAFT und WARFARE sieht. Auf der einen Seite die bonbon-bunte Verweigerung jeder Realität und auf der anderen Seite die brutale Konfrontation damit.

War is hell, diese Erkenntnis ist nicht neu und Alex Garland ist auch nicht angetreten, uns zu belehren. Im Gegensatz zu seinem CIVIL WAR bezieht dieser Film keine Stellung, stellt keine Fragen und braucht keine Antworten. Er platziert uns einfach in eine Gruppe von Navy Seals, die exzellent ausgebildet und mit den besten Waffen der westlichen Welt ausgestattet sind – und als Fleischsäcke in Schutzwesten doch nur eine Kugel davon entfernt, in Fetzen zu enden.

Ihre Mission? Irrelevant. Ihr Status? Ersetzbar. Ihre Gegner? Anonym.

WARFARE ist nicht interessiert, Helden zu etablieren oder Bösewichte. Er gönnt uns keinen Sieg, keinen Triumph "against all odds". Überleben muss reichen. Die permanente Ballerei ist so betäubend wie impotent – nicht ein einziges Mal sehen wir einen der Angreifer sterben. Keine Kerbe für den Gewehrkolben der Amis.

So können die Seals nur schießen, warten – und sterben. Wenn die Luftunterstützung anderswo gebraucht wird und die Panzerwagen von der Basis im Stau stehen, werden Sekunden zu Minuten und Minuten zu Stunden.

Für sanfte Gemüter ist das nichts, WARFARE erspart uns den Anblick zerrissener Extremitäten und vor Schmerzen um Morphium bettelnder Soldaten nicht. Es ist Blutmatsch ohne Glorie, ohne Schmatz für die Gorebauern im Saal.

Zum Nachspann zeigt WARFARE dann noch die Männer, auf deren Erinnerungen das Drehbuch basiert. Zumindest soweit man das als Außenstehender beurteilen kann, ist der Film geradezu fanatisch in seiner peniblen Rekonstruktion nicht nur der Ereignisse, sondern auch der Lokalität.

Ob ein Film wie dieser außerhalb der USA sein Publikum finden kann, ob er nicht zehn Jahre zu spät kommt, ob seine Darstellung des Irak-Kriegs als sinnentleerter Häuserkampf nicht längst redundant ist – das kann man sicher diskutieren. Wer allerdings für diese Art Kriegsfilm ein Faible hat, der findet hier ein Highlight.

Fazit: Im Nahen Osten nichts Neues – ein so packendes wie gnadenloses Kammerspiel in Fast-Echtzeit, das nur mit der Tatsache hadert, dass sich wohl kaum jemand außerhalb der USA noch für die Sinnlosigkeit und Grausamkeit des Irak-Kriegs anno 2006 interessiert.

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6 Kommentare
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heino
heino
3. April, 2025 21:21

Das erinnert mich frappierend an Hamburger Hill, auch ein sehr deotimierender Streifen. Es hieß doch, Garland wolle nicht mehr Regie führen. Gut, dass er es doch tut

Flusskiesel
4. April, 2025 09:23

Danke für die Filmkritik! ,,Civil War" fand ich schon sehr berührend (und ich muss gerade jetzt häufig an ihn denken). Vielleicht gucke ich mir ,,Warfare" ja mal an, wenn es mir einen Abend zu gut geht. 😉

Es sei eine kleine Korrektur erlaubt: Du meinst wahrschleich Luftunterstützung und nicht Luftverteidigung.

Maximilian Frömter
Maximilian Frömter
4. April, 2025 10:18

Ich weiss nicht, ob es angesichts des Ukrainekrieges überhaupt noch Bedarf an "realistischen", zeitgenössischen Kriegsfilmen gibt. Früher war ich ein grosser Fan dieses Genres, aber ich bekomme heute auf X und Telegram mehr als genug Abscheulichkeiten zu sehen, die mir den "Spass" an sowas gründlich vermiesen. Nichts kann einem einen Eindruck von der Hölle des Krieges besser vermitteln, als die live per Drohne oder Bodycam gefilmte Realität.