05
Sep 2024

Kino Kritik: THE CROW 2024

Themen: Film, TV & Presse |

USA 2024. Regie: Rupert Sanders. Darsteller: Bill Skarsgård, FKA Twigs, Danny Huston, Josette Simon, Laura Birn, Sami Bouajila, Karel Dobrý, Jordan Bolger, Sebastian Orozco, David Bowles, Trigga, Samba Goldin, Isabella Wei, Jordan Haj, Dukagjin Podrimaj, Darija Pavlovičová, Caolan O’Neill Forde

Offizielle Synopsis: Eric Draven und seine Freundin Shelly Webster werden, eingeholt von den Dämonen ihrer dunklen Vergangenheit, brutal ermordet. Durch eine alte Legende ins Leben zurückgeholt, begibt sich Eric als düsterer, zwischen der Welt der Toten und der Lebenden wandelnder Rächer auf die unbarmherzige Jagd nach den Mördern.

Kritik: Der originale THE CROW ist aus zwei Gründen ein Kultfilm. Er war neben Burtons BATMAN-Filmen eine der ersten Comic-Verfilmungen, die “all in” ging und ein düster-romantisches Gothic-Universum erschuf. Mögen einige der Tricks auch nicht ideal gealtert sein, so ist der dennoch ein beeindruckendes Zeugnis für das commitment von style over substance.

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Und dann ist da noch, dass der Hauptdarsteller bei einem Unfall am Set ums Leben kam. Das tragische Ende einer Karriere, die gerade erst begonnen hatte.

Ich kann mich erinnern, dass ich damals den Frankster besucht habe und er mich fragte, ob ich das von Brandon Lee gehört hätte. Ich meinte Chips mampfend, der drehe doch gerade THE CROW. “Nicht mehr. Der ist tot.”

In der Folge wurde THE CROW zwar eine Art Franchise, aber mit deutlich nachlassender Strahlkraft, vergleichbar mit HIGHLANDER oder GOD’S ARMY. Es gab drei weitere Filme und eine kurzlebige TV-Serie, bis der heutzutage unvermeidliche Reboot angekündigt wurde. Die Franchise ist so untot wie ihr Protagonist.

THE CROW 2024 hatte natürlich gestern einen ganz schweren Stand beim Screening in Berlin. Nicht nur sind die Kritiken seit dem US-Start verheerend (23 Prozent auf Rotten Tomatoes), der Film hat auch einen der katastrophalsten Fehlstarts des Kinojahres hingelegt. Er startete nicht auf Platz 1 ein, nicht auf Platz 2, nicht mal in den Top Five. Platz 8 – das muss weh getan haben.

Ich will den Film auch gar nicht verteidigen, denn viele der Kritiken haben Recht: hier wussten die Autoren mal wieder nicht, was sie wollten. Es wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben, wie ein Studio einen derart schlecht ausbalancierten, unfokussierten Kappes auch nur in die Pre-Production schicken kann.

THE CROW 2024 erzählt keine Geschichte, weil er keine hat. Eric und Shelly lernen sich kennen, sie werden ermordet, Eric nimmt als Rachegeist Rache. Film aus. Da werden keinerlei Beziehungen zwischen den Figuren gesetzt, keine Ziele oder Hindernisse etabliert. Es gibt keinen Kontext, wer der Bösewicht Roeg eigentlich ist und was er will (als Bösewicht liebt er natürlich klassische Musik, so viel erfahren wir). Die genauen Spielregeln von Erics Existenz als Crow scheinen verhandelbar, und die gesamte Gegnerschaft besteht aus blassen Handlangern.

Weil man mit so wenig Handlung nichts reißen kann, streckt der Film die einleitende Liebesgeschichte von Eric und Shelly, die ja gerade mal den Prolog darstellt, auf über eine gottverdammte Stunde. THE CROW 2024 will offensichtlich mehr eine düstere Liebesgeschichte sein als ein Fantasy-Abenteuer.

Hinzu kommt, dass Eric unverwundbar ist und damit die multiplen Schießereien, mit denen der Film seine Laufzeit rumbringt, in etwa so viel Spannung erzeugen wie die tumben Gauner, die Superman in der alten TV-Serie mit George Reeves zu erschießen versuchten. You bullets can’t hurt me, criminal!

Das macht THE CROW 2024 aber nicht zu einem Debakel von MORBIUS– oder BORDERLANDS-Ausmaßen, denn es ist unbestreitbar, dass er wenigstens versucht, ein guter Film zu sein. Die Atmosphäre ist durchweg düster und stimmig, wenn auch weniger phantastisch als im Original. Skarsgård hängt sich mal wieder richtig rein und verleiht seinem Eric eine Tragik, die deutlich weniger als Posing rüberkommt als bei Brandon Lee. Die Action-Choreographie ist sehr solide und es wird mit großer Spielfreude gesplattert, was das Zeug hält. Das mag im Laufe der Jahre auch seine Fans finden.

Damit schafft es THE CROW blöderweise nicht in die “so bad it’s good”-Liga. Er ist zu ehrlich bemüht, als dass man ihn der Häme aussetzen könnte. Schade.

Fazit: Ein atmosphärisch dichter und erfreulich ruppiger Reboot, dem ein jämmerliches Drehbuch in beide Knie schießt, bevor er durchstarten kann.

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Matts
Matts
5. September, 2024 14:38

Mir scheint, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, den im Kino auszulassen.
Ein weiterer nicht-grottenschlechter-aber-auch-nicht-guter von Rupert Sanders also. Ich weiss nicht, ob das mit dem Mann nochmal was wird…

dermax
dermax
5. September, 2024 15:34

Hört sich doch genau nach dem an, was man erwarten konnte / musste. Ich möchte zum Original noch den Soundtrack ins Feld werfen, der hat auch einiges rausgerissen.

jimmy1138
jimmy1138
5. September, 2024 16:28

Ohne den Film gesehen zu haben, aber das ist vermutlich ein Fall, wo der “Pitch Meeting” Sketch von Ryan George 100 Mal besser ist als der Film. Denn wenn jemand daherkommt und sagt “Hey, machen wir ein Remake von The Crow” sind meine ersten Reaktionen “Warum?” und “Das kann nur Mist werden”.
Remakes haben schon generell einen schlechten Ruf aber bei einem Film wie The Crow und dem Kultstatus aus genannten Gründen braucht ein Remake triftige Gründe.
Ich hab ja Theorien gehört, daß der gemacht wurde, damit die Filmrechte nicht verloren gehen, aber dafür dann 50 Mio $ auszugeben? Danach sieht eher der neue Hellboy aus, der nach dem bisher gezeigten Schnipseln gefühlt Kosten im einstelligen Millionenbereich hatte.