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Okt 2022

Die Popcharts 1990: Dance, my little monkeys, dance!

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Es hatte sich seit 1985 angekündigt – die 80er würden der Plastikbuntelectro-Attacke der 90er nicht ewig standhalten können. Obwohl ich gerne predige, dass sich die Kultur der Jahrzehnte nicht exakt an deren Jahren von 0 bis 9 festmachen lässt, so lässt sich schwer bestreiten, dass nach einem bereits schwer verdaulichen 1989 irgendwas kippte. 1990 ist – wenn man es im Spiegel der deutschen Single-Charts betrachtet – ein abgrundtief verachtenswertes Jahr:

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Electro, Eurodance, mit den New Kids die erste Mega-Boygroup – und vor allem: recyceltes Altmaterial in Form von Rereleases, Coverversionen, Remixes und Samples. Dafür, dass 1990 frisch (wenn auch nicht gut) klang, war es extrem abgestanden. Oft auch unangenehm aggro, wenn man von neuen US-Radio-Superstars wie Richard Marx, Gloria Estefan und Mariah Carey absieht.

Und was zur Hölle sollte die plötzliche Vorliebe für gregorianische Chöre?!

Ich spiele mal in voller Länge aus, was eine Kommentierung wert ist.

1990 war natürlich die Zeit nach der Wende in der DDR und das Jahr der Wiedervereinigung – dass sich das musikalisch niederschlagen würde, war abzusehen. Dieser Song ermahnt uns, niemals zu vergessen: Im Westen waren wir genauso geschmack- und orientierungslos wie die Ossis.

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Der Urknall, dem wir letztlich die Backstreet Boys ebenso verdanken wie Take That – und in letzter Konsequenz vermutlich auch die Spice Girls:

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Bevor Boy Bands endgültig zu Boy Groups wurden, zeigten Halo James noch mal, wie eingängig gelackter Teenie-Pop sein kann – die ganze LP habe ich damals gern und bis weit in die 90er gehört:

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Ein simpler, aber unwiderstehlicher Song von einem der größten Pop-Genies seiner Zeit, das wir gleich noch mal sehen werden:

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Die deutsche Musikszene zur gleichen Zeit so:

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Howard Carpendale faselt sich eine Erinnerung an die Hippie-Zeit in den USA herbei, die er selber nicht erlebt hat, weil er damals “Das schöne Mädchen von Seite Eins” beim Deutschen Schlager-Wettbewerb sang.

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Ich könnte den ganzen Beitrag füllen mit Sachen, für die wir uns schämen müssten – ein Schlager-Versuchsballon in Sachen Lambada:

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Zur WM fiel uns auch nix Brauchbares ein – man darf sich in der Rückschau aber durchaus wundern, was damals alles auf die Bühne durfte:

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Und immer, wenn man meint, der Bodensatz sei erreicht:

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Zu Ehrenrettung tritt ausgerechnet Stefan Waggershausen an – das hier war und ist eine geile Nummer. Viktor Lazlo war schon echt ein Schnittchen:

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International ist auch auf Depeche Mode immer Verlass:

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Madonna-Toyboy, Jeans-Model und “Each time you break my heart”-Sänger Nick Kamen hatte ich eine so fetzige Nummer echt nicht mehr zugetraut:

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Ebenfalls aus der “guilty pleasure”-Ecke – ich stehe halt auf Saxophon-Hooks:

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Stock, Aitken & Waterman-Produktionen laufen immer noch gut, primär mit Jason Donovan und Kylie Minogue als Zugpferden. Letztere gerierte sich nun deutlich erwachsener und sorgte bei so manchem Teenager für Hitzewallungen:

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Weil einmal Dave Stewart nicht genug ist, hier ein sehr schönes Stück, an das ich mich gerne erinnern lasse, weil ich es schon fast vergessen hatte:

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Wenn das Jahr kaum was gebracht hat, dann doch wenigstens das:

