Fantasy Filmfest 2024: Nachklapp
Themen: Fantasy Filmf. 24 |Es hat ein Weilchen gedauert, weil ich einen Haufen anderer Projekte anliegen habe, aber es ist mir wie immer ein Anliegen, das Fantasy Filmfest von allen Seiten noch einmal zu beleuchten.
Das schon vorab: Es mag nicht das beste Programm aller Zeiten gewesen sein (2010 ist deutlich erinnerlicher), aber es war für mich sicher eins der schönsten Festivals seit 1990. Um die Zeitspanne zu verdeutlichen. Es wäre theoretisch möglich, dass bei meinem ersten Fantasy Filmfest Kinder gezeugt wurden, die in diesem Jahr Großeltern werden. Let that sink in.
Schon die Fahrt, die ich ja vorab mit euch besprochen hatte, war fast perfekt. Der Zug pünktlich, der Sitz in der 1. Klasse bequem. Einziges Ärgernis: Weil es der Bahn immer noch nicht gelingt, die reservierten Plätze vollständig auszuweisen, musste ich nach 15 Minuten noch einmal umziehen.
Nach weniger als 4 Stunden war ich in Berlin, habe die Wochenkarte gelöst und bin mit der S-Bahn zu den Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo.
Samt Rucksack auf der Schulter ging es gleich weiter zum Kino, das die nächsten 8 Tage meine Heimat sein sollte:
Der Zoopalast ist tatsächlich eine Pracht und er erlaubt es dem Publikum, sich drinnen aufzuhalten, wenn das Wetter mal nicht mitspielt. Allerdings gehörte das Wetter ebenfalls zu den Highlights der Woche: bis auf einen Tag sonnig und warm.
Der Grund, warum ich schon zum Mittag ins Kino wollte, war eine glückliche Überschneidung: Es fanden im Zoopalast zusätzlich zum Fantasy Filmfest noch die Pressevorführungen von BEETLEJUICE BEETLEJUICE und THE CROW statt. Die wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Über meine Unterbringung im Kapselhotel habe ich bereits ausführlich berichtet.
Gerade zu den Zeiten, als das CINEMA in München der Austragungsort des FFF war, gab es zwischen den Filmen eine Vielzahl von Problemen: Ein Aufenthalt im Kino war nicht möglich, die Pausen zwischen den Filmen waren zur Nahrungsaufnahme zu knapp bemessen, und generell fehlte es in der näheren Umgebung an gastronomischen Versorgungsmöglichkeiten.
Auch da spielt Berlin in einer anderen Liga. Der Zoopalast ist quasi eingepackt in Restaurants und Fast Food-Buden, es gibt einen großen Biergarten um die Ecke und mit dem HIT schräg gegenüber den vermutlich siffigsten, aber auch größten Filialisten, den ich je gesehen habe.
Da diesmal öfter auch 30 Minuten zwischen den Filmen Zeit war, konnte man gut durchatmen, sich sammeln, was essen, etc. Ich habe bisher noch kein Festival als derart stressfrei erlebt. Ich hatte mir auch zum Vorsatz gemacht, nicht immer nur bei McDonalds oder aus der Lidl Backschütte zu futtern. So gab es gleich am ersten Festivalabend gutes indisches Fresschen:
Das vietnamesische Streetfood gleich neben dem Kino war auch nicht zu verachten:
Natürlich habe ich trotzdem viel aus dem Supermarkt verputzt, vom Joghurt über Kekse bis zur Banane und Nüssen. Getränke sowieso, das spart Geld.
Ausgelassen habe ich diesen Burger-Ableger der Kette Block House. Der hat mich durchaus interessiert, aber es hat sich einfach nicht ergeben:
Bis auf den Eröffnungsfilm fanden alle Vorführungen im Saal 2 statt, der immer noch ziemlich groß und prächtig ist und mit dem richtigen Gefälle der Zuschauerreihen gute Sicht und keinen steifen Nacken garantiert.
Da sitzt man nicht eng aufeinander (siehe: CITY in München) und stolpert auch nicht über 20 Beine, wenn man sich den Weg zum Mittelplatz bahnen müssen.
