30
Nov 2022

Extratour: 1300 Kilometer und 200.000 Seiten Deutschland

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Letzte Woche hatte ich euch erzählt, dass ich massenhaft CINEMA- und PLAYBOY-Ausgaben für meinen nächsten Scan-Marathon gekauft habe. Die mussten vor Ort abgeholt werden – insgesamt drei Stationen in der unteren Hälfte der Republik:

Wer sich wundert, dass sich die Strecke etwas geändert hat – trotz einer leicht höheren Kilometerzahl habe ich mich für die Tour über die A8 nach Weil am Rhein entschieden, weil ich nicht durch Österreich und die Schweiz fahren wollte. Stick with what you know. Knapp 1300 Kilometer an einem Tag sind schon genug Holz.

Ja, in der Tat: Ich hatte mir vorgenommen, die gesamte Tour an einem Tag durch zu ziehen – mit dem Versprechen an die LvA, kurzfristig ein Hotelzimmer zu nehmen, wenn es doch zu beschwerlich wird.

Den Sonntag hatte ich ausgewählt, weil alle Ebay-Verkäufer Anwesenheit signalisierten und auf den Autobahnen wenig Verkehr zu erwarten war. Gerade Stuttgart, Karlsruhe und die Kette langer Baustellen auf der A9 sind dauernd staugefährdet. Da kenne ich mich aus.

Um 8.00 Uhr am Sonntag mache ich mit einer Lunchbox und einer Zahnbürste im Gepäck auf den Weg. Trotz aller Bedenken: Himmel blau, Fahrbahn trocken, Verkehr minimal. Ich komme gut voran und könnte mit 2 Stunden und 30 Minuten meinen persönlichen Rekord zu unserem früheren Wohnsitz gebrochen haben:

Aber ich will ja gar nicht nach Baden-Baden. Eine weitere gute Stunde später bin ich im Dreiländereck D/F/CH. Man erwartet mich bereits und ein netter junger Mann hilft dabei, die erste Charge einzuladen:

Alle deutschen Playboy von 1978 bis 95. Eine Sammlung des verstorbenen Vaters.

Verkauft wegen eines geplanten Umzugs.

Zu meiner Freude habe ich zu diesem Zeitpunkt bereits eine Stunde “rausgeholt”. Das bedeutete natürlich auch, dass nun beim nächsten Termin anrufen muss, ob ich früher kommen kann. Ich kann – eine knappe Stunde später stehe ich WIEDER an der deutsch-französischen Grenze, diesmal in Kehl. Strasbourg in Sichtweite. Der Verkäufer rekrutiert seinen Sohn, damit wir zu dritt einladen können:

Alle deutschen Playboys von 1990 bis August 2020. Der Mann hat das Interesse am Magazin wegen der sich wiederholenden Beiträge zu den immer gleichen Luxusartikeln (Autos, Whisky, Uhren) verloren.

Verkauft wegen eines geplanten Umzugs.

Ich bin mir des humoristischen Potenzials der Tatsache bewusst, dass die zweite Ladung weitgehend in Bananenkisten verpackt ist. Nur Melonenkisten wären noch lustiger gewesen.

Mittlerweile ist es Mittag – Zeit für einen Snack. Wieder in Höhe Baden-Baden. Weil der kluge Mann vorbaut, habe ich mich mit meinem guten Kumpel Steffen beim goldenen M verabredet. Die bisher gesparte Zeit erlaubt es mir, das Treffen von 30 Minuten auf über eine Stunde zu verlängern. Rock on!

Weiter geht’s! Nächste Etappe: Neuberg kurz hinter Hanau. Ich komme immer noch gut durch und bin letztlich 90 Minuten vor Plan da. Ein Mann ungefähr meinen Alters wartet schon. Das Problem: die gesamte Sammlung CINEMA von 1981 bis 2020 liegt gestapelt im Regal im Keller. Schlau, wie ich bin, habe ich sechs mittelgroße Kartons vom Obi mitgebracht. Die nächsten 20 Minuten werden stressig, weil ich die Ausgaben nicht nur verpacken muss, sondern weil der Mann auch keinerlei Anstalten macht, mir in irgendeiner Weise zu helfen. Nicht sein Bier, wie es scheint. Die Filmjahrbücher der CINEMA gibt er mir auch noch mit, nur den Sonderband über Erotik im Film behält er.

Ihr ahnt es: Verkauft wegen eines geplanten Umzugs.

Es wird SEHR knapp. Den letzten, nur halb gefüllten Karton muss ich wieder ausräumen und das Material einzeln im Auto verteilen. Der gesamte Stauraum, der Beifahrersitz – alles voll. Aber das Ergebnis zählt.

Die Rückfahrt verläuft wieder ereignislos. Ich musste allerdings etwas aufpassen, weil der Wagen mit dem zusätzlichen Gewicht beim Spurwechsel leicht ins Wanken kommt. Um 21.30 Uhr bin ich zwei Stunden früher als berechnet zu Hause.

Erstaunlicherweise hat mich die Tour kaum gestresst, da sie in Etappen unterteilt und das Verkehrsaufkommen minimal war. Langeweile kam auch nicht auf, denn ich habe auf Empfehlung vom Frankster diverse Folgen des unterhaltsamen Kalkofe & Welke-Podcasts gehört.

