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Sep 2024

Fantasy Filmfest 2024 (30): ELSE

Themen: Fantasy Filmf. 24, Film, TV & Presse, Neues |

Frankreich, Belgien 2024. Regie: Thibault Emin. Darsteller: Matthieu Sampeur, Édith Proust

Offizielle Synopsis: Gerade erst haben sich die selbstbewusste Cassie und der schüchterne Hans kennengelernt. Doch während sich das ungleiche Paar unbekümmert einander hingibt, beginnt draußen vor ihrer Haustür ein Virus zu wüten, der die Welt unwiderruflich verändern wird. Im ersten Moment macht es den Liebenden nichts aus, deswegen noch enger zusammenzurücken. Aber genau das wird bald zum Problem. Denn die Epidemie verschmilzt Körper, aber nicht nur menschliche: Kein Gewebe bleibt unverbunden, egal ob Fleisch oder Stein.

Kritik: Ich habe erst vor ein paar Tagen geschrieben, dass ich kein Freund von Arthouse bin. Das stimmt auch weiterhin. Umso bemerkenswerter ist es, wenn mich ein Film mit eindeutig künstlerischem Anspruch oder der Verweigerung traditioneller Erzählmuster so abholt, dass ich mich wie hypnotisiert auf ihn einlasse. ENTER THE VOID war so einer, WE ARE THE FLESH ein anderer. Filme, in denen mit der Welt der Protagonisten auch die Handlung zerfasert, das Bild, die Geschichte.

ELSE wirkt lange so, als wolle er konventionell bleiben. Die ungeschickte Romanze von Cassie und Hans (folgend in den Untertiteln penetrant “Anx” genannt, da hätte nochmal wer drüberlesen sollen), die ersten Anzeichen einer globalen Krise, ein Lockdown. Kein Problem, Zeit für Party, Zeit für einander.

Aber diese “Pandemie” ist anders, sie fusioniert den Menschen mit seiner Umgebung, wenn er nicht ständig den Standort wechselt. Der Mensch wird Stein, Holz, Matratze gar – und umgekehrt. Alles, was getrennt war, wird eins, die Welt gerinnt zu einer homogenen Masse.

Thibault Emin findet für diese Transformation passende, bizarre, zunehmend klaustrophobische Bilder, in denen das Vertraute immer mehr in den Hintergrund gerät und eine “neue Materie” sich ausbreitet, ständig in Bewegung, vielleicht atmend, vielleicht lebend. Wohin flüchtest du, wenn es kein “wohin” mehr gibt?

Es ist schwer zu vermitteln, wie fiebrig, verzweifelt und schlicht “alien” ELSE im dritten Akt wird. Neues Fleisch, wie Cronenberg sagen würde. Die nächste Stufe der Evolution. Kein Platz für den Unterschied von Dingen, Personen, Orten mehr.

Ein mit begrenzten Mitteln realisierter kleiner großer Film.

Markus Haage von NEON ZOMBIE hielt ihn allerdings für großen Käse.

Fazit: Dreht von schräger RomCom in Pandemie-Drama und dann in Arthouse-Fantasy. Sicher nicht für jeden Geschmack, dafür zu 100 Prozent für meinen. 9 von 10 Punkten.



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1 Kommentar
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Maik
Maik
12. September, 2024 19:56

Und wer ist jetzt diese Else?