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Wer seine Australier etwas gepflegter mag, gröhlt hierbei im Autoradio mit:

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Kurioses Detail: am 29. Oktober 1990 steigt Sandra mit einer ihrer letzten halbwegs erfolgreichen Singles in die Charts ein – und gleichzeitig mit der ersten Single des neuen Projekts ENIGMA ihres Ehemanns. Im Video lässt sie sich allerdings von einem Model vertreten:

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Weil diese Liste vielleicht den Eindruck erweckt, das Jahr sei gar nicht so schlecht gewesen, hier nur ein Beispiel für das, was 1990 an Mucke Charts-dominant war:

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I can’t stand it no more, indeed…

Man merkt: Alles, was an den beginnenden 90ern gut war, sind die Überreste der 80er. Es macht Angst vor dem, was die 90er noch in petto haben.

Und wir sind noch nicht mal bei DJ Bobo und Blümchen angekommen…



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21 Kommentare
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Torsten Kemper
Torsten Kemper
15. Oktober, 2022 21:54

Ist schon interessant, die alten Sachen wiederzuhören. Klar, vieles hat man zu Recht vergessen und man möchte vielleicht auch gar nicht daran erinnert werden. Manches geht im Nachhinein aber auch ganz gut ins Ohr.

Erwähnenswert finde ich auch noch diese Nummer, die ich auch erfolgreich vergessen hatte, die mir aber in dem Schnelldurchlauf sofort auffiel. 1990 hat uns auch die Premiere von Verona (damals noch) Feldbusch beschert. Damals noch als namenlose “Sängerin” eines dieser typischen 90er Danceprojekte “Chocolate” – produziert von Alex Christensen, der im kommenden Jahr mit “Das Boot” seinen großen Durchbruch hatte.

Onkel Filmi
Onkel Filmi
15. Oktober, 2022 22:11

Zum Glück bestand die Welt nicht nur aus den deutschen Charts, denn an und für sich war 1990 quer durch alle Genres ein recht gutes (und vor allem unterhaltsames) Jahr.

Tom Petty – Free Fallin
Aerosmith – Janie got a gun (mit David Fincher Musikvideo)
Biz Markie – Just a Friend
Bell Biv Devoe – Poison
Digital Underground – The Humpty Dance
MC Hammer – Can’t touch this & Pray
B-52s – Love Shack & Roam
ZZ Top – Doubleback & Give it up
Judas Priest – Painkiller
Sisters of Mercy – More (Jim Steinman!)
LL Cool J – Momma said knock you out
EMF – Unbelievable
Phil Collins – Another Day in Paradise
Sinead O’Connor – Nothing compares 2 u
Jane’s Addiction – Been caught stealing
Jon Bon Jovi – Blaze of Glory
Alannah Myles – Black Velvet
Alice in Chains – Man in the Box
A Tribe called Quest – Can I kick it?
INXS – Suicide Blonde

Und natürlich war 1990 auch das Jahr von Primus’ “Too Many Puppies” und Faith No More’s “Epic”, die die nächsten 10 Jahre auf jeder Oberstufen- oder Studi-Party hoch und runterliefen.

Rainer Tr
Rainer Tr
16. Oktober, 2022 11:25
Reply to  Onkel Filmi

Und abseits von den Singles gab es auch einige richtig gute Alben: https://www.laut.de/News/Best-of-1990-30-Jahre,-30-Alben-28-03-2020-16856/Seite-1

Martzell
15. Oktober, 2022 23:09

Popmusik ist selten gut. Ein Blick ins Rap Year Book überzeugte mich dass die 1990er golden waren.

Marko
16. Oktober, 2022 14:25
Reply to  Martzell

Rap ist noch seltener gut. Zum Glück gab es Anfang der 90er im Metal ein paar Lichtblicke.

Pempelforter Urgestein
Pempelforter Urgestein
17. Oktober, 2022 17:10
Reply to  Marko

Dinge, die nerven: Metalfans, die jedem und immer erklären müssen, dass alles andere ******* ist.

