25
Feb. 2025

Filmverbrechen-Fotostory:
COLA CANDY CHOCOLAT(E) – oder: Fokus auf den Lokus (4)

Themen: Film, TV & Presse, Fotostory |

Wir kommen endlich auf die Zielgerade – es bleibt mir ein Rätsel, warum ausgerechnet ein so dünnes Filmchen eine so lange Fotostory bedingt. Aber ich tue nur meine gottverdammte Pflicht, also müssen wir da durch. Gemeinsam.

Da mit dem Finale von Teil 3 ja geklärt ist, dass Andreas zu Gaby gehört, braucht CCC eigentlich nur noch "aufzuräumen". LISA-typisch heißt das, dass alle Plots und Figuren mit Blick auf den Nachspann gnadenlos abgewickelt werden.

So kommt es, dass Johnny ansatzlos und reuig bei Pfarrer Herbert hockt und sich für seine Scherzkeksereien entschuldigt:
Der Klerus neigt – wie es dem Klerus immanent ist – zur Gewalt, sieht sich dabei aber vom "capo in absentia" zur Milde gemahnt:

Und so sitzen sie beim Bischof im Bemühen, das verursachte Chaos irgendwie in geordnete Bahnen zu lenken und einen bürgerlichen status quo herzustellen:

Der Bischof kann vergeben, aber nicht vollständig vergessen – von seinem Lakaien gibt es einen saftigen Arschtritt für den gänzlich am Chaos unschuldigen Pfarrer:

Nun ist die Hochzeit von Christine und Andreas wieder auf der Agenda – was zumindest eine Hälfte des Paares sichtlich freut:

Andreas hat nicht mal jetzt die Eier, reinen Tisch zu machen – als absoluter "simp" passt er perfekt zur intriganten und narzisstischen Gaby:
Einem intelligenteren Drehbuch würde ich glauben, dass die folgende Strategie zur Hochzeitsvermeidung eine glaubwürdige Korruption von Andreas' Charakter durch Gaby darstellt – er besorgt sich nämlich pharmakologischen Beistand:

Es wird niemanden wundern, dass dieses Abführmittel so penetrant lange im Bild bleibt, dass eine Produktionsbeihilfe des Herstellers unterstellt werden darf: Zum gemeinsamen Schmaus am Abend vor der Trauung  bringt Andreas das Abführmittel in den ausgeschenkten Alkoholika unter:

Als jemand, der in exotischen Resorts Urlaub gemacht hat, weiß ich zumindest zu berichten, dass die vor Ort hergestellten Spirituosen den gewünschten Effekt auch ohne Laxativ zu verursachen in der Lage sind.

Singe, wem Gesang gegeben – der örtliche Gemeindechor dürfte sich über die Anfrage "vom Film" gefreut haben, ohne dass man sich der Charakteristiken des Genres wirklich bewusst war:

Schön aber: Die Hochzeitsgesellschaft zieht landestypisch mit Ochsenkarren in Richtung Kirche.

Ein nettes Detail am Rande: Wir haben ja schon häufiger darüber gesprochen, dass LISA-Filme gerne im Umfeld des öffentlichen Lebens gedreht werden (Polizeirevier, Flughafen, etc.), ohne dabei für Innenaufnahmen Drehgenehmigungen beantragen zu müssen. So auch hier: Wir haben einen Pfarrer und eine Kirche – aber tatsächlich IN der Kirche durfte man dann doch nicht drehen.

Ich kann nicht angemessen beschreiben, wie leid mir Christine tut – was der Figur an ihrem "schönsten Tag des Lebens" angetan wird, ist eine Sauerei:
Ein bisschen erinnert mich Dolly Dollar hier an Bill Pullman in SCHLAFLOS IN SEATTLE, dessen einziger Makel darin bestand, nicht Tom Hanks zu sein.

Wer sich Notizen gemacht hat, wird an dieser Stelle eher so dreinschauen:

Denn siehe, Carmela hat sich wohl offscreen eine Romanze mit dem Entwicklungshelfer gegönnt:

Was ist mit Johnny?! Keine Sorge, bei der LISA findet jeder Topf seinen Deckel, auch wenn der nicht passt und einen Sprung in der Schüssel hat.

Gaby schaut dem heiteren Treiben misslaunig zu – ist ihr brillanter Plan womöglich nicht aufgegangen? Haben schöne Menschen womöglich keine Privilegien? Keine Sorge: wie von der Apothekerin versprochen (!), tut das Abführmittel nach exakt acht Stunden seine Wirkung und den Beteiligten schwant, dass eine längere Trauung mit rumorendem Darm kaum durchzustehen ist:
Wenn ihr jetzt einwerft, dass die Party am Vorabend erheblich länger her ist als acht Stunden und dass die Gäste ja den Alkohol nicht gleichzeitig getrunken haben, dann investiert ihr erheblich zu viel Denkleistung. Wie ich. Lasst das.