Hinweis an die zwei Herren, die meinten, sich aus Reihe D zwei Plätze in Reihe E sichern zu können, in dem sie in dem Augenblick, als wir an den Sitzen ankamen, zwei Jacken über die Rücklehnen warfen – ihr habt nicht wirklich gedacht, dass ich euch damit durchkommen lasse, oder? Mag ja sein, dass ihr das gleiche Anrecht auf die Sitze habt wie wir, aber dann herrscht eben das Recht des Alpha-Männchens. Und das war in diesem Fall ich. Thanks for playing.
Ich kann da keine generellen Aussagen treffen, aber das Festival war – besonders im Vergleich zu München – erstaunlich gut besucht. Mehrere Vorstellungen fast ausgebucht, ansonsten selbst in den traditionell schwächeren Slots am frühen Nachmittag mindestens halbvoll. Davor habe ich Respekt.
Der Zoopalast ist auch immer für Gimmicks gut. So wurden zur Werbung für SMILE 2 ein paar Horror-Telefonzellen aufgestellt:
Ein paar Tage später tauchten plötzlich Deadpool und Lady Deadpool auf – Cosplayer in extrem professionellen Kostümen (>5000 Euro), die von Verleihern und Kinos für Conventions und Promo gebucht werden:
Coole Sache, auch wenn DEADPOOL & WORTVOGEL eine Weile auch sich warten lassen dürfte. Mit meinen Klamotten passe ich auch besser in THE OFFICE.
Der Ablauf eines Festival-Tages ist eigentlich immer gleich: übermüdet aufwachen, duschen, nebenan ein paar Backwaren, Kaffee und Saft kaufen, dann ein ruhiges Plätzchen zum Schreiben der Reviews finden. Mit dem letzten Review drängt dann üblicherweise die Zeit, den Bus zum Kino zu nehmen, um weitere vier oder fünf Filme schauen. Das Kino spuckt einen dann nach Mitternacht wieder aus.
Zeit für Berlin war wenig, man freut sich schon, wenn man auf der ersten Busfahrt eine Passagierin sieht, die in München vermutlich mehr auffallen würde:
(weiß jemand, was das hier cosplayed?)
Auch die Architektur der Stadt sieht man vornehmlich aus der Vorbeifahrt:
An der Leipziger Straße, in der sich das Kapselmotel befindet, begeistert mich immer wieder die sozialistische Restarchitektur, die ungeheuer kompakt günstigen Wohnraum mitten in die Innenstadt packt:
Da passt dann mitunter auch das Publikum in entzückender Weise:
1989 is not dead – the moonwash will live on!
Nur selten bin ich statt mit dem Bus mit der U2 zurück zum Hotel gefahren. Gerade zur Nacht ist das auch ein Schaulaufen der schrägen Vögel, da kann München nicht mithalten. Die menschenleere Hausvogteiplatz-Station wäre ein ideales Setting für einen Agententhriller oder einen Giallo:
Nach ein paar Tagen wurde es dann doch mal überraschend kühler und ich nutzt das als Ausrede, mich bei Uniqlo noch mal neu einzukleiden – Wortvogel in black:
Bei einer meiner morgendlichen Schreibsitzungen im Motel One wurde ich Zeuge, wie die Polizei einen vermutlich rasenden und illegal getunten Porsche auf den Bürgersteig winkte. Die ganze Aktion dauerte mehr als eine Stunde und man zog sogar einen Experte für Autotechnik hinzu, der unter die Haube schaute.
So vergingen die Tage wie im Flug, was auch an der netten Begleitung lag, die sich perfekt verzahnte: Am Anfang gesellte sich Wortvogel-Veteran S-Man zu mir, um nach ein paar Tagen von Wortvogel-Veteran Goran abgelöst zu werden. Als dieser keine Zeit mehr hatte, tauchte der NEON ZOMBIE-Herausgeber Markus Haage auf. Es bewahrheitete sich: zu zweit ist immer besser als allein gucken.
Ein paar Mal wurde ich auch als Wortvogel identifiziert, aber nicht geteert und gefedert. Das bezauberndste Erlebnis: ein junger Mann, der mich ansprach, weil sein VATER ein so großer Fan von mir sei und der dann auch noch um ein Selfie bat, um seinem Vater das Treffen zu dokumentieren. Namenloser Vater, wer und wo Sie auch sind: Sie haben einen Platz in meinem Herzen!
Nach dem letzten Film ließ ich gerne noch einen Bus ausfallen, um einen wenig rund um die Gedächtniskirche zu stromern:
Berlin ist einfach Berlin und ich kann mich an (und mit) der Stadt besaufen.
