16
Feb. 2025

Filmverbrechen-Fotostory:
COLA CANDY CHOCOLAT(E) – oder: Ringelpiez mit Ausziehen (1)

Themen: Film, TV & Presse, Fotostory |

LISA, why can’t I quit you?! Ich würde gerne mal wieder was anderes besprechen, aber immer wenn es an die Auswahl geht, bleibe ich bei den drögen Bumskomödien der Österreicher aus der Zeitenwende 70er/80er kleben. Die sind so scheiße wie schmerzfrei und lassen sich schön leicht recherchieren. Ich gelobe aber Besserung und mehr Abwechslung bei den Fotostorys.

Heute geht es um einen Film, der in Sachen Crew, Produktion und "Story" so eine Art Blaupause der LISA darstellt – hier ist wirklich jedes Element erwartbar, recycelt, und sattsam bekannt. Das geht schon beim Cast los: Olivia Pascal und Ursula Buchfellner als die besten Freundinnen mit Oben Ohne-Garantie, Dolly Dollar als das dümmliche Busenwunder, Herbert Fux als Comedy-Knattergesicht, und der über eine französische Komödie (OH LA LA – DIE KLEINEN BLONDEN SIND DA) importierte Love Interest in Form des farblosen Philippe Ricci. Einzige "Überraschung" ist die Rolle von Zachi Noy, die in Ermangelung von Zachi Noy diesmal der Brite David Auker übernimmt.

Nicht mal die Idee, dass der Film nach kurzer Zeit unter dem Titel DREI KESSE BIENEN AUF DEN PHILIPPINEN erneut verwurstet wurde, ist neu – das hatten wir ja auch bei ZÄRTLICH ABER FRECH WIR OSKAR aka DER GENDARM VOM WÖRTHERSEE. Es fällt langsam wirklich schwer, diese Altherren-Schwiemeligkeiten für das junge Publikum auseinander zu halten.

Wir steigen wie so oft in München ein. Die erste "kesse Biene" Gaby treibt sich im Nachtleben rum, allerdings überraschenderweise nicht in einer Disco. Selbst der Rollenname "Gaby" findet sich in den LISA-Produktionen öfter.

Ihr begeisterter Blick lässt dennoch auf ein heißes Programm hoffen:

Bös' getäuscht. Die Altherren-Riege der LISA verwurstet Altherren-Pop von holländischer Provenienz in Form des Damen-Trios LUV, dessen Hit "Trojan Horse" hier zur Gänze ertragen werden muss:

Ich meide aus Gründen ja konkrete Filmschnipsel, darum bin ich dankbar, dass die Gruppe im Musikladen eine vergleichbare Performance abgeliefert hat:

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Ja, da wird gleich zu Anfang ein hartes Brot gekaut – und die LISA ist entschlossen, uns gleich noch mehr Product Placement in den Rachen zu stopfen.

Kommen wir aber erstmal zu den Credits: Christine Gianna war der erste Künstlername von Christine Gianna, die sich kurz darauf in Dolly Dollar umbenannte und später als Christine Zierl seriös wurde.

Der unvermeidliche Otto W. Retzer beschreibt die "Entdeckung" von Christine im Buch DIE SUPERGLATZE übrigens dergestalt:

„Für den Film (POPCORN UND HIMBEEREIS) hab ich durch reinen Zufall die Dolly Dollar entdeckt. Ich bin damals mit dem Auto in München neben einer Straßenbahn hergefahren und habe da plötzlich ein Mädchen sitzen gesehen mit einem wahnsinnig großen Busen. Davon fasziniert bin ich solange weitergefahren bis sie aus der Straßenbahn ausgestiegen ist und ich sie ansprechen konnte. Da hat sie noch Christina Giannakopoulos geheißen, weil sie einen griechischen Vater und eine deutsche Mutter hatte. Der Busen war unvorstellbar, das war noch weit vor ihren Filmen mit Wolfgang Fierek. Bei der Premiere dieses Films im Klagenfurter Wulfenia-Kino hat man sie das 1. Mal „live" gesehen. Da hat das Publikum so geschrien, applaudiert und geheult, dass sie begriffen hat, dass sie einen außernatürlichen Busen hat, weil für sie war das ganz normal."

Ja, ihr dürft euch gerne eine Runde fremdschämen.

