Retro, Trash und Sensationen: Ein YouTube-Abend mit dem Wortvogel
Themen: Film, TV & Presse, Künstliche Intelligenz |Es mag meiner Eitelkeit geschuldet sein, aber ich möchte euch ein paar der Sachen empfehlen, die ich in den letzten Wochen auf YouTube geschaut habe. Wenn’s mir gefällt, gefällt es euch vielleicht auch.
Außerdem lassen sich diese "Sammeltassen" recht locker runter schreiben…
Etwas Kontext: RAUMSCHIFF ENTERPRISE wurde in Deutschland erstmals von Mai bis November 1972 ausgestrahlt. Im April 1973, also kein Jahr danach, flimmerte beim ZDF die erste Parodie dazu über den Bildschirm – mit einem "all star cast" aus Walter Giller, Ernst H. Hilbich, Michael Schanze und Costa Cordalis (!):
Das dürfte zumindest die erste Trek-Parodie im deutschsprachigen Raum gewesen sein und es macht mich rechtschaffen fassungslos, dass ich sie nicht kannte.
Das ergänzt perfekt die erste semi-professionelle Dokumentation über das STAR TREK-Phänomen aus dem gleichen Jahr mit extrem seltenem Material:
Ich weiß nicht, wie man auf so eine Idee kommt, aber sie ist grandios: Die Titelmelodie im Vorspann von RAUMSCHIFF ENTERPRISE, wenn sie vom Schiff selber gekommen wäre:
Wenig ist lustiger und lehrreicher als die Vergangenheit der Zukunft. TV-Legende Walter Cronkite stellte in den 60ern die "world of tomorrow" vor, womit 2001 gemeint war, was genau genommen auch schon wieder digitale Antike darstellt:
Dazu passt dann als Ergänzung perfekt diese Sendung, die im Jahr 2002 versucht hat, sich die Welt des Jahres 2025 vorzustellen. Das Ergebnis: so mittel.
Ich glaube durchaus, dass der Film MEET JOE BLACK mit Brad Pitt von der Twilight Zone-Episode "Nothing in the Dark" inspiriert wurde, in der ein junger Robert Redford doch nicht ein verletzter Polizist ist, sondern der sehr empathische Sensenmann. Hier das bezaubernde Ende:
Eine echte Offenbarung ist dieser Kurzfilm von Reiner Erler (OPERATION GANYMED, DAS BLAUE PALAIS, FLEISCH), in dem zwei alte Männer in einer trüben Münchner Nacht ihre Gemeinsamkeiten entdecken. Das Lebensgefühl der Bayern und der Münchner, wahrlich nicht deckungsgleich, wird gut eingefangen:
Noch mehr langsames Fernsehen aus einer langsameren Zeit – der großartige Hanns Dieter Hüsch über seine (und meine) Heimat, den Niederrhein:
Schon allein wegen solcher Preziosen darf YouTube niemals sterben!
