Fantasy Filmfest 2022, Tag 5, Film 2: AFTER YANG
Themen: Fantasy Filmf. 22, Film, TV & Presse, Neues |USA 2021. Regie: Kogonada. Darsteller: Colin Farrell, Jodie Turner-Smith, Malea Emma Tjandrawidjaja, Justin H. Min, Haley Lu Richardson
Offizielle Synopsis: Jake und Kyras Adoptivtochter stammt aus China, und um Kindern die Integration zu erleichtern, ordert man im Amerika der nahen Zukunft dafür einen Androiden. So kommt Yang ins Haus, ein vielfach weiterentwickelter Verwandter der antiken Alexa-Boxen. Fortan kümmert er sich um Mika und sorgt dafür, dass sie die alten Traditionen nicht vergisst. Eine unentbehrliche Haushaltshilfe und bald schon ein Freund der Familie – bis er kaputt geht. Nun rächt sich der Gebrauchtkauf, denn die Garantie ist abgelaufen, und als die Reparatur vorerst scheitert, sucht sich Jake Hilfe auf dem Graumarkt. Dabei stolpert er über die Möglichkeit, in Yangs gespeicherte Erinnerungen einzutauchen – und diese lassen den Technosapiens in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Kritik: Man muss Colin Farrell für seinen Mut loben, neben Blockbustern auch immer mal wieder kleinere Indie-Produktionen mit seiner beträchtlichen schauspielerischen Potenz zu beschenken. Wir erinnern uns gerne an THE LOBSTER 2016. Er kann sich die Rollen aussuchen und damit ist seine Beteiligung hier eigentlich schon ein Gütezeichen.
Aber Alter, AFTER YANG ist schwer trocken Brot. Der Film besteht praktisch ausschließlich aus Personen, die leise Gespräche über einen funktionslosen Androiden führen, während sie in asiatisch reduziert eingerichteten Wohnungen sitzen und sich dann und wann mal einen Tee kochen. Alle Eckpunkte der Gesellschaft sind aufgelöst, die Familie ist geradezu penetrant multikulturell. Das ist schon fast sediert und über alle Maßen bewusst inszeniert. Das Kino wird zum Museum mit schweren Teppichen, der Film zum modernen Gemälde – und wenn man ein Geräusch macht, kommt von der hinteren Reihe ein genervtes "pssst!".
Es frustriert auch, dass wir über diese Welt und ihre Figuren nichts wirklich lernen – wie kam die Menschheit an diesen Ort, an diese Zeit? Was treibt Jake an, was verbindet ihn und Kyra? Die Beziehungen werden am Anfang behauptet und bleiben dann statisch. Nicht mal zwischen den Eheleuten kommt es zu irgendeiner Form von nennenswertem Konflikt.
Letztlich erzählt AFTER YANG keine Geschichte – Jake lernt lediglich, dass der geschrottete Androide eine Art Gefühlsleben und Geschichte hatte, von der er bisher nicht wusste. Das hat auch keine wirkliche Konsequenz, außer vielleicht dem gesteigerten Verständnis von Jake für künstliche Lebensformen (an dem es allerdings schon vorher nicht zu mangeln schien). AFTER YANG ist ein Film, der kein Ende hat – er endet einfach.
Dennoch ist AFTER YANG (basierend auf einer Kurzgeschichte, was den Mangel an Substanz erklären könnte) ein sehr gefälliger Film, schön, edel, mit einem bewussten Verzicht auf inszenatorischen Schnickschnack. Er baut die Zukunft ausnahmsweise mal nicht als Dystopie, sondern als Vision einer erwachsen gewordenen Weltgemeinschaft.
Bonus für den Reparaturladen der Androiden, in dem passgenau die Phrasen von Apple-Mitarbeitern übernommen werden.
NACHTRAG auf Hinweis der Sky-Pressestelle: Der Film ist ab 31. Oktober bei Sky und Wow zu sehen.
Fazit: Ein sanfter, unaufdringlicher Trip in eine Zukunft, die keine ökologischen oder ökonomischen Probleme mehr kennt und in der Menschen den ganzen Tag mit der Sinnsuche beschäftigt sind. Das ist entweder sehr klug extrapoliert oder unfassbar prätentiös – weil ich guter Laune bin: 7 von 10 Punkten.
Der Frankster meint: "Ein Blick in die Tiefe der menschlichen Psyche mit hypnotischen Bildern und tollen Darstellern."
…das laute Schnarchen während der Vorstellung kam vermutlich von mir…