Gaby trifft ihren Freund, den Motorrad-Fetischisten Carl, der auf die Beleidigung als "verblödeter Auspuff-Erotiker" mit nackter Gewalt reagiert und der entspannt bleibenden Gaby eins mit der Flasche überzieht:

Ja, da darf man schon "WHAT THE FUCK?!" rufen und mit Popcorn werfen. Der Typ hat gerade seiner Ische in der Öffentlichkeit mit einer Flasche einen neuen Scheitel gezogen! Klar wird das noch in einer weiterführende "Pointe" eingebunden, aber jetzt und hier ist das so eklig, wie es klingt.

Im Vorspann werden nun auch die musikalischen Beiträge genannt, die der LISA-Film gleich Vorteile gebracht haben dürfen: Produktionskostenzuschuss, weniger Ausgaben für Filmmusik, und fünf locker rumgebrachte Minuten Laufzeit.

Als B-Programm muss auch noch "Heaven’s Child" der Sängerin MANIA in einer verkürzten Version durchstanden werden:

Ihre Performance ist mit "bemüht erotisch" noch freundlich umschrieben und es wundert wenig, dass es nicht mal ein YouTube-Video von der Dame gibt:

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Den Song bewerte ich aber deutlich höher als "Trojan Horse".

Können wir nun endlich mit dem Film anfangen?!

Gaby hat von Carl (der Schauspieler ist in den Datenbanken nicht verzeichnet) die Schnauze voll und flüchtet ins Münchner Nachtleben.

Dabei zwingt sie ein Käfer-Cabrio zu einem gefährlichen Ausweichmanöver, das fast in einem sehr unglaubwürdigen Werbeschild für ein Striptease-Lokal endet:

Ein VW Käfer? In einem LISA-Film? Da wäre es doch gelacht, wenn nicht… genau! Das Gefährt kennen wir u.a. aus POPCORN UND HIMBEEREIS:

Gut möglich, dass es sich dabei um den später umlackierten Käfer u.a. aus DIE SCHÖNEN WILDEN VON IBIZA handelt – das Nummernschild ist identisch:

Investigativer Journalismus for the win!

Der Zachi Noy-Verschnitt "Johnny" ist trotz des Beinahe-Unfalls ziemlich begeistert, was im hier im heimeligen Schwabing (angeblich) geboten wird:

Meine Theorie: Das Schild wurde nur aufgestellt, weil der Film in den ersten zehn Minuten nackte Tatsachen zeigen wollte. Die Darstellerinnen entblättern sich nämlich erst zur zweiten Hälfte der Laufzeit.

Der wütende Carl stürmt Gaby hinterher – zur Erinnerung: er hat ihr gerade eine Flasche über den Kopf gezogen. Die gelbe Leuchtreklame erlaubt wenigstens eine genaue Lokalisierung des Geschehens.

Die Bar, in der die vorherige Szene gedreht wurde, war demnach den "Rigan Club" des Rock’n’Rollers Ritchie Rigan, den wir in einem Gastauftritt in BEI ANRUF LIEBE erst kürzlich kennenlernen "durften". Den Club gab es von 1978 bis 1986, dann wurde er wegen Lärmbelästigung dichtgemacht.

Heute ist diese Kreuzung eine gediegene Kneipengegend in Schwabing:

Carl haut grundlos nun auch das Stripper-Werbeschild – und der arme Johnny (dessen Name meines Wissens nie genannt wird) bekommt es ab:

Ja, das tut weh – Johnny nicht minder als dem Zuschauer, der sich fragen muss, was die ganze Blödelei denn überhaupt soll:

Gaby sucht Zuflucht in einer weiteren Gaststätte und besäuft sich wie weiland Marion Ravenwood in JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES:

Ihre beste Freundin Carmela kann nur bedauernd zusehen – eine Alkoholvergiftung zu verhindern gehört nicht zu ihren Aufgaben:

Obgleich hellichter Tag, steckt ein Streifenpolizist die Nase in das Etablissement und verkündet "seit zwei Stunden ist Sperrstunde". Der kennt München offensichtlich nicht, da werden üblicherweise um 22.00 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt.

Die hackedichte Gaby winkt den Schutzmann zu sich her:

Einmal blasen bitte!

Und schon kippt er um:

Das Niveau von "Sketchup" wird in den LISA-Filmen früh vorweggenommen:

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Carmela hat die perfekte Lösung für alle Probleme des Alltags – ein Urlaub auf der philippinischen Insel Sicogon:

Zu der Frage, warum der Großteil des Films ausgerechnet dort spielt, kommen wir am Ende noch. Ihr werdet überrascht sein…

Carl hat Gaby gefunden und ich habe Fragen. Ist der stundenlang durch die Straßen gerannt, um in der Kneipe auf der anderen Straßenseite zu landen? Müssen diese Leute nie schlafen? Hat er eine Flasche dabei oder ist er nur eine?

