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Apr 2023

Fantasy Filmfest Nights 2023 (1): EVIL DEAD RISE

Themen: FF Nights 2023, Film, TV & Presse |

USA 2023. Regie: Lee Cronin. Darsteller: Alyssa Sutherland, Lily Sullivan, Morgan Davies, Nell Fisher

Offizielle Synopsis: Die alleinerziehende Ellie lebt mit ihren drei Kindern in einem fast leeren Apartmentkomplex und erwartet den seltenen Besuch ihrer Schwester. Beth, nicht gerade wild auf Familienleben, ist als Technikerin stets auf Konzerttournee und ihre unverhoffte Schwangerschaft gibt ihr dementsprechend zu knabbern. Zeit für ein fröhliches Wiedersehen gibt es aber nicht: Als ein Erdbeben den Boden aufreißt und Ellies Sohn Danny dort unten erst alte Schallplatten, dann in einem aufgebrochenen Grab das Necronomicon entdeckt, treten die teuflischen Deadites sofort auf den Plan. Ein atemloser, blutiger Kampf ums Überleben beginnt.

Kritik: Teufel, der letzte EVIL DEAD-Film ist auch schon wieder zehn Jahre her und ASH VS. EVIL DEAD wurde vor fünf Jahren eingestellt. Die Zeit, sie rast. Ich kann mich noch erinnern, als mein Freund Reiner Hoffmann Mitte der 80er mit einer total abgenudelten VHS-Kassette auftauchte und verkündete, wir könnten uns nun den “verbotenen” TANZ DER TEUFEL anschauen. Mehr eine Mutprobe als ein Filmscreening. Wir waren Teenager. Und begeistert.

Mittlerweile bin ich Mitte 50 und seit 33 Jahren Dauergast des Fantasy Filmfest. Statt mit Chips vor dem Fernseher sitze ich mit Pfefferminzbonbons im Kino. Neben mir: nicht mehr der Reiner, sondern der Frankster. Vorab: eine sehr nette und persönliche Videobotschaft von Lee Cronin, Sam Raimi und Bruce Campbell.

Es ist vernünftig, notwendig, aber auch nicht ohne Gefahr, dass die EVIL DEAD-Franchise endlich mal das Setting wechselt – dreimal “cabin in the woods” ist wahrlich genug und mit ein paar Tricks und Kniffen wirkt das verfallene Apartmenthaus nicht weniger klaustrophobisch, düster und unheilbringend. Die Mechanismen des Terrors hingegen bleiben bestehen, das Konzept EVIL DEAD wird poliert, aber nicht neu erfunden.

Zur Vorbereitung dieser Kritik habe ich meinen Review des letzten Kinofilms noch mal rausgekramt und wahrlich, ich könnte den fast komplett noch mal hier reinkopieren – weil er auf EVIL DEAD so zutrifft wie nun auf EVIL DEAD RISE:

Man kann jetzt lange über die straffe, so elegante wie unaufdringliche Regie reden. Über die Darsteller, die zwar der Klischee-Generation angehören, aber erfreulich authentisch bleiben. Es ist auch angemessen, sich über den so brutalen wie hausgemachten Splatter zu freuen, der immer mehr eskaliert und in Blutfontänen gipfelt, die jedem Altnerd das schwarze Herz hüpfen lassen.

All das ist gut, all das ist richtig, aber es ist nur die halbe Antwort auf die Frage, was “Evil Dead” so verdammt fetzig macht. Die andere Hälfte besteht nur aus einem Wort: Balance. “Evil Dead” schafft es in bewundernswerter wie selten gesehener Weise, dem Original Respekt zu zollen und dabei völlig eigenständig zu funktionieren. Es gibt eine Unmenge an Verweisen auf die ersten beiden “Evil Dead”-Filme, die für Uneingeweihte aber nie auffällig herausstechen. Gerade in der zweiten Hälfte geht die Story einen anderen Weg als Raimis Double Feature – der keinen Deut weniger spannend ist und das Remake weit über das Niveau einer blanken Nacherzählung hebt.

(…) gleichzeitig dem Original nah und fern, befriedigt gleichzeitig den Hang zur Nostalgie und den Hunger nach Frischfleisch. Er schafft einen beinahe unmöglichen Spagat.

Und so ist EVIL DEAD RISE immer noch Geschrei und Blutfontäne, Hysterie und Hektik mit Oldschool-Effekten und einer atemlosen Dramaturgie, die einer echten Story ebenso wenig Platz lässt wie Fragen nach der Plausibilität des Geschehens.

So gut EVIL DEAD RISE ist, so wenig kann man über ihn schreiben – es ist EVIL DEAD. Soll ich mich über darüber echauffieren, dass die Männer hier alle Versager oder Verräter sind und unsere Empathie fast ausschließlich den Frauen gilt? Geschenkt, weil es funktioniert und auch mal Zeit wird. Soll ich die etwas unwirklich Parallelwelt des Apartmenthauses als “nicht realistisch” abkanzeln? Quatsch, das Setting ist nichts weiter als eine alternative Variante des “haunted house”.

Anzumerken bleibt allenfalls, dass ich bei aller Zufriedenheit mit dem Film nicht mehr die kindliche Freude aufbringen kann, die mich selbst beim albernen und mit der Franchise fremdelnden ARMY OF DARKNESS noch mitgerissen hat. 40 Jahre Kettensägen in Dämonenschädeln stumpfen halt doch ein bisschen ab.

Fazit: Eine straffe, bluttriefende Achterbahn, die das Vermächtnis EVIL DEAD gut und frisch verwaltet, ohne allerdings noch mal die pubertäre Begeisterung der 80er zu wecken – “man ist nur einmal jung” gilt für Menschen wie für Franchises. Das ist allerdings mein Problem und nicht das des Films, daher 9 von 10 Punkten.

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noyse
noyse
21. April, 2023 12:50

ich hatte mir letztens nochmal das Remake/reboot von Fede angeschaut. Ja er ist hart und hat die kettensäge usw. aber es ist für mich kein Evil Dead, denn es fehlt diese Atmosphäre der Absurdität. Die drei (zwei) Original-filme zeichnen sich eben auch durch den sehr strangen Humor aus, der ja dem Remake völlig verlustig geht. So wie ich den Trailer verstanden habe ist es jetzt bei Rise genauso.

noyse
noyse
21. April, 2023 13:09
Reply to  Torsten Dewi

ah ok na dann bin ich mal gespannt

Thies
Thies
21. April, 2023 18:15

Ich konnte den Film gestern nicht sehen, aber da er schon nächste Woche regulär – und laut Schnittberichte auch ungeschnitten – im Kino startet bin auch nicht allzu enttäuscht. Zumal mir so das Security-Theater um die Vorführung erspart blieb. Haben die Verleiher immer noch so große Angst vor Handy-Aufnahmen im Kinosaal?

comicfreak
comicfreak
22. April, 2023 23:02

Empfehlung ist notiert

Thies
Thies
30. April, 2023 02:42

Jetzt habe ich ihn auch sehen können und kann die Freude teilen. Ein bisschen jugendlicher Enthusiasmus ist auch noch auf mich geschwappt, denn in der Spätvorstellung im CinemaxX dürfte ich der Älteste im Saal gewesen sein. Zivil und ruhig auf die Leinwand starren war hier offenbar keine Option. Nichtsdestotrotz hat mich der Film voll mitnehmen können. Eine der Stärken der Reihe scheint mir ein Umstand zu sein den ich sonst gerne bemäkel: die Regeln der Infizierten bzw Besessenen sind ziemlich vage, wodurch permanent die Spannung gehalten wird wen es als nächsten trifft. Ein Kratzer auf der Haut kann ausreichen wo Liter an Blut und Glibber vorher scheiterten. Die Spannung sinkt ab und an etwas ab, aber man hat nie das Gefühl das Zeit geschunden wird – dem Publikum wird einfach eine kurze Verschnaufpause gegönnt. Um so mehr Spaß bereitet danach die nächste Terrorwelle.

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
9. Mai, 2023 16:54

Abseits vom ätzenden Publikum in der regulären Vorstellung ein launiger Kinobesuch (auch wenn der Ton auf 11/10 gestellt war…). Finde das Remake aus dem Bauch heraus noch nen Ticken stärker und hab mich im Nachhinein ein wenig gefragt, wohin die Franchise jetzt geht. Alle fünf Jahre ein neuer Teil mit anderer Location? So wirklich viel Neues wird der Thematik irgendwie nicht mehr abgewonnen, bzw. es geht nicht so „richtig voran“. Oder ist irgendwann ein Evil Dead – World o.ä. geplant bzw. inwiefern baut Rise auf den Rest auf?

Thies
Thies
10. Mai, 2023 00:19
Reply to  Rudi Ratlos

Jay und Mike haben in ihrem “Half in the bag”-Review erwähnt, dass eine Art EDCU geplant sei mit neuen Filmen alle 2-3 Jahre. Ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht nachzuforschen ob das stimmt, aber ich glaube nicht das diese Serie stark genug ist um so viele Filme zu tragen. Man achte auf den Gag mit den “Freddy Krüger”-Filmen. Bei einem höheren Pensum ist die Wahrscheinlichkeit eines die ganze Franchise vergiftenden Flops einfach größer. Alle Jubeljahre ein neuer Aufguss mit frischer Note würde mir reichen.