Ich hatte das eben mit den fehlenden Innenaufnahmen aus der Kirche nicht ohne Grund erwähnt: In jeder Realität, die mit unserer auch nur artverwandt ist, könnten die an Darmdruck Leidenden sowohl in der Kirche als auch im Haus des Pfarrers um Erleichterung anstehen. Weil sich die Realität aber dem beugen muss, was die LISA für den "Gag" braucht, gibt es exakt EIN schrabbeliges Toilettenhäuschen – und das ist gerade "inookupahan", wie der Filipino sagt:

Das kann ich zumindest unter "milde witzig" einsortieren.

Es kommt zum Gerangel um den Zutritt und der höchsten Not ist dann auch die komplette Zerlegung des Wasserklosetts geschuldet:

Andreas hat erkannt, dass er für Gaby zu wirklich jeder Dreckigkeit bereit ist – das muss wahre Liebe sein. Nun denn:

Weil’s jetzt eh egal ist, kann auch noch mal die Feuerwehr auftauchen und ein letztes Mal hilflos in der Gegend herumspritzen:

Es könnte ein versteckter Kommentar sein, ein finales Eingeständnis des Autors, aber ich mag es nicht glauben – als letzter Gag kackt sich Herbert in die Soutane:

Wenn das mal kein Happy End ist…

Zum Epilog darf Andreas noch mal Gaby die Mandeln untersuchen:

Weil bei der LISA ein fortan selbstbestimmtes Leben für schäbig Betrogene undenkbar ist, sind plötzlich Christine und Johnny (!) ein Paar und auch augenblicklich bereit, den freigewordenen Slot zur Trauung zu übernehmen:

Carmela sieht ihr Glück eher mit dem Entwicklungshelfer:

Sonnenuntergang zum Discoklang: Dem Geiz von LISAs Gnaden verdanken wir den Abspann nach gerade noch vertretbaren 87 Minuten.

COLA CANDY CHOCOLAT(E) (gerne auch mit Kommas, über die exakte Schreibweise waren sich weder Verleih noch Presse einig) ist selbst für LISA-Verhältnisse zu… leer. Es gibt keinen pfiffigen Aufhänger, kein zugrunde liegendes Dilemma, das die Protagonisten antreibt (Dracula, Erbschaft, Verwechslung). Gaby entscheidet, dass sie Andreas haben will. Gaby bekommt Andreas. Das passt auf einen Bierdeckel wie die Steuererklärung von Friedrich Merz, aber einen Spielfilm bekommt man damit kaum voll. Und so muss jeder fußlahme Gag bis ins Unerträgliche gestreckt und wiederholt werden. Nicht lustig genug für eine Komödie, nicht romantisch genug für einen Liebesfilm, nicht sexy genug für ein "Sexlustspiel", als das er promoted wurde.

Wenigstens die Marketingmaschine lief im Sommer 1979 auf Hochtouren – die BRAVO schleuste einen jungen Leser bei den Dreharbeiten in München ein:

Was mag wohl aus Volker Strasser geworden sein?! Ist es gar der hier?

Zwei Hefte später wurde dann noch mal ganz groß aufgemacht, wieder mit dem Fokus auf BRAVO Otto-Gewinnerin Olivia:

Hier erfahren wir immerhin, dass der Film ab 12 freigegeben war, Herbert Fux eigentlich den Onkel von Christine spielt, und Olivia vom Affen gebissen wurde.

Auch die noch junge CINEMA ließ sich nicht lumpen und räumte zwei Seiten im Gegenzug für nackte Tatsachen frei:

Für eine tatsächliche Sichtung des Films war offensichtlich keine Zeit, denn die Autorin des Artikels haut mehrfach voll daneben:

"Ihr Freund verfolgt sie mit Eifersuchtsszenen, hinzu kommt beruflicher Ärger."

"Mit ihren langen dunklen Haaren und ihren übermütigen Ideen verdreht sie dem Amerikaner Jonny (David Auker) den Kopf."

"Von Gabis Charme hingerissen, rennt er vor Verwirrung gleich mehrere Glastüren ein…"

Vor allem aber kann man die "Wertung" der CINEMA getrost verklappen:

"Unglaubliche Abenteuer… ein Film für Genießer… über Mangel an action wird sich wirklich niemand beklagen können."