Direkt gegenüber beim Waldorf Astoria, wurde ich Zeuge einer indischen Hochzeit, die von Drohnen gefilmt wurde:
Nach dem letzten Film wollte ich nicht direkt wieder in den Zug nach Hause steigen. Ich gönnte mir eine weitere Übernachtung und buchte das Ticket nach München für 16.05 Uhr, um wenigstens ein paar Stunden "decompressing" zu betreiben und Berlin zu genießen. Friseur war auch geplant.
Das wurde allerdings durch eine WhatsApp-Nachricht zur Makulatur, denn der Frankster entpuppte sich als in der Stadt (beruflich) und fragte, ob ich vielleicht zum Lunch mit den Kollegen stoßen wolle. Ich wollte und es wurde ein sehr launiges Essen mit Frikadellen und Linsensuppe im Nussbaum.
Typisches Berliner Essen gibt es übrigens noch überall – aber zu untypisch touristischen Wucherpreisen:
Und auch das ist Berlin – und zauberhaft (Sängerakademie):
Etwas hektisch eilte ich danach zum Rathaus, um von dort zum Hauptbahnhof zu fahren. Mein Zug war pünktlich, ich war es auch, und gegen 20.00 Uhr rollte ich wieder in München ein, wo die LvA schon am Gleis wartete.
Ihr merkt schon: Ich hatte meinen Spaß. Schaut man sich meine Bewertungen geballt an, dann klingt es wie ein absolutes Spitzenprogramm:
A different man: Ein in seiner Botschaft gut gemeinter, in meinen Augen aber auch zutiefst fehlgeleiteter und unabsichtlich (?) zynischer Film. Ich tue, was ich selten tue, und verweigere mich einer Punkte-Vergabe.
Man darf sich von den vielen grünen Ampeln aber nicht blenden lassen: Das Festival glänzte in diesem Jahr primär durch die Abwesenheit dröger Füller meist kanadischer oder irischer Provenienz. Und so gut ich mich oft unterhalten gefühlt habe – richtig aus dem Schuh geblasen hat mich hier kaum was. Aber das ist rein subjektiv. Nüchtern betrachtet war es ein sehr gutes Festival.
Damit ist mein "festival circuit" für 2024 durch. Im Januar stehen dann die WHITE NIGHTS an, ein üblicherweise entspannter Einstieg neue Jahr.
Wer noch was zu sagen hat, möge jetzt sprechen – oder für immer schweigen.
Wenn ein junger Mann ein Selfie für seinen Vater möchte, fühlt man sich dabei nicht sehr alt?
Angenehm alt.
*hüstel* Waldorf Astoria. Das Ritz ist am Potsdamer Platz.
Ich hab’s sogar noch gegoogelt und mich dann beim Bild vertan. Scheiße. Wird korrigiert.
n jägerschnitzel für 17ocken??? sind die irre?
wenn du mal in dortmund bist, kommste bei mir rum und du bekommst es fachkundig nach hausmacher art aufs haus
Vorsicht, ich gehöre zu den parasitären Lebensformen, die solche Angebote tatsächlich annehmen.
vorsicht, das fangirl in mir wird dir den babylon 5 episodenführer fürn autogram unter die nase halten
ostdeutsches Jägerschnitzel ist doch panierte Fleischwurst mit brauner Soße, oder?
Dank deines Kommentars habe ich das auch gerade gelernt – essen will!
nein. panierte jägerwurst, mit nudeln und (ostdeutscher) tomatensoße
jagdwurst… sry, heute ist ein anstrengender tag…
das 'jäger' im schnitzel kommt von der 'jagd’wurst
Vor allem wenn man bedenkt, dass Ostberliner Jägerschnitzel aus Jagdwurst besteht …
Du bist noch nicht durch, Ende Oktober steht das 8. Obscura in Berlin an.
Freut mich, dass du Spass in Berlin hattest. Und nochmal Danke für den diesjährigen Festival-Bericht!
Liebe Grüße vom – jetzt nicht mehr – namenlosen Vater Thorsten! Ich habe dann tatsächlich am nächsten Tag endlich mal Limbo gesehen, den ich recht gut fand. Liebe Grüße aus Kiel!
Großartig! Beste Grüße zurück aus München!