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Apr 2023

Fantasy Filmfest Nights 2023 (10): IRATI

Themen: FF Nights 2023, Film, TV & Presse |

Spanien 2022. Regie: Paul Urkijo Alijo. Darsteller: Eneko Sagardoy, Edurne Azkarate, Itziar Ituño, Elena Uriz

Offizielle Synopsis: Gegen Ende des 8. Jahrhunderts in den entlegenen Bergtälern des Baskenlandes: Mit dem Vormarsch des Christentums sterben die letzten alten Götter, auch wenn ein heiliger Pakt die Armee der Franken noch einmal aufhalten kann. Jahre später jedoch muss sich der junge Königssohn Eneko auf ein gefährliches Abenteuer begeben, um seinen Anspruch auf die Krone zu sichern. Ihm zur Seite steht die rätselhafte Irati, ein Waldwesen, mit dem der Krieger in der Vergangenheit einen eher brüchigen Frieden geschlossen hat. Gemeinsam wagen sie die Reise durch eine archaische Welt, bevölkert von blutgierigen Höhlentrollen, gigantischen Schlangen und marodierenden Horden fremder Eindringlinge.

Kritik: Das baskische Fantasy-Epos ist ein Subsubsubgenre, in dem mir mangels Masse die Orientierung fehlt. Aber es soll uns nicht scheren, besprechen wir also IRATI als Verfilmung einiger regionaler Legenden, quasi die spanische Version der Artus-Sage. Das Verschwinden der heidnischen Magie zugunsten des Christentums erinnert zudem an den großartigen DRACHENTÖTER von Disney – in beiden Filmen wird dieses Thema übrigens seltsam halbgar behandelt, weil nie verständlich wird, was das sehr theoretische Christentum der sehr konkreten heidnischen Magie voraus haben könnte.

Unterstellt man, dass IRATI kein Hollywood-Budget zur Verfügung hatte, dann wird hier an einem beeindruckend großen Rad gedreht: fantastische Locations, viele Komparsen, aufwändige Kostüme und weitgehend makellose Trickeffekte erwecken ein erdiges, authentisches Mittelalter zum Leben, in dem die richtige Heirat und der richtige Glaube das Schicksal von Völkern und Kriegen entschied. Enekos Versuch, mit seiner eigenen Vergangenheit ins Reine zu kommen, wird zu einem gefährlichen Drahtseilakt – und die Liebe zu einem Waldwesen ist ein Sakrileg.

Im Grunde genommen ist in IRATI alles drin: Schlachten, Liebe, Verrat, Glaube, Monster, Schätze, Schicksal. Der Großteil des Publikums kam auch sehr gut unterhalten aus dem Saal. Ich selbst haderte allerdings gerade mit der zentralen Figur des Eneko: Er hat den Look eines Königs und Kriegers, aber faktisch ist die Figur impotent, reagiert statt agiert (siehe auch BLOOD & GOLD), nimmt stumm hin, statt entschlossen zum Schwert zu greifen. Er ist kein Artus, kein Siegfried, kein Conan. Er ist der Grund, warum der Film mitunter deutlich langsamer vorankommt, als ihm gut tut.

Trotzdem waren wir alle dankbar. Dankbar, weil “echte” Fantasy auf dem Fantasy Filmfest rar ist. Dankbar, weil hier nicht die Köpfe platzen und die Dämonen kichern. Dankbar, weil keine Boomer durch endlose Gänge schleichen, während auf der Tonspur das Cello jammert. Der Mensch liebt nicht vom Horrorbrot allein.

Fazit: Bildgewaltige Quest-Fantasy ohne Hollywood-Schmier, die manchmal ein wenig mäandert und auf einen zu lethargischen Helden setzt, in der Mischung des Festivals aber eine hoch unterhaltsame Abwechslung darstellt. 8 von 10 Punkten.

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