Möge "Sabine Bintz" in der Hölle braten für jeden Teenager, den sie damit 1979 ins Kino gelockt und um sein Taschengeld gebracht hat!

Das LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS urteilte vorhersehbar, aber korrekt wie bei den meisten LISA-Produktionen:

„Mit Disco-Hits aufgemachte Geschichte um ein Mädchen, das vor seinem Freund auf eine Südseeinsel flieht und dort einen jungen Mann angelt, der kurz vor der Hochzeit steht. Klamottenhaft, nach abgegriffenen Gag-Mustern mit niveaulosen Scherzchen inszeniert.“

Genaue Zahlen zum "Erfolg" des Films kann ich leider nicht liefern, die Datenbanken sprechen von geschätzten 250.000 Besuchern, wie immer das auch "geschätzt" worden sein soll. Zum Vergleich: EIS AM STIEL 2 schaffte es 1979 mit 1,6 Millionen Besuchern unter die Top 20, und  sogar Erwin C. Dietrichs Schmuddel-Epos SECHS SCHWEDINNEN IM PENSIONAT brachte es auf 600.000.

Rechnet man aber ein, dass CCC quasi ein Abfallprodukt der Geburtstagsfeier des Produzenten war, mag es sich gerechnet haben. Da kann man ja auch das Büffet und die Kondome von der Steuer absetzen.

Der Wikipedia verdanken wir noch diesen Blick in die Produktionsgeschichte:

Die 22 Drehtage umfassenden Dreharbeiten zu dem Sexlustspiel Cola, Candy, Chocolate, das später auch unter dem Titel Drei kesse Bienen auf den Philippinen verwertet wurde, fanden vom 15. Januar bis zum 20. März 1979 in München, Manila und der Region Zambales statt. Die Fertigstellung des Films erfolgte am 3. Mai 1979, uraufgeführt wurde Cola, Candy, Chocolate am 17. Mai 1979 im Mainzer Capitol-Kino.

Das Mainzer Capitol. Wo die Welt sich trifft. Ist heute ein Arthouse-Kino. Passt.

Meine persönliche Meinung? Ich bin massiv enttäuscht. Und überrascht. Immer wieder denke ich, meine aktuelle LISA-Sichtung entlarve den Bodensatz, nur um dann festzustellen, dass es noch viel schlechter geht – und langweiliger. Meine allererste Fotostory zu EIN KAKTUS IST KEIN LUTSCHBONBON schien mir damals schon unsäglich – retrospektiv betrachtet war der Film ein Highlight im Output der Produktionsfirma. COLA CANDY CHOCOLATE hingegen ist ein echter Schnarcher. Die Figuren sind so unmotiviert, so hohl, so scheiße. Im wahren Leben würde ich weder mit denen tauschen noch ihnen eine reinsemmeln wollen – ich würde an ihnen vorbeilaufen, ohne sie zu bemerken. Das kann doch nun wirklich nicht Sinn des Kinos sein.

Und nein, es kommen weder Cola noch Candy noch Chocolate in irgendeinem Kontext vor. Vermutlich hat man die im gleichen Kühlschrank vergessen wie das Popcorn in POPCORN UND HIMBEEREIS.

Ich muss dringend mal wieder eine andere Sorte Film für diese Fotostorys finden. Die schleifen einem die Hirnwindungen ab und sorgen für verfrühte Vergreisung.

Das Schlusswort möchte ich dem dänischen Verleih überlassen:

FORVIKLINGER I SYDHAVET – besser hätte ich es auch nicht sagen können…



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5 Kommentare
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Matts
Matts
25. Februar, 2025 12:00

Na dann hoffen wir mal, dass es für die nächste FVFS etwas gibt, das keine komplette Schlaftablette für dich ist.
Und: Ich freue mich über den Auftritt von Stanley Laurel!

bartjäger
bartjäger
26. Februar, 2025 10:58

Glaube ich habe einen kleinen Fehler im Text entdeckt:
Das ist doch eindeutig Christine, die am Ende laut Screenshot mit Johnny zusammenkommt, nicht Gabi. Oder bilde ich mir das nur ein?

Hopy
Hopy
27. Februar, 2025 09:25

Ich schreibe ja höchst selten einen Kommentar, weil ich einfach faul bin … Aber ich muss mich doch einmal beim Hausherrn bedanken, der mir mit den Fotostorys und auch mit den längeren Beiträgen über gewisse skurrile Gestalten (MV, Katusin u.ä.) sehr viel Freude bereitet. Vielen Dank dafür!!