Fantasy Filmfest 2024 (22): THINGS WILL BE DIFFERENT
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Offizielle Synopsis: Panisch suchen Joseph und Sidney nach einem Banküberfall einen Unterschlupf. Zum Glück hat Joseph den Schlüssel zu einem todsicheren Versteck. Das abgelegene Haus wirkt auf den ersten Blick unscheinbar, doch dann offenbart sich seine mysteriöse Natur: Ein geheimnisvolles Ritual dreht hier die Zeit zurück und verbirgt das Geschwisterpärchen in den Schleiern der Vergangenheit. Doch die schützende Enklave wird schon bald zum Albtraum, denn der Weg zurück in die Gegenwart ist alles andere als einfach.
Kritik: Ich bin nicht sicher, ob ich oder der Autor der Inhaltsangabe den Film richtig verstanden habe. War irgendwo konkret von einem Banküberfall die Rede? Außerdem "offenbart" sich die mysteriöse Natur des Hauses nicht, sondern Jo und Sid haben die Location genau wegen der "Zeitschleuse" ausgesucht, um sich zwischen Gegenwart und Zukunft verstecken zu können. Und schließlich: Halten sich Sid und Jo "in den Schleiern der Vergangenheit" auf? Die Erwähnung von "links" und "rechts" ihrer Zeit lässt mich eher darauf schließen, dass sie sich in einer Dimension zwischen heute und morgen verstecken.
Wie dem auch sei: Ich bin mit meiner Begeisterung für die Filme aus dem Dunstkreis des Duos Benson/Moorhead spät dran gewesen, aber mittlerweile voll an Bord: SOMETHING IN THE DIRT, THE ENDLESS, SPRING – alles Filme von geringem Aufwand, aber großer Ambition, die in meinen Augen das Genre weiter bringen als alle Blumhouse-Grusler. Hier waren sie die Produzenten, Felker war ihr Haus-Cutter. Trotzdem trägt THINGS WILL BE DIFFERENT deutlich ihre Handschrift. Dazu gehört, dass die Personen eine Raum und Zeit sprengende Entdeckung machen, diese aber nach allenfalls milder Überraschung für ihre egoistischen Zwecke nutzen wollen – und scheitern.
Strukturell ist THINGS am ehesten mit SOMETHING IN THE DIRT vergleichbar – diese zwei Absätze aus meiner Kritik 2022 lassen sich direkt übernehmen:
Benson und Moorhead sind Meister darin, die Eckpunkte der geschaffenen Welten nicht ans Licht, sondern nur in den Halbschatten zu zerren. Was wir sehen oder zu sehen glauben, wird oft nicht hinreichend erklärt. Wir müssen es annehmen, um auf unsicheren Füßen voran zu schreiten. Dann ein Schritt zurück: alles Fake? Ist die Antwort womöglich viel einfacher – oder viel komplizierter als gedacht?
Der Reiz erwächst dabei nicht nur aus dem Mysterium, sondern auch darum, wie die Protagonisten damit umgehen. Levi und John sind in ihrem jeweiligen Leben falsch abgebogen und dann gestrandet. Die entdeckte Anomalie schweißt sie zusammen, kann aber nie kitten, dass beide Männer grundsätzlich verschiedene Lebensläufe und Erwartungen mitbringen. Die sich zwischen ihnen entwickelnden Spannungen sind das Resultat eines tiefen generellen Misstrauens.
Das größte Problem bei THINGS sehe ich im dritten Akt, wenn das gesetzte Mysterium zumindest zur Beantwortung der grundlegendsten Fragen aufgelöst werden soll – und es nur so mittel funktioniert. Wer der zeitreisende Eindringling ist, beantwortet nichts, sondern wirft nur neue Fragen auf. Die Mechanik der Zeitreise-Autoritäten (Benson/Moorhead hatten ja auch Marvels Serie LOKI gedreht) ist zu opak, um ausreichend mitgehen zu können.
Die letzte Szene ist dann allerdings wieder stark und erinnert an einen großen Marvel- und einen DC-Film gleichermaßen. Genauso gut, nur viel billiger.
Am Ende stellt sich die Frage, wie hart man mit so einem Film ins Gericht gehen darf. Macht er alles perfekt? Sicher nicht. Aber er macht viel mehr aus dem Wenigen, was er hat, als die meisten anderen Low Budget-Heuler auf dem FFF. Bewertet man einen Film nach der Balance von Mitteln und Ergebnis, dann ist das hier großes kleines Kino.