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Juli 2024

Kino Kritik: LONGLEGS

Themen: Film, TV & Presse |

USA 2024. Regie: Oz Perkins. Darsteller: Maika Monroe, Nicolas Cage, Alicia Witt, Blair Underwood, Kiernan Shipka u.a.

Story: Die medial begabte junge FBI-Agentin Lee Harker wird in den 90er Jahren gleich zu Beginn ihrer Karriere mit einem Serienmörder konfrontiert, der einem ungewöhnlichen modus operandi folgt – er bringt Menschen dazu, sich und ihre Familie abzuschlachten, ohne je deren Haus zu betreten. Bald gerät Lee selber in sein Visier und sie stellt fest, dass ihre Vergangenheit der Schlüssel zu dem Fall ist…

Kritik: Der Verleih nutzt ein Zitat der Kollegen von Deadline für das Plakat:

„DÜSTER. UNBERECHENBAR. EINER DER BESTEN FILME DES JAHRES.“

Es gilt weiterhin die Prämisse: Glaubt nicht alles, was ihr lest. Nicht mal mir.

LONGLEGS gelingt es sehr gut, eine trostlose, menschenfeindliche Atmosphäre aus bewölktem Himmel, leeren Straßen und bis zum Ersticken düster eingerichteten Häusern aufzubauen. Die wenigen Figuren, denen wir begegnen, sind praktisch nie von Menschen umgeben, scheinen komplett allein zu sein auf der Welt. Der Eindruck wird verstärkt durch eine völlige Tonlosigkeit jenseits der Geräusche, die unsere Protagonisten selbst verursachen. Wenn es so etwas gibt, dann ist dieses Setting schmerzhaft still. Ein Serienmörder ist nur eine weitere Tragödie obendrauf, vielleicht sogar eine Konsequenz daraus.

Nicolas Cage spielt diesen "Longlegs" als durchgedrehten, jeder Logik abhanden gekommenen Freak mit über die Jahre zunehmenden, bizarren Face-Liftings und wirren Haaren, als wolle er dem Wahnsinn von Heath Ledger in DARK KNIGHT Konkurrenz machen. He goes full Cage in this one, folks.

Letztlich weiß LONGLEGS aber nicht, was für eine Geschichte er erzählen will. Statt Lee und Longlegs in ein Duell zu verwickeln, verschwendet der Film zu viel Zeit an müde Ermittlungen, die letztlich folgenlos bleiben. Dann schwenkt er vom Kriminalfall in Satanistenhorror um, was gänzlich anderen Spielregeln folgt, denn die Gegenwart des Übernatürlichen wirft alle herkömmlichen Ermittlungen über den Haufen. Der Kurswechsel wird allerdings nicht aufgefangen, weil die Puzzleteile dafür so wenig Sinn ergeben, dass eine der Hauptfiguren zum Finale den ganzen "Longlegs-Mythos" mühsam erklären muss – und daran scheitert. Das Ende ist dementsprechend unbefriedigend und banal.

So bleibt zum Nachspann Frust, gerade weil der Film atmosphärisch sehr dicht ist und die Darsteller sich lobenswert reinhängen, wie schon in Oz Perkins 2015er-Horror FEBRUARY, der mit ähnlichen Problemen haderte.

Wie kürzlich bei THEY SEE YOU erschließt sich mir nicht, was hier einen größeren Kinostart rechtfertigt, denn am Ende ist LONGLEGS nur geeignet als weiterer Füller für das Nachmittagsprogramm des Fantasy Filmfest.

Fazit: Ein (be)drückender, bewusst langsam erzählter "slow burner", der sich letztlich schwer damit schadet, dass er auf halber Strecke vom "FBI procedural" zum "occult thriller" wechselt, diese Tatsache aber nicht mit ausreichend Leben oder Logik füllen kann.

 

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Magineer
Magineer
15. Juli, 2024 15:11

"Wie kürzlich bei THEY SEE YOU erschließt sich mir nicht, was hier einen größeren Kinostart rechtfertigt, denn am Ende ist LONGLEGS nur geeignet als weiterer Füller für das Nachmittagsprogramm des Fantasy Filmfest."

Schon ein ziemlich sperriger Film, aber der Kinostart in den USA hat sich scheinbar schon am ersten Wochenende gelohnt:

https://www.digitalspy.com/movies/a61591484/longlegs-new-record-box-office-debut/

Klar, kann in Deutschland im August dann wieder ganz anders aussehen, aber für Cage ist es sicherlich eine willkommene Unterbrechung seiner Durststrecke.