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Sep 2022

Fantasy Filmfest 2022, Tag 6, Film 4: THE SEED

Themen: Fantasy Filmf. 22, Film, TV & Presse, Neues |

UK 2021. Regie: Sam Walker. Darsteller: Lucy Martin, Chelsea Edge, Sophie Vavasseur, Jamie Wittebrood

Offizielle Synopsis: „This weekend couldn’t get any weirder“, bemerkt Gastgeberin Heather zur Mitte des Films. Wie falsch sie damit liegen wird. Mit zwei Schulfreundinnen will sie endlich mal wieder ein gemeinsames Wochenende in der Wüstenvilla ihres Vaters verbringen. Oben drein ist ein historischer Meteoritenschauer angekündigt, für spektakulären Content auf Social Media ist also gesorgt. Doch sexy Videos werden schnell zur Nebensache, als die drei Frauen feststellen müssen, dass da etwas im Pool gelandet ist: Eine kosmische Kreatur, die nicht so harmlos ist, wie sie zunächst erscheint.

Kritik: Vorab: Regisseur Sam Walker ist der Knaller. Ich will ein Kind von ihm. Er hat sich wirklich Mühe gegeben, seine Grußbotschaft an die Zuschauer zu einem bizarren Trip aufzuwerten, der verfremdete Szenen, behind the scenes und philosophierendes Gebrabbel zu mehr Entertainment schweißt, als diverse komplette Filme hier zu bieten haben. Das sollte allen Regisseuren eine Lehre sein, denen das Festival nicht mehr wert ist als ein ins Handy genuscheltes “hello Germany, hello Fantastic Fest (sic), enjoy my movie and talk about it a lot”.

THE SEED selbst tut sich schwer, mit diesem Einstieg Schritt zu halten. Er baut ein ähnliches Szenario wie SISSY: Drei erwachsen gewordene Schulfreundinnen wollen ein “amazing” Wochenende in einer abgelegenen Luxusvilla verbringen. Zwei von ihnen nutzen jede Gelegenheit, ihren Influenzer-Status durch permanente Postings zu zementieren. Dass sie die Social Media-Verweigerin Charlie skeptisch sehen, ist kein Wunder.

Aber statt interne Konflikte und toxische weibliche Aufmerksamkeitsgier zu thematisieren (wie das vermutlich eine Frau gemacht hätte), führt Sam Walker schnell “das Problem” ein: ein Alien, das scheinbar verletzt und kreischend im Garten landet und als Nebeneffekt noch die Smartphones der Damen unbrauchbar macht. Die Angst, Follower zu verlieren, wird für eine beunruhigend lange Zeit als schlimmer gewertet als die Präsenz eines Monsters.

Nun ist die Idee eines Aliens, das in einer begrenzten Location Jagd auf einen begrenzten Cast macht, nicht neu. In den 80er konnte man damit ganze Regale in Videotheken füllen und als aktuelleres Beispiel sei stellvertretend STORAGE 24 genannt. THE SEED entscheidet sich aber für einen anderen Weg: Das Alien ist praktisch bewegungsunfähig, die Eroberung der jungen Frauen findet auf mentaler und sexueller Ebene statt. Um es ganz rüde auszudrücken: du wirst vom Alien nicht gefressen, sondern gefickt.

Während sich der Film am Anfang wegen der Immobilität des Aliens noch etwas zieht und uns mit bitchigen Streits der Mädels über Wasser hält, dreht die Dramaturgie in der zweiten Hälfte dann kräftig auf, handgemachter Schmodder sorgt für gepflegten Ekel und man weiß mitunter wirklich nicht, ob man dem Alien nicht viel Erfolg wünschen möchte.

Man könnte das Drehbuch wegen vieler Logikfehler und Auslassungen in der Luft zerreissen, die pubertäre Freude am Splatter kritisieren und die mangelnde Definition der Charaktere über die Klischees hinaus – aber das würde in die falsche Richtung führen, denn THE SEED will an keiner Stelle mehr sein als ein zynisches, lustiges und brutales B-Movie der klassischen Sorte. Es ist für die Dosenbier-Fraktion, nicht für die Kamillentee-Trinker gedacht. Und in diesem Kontext funktioniert es prächtig.

Fazit: Ein räudiges B-Movie, dass das INSEMINOID-Prinzip mal ganz anders angeht. Sicher kein großer Wurf und für sich genommen bestenfalls eine 6, aber als Mitternachts-Crowdpleaser bei einem ansonsten sehr lethargischen Festival stufe ich das gerne auf kritisch zu sehende 7 von 10 Punkten hoch.

Der Frankster meint: “Schön, dass auch Filme wie “The Seed” ihren Platz beim Fantasy Filmfest haben. Allein die schrägen Grußworte des Regisseurs sind den Eintritt wert.”

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Martzell
13. September, 2022 13:24

Schade, The Seed wird in Stuttgart nicht gezeigt.

Thies
Thies
21. September, 2022 01:51

Ich habe eben gerade erst bemerkt, dass er auch in Hamburg nicht zu sehen war/ist. Die Geburtstags-Aufführung von “Carrie” hat ihm wahrscheinlich den Slot weggenommen. Und so schön es auch war den nach langer Zeit mal wieder zu sehen – und dann auch noch auf der großen Leinwand – lese ich mit bedauern, dass mir ein Film entgangen ist, der nach einem Old school B-Film für die heutige Generation klingt. Kann ich den retroaktiv gegen den freudlosen “Megalomaniac” eintauschen?

Matts
Matts
28. September, 2022 12:32

Ein fieser kleiner Creature-Horror als mein Abschlussfilm beim FFF. Damit kann ich gut leben. Und ich stimme dem Wortvogel zu: Für das, was der Film sein will, funktioniert er wirklich recht gut – auch wenn er ein kleines bisschen braucht, um in die Gänge zu kommen.
Und die Grußbotschaft von Sam Walker hat auch hier für viel Heiterkeit im Saal gesorgt!