Jahaaaa! In einem brillanten "reversal" ist es nun Gaby, die ihm ein Glasgefäß über die Rübe brezelt:

Die Kinos müssen seinerzeit in schallendes Gelächter ausgebrochen sein.

Nun heißt es Fersengeld geben! Gaby rekrutiert kurzerhand das Cabrio des armen Johnny und macht sich auf und davon.

Angesichts der multiplen Verbrechen, Vergehen und Ordnungswidrigkeiten von Nena in GIB GAS ICH WILL SPASS weise ich erneut darauf hin, dass die Protagonisten von LISA-Filmen gesetzlose Anarchisten sind, die weggesperrt gehören. Hier haben wir es mit Körperverletzung, Zechprellerei, Entführung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zu tun. Und das ist erst der Anfang!

Daheim packt Gaby flugs ihre Sachen für den Urlaub und wird dabei von ihrem Bruder blöd von der Seite angequatscht, wir wir damals sagten:

Zu meiner außerordentlichen Belustigung stellt sich heraus, dass der Darsteller (Robinson Reichel) 2010 eine Rolle in meinem ZDF-Zweiteiler HOPE spielte!

Weil Carl schon vor der Tür steht, flüchtet Gaby aus dem Fenster:

Und hier haben wir Diebstahl und Fahren unter Alkoholeinfluss:

Carl kann es nicht fassen: "Der Kerl stiehlt meine Honda!"

Die altkluge Lebensweisheit von Gabys Bruder kann ihn nicht beruhigen: "Mit so ’ner Maschine ist es wie mit ’ner Biene: passt du mal nicht auf, ist sie weg."

Carl ist damit übrigens aus dem Film raus. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. CCC macht sich nicht einmal die Mühe, ihn zum Finale als Störer noch mal in die Story zu dengeln. Augenscheinlich war man darauf bedacht, wirklich nur die Kernbesetzung auf die Philippinen zu fliegen (Erklärung folgt).

Gaby auf dem Weg zum Flughafen – das hier findet man heute nicht mehr:

Da rechts, Trudering! Da wohn ich! Und der ausgeschilderte Flughafen ist vor über 30 Jahren von Riem nach Erding umgezogen.

Es gehört zu den Zufällen, die man bei der LISA einfach schlucken muss, dass auch Johnny den Weg auf die Philippinen antritt. Irgendeine Story-Logik erwarten wir schon lange nicht mehr. Dafür freuen wir uns über den offensichtlich männlichen Motorradfahrer, der hier Olivia Pascal doubelt:

Carmela wartet auch schon am Flughafen – und ich habe wieder einige Fragen.

Die Mädels haben sich bestenfalls vor gut zwei Stunden entschlossen, auf die Philippinen zu fliegen. Wo haben die gebucht? Wieso waren da noch Plätze frei? Warum ist auch Johnny augenscheinlich von Gabys Wohnung schnurstracks zum Flughafen gefahren? Wie haben die das alles finanziert?

Wir ahnen es: Antworten werden nicht gegeben. Es passiert, was passieren muss, damit die Verwicklungen ihren Lauf nehmen können.

Johnny scheint übrigens von jeder Begegnung mit Gaby mehr verängstigt zu werden. Das mag eine lustige Idee gewesen sein (sie ist quasi sein lebendes schlechtes Omen), wird aber nie begründet und irgendwann auch stickum fallen gelassen. LISA-Autor Erich Tomek hat kein Interesse, irgendwelche Plots oder Subplots plausibel abzuschließen.

Jetzt kommt erstmals das Pärchen Christine und "Dr. Andreas Witzig" (hier ist der Wunsch der Vater des Gedankens) ins Bild. Sie sind verlobt und wollen auf den Philippinen heiraten.

Wir ahnen schon: Da wird nichts draus, denn Gaby sieht den unfassbar langweiligen Andreas und ist ganz hin und weg – zumindest im begrenzten Rahmen der schauspielerischen Möglichkeiten von Olivia Pascal:

Weil die Airline so Fake ist wie der Schalter, müssen wir auch die Qualifikation des Bodenpersonals nicht glauben:

Interessantes Detail allerdings: Hierbei handelt es sich um Shirley, die spätere Ehefrau von Otto W. Retzer, der uns diesmal keinen Gastauftritt gönnt.