Ich bin Metalfan, hasse das aber wie die Pest.

Alex
Alex
15. Oktober, 2022 23:43

War seit “Lily was here” und bin bis heute ein klein wenig verliebt in Candy Dulfer. Hab sie Anfang 2000 bei der Jazzrally in Düsseldorf gesehen. Sie hat während und nach einem Gewitter auf dem Burgplatz vor 100 verbliebenen, harten Fans richtig abgeliefert.
Aber vielleicht hat sich das in der Erinnerung auch nur so angefühlt.

jimmy1138
jimmy1138
16. Oktober, 2022 09:00

Mal auf die (angeblich) offiziellen Jahreschart geschaut:
An der Spitze Matthias Reim mit “Verdammt ich lieb dich” (über das Lied lasse ich nix kommen, das ist super!), “Nothing compares to you” (Sinead O’Connor mit dem Durchbruch), “Another day in paradise” (ein Relikt des vorigen Jahres) und auf Plätzen 4 und 5 jeweils Snap! mit “The Power” und “Ooops up” – da war mir gar nicht bewußt, daß das ein deutsches Projekt war…

Streichholzmann
Streichholzmann
16. Oktober, 2022 13:06

Tsstss, interessante Auswahl, aaaaber, die hier fallen hinten runter?
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Auf_dem_Kreuzzug_ins_Gl%C3%BCck#Tournee
Banausen!

Streichholzmann
Streichholzmann
16. Oktober, 2022 15:10
Reply to  Torsten Dewi

Süddresdner, trotzdem Fan der TH. Aber damals schwappte ja alles massiv rüber und war “neu”.
Hach……

Exverlobter
Exverlobter
16. Oktober, 2022 14:41

“Bevor Boy Bands endgültig zu Boy Groups wurden”

Ist das nicht dasselbe?

lostNerd
lostNerd
16. Oktober, 2022 15:15

Ich finde es ja prime, dass “Talk Talk” mit “It’s My Life” nochmal in den Charts gelandet sind. Einer meiner Lieblings Songs aus den 80ern.

Pempelforter Urgestein
Pempelforter Urgestein
17. Oktober, 2022 16:29

Und das wird noch schlimmer: 1991 ist “Wind of change” dran. Das ist für mich immer zum extremen Fremdschämen gewesen und wird es immer bleiben.

Thies
Thies
18. Oktober, 2022 00:54

Für mich die größte Überraschung, dass es einen 90er-Remix von “The Look of love” gab und ich das damals nicht mitbekommen habe. Ebenfalls an mir vorbei gingen die letzten Auskopplungen der Fine Young Cannibals. Die hatten ihr zweites Album ähnlich gemolken wie Michael Jackson.

Der Fussball-Song ist natürlich Kappes – der wesentlich bessere kam kurz davor von New Order:
https://www.youtube.com/watch?v=Re4aDJL3heA

a-ha verabschiedeten sich (vorerst) mit einer weinenden Note:
https://www.youtube.com/watch?v=h-WPexVEujg

Mit Snap ist schon ein prägender Sound der 90er am Start. Die Konkurrenz von Culture Beat war damals noch mit anderer Besetzung und einem anderen Sound unterwegs:
https://www.youtube.com/watch?v=F2n_Kj5Huxw

Ein weiterer Beweiss, dass die 90er gleich in die Vollen gingen: “Groove is in the heart”
https://www.youtube.com/watch?v=etviGf1uWlg

Als Relikte der 80er konnten sich Erasure und die Pet Shop Boys weiterhin behaupten, wenn auch nicht unbedingt mit ihren stärksten Songs. Letztere hatten aber noch einen flotten Hit für Dusty Springfield produziert:
https://www.youtube.com/watch?v=k1z5DZEse3I

Mein Fazit: es war nicht alles schlecht, aber Pop stand wirklich unter keinem guten Stern.