Der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilmer Dieter Wieland ist mittlerweile so etwas wie Kult – auch, weil er in den großartigen TV-Specials WIEDERSEHEN MACHT FREUDE mit Pastewka & Welke (dringend anschauen!) erwähnt wurde. Genau genommen ist Wieland nur ein Griesgram, der sich in sauertöpfischen Monologen gegen die Moderne stemmt, was aber einen spießig-stoffeligen Charme besitzt. Das hier ist ein perfektes Beispiel für die "Methode Wieland":
Machen wir uns nichts vor – wir alle haben uns schon gefragt, woher die Verschwörungsschwurbler ihre kruden Ideen haben. Dabei ist die Frage viel interessanter, WARUM sie sie haben. In dieser Doku wird sehr schön nachgezeichnet, was Menschen zur "dark side" treibt:
Wie es aussieht, wird es niemals wieder neue Serien über den Ermittler Endeavour Morse geben, weil sich der Autor der Vorlage vor seinem Tod festgelegt hat: John Thaw und Sean Evans sind die Einzigen, die den Inspector auf Mattscheibe und Leinwand spielen durften. Im Theater allerdings…
Kommen wir zum KI-Triple: Es mag fies sein, aber ich begrüße den Tag, an dem wir all diese unsäglichen Beauty-Influenzer durch Avatare ersetzen können – kann ja nicht so schwer sein, eine Flasche mit Conditioner oder einen Lippenstift in die Kamera zu halten. Die KI macht vor, wie das erheblich günstiger und schneller geht – inklusive Versionen in verschiedenen Sprachen für verschiedene Länder:
Klar ist das hier noch kein fertiger und tauglicher STAR WARS-Fanfilm, aber er wurde auch in nur zwei Wochen von primär zwei Leuten erstellt. Hier kann man bereits erahnen, wohin die Reise geht:
Da das "offizielle" STAR WARS (bei Disney Gerüchten nach aktuell zum Verkauf) in letzter Zeit oft Bullenklöten saugt, bin ich der KI zudem dankbar, dass sie die gemeinsten User-Kommentare musikalisch umsetzt:
Vorsicht, Musik! Ein paar Comedians haben sich in Los Angeles als Band mit dem schönen Namen MIDDLE AGED DAD JAM BAND zusammen getan und spielen erstaunlich angenehme Cover-Versionen bekannter Popsongs. Zuerst in der Garage, mittlerweile auch in concert. Der ganze Kanal ist hörenswert:
Ich hatte keine Ahnung, dass es von Sades legendärem "Smooth Operator" eine Langfassung gibt, in deren Video wir endlich Anfang und Ende der Agentengeschichte erleben, die in der Kurzfassung nur angedeutet wurde:
Smooth geht’s auch weiter – zum Klassiker "Concrete and Clay" ist ein schönes Video aufgetaucht. Mehr British Sixties geht nicht:
A propos Musikvideos: Ich bin heute leichter emotional zu berühren als vor 20 Jahren. Age made me soft. Und darum fühle ich mich auch unangemessen bewegt von diesem neuen Video zu Barry Manilows Ballade aus den späten 70ern. Gerade die schnörkellose, reduzierte Erzählweise drückt bei mir die richtigen Knöpfe:
Nochmal die Ohren eincremen? Die bezaubernde Fran Jeffries (1971 und 1982 auch im Playboy) singt 1963 in THE PINK PANTHER den Song "Meglio Stasera" – im Hintergrund sind u.a. David Niven und Capucine zu sehen:
Dass die ganzen "first reaction"-YouTuber auf einmal auf Herbert Grönemeyers "Der Weg" steil gehen, ist entweder ein faszinierendes Phänomen oder Herdentrieb – es gibt ein Dutzend dieser Videos, die meist in Tränen enden. Recht so, ist ein toller Song:
In Erinnerung an den wunderbaren Alan Rickman poste hier noch einmal das verfilmte Gedicht THE SONG OF LUNCH – jedes Mal auch ein Schlag in die Magengrube, denn ich identifizierte mich früher wahrlich oft mit seiner Figur:
Den Rausschmeißer macht heute dieses Video über die Drehorte der großartigen Serie TED LASSO in Richmond bei London:
Warum? Darum:
Hallo! Ich habe gerade die Serie DAS BLAUE PALAIS von Rainer Erler wieder gesehn und in der letzten Folge DER GIGANT, in der das Palais geschlossen wird, erklärt der Leiter Louis Palm (quasi mit Stift an der Wand) einem Mitarbeiter die wahren Gründe für die Auflösung des Instituts. Diese Gründe (nicht NUR ökonomische) werden in einem Diagramm anschaulich dargestellt. Am Ende wird man als Zuschauer aus der letzten Folge schockiert entlassen. Rainer Erler sah einen menschenverachtenden Raubtierkapitalismus, der zudem oft borniert wissentschaftsfeindlich agiert, klarsichtig wie kein anderer vor ihm. Es gab bei ihm keine Illusionen wohin die Reise geht. Wie haben wohl die Zuschauer damals (1976) darüber gedacht?
P.S.: Bin etwas neidisch auf die Besitzer der Playboys von 1971 bzw 1982 ( Fran Jeffries).
Brauchst du nicht sein – die Fotoshootings werden dieser Frau leider gar nicht gerecht.
"Der Weg", ein toller Song….
….wieder einmal ein Reminder, dass wir uns zwar bei Filmen oft einig sind, im Musikgeschmack aber so gar nicht auf einen Nenner kommen. 😅
Grönemeyer ist unsäglich. Egal welches Lied.
Oioioi, so viel…
Ich mag von Grönemeyer auch Flugzeuge im Bauch, Halt mich, und Ein Stück vom Himmel.
Apropos amerikanische Reaction Videos – seit einiger Zeit gibt es die auf youtube auch von einem alten Volker Pispers Auftritt, wo er über den Irak und Bush redet. Da sitzen junge Amerikaner da und gucken einen deutschen Kabarettisten, der -so wird es ihm ja zumindest nachgesagt- aufgehalten haben soll, weil man als Kabarettist nur vor Leuten spielt, mit denen man sich eh schon einig ist…
Vielen Dank für das Kleinod der "Twilight Zone-Episode "Nothing in the Dark". Es ist immer wieder ein schönes Gefühl zu sehen, was man mit kleinen Blickwinkelveränderungen und dem dazugehörigen Können kreieren kann.
Dieses kleine Video hat mich wirklich berührt und innerhalb von nur 4 Minuten aus mitleidenden, unangenehmen Gefühlen ein wohlig Warmes werden lassen. Und wann kann man schon davon reden/schreiben, sich eines kleinen, zufriedenen Lächelns nicht erwehren zu können, wenn man über den Sensemann nachdenkt.
Die Twilight Zone hat ja viele solcher Momente – ich möchte gerne glauben, dass es meiner Mutter so ging, als sie vor zwei Jahren starb.
Ich muss zugeben, die Twilight Zone habe ich als Kind erst in den End-80ern kennengelernt, da dann schon die zweite Auflage der Serie, die im deutschen TV gezeigt wurde.
In meiner deutlich verblassten Erinnerung kann ich mich nicht mehr konkret zu den wenigen Episoden äußern, die ich gesehen habe. Aber an die Tatsache von Twists am Ende von Episoden und der dazugehörigen Wahrnehmung erinnere ich mich durchaus. Zumeist war ich eher irritiert und irgendwie auch unbefriedigt, weil manche Twists ein scheinbar offenes und/oder negativ konnotiertes Ende hatten, oder nicht konkret genug für meinen kindlichen Geist gelöst wurden. Vielleicht fehlte mir die Fantasie, der Grips oder aber auch das Interesse mich weiter mit den eher kurzzeitig entstandenen, negativen Gefühlen auseinanderzusetzen. Weshalb ich die Serie dann auch nicht weiter verfolgt habe.
Was die hier im thread angesprochene Folge betrifft, so ist das ein sehr tröstender Gedanke für den eigenen Umgang mit dem Verlust eines geliebten Menschen.
Ich mag auch den generellen Gedanken des Übergangs an sich, sowie natürlich eines friedvollen und sanften.
Zudem nehme ich diese Episode ebenso gerne als einen weiteren positiven, visuellen kleinen Anker in meine Gedankenwelt auf, mit der Hoffnung darauf ihn nicht bemüßigen zu müssen, ihn aber parat zu haben.
Ich habe die Twilight Zone auch primär über das 1985er-Remake kennengelernt, das damals zuerst im holländischen Fernsehen lief. Über meine favorisierten Episoden habe ich sogar schon geschrieben.
Liest sich interessant. Jetzt bin ich dann doch noch einmal angefixt mir die Serie nach Jahrzehnten erneut anzuschauen.