Fantasy Filmfest Nights 2023 (2): NEW NORMAL
Themen: FF Nights 2023, Film, TV & Presse |Südkorea 2022. Regie: Jung Bum-shik. Darsteller: Choi Ji-woo, Lee Yoo-mi, Choi Minho, Ji-Hoon Pyo u.a.
Offizielle Synopsis: Eine schüchterne Frau lebt zurückgezogen in ihrem Apartment. Beunruhigt von den Nachrichten, die vom Wahnsinn und Chaos auf Seouls Straßen berichten, will sie eigentlich nicht die Tür öffnen. Aber gegen den aufdringlichen Fremden hat sie keine Chance – ihre Begegnung endet schrecklich. Doch nichts ist wie es scheint…
Kritik: Lasst euch mal wieder von der Inhaltsangabe nicht täuschen – das ist gerade mal der Prolog des Films, eine von einem halben Dutzend Episoden, die nur sehr lose miteinander verknüpft sind.
Puuhhh… das ist… na ja… anders. Bei südkoreanischen Filmen, insbesondere zum Festivalbeginn (oder zum Ausklang) erwartet man üblicherweise gelackte Kracher mit viel Action & Suspense, großen Effekten und hoher Dynamik. NEW NORMAL möchte eher ein Panorama sein, ein Panoptikum vereinsamter Figuren in einem Diorama der zwischenmenschlichen Sprachlosigkeit. Die Schafe suchen Liebe (oder Sex, oder Nähe), die Wölfe suchen das Blut der Schafe. Und manchmal sitzen die Schafe vor Videospielen und geben sich im Chat als Wölfe aus.
Das ist so sperrig, wie es klingt, zumal Regisseur Jung Bum-shik es nicht versteht, die Episoden plausibel zu verzahnen. Mit Zeitsprüngen und "Gastauftritten" werden immer mal wieder Querverweise erschaffen, aber diese bleiben folgenlos, führen zu keiner größeren Botschaft oder Geschichte. Einige Elemente (wie der Junge, der einer Gangsteroma auf den Leim geht) stehen völlig für sich und tragen nichts zum Film bei außer Laufzeit.
Das ist nicht immer unspannend, kann manchmal auch überraschen, gerade weil Episodenfilme den Vorteil haben, die Aufmerksamkeit des Zuschauers mit kurzen Häppchen zu halten. Aber es summiert/addiert sich nicht. Es bleibt die zeitlose Frage: Was will uns der Künstler damit sagen? Ähnlich wir BURNING 2019 mag NEW NORMAL primär für ein koreanisches Publikum gemacht sein, das an sein Weltbild besser andocken kann als wir.
Der Film bezeichnet sich selbst als "social horror" – was immer das sein soll.
Der Frankster fasste es zum Nachspann ganz gut zusammen: "Wäre das ein deutscher Film mit deutscher Besetzung gewesen, der in Berlin spielt, wäre ich nach einer halben Stunde gegangen". Ich auch.
Fazit: Ein etwas orientierungsloser Episodenfilm, der vermutlich was über die Anonymität der Großstadt und die Vereinsamung des Individuums in der Moderne aussagen möchte, für westliche Geschmäcker dabei aber zu spezifisch koreanisch und sperrig ist. Wegen einiger guter Sequenzen und Darsteller gerade noch 4 von 10 Punkten.
Danke für die Warnung
Für mich war das ein angenehmer Start in das Festival. Die erste Episode sah noch kurz nach einem gewöhnlichen Thriller aus, bis die Wendung kam. Danach konnte ich mich gut auf das Verdrehen der Erwartungen einlassen – mal mehr , mal weniger. Wo ich Dir Recht geben muss ist das unbefriedigende Ende, denn ohne Aha-Effekt wirkte das Ganze doch sehr willkürlich.