28
Feb. 2025

Kino Kritik: IN THE LOST LANDS

Themen: Film, TV & Presse |

USA, Kanada, Deutschland 2025. Regie: Paul W.S. Anderson. Darsteller: Milla Jovovich, Dave Bautista, Arly Jover, Amara Okereke, Fraser James, Simon Lööf, Deirdre Mullins, Sebastian Stankiewicz, Tue Lunding, Jacek Dzisiewicz, Ian Hanmore u.a.

Story: In einer vom Krieg verwüsteten Zukunft verschanzen sich die verbliebenen Menschen in den Ruinenstädten, weil die "lost lands" zu gefährlich sind. Regiert werden sie von dem skrupellosen Overlord und der korrupten Kirche mit ihren Kreuzzüglern. Allen Beteiligten ein Dorn im Auge ist die Hexe Alys, die verschiedenste Wünsche erfüllen kann. Ihr neuster Auftrag kommt ausgerechnet von der Gemahlin des Overlord – um einen Gestaltenwandler zu finden, muss Alys in die "lost lands" reisen. Dazu sucht sie sich den schweigsamen Hunter als Gefährten aus…

Kritik: Ich bin mir unsicher, wie ich das Oeuvre von Paul W.S. Anderson einordnen soll – der hat mit SHOPPING und MORTAL KOMBAT ganz gut angefangen (an EVENT HORIZON scheiden sich die Geister – ich mag ihn nicht), aber seit mehr als 20 Jahren dreht er die immer gleiche Sorte international produzierten, jugendtauglichen, CGI-verpesteten Action-Dreck, der mit viel Remmidemmi davon ablenken will, dass die Figuren nicht entwickelt und die Welten nicht definiert sind. Es ist vielleicht bezeichnend, dass Anderson da erfolgreich ist, wo Boll scheiterte – er hat die RESIDENT EVIL-Verfilmungen zu einer Milliarden-Cashcow gemacht.

Was ich daran nicht einordnen kann? Ganz einfach. Man könnte schlussfolgern, dass ein Regisseur, der nach vier Resident Evil-Filmen (als Regisseur – sechs als Produzent) immer noch nicht gelernt hat, wie man einen Charakter entwickelt oder eine Story baut, einfach ein hoffnungsloser Stümper ist. Andererseits gibt ihm – anders als Boll – der Erfolg recht. Vielleicht lernt Anderson deshalb nicht dazu, weil er genau das, was er macht, für richtig hält. Weil es funktioniert. Vielleicht ist er der Dieter Bohlen des Genre-Kinos: die immer gleichen, durchschaubaren, müden Methoden – aber solange sich ein Publikum findet…

Unter diesen Gesichtspunkten muss man auch IN THE LOST LANDS beurteilen – ist der versehentlich oder absichtlich so schlecht? Oder ist er gar nicht schlecht, sondern nur für jemanden wie mich unerträglich, der Dramaturgie und Figuren nicht nach den Maßstäben von Videospielen wahrnimmt? Für den eine Story nicht aus einer Abfolge von beliebigen Leveln mit Endboss besteht?

Ist das hier der richtige Film und ich bin nur der falsche Reviewer?

Wir erfahren NICHTS über Gray Alys, NICHTS über Hunter, NICHTS über den Klerus. Sich IN THE LOST LANDS anzuschauen ist ungefähr so ermüdend, wie einem anderen Spieler 103 Minuten lang an der Playstation bei einem Action-Rollenspiel über die Schulter zu blicken.

Hinzu kommt, dass IN THE LOST LANDS bei allem Gebrülle und Geballer letztlich ein zahnloser Drache ist – das völlige Fehlen von Blut vor und hinter der Kamera sorgt für einen jugendfreien Gewaltgenuss mit garantierter 16er-Freigabe.

Positiv bleibt allenfalls zu vermerken, dass Milla Jovovich mit 49 immer noch verdammt gut aussieht – man wünscht ihr einen besseren Film mit einer besseren Figur, denn sie hätte absolut das Zeug, eine Genre-Franchise stolzer zu tragen, als das hier der Fall ist.

Darüber hinaus bleibt IN THE LOST LANDS ein sehr kleiner Film, der mit beträchtlichem Aufwand wie ein Kinofilm aussehen soll, aber gerade mal die Substanz für einen mäßig verlangweilten Streaming-Abend mitbringt.

Fazit: Wirrer und optisch hoffnungslos gestümperter B-Trash, der eine uralte George R. R. Martin-Kurzgeschichte zu einem drittklassigen MAD MAX/Italo-Western-Abklatsch aufpumpt und kein Interesse an Charakteren, Storys oder Konflikten zeigt.

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ADDENDUM: Wer aufgepasst hat, dem wird aufgefallen sein, dass ich hier einfach den Text meiner Kritik zu Andersons letztem Film MONSTER HUNTER recycelt habe, weil IN THE LOST LANDS blind und stur dessen Defizite wiederholt. Paul W.S. Anderson ist auf erschütternde Weise lernresistent.

Im Grunde genommen ist IN THE LOST LANDS sogar schlechter als MONSTER HUNTER, weil MONSTER HUNTER wenigstens teilweise in der Wüste gedreht wurde und die CGI halbwegs dem aktuellen Standard entsprach.

IN THE LOST LANDS dagegen sieht tatsächlich so aus, als habe man einfach die Figuren in wechselnden Nahaufnahmen gefilmt und den Rest der Arbeit von Greenscreen und CGI erledigen lassen. Was hier an Effekten geboten wird, hinkt 20 Jahre hinterher und wird mit Lensflare, Partikeleffekten und Soft Focus aufgepumpt, als hätten die Macher gerade den"FX"-Button in der Editing-Shareware entdeckt. Man schämt sich fremd.

Und diese komplett banalen, tausend Mal gehörten Dialoge. Es schmerzt.

Das ist nicht mehr miserabel, das ist schon frech, und ich muss mittlerweile unterstellen, dass Anderson jede Ambition aufgegeben hat, einen tauglichen Film abzuliefern. Es geht nur noch darum, mit semi-professionellem Gerümpel der Gattin zu huldigen und damit den Doppelverdiener-Haushalt zu finanzieren. Der letzte Schritt zur Fusion mit Neil Marshall ist nah.

Und hierzu äußere ich mich lieber nicht, sonst rege ich mich nur auf:

Der Film wurde gefördert von der Filmföderungsanstalt (FFA), dem Ministry of Culture and National Heritage of Poland (MKiDN), dem Polish Film Institute, der kanadischen Regierung und Ontario Creates.

Die größte Frechheit ist allerdings, was Anderson sich im Vorfeld zusammen lügt, um Presse und Zuschauer zu blenden. Auch das hat Boll-Niveau:

He explains that this movie is unlike anything he has done before, especially in terms of its look and tone. “It’s very different to anything I’ve done before,” Anderson says. “I really wanted to embrace the mythic fairy tale quality of it, so it’s an R-rated fairy tale, that’s for sure.”

Mir ist schon klar, dass die ehrliche Aussage "Ist halt der gleiche Scheiß wie immer" sich im Presseheft nicht so gut macht. Aber für solche Nebelkerzen sollte dem Mann die Zunge im Mund verfaulen. IN THE LOST LANDS ist ein geradezu prototypischer Anderson-Film – und das ist als Warnung zu verstehen.

Das alberne Product Placement für Blancpain-Uhren macht den Deckel drauf.

Wenn es sonst keiner sagt, sage ich es: Constantin, ihr tätet gut daran, endlich die seit über 20 Jahren währende Beziehung zu Anderson aufzukündigen. Das ist toxisch, da kommt nichts mehr bei rum, was sich vermarkten lässt.

Filme wie IN THE LOST LANDS kann eure Rezeptionistin inszenieren. Oder KI.



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el flojo
28. Februar, 2025 11:47

Ich frag mich ja, wie sie Bautista an Bord gekriegt haben. Der war doch eigentlich auf nem guten Weg…

el flojo
28. Februar, 2025 12:52
Reply to  Torsten Dewi

Tja, der schnöde Alltag mit seinen Zwängen macht vor keinem Halt.

Sergej
Sergej
28. Februar, 2025 14:34

Du hast den Film nicht verstanden.
Du bist nur neidisch.
Hast du schon mal einen Film gedreht?
Überhaupt, mach es erstmal besser.

Könnte ein Paul W.S. Anderson Verteidiger schreiben.

Goran
Goran
28. Februar, 2025 22:24
Reply to  Torsten Dewi

"Narrativ reduziert, visuell rauschhaft! "

Polishing a turd.

Feivel
Feivel
28. Februar, 2025 19:23

Müssen wir Apokalypse-Filme ästhetisch jetzt eigentlich in vor und nach Mad Max (2015) einordnen? Oder schummeln die sich das nur im Trailer herbei? Auf stumm geschaltet hätte ich gerade bei der zweiten Trailer-Hälfte geglaubt, dass es sei ein neuer Film der Reihe.

Beim Original wars ja noch ein pubertäres Meisterwerk und cool, aber so langsam dürfte das shabby cyberpunk genre gern wieder sterben.

Last edited 27 Tage zuvor by Feivel
DSFARGEG
DSFARGEG
28. Februar, 2025 23:25

Vor zwanzig, fünfundzwanzig Jahren hab ich noch ca. 200 Filme pro Jahr im Kino gesehen, heute sind‘s vielleicht noch 2. Ich sehe das deswegen mittlerweile mit einer gewissen Altersmilde und einem desinteressierten Achselzucken. Andersons Filme bringen verlässlich Geld rein, ich hab mal gerade nachgeguckt: Resident Evil, Teil xyz (der aktuellste halt) hat aus lächerlichen 40 Millionen 312 gemacht, allein an der Kinokasse. Selbst wenn die PR noch mal 40 gekostet hat, selbst wenn man einbezieht, dass die Kinos um die 50% der Einnahmen kassieren, bleiben da 76 Mios übrig, was zudem jede anschließende Verwertung ausklammert, die bei solchem typischen Videoabend-Material noch mal lukrativer sein dürfte als die die Kinoauswertung. Mit solchen Mikro-Budgets und einer solchen Gewinnmarge wäre Constantin (die, das unterstelle ich mal, nicht die finanziellen Mittel hätten, um einen den Kinosommer beherrschenden Tentpole-Blockbuster zu produzieren) schön blöde, wenn sie Anderson absägen würden, auch wenn das unsereins beweisen würde, dass es doch noch etwas Gutes in der Welt gibt.
Und zu guter Letzt: wir wissen, dass das Grütze ist, wir wissen, dass es scheiße geschrieben ist und eine einzige, müde Wiederholung von Tropes, die wir kennen, seit wir 14 sind. Aber für irgendeinen 14jährigen wird es das erste Mal sein. Wir sind nicht das Zielpublikum.

DSFARGEG
DSFARGEG
1. März, 2025 00:29
Reply to  Torsten Dewi

Ich hab mir nur den einen RE-Film rausgesucht, weil das Andersons bekanntestes Vehikel ist. Wenn der Rest hinsichtlich des Gewinns nicht mithalten kann, ja nee, dann weiß ich auch nicht, warum Constantin sich so an ihn klammert. Irgendwelche Steuer-Schlupflöcher? Oder ein cleverer Move, mit dem man Fördergelder absaugt? Oder ist es vielleicht Teil eines Deals? Er dreht für die alle paar Jahre was Erfolgreiches mit Zombies, dafür finanzieren sie ihm anschließend zwei, drei, äh, „persönliche“ Filme?
Ja, schlechte Filme sind schlecht. Aber rückblickend kann ich sagen, dass ich als Teenager teils einen unglaublichen Rotz im Kino gesehen habe. Das war aber egal, weil der Paratext entscheidend war. Ich weiß oft heute noch, in welchem Kino ich gesessen habe, auf welchem Platz, mit wem ich alles da war und was an dem Abend sonst noch los war. Wie gesagt, ich glaube, wir sind nicht diejenigen, die sich das angucken sollen.

Matts
Matts
4. März, 2025 16:42

Jep, das entspricht so ziemlich dem Eindruck, den ich nach dem Trailer hatte.
Und was zum Henker ist mit diesem Plakat los? Wo steckt Bautistas rechtes Bein???