Christine erzählt begeistert, dass ihr Mann Anthropologe ist und sie selbst Gesang studiert – das schreit förmlich nach einer Kostprobe (pun intended):

Und ja – alles, was der LISA hier einfällt, ist zerspringendes Glas ob der kreischenden Stimme. Das war schon im Kaiserreich nicht mehr lustig:

Es ist allerdings auffällig, dass Dolly Dollar sich voll reinhängt und ein beträchtliches komödiantisches Talent aus der Ulknudel-Schublade mitbringt. Bei den Dreharbeiten war sie gerade mal 17 Jahre alt.

Und so hebt die Maschine ab in Richtung Philippinen und fast der ganze notwendige Cast ist an Bord: Christine und Andreas, Carmela und Gaby, Johnny.

Warum man tatsächlich ein angebliches Flugzeug-Interieur zusammengenagelt hat, ist mir ein Rätsel – es passiert während des Fluges nichts Nennenswertes:

Die Landebahn ist eine Art Spielplatz und man kann froh sein, dass alle Beteiligten schnell das Weite gesucht haben, als der Flieger zur Landung ansetzt:

Touchdown! Aber sind wir wirklich auf Sicogon?

In der Tat sieht mir das eher nach dem Flughafen von Zamboanga aus, der noch auf die Stationierung der Amerikaner zurückgeht:

Egal, für die Zwecke von CCC sind die Beteiligten nun am Zielort. Zeit und Raum sind Schall und Rauch. Beim Ausstieg wird Andreas mal wieder gewahr, dass Gaby ihn mit Schlafzimmerblick anstiert:

So sieht das aus, wenn Olivia Pascal Blickkontakt aufnimmt:

Wir halten fest, dass Gaby noch kein Wort mit Andreas gesprochen hat, aber weiß, dass er zur Hochzeit angereist ist. Sie ist augenscheinlich entschlossen, die Eheschließung zu sabotieren – unabhängig davon, ob Andreas überhaupt Interesse an ihr zeigt. Sie ist nicht nur straffällig, sondern eine echt herzlose Bitch. Aber auch das ist bei der LISA kein Problem, sondern Standard.

Nach knappen 12 Minuten inklusive der Musikeinlagen sind wir nun im Urlaubsparadies angekommen. Der Film kann richtig loslegen und ich bin sicher, zeitnah kommt auch der bisher schmerzlich vermisste Herbert Fux ins Spiel.

Man sieht sich!



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Kosar34
Kosar34
16. Februar, 2025 20:50

Mein Gott!! ,, Trojan Horse“, das war meine Kindheit!!Das Lied lief ja damals ziemlich häufig im Radio. RTL, wenn ich mich nicht irre. Es ist verrückt, wie manche Lieder einen richtigen Flashback in die Kindheit bringen. Man ist im Wohnzimmer und liest einen Comic auf den Fußboden und aus dem Radio tönt ,, Trojan Horse“ oder ähnliches. Echt bekloppt.

Jerry Lundegaard
Jerry Lundegaard
16. Februar, 2025 21:42

Der unvermeidliche Otto W. Retzer beschreibt die "Entdeckung" von Christine im Buch DIE SUPERGLATZE übrigens dergestalt: (…)

Zuerst dachte ich, wie chauvi der Retzer damals schon immer war, dass er so einen "Gedankengang" komplett ungeprüft durchs eigene Hirn und fluffig nonchalant von sich gibt, als wäre es eine besondere Leistung Riesenbrüste zu haben und sein Gedanke selbst wäre nur der Ausdruck unschuldiger Begeisterung.
Und dann habe ich gelesen, dass das Buch von 2020 ist und nicht etwa von 1990, als der deutsche Blödelklamaukfilm mit Titten schon seine "besten" Jahre hinter sich hatte und der Retzer in einer Nachbetrachtung zwar immer noch seinen Chauvinismus offenherzig von sich gibt, aber man noch auf Einsicht im reiferen Alter hoffen konnte. Aber dass der Retzer 2020 noch solche Dinge von sich gibt, naja, dann wird das wohl nix mit Einsicht und so.

Matts
Matts
21. Februar, 2025 13:24

Ok, bisheriger Eindruck: Gaby wird klar als Haupt-Antagonistin etabliert und Johnny hat Grund, sie zu fürchten!

dc1
dc1
24. Februar, 2025 09:18

ah, schön, mein liebstes Genre beim Wortvogel, vielen Dank dafür. Ich stolpere im Text zwei Mal über die CCC anstatt LISA, ein Versehen?

dc1
dc1
24. Februar, 2025 15:47
Reply to  Torsten Dewi

oha. Das erklärt es, Danke.