Lohn der Mühe: Grob hochgerechnet 1100 Ausgaben mit über 200.000 Seiten. Da kann mein neuer Scanner in den nächsten Wochen zeigen, was er taugt.

Eins ist mal klar: Ich kann die gesamte Ladung NICHT händisch vom Auto ins Arbeitszimmer transportierten. Da hebe ich mir ja einen Bruch! Also beim OBI nebenan eine Sackkarre gemietet – auf die 11 Euro kommt es auch nicht mehr an.

Mama raised no fool – die Sackkarre entpuppt sich als Wunderwaffe gegen Schleppen und Rücken. Nach gut 15 Minuten stehen die Kartons im Arbeitszimmer:

Ist das Wahnsinn? Habe ich mich hinreißen lassen? Werde ich das bereuen? Vielleicht. Aber lieber an der Aufgabe scheitern als es gar nicht versucht haben.

Beim Abstellen erkenne ich das erste Mal: ich habe mitnichten eine Ladung PLAYBOY von 1978 bis 1995 gekauft. Die Sammlung geht deutlich weiter zurück – bis Juli 1973. Die Hefte tragen teilweise noch den Sticker “DEUTSCHE AUSGABE”, der sie von US-Importen unterscheiden sollte.

Damit fehlen mir zum kompletten Set gerade mal 11 Ausgaben. WIN!

Jetzt muss ich nur noch warten, bis morgen die Klinge aus der Schleiferei kommt…

P.S.: Ein Leser auf Facebook hatte eine womöglich sensationelle Idee – ich werde nach dem Scan die Cover der CINEMA und PLAYBOY-Ausgaben behalten. Da lässt sich bestimmt eine tolle “Tapete” für mein Arbeitszimmer draus kleben…



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el flojo
30. November, 2022 13:00

Ah, die Gesamtausgabe Calvin and Hobbes im Regal. <3

Hm, Tapete? Die Cover als Dekaden-Bände binden lassen hätte doch sicher auch seinen Reiz. Aber ich guck mir auch gerne Fotos der Tapete an. 🙂

Andy
30. November, 2022 14:14

Ich will gar nicht ermessen, was das für ein Mords-Aufwand sein wird, um all die Ausgaben dann irgendwann auf einem fingernagelgroßen USB-Stick zu haben. Chapeau.

DSFARGEG
DSFARGEG
30. November, 2022 16:40

Der Teaser “Mädchen, die nicht weglaufen” auf dem Cover von ’73 lässt hinsichtlich der intendierten Leserschaft tief blicken.

Alle deutschen Playboys von 1990 bis August 2020. Der Mann hat das Interesse am Magazin wegen der sich wiederholenden Beiträge zu den immer gleichen Luxusartikeln (Autos, Whisky, Uhren) verloren.

Und dafür hat er DREISSIG Jahre gebraucht? Ist ja jetzt nicht so, dass sich die Themen im Playboy über die Jahrzehnte hinweg groß geändert hätten.

Magineer
Magineer
30. November, 2022 16:48

Absoluten Respekt dafür! Auch für das Deutlichmachen von Umfang und Gewicht – Wahnsinn, was da zusammenkommt. Und ein absoluter Digitalschatz, wenn alles nach viel Schweiß im Kasten ist. Beneidenswert.

Ich muss dann immer an meinen inneren Schweinehund denken, der es seit Jahren nicht schafft, den Karton voller “Splatting Images” im Keller auszugraben und mal anständig zu digitalisieren (auch wenn drei bis vier Nummern unter 10 und fast alles ab der 75 fehlt). Oder (nicht lachen!) alte Kinderbücher. Das Darkside Magazin. Die früheren Rue Morgue. Obskure deutsche Fanpostillen a la “Cadaver”. Das “Morgengrauen”. Je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr häuft sich an. Dreißig Jahre Nix-Wegwerfen-Können erzeugen so langsam Druck.

Das einzige, was mich wundert: Cinema und Playboy waren/sind ja schon relativ große Publikationen. Sind die bisher nicht selbst auf die Idee gekommen, ihr Archiv digital zu öffnen?

Magineer
Magineer
30. November, 2022 17:27
Reply to  Torsten Dewi

Das kommt bei mir auch daher, dass ich so ungefähr ab der Nummer 15 eingestiegen bin (zeitgleich mit meiner welterschütternden Entdeckung des Videodroms in Berlin) und dann zwar ein paar ältere Nummern nachgekauft hatte, aber einige der frühen Nummern mir (zumindest im Laden) dann doch ein wenig zu teuer waren.

Digitalisierung: Die Rechtesache ergibt Sinn, hatte ich grad völlig ausgeblendet.

Nummer Neun
30. November, 2022 19:52

Hach, zur Abwechslung mal eine schöne Feel-Good-Story ohne irgendwelche großen Konflikte. Schön!

Solus
Solus
30. November, 2022 23:05
Reply to  Nummer Neun

Eigentlich schade, dass es keine Polizeikontrolle gab. “Machen Sie mal den Kofferraum auf! … Soso, Sie interessieren sich also sehr für Autos, Whisky und Uhren…”

Nune
Nune
8. Dezember, 2022 15:43

This… Is… Madness! Indeed

Caliban
Caliban
27. Januar, 2023 20:38

Die US-Playboy-Gesamtausgabe von 1953 bis 2020 gibts seit dieser Woche zum offiziellen Download für 69 $ (angeblich